Als sich der FC Bayern München Ende März 2023 überraschend von Trainer Julian Nagelsmann trennte, da sahen die Verantwortlichen die Saisonziele akut gefährdet. In der Liga war der Rekordmeister nach einer 1:2-Niederlage gegen Bayer 04 Leverkusen auf Rang zwei zurückgefallen. Vor dem direkten Duell mit Borussia Dortmund, wurden sie bei den Bayern so nervös, dass sie die Chance eines Trainerwechsels nutzen wollten, um einen neuen Impuls zu setzen, die Mannschaft vor den entscheidenden Wochen des Fußballjahres aufzuwecken. Und das, obwohl diese unter Nagelsmann in gut fünf Monaten zuvor nur zwei Begegnungen verloren hatte.
Das Vorhaben schien zu gelingen. Gegen den BVB gewannen die Münchener souverän mit 4:2, holten die Tabellenführung in der Bundesliga zurück. Und auch das folgende Ligaspiel in Freiburg wurde mit 1:0 gewonnen. Das Problem ist nur, dass dazwischen das Aus im DFB-Pokal gegen eben diesen SC erfolgte (1:2) und am gestrigen Dienstag auch das Hinspiel gegen Machester City in der UEFA Champions League mit 0:3 verloren ging. Innerhalb weniger Tage scheinen damit zwei der angestrebten drei Titel verspielt zu sein. Der ohnehin von vielen kritisch gesehene Wechsel von Coach Nagelsmann zu Tuchel, er erscheint plötzlich noch einmal in einen ganz anderen Licht.
Die Trennung von Julian Nagelsmann überraschte viele. Die Bayern hatten noch in allen drei Wettbewerben gute Titelchancen, auch wenn ihre Leistungskurve nach der WM-Pause deutlich nach unten zeigte. Insbesondere die ersten Spiele nach der Unterbrechung des Spielbetriebs waren zäh. Ungewohnt viele Unentschieden der Münchener ließen den BVB die im Herbst gerissene Lücke in der Tabelle wieder schließen.
Dennoch war der Rekordmeister nicht in einer echten Krise, schien der Trainerwechsel eine Art Panik-Reaktion des Managements zu sein. Hasan Salihamidžić nutzte dennoch die Chance den erfahrenen Thomas Tuchel anstelle des deutlich jüngeren Julian Nagelsmann auf die Trainerbank des Serienmeisters zu setzen. Fachlich bestanden und bestehen an Tuchel keine Zweifel.
Der 49-Jährige, der einst in Dortmund die Nachfolge von Kult-Coach Jürgen Klopp antrat, und mit den Schwarzgelben den DFB-Pokal 2017 gewann, hat in Paris und beim FC Chelsea zuletzt wichtige internationale Erfahrungen sammeln können, mit den Londonern sogar die Champions League gewinnen können. Das ließ sie in München offenkundig zu der Überzeugung kommen, dass sie mit ihm bessere Chancen auf das angestrebte Tripple hätten, als das mit dem international vergleichsweise unerfahrenen Nagelsmann der Fall gewesen wäre.
Jetzt, wo die Bayern im DFB-Pokal schon im Viertelfinale die Segel streichen mussten und auch in der Königsklasse durch das 0:3 in Manchester wohl nur noch theoretische Chancen auf einen Halbfinaleinzug haben dürften, erscheint die Sinnhaftigkeit der Personalrochade auf der Trainerbank plötzlich noch einmal deutlich zweifelhafter, als sie es zuvor eh schon tat.
Es ist genau das eingetreten, was Salihamidžić mit der Entscheidung verhindern wollte. Eine Saison die ‚nur‘ mit der Meisterschaft endet, gilt beim deutschen Vorzeigeklub seit jeher als ein verlorenes Jahr. Und selbst dieser Titel ist bei zwei Punkten Vorsprung auf den BVB, sieben Spieltage vor Saisonende, ja alles andere als sicher.
Das stellt sich einem die Frage: Was wollen die Münchener eigentlich machen, wenn auch der Meistertitel am Ende nicht gesichert werden kann? Holen sie dann Julian Nagelsmann zurück an die Isar? Kaum vorstellbar, dass Tuchel ganz ohne Titel in diesem Frühjahr als Bayern-Trainer in die neue Spielzeit gehen dürfte. Eine bemerkenswerte Zwickmühle, in die Hasan Salihamidžić den eigenen Verein da gebracht hat….