Ein Nachmittag zum Heulen beim BVB

Ein entspannter Jürgen Klopp in Dortmund. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Obwohl aktuell Länderspielpause in der Fußball-Bundesliga ist, werden sich die Augen von Millionen BVB-Fans aus aller Welt heute auf das Westfalenstadion in Dortmund richten. Dort findet am späten Nachmittag vor über 80.000 Zuschauern das offizielle Abschiedsspiel der Ex-BVB-Spieler Lukasz Piszczek und Jakub „Kuba“ Blaszczykowski statt.

Und trotz zahlreicher Legenden und Ex-BVB-Spieler, die extra den Weg ins Ruhrgebiet auf sich nahmen, wird eine Persönlichkeit dabei im Mittelpunkt stehen, die selber gar nicht aktiv gegen den Ball treten wird: BVB-Trainerlegende Jürgen Klopp!

Klopp, der den BVB zwischen 2008 und 2015 als hauptverantwortlicher Trainer betreute, und in dieser Phase von einem Durchschnittsteam der Fußball-Bundesliga unter anderem zu zwei Meisterschaften (2011, 2012), einem DFB-Pokalsieg (2012) und ins Finale der UEFA Champions League (2013) führte, ist auch neun Jahre nach seinem Rückzug aus Dortmund, noch immer der absolute Liebling der Schwarzgelben.

Logisch, dass der Kult-Trainer, der erst in diesem Sommer beim FC Liverpool als Coach zurücktrat und aktuell als ‚Privatier‘ an seine alte Wirkungsstätte im Ruhrgebiet zurückkehren wird, heute besonders gefeiert werden wird. Doch diese Tatsache zeigt zugleich auch ein bitteres Dilemma der Borussia.

Dass die Anwesenheit eines Coaches, der vor inzwischen fast zehn Jahren den Klub verließ, noch immer dessen unbestrittener Held ist, und die Teilnahme eines guten Dutzend ehemaliger Spieler dieses Top-Klubs bei weitem überstrahlt, kann durchaus kritisch interpretiert werden. Denn seit der Trennung von Jürgen Klopp nach der Saison 2015 gelang es in Dortmund offenkundig keinem Spieler und erst recht keinem Trainer mehr ähnliche Beliebtheitswerte wie der Ex-Coach zu erreichen.

Klopp passte einfach zu gut nach Dortmund und zum Verein, als das man ihn alsbald hätte vergessen können. Das war schon bei seinem Abgang nach dem verlorenen DFB-Pokal-Finale gegen den VfL Wolfsburg (1:3) klar. Dazu war die zu diesem Zeitpunkt zu Ende gehende Ära in der BVB-Geschichte einfach zu schön und zu erfolgreich. Dass seine Rolle als großer Held des Vereins aber auch im Jahre 2024 noch immer so groß sein würde, wie sie sich heute beim Abschiedsspiel von ‚Kuba‘ und Piszczek wieder darstellen wird, das kann auch als Denkzettel für die Macher im Verein gewertet werden.

In den Augen vieler, die es mit dem BVB halten, wäre es offenkundig wünschenswert, wenn sich der BVB noch immer in dem Zustand präsentieren würde, wie er es in den sieben Klopp-Jahren fast durchgängig tat. Damals war die Borussia noch ein aufstrebender, ambitionierter Verein, der durch unzählige ‚Vollgasveranstaltungen‘ a la Klopp regelmäßig für Begeisterungsstürme sorgte. Das scheint lange her zu sein. Zuletzt präsentierte sich die Mannschaft aus Dortmund deutlich häufiger als Lachnummer der Nation, die unerwartet oft strauchelte, wenn es vermeintliche Pflichtaufgaben zu lösen galt.

Die Profikicker aus Dortmund zeigten in den Jahren nach Klopp ein unerklärlich wechselhaftes Gesicht. Spieler wurden, anders als in der Ära Klopp, nicht mehr mittel- und langfristig im Verein aufgebaut und über Jahre hinweg entwickelt, sondern wurden eher in einer Art von ‚Durchlauferhitzer‘-System rasch gegen finanziellen Gewinn weiter veräußert. Eine echte Mannschaft, mit der man sich als Fan voll identifizieren kann, konnte so in Dortmund in den Jahren nach Klopp nicht mehr aufgebaut werden. Zudem fremdelte das Umfeld in Dortmund mit einigen von Klopps Nachfolgern auf der Trainerbank. Mit Peter Bosz, Peter Stöger, Lucien Favre und Marco Rose, wurden viele Anhänger nicht mehr warm.

In Dortmund sehnen sich daher noch immer viele zurück in die ‚gute alte Zeit‘, in der Klopp den Verein, die Mannschaft und Fans des BVB noch voll im Griff hatte, den Klub ideal repräsentierte, so dass man stolz auf seinen Lieblingsverein sein konnte. Der heutige Nachmittag wird das noch einmal einem Millionenpublikum verdeutlichen, und manch einer im Stadion oder vor den Bildschirmen dürfte bei dieser Gelegenheit das eine oder andere Tränchen verdrücken… Vielleicht sogar Jürgen Klopp selber!

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