Eine Betroffene


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„TERFs Can Suck My Trans Dick“ (Deutsch: „Terfs können meinen Trans-Schwanz lutschen“), Plakat beim Christopher Street Day, Berlin 2023 Foto: Lucas Werkmeister Lizenz: CC BY 4.0


Das ist die Geschichte von Mia. Sie ist von großer Bedeutung für das Verständnis, warum das Gesetz zur Selbstbestimmung für uns Frauen eine große Gefahr ist.

“Ich war vor 5 Jahren woke, habe mich als Ally (nicht-queere Person, die sich für die Rechte von LSBTIQ* einsetzt) gesehen und wurde von einer nichtbinären Person mit männlichem Geburtsgeschlecht sexuell missbraucht. Er war psychisch krank und hochmanipulativ, hat sich erst feministisch gegeben, war aber sexuell ausbeuterisch, aggressiv und übergriffig. Die ganze Palette an toxischer Männlichkeit. Und er wusste es, seine nonbinary Identität einzusetzen, um sein Verhalten zu rechtfertigen bzw. zu vertuschen. Von ihm kam auch der TERF-Vorwurf, neben zahlreichen anderen Vorwürfen, wie ich würde ihm die Identität absprechen. Was zu diesem Zeitpunkt nicht gestimmt hat, weil ich wirklich Wert draufgelegt habe, Trans-Ally zu sein.

Ich habe mir sein Verhalten nach dem Missbrauch nicht mehr ansehen können und das öffentlich gemacht. Die Reaktionen waren entweder betretenes Schweigen oder Nonmentions (Posting, in dem ein Ärgernis auf verklausulierte Weise benannt wird) über fiese Cis-Frauen, die sich sexuellen Missbrauch ausdenken. Danach wurde das Ganze schnell vergessen. Während ich da stand und das erste Mal hörte, was Gaslighting und Manipulation bedeuten, sein Verhalten analysierte und auf den Punkt kam, dass es definitiv eine Strategie von ihm war, das Vertrauen von Frauen zu gewinnen. Nur äußern konnte ich den Gedanken damals nicht, weil ich sofort als transphob abstempelt worden wäre. Dabei war das nie meine Intention.

Mit der Zeit beobachtete ich ein ähnliches Spiel auch bei anderen Frauen, deren Täter oft ebenfalls nichtbinär oder transfeminin waren und die trotz sexueller Belästigung keine Unterstützung bekamen. Dadurch kam in mir natürlich nur noch mehr das Bedürfnis auf, über diese Täterstrategie zu sprechen. Vor allem, weil ich solche Täter nicht gerade als respektvoll gegenüber Transpersonen empfinde, weshalb dieser automatische Schutz, den sie bekommen, nur noch absurder für mich war. Es hat sehr lange gedauert, mich dazu zu überwinden, in die “Emma“ zu gucken. Dort las ich einen Artikel über Queerfeministinnen, die Victim Blaming (Täter-Opfer-Umkehr) betrieben und sah dieses Problem, das ich seit Jahren still beobachtete, endlich als solches benannt. Ein Problem, bei dem ich jahrelang gegrübelt habe, wie man es anspricht, denn Missbrauch zerstört Leben und hat keinen Platz im Feminismus oder der LGBT Community, wo Menschen Schutz suchen. Jetzt war die “Emma“ die erste Quelle, die ich dazu fand und ich musste feststellen, dass es einen Grund hatte: Jegliche Kritik an diesem Verhalten wird gecancelt. So wie Frauen früher als “Schlampen“ gecancelt wurden, wenn sie selbstbestimmt lebten.

Das, was man als “TERF“ (Transexklusive Radikalfeministin) kennt, ist also keine Bewegung von transphoben Feministinnen, sondern von unterschiedlichen Frauen, die einfach dieselben Muster sehen. Und dann war es leider schon so weit, dass Queerfeminismus keine Nische mehr war und das Gesetz durchgeboxt wurde. Ein Gesetz, das genau diese Täterkultur, die ich im Queerfeminismus erlebt habe, zum Mainstream macht. Das heißt, wenn ein Mann das Selbstbestimmungsgesetz ausnutzt, wird sein Opfer genauso behandelt, wie ich. Es ist keine Randgruppe mehr neben einem starken Feminismus, der immer auf der Seite von Missbrauchten ist. Sondern es hat den Feminismus ausgehöhlt. Die Strukturen, die für SelfID kämpfen, sind klar täterunterwandert und sie werden mächtiger.

Ich finde, wir müssen nicht warten, bis es ganz viele Frauen gibt, die ähnliche Erfahrungen, wie ich machen mussten. Keine Frau sollte hören, dass sie “Faschistin“ oder “Terf“ ist, weil ihr Gewalt passiert ist. Aber momentan schaffen wir eine ganze Kultur, die solches Verhalten fördert und die Opfer stärker stigmatisiert als die Täter, solange diese Transidentitäten haben. Als mir das passiert ist, konnte ich mich noch abgrenzen und der Bubble aus dem Weg gehen. Mittlerweile ist die Sprache und Denkweise dieser Menschen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Ich habe ein reales Trauma erlebt, das mich den Rest meines Lebens begleiten wird und finde es traurig, dass ich für viele ein Kollateralschaden bin, den sie hinnehmen. Wenn bei einem Riesenrad eine Gondel kaputtgeht und ein Mensch runterfällt, wird ja auch nicht gesagt: „Ach, das war nur einer, der Rest des Riesenrades funktioniert wunderbar und die Leute fahren so gerne damit, wir lassen es stehen.“, sondern, es wird repariert und vor einer weiteren Fahrt getestet. Warum geht das nicht, wenn es um sexuelle Gewalt geht?“

Am 1.11.2024 tritt das Selbstbestimmungsgesetz in Kraft, ein antifeministisches und frauenverachtendes Gesetz, das von Männern benutzt werden wird, Frauen fertig zu machen. Dazu findet am 1.11.2024 um 12:05 Uhr eine Demonstration vor dem Bundeskanzleramt und weltweit vor den deutschen Botschaften statt https://lasst-frauen-sprechen.de/selfidharms/ .

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