Sicher hat Thomas Knüwer in vielem Recht, wenn er beschreibt, wie sich die Journalismus wird ändern müssen.
Aber es tut auch gut, das Interview mit Condé-Nast-Chef Jonathan Newhouse in der FAZ zu lesen. So klingen Verleger. Newhouse setzt auf Qualität, hat Durchhaltevermögen und macht sich keine Illusionen, wenn er sagt "Wir befinden uns in einem Wettbewerb um Aufmerksamkeit, der sich nach Darwins Evolutionslehre gestaltet. Die Aufmerksamkeit des Publikums, die Lesezeit, verteilt sich auf Magazine, auf Zeitungen und auf das Internet. In diesem Wettstreit befinden wir uns. Manche Verleger haben den Glauben an Print verloren – das gibt uns bei Condé Nast neue Chancen."
OK, ich bin kein großer Leser von Condé-Nast-Produkten. Vanity Fair hat mir nicht gefallen, Vogue interessiert mich nicht und Glamour auch nicht. Nicht meine Welt. Aber die Art und Weise, mit der sich Newhouse für seine Produkte einsetzt, wie er die Arbeit seines Hauses beschreibt, die langfristig orientiert und nicht von Bilanzbuchhalter getrieben ist, ist einfach schön und zeugt von einer Liebe zum Produkt. Sicher, es werden nicht alle Titel überleben. Viele Zeitungen und Magazin werden gegen die Wand fahren. Die Mediennutzung ändert sich – Print und auch das Fernsehen werden Leser und Zuschauer verlieren. Das Internet gewinnt – keine Frage. Aber egal auf welchem Trägermedium – es werden die Magazine, Zeitungen, Webseiten, Blogs und Sender überleben, die mit der Leidenschaft betrieben werden, die aus jeder Zeile des Interviews mit Newhouse spricht.
Schon wieder Darwin-namedropping heute?! Ich fühle mich in guter Gesellschaft. 🙂 Dazu fällt mir ein geschätzter, soziologisch gebildeter Bekannter und sein vor meiner Nase herumfuchtelnder Finger ein, der die Worte unterstrich: „Das Überleben des Anpassungsfähigsten heißt das, nicht des Stärkeren!“
Anders gesagt: Die Verlage laufen den veränderten Rezeptionsgewohnheiten hinterher. Und dabei hat Vanity Fair gar keinen so schlechten Job gemacht bislang, ich hatte mir jedenfalls vor der ersten Lektüre wesentlich Schlimmeres vorgestellt (- und zwei recht unbekannte Hitchcocks gab’s auch noch umsonst dazu).
Mit am interessantesten könnte sein dass alte Sicherheiten wie die Zeitung am Frühstückstisch (haha), die gemächliche Informationspolitik via Tages-, Wochen- und Monatspublikationen plus in Deutschland recht einfach gestrickter Radio- und TV-Formate, das allzu simple Abdecken von Rubrikenthemen (für die es im Netz ausführliche Spezialseiten gibt – herrjeh, es heult das Feuilleton und die „bunte Seite“ steht nie wieder auf!), das Leser „fesselnde“ Fortschreiben von Boulevardthemen über Wochen hinweg oder auch einfach territorial begrenzte Exklusivitäten nicht mehr gegeben sind wie anno dazumal, aber auch nun wirklich kein Bedürfnis existiert, zu jedem Printobjekt auch noch eine Homepage parat zu haben (oder umgekehrt).
Sprich: Der Media-Mix liegt mehr denn je in der Hand der individuell agierenden Rezipienten. Das nun einfach „Aufmerksamkeit“ zu nennen… naja. Ein solches Anpassen an die neuen Gewohnheiten jedenfalls scheint mir eine von den Verlagen letztlich gar nicht leistbare Aufgabe zu sein. Im Grunde geht es um Nischenbesetzung, nicht mehr. Ich freue mich in dieser Hinsicht schon auf ähnlich diplomatische Verlautbarungen der Fernsehbosse. The revolution is not televised.