Eine Kampagne aus der Hölle: Duisburg ist echt…

Marketing für Duisburg: Graffiti um das Image zu verbessern! Läuft! Foto: Peter Ansmann
Marketing für Duisburg: Graffiti um das Image zu verbessern! Läuft! Foto: Peter Ansmann

Duisburgs Ruf ist nicht der beste: Das Stadtmarketing der schönsten aller Ruhrmetropolen hat es sich zur – zugegeben: schwierigen – Aufgabe gemacht, dieses Image zu verbessern. Mit der Kampagne „Duisburg ist echt…“ startet die Stadt jetzt richtig durch.

Die Imagekampagne ist im Offline-Bereich lieblos begleitet, teilweise peinlich und geht nach hinten los.

Ich bin mit Sicherheit kein besonders zynischer Mensch, aber als Ergänzung zu „Duisburg ist echt…“ fallen mir neben, durchaus schmeichelhaften (…gar nicht so übel, wenn man die Ansprüche niedrig hängt; …besser als ar-Raqqa im Jahre 2015), auch einige negative Ergänzungen (…in der Nacht toter als Tod; extrem trostlos) ein.

Eine Imagekampagne direkt aus der Hölle: "Duisburg ist echt"; Foto: Peter Ansmann
Eine Imagekampagne direkt aus der Hölle: „Duisburg ist echt“; Foto: Peter Ansmann

Ich war bisher überzeugter und stolzer Duisburger. Und habe – bis ich diese Lichtinstallation an der ehemaligen Stadtbücherei gesehen habe – immer die Fahne für meine Heimatstadt Duisburg hochgehalten. Trotz der Defizite: Es gibt kein gastronomisches Zentrum – wie in Düsseldorf oder Bochum. Die Einkaufsmöglichkeiten sind begrenzt, Außer man sucht Brautmoden: Da ist Duisburg-Marxloh bundesweit Spitzenreiter. Eine Image-Kampagne kann da nicht verkehrt sein. Jeder, der Wag the Dog gesehen, Christopher Buckleys „Danke, dass Sie hier rauchen“ gelesen – oder sich nur nebenbei mit Kampagnen beschäftigt weiß: Diese wollen gesteuert werden und man sollte tunlichst nichts dem Zufall überlassen. Und ein wenig realistisch bleiben. Hier versagt die Kampagne in Duisburg auf ganzer Länge.

Alles, was man über Duisburg wissen muss; Foto: Peter Ansmann
Alles, was man über Duisburg wissen muss; Foto: Peter Ansmann

Das ehemalige Gebäude der Duisburger Stadtbibliothek ist wahrlich nicht der schönste Ort in Duisburg. Auf einen Deutschlandvergleich verzichten wir an dieser Stelle. Weshalb sich die Kampagnenbetreiber ausgerechnet dieses Gebäude, das nach optischen Gesichtspunkten gesehen, geradezu nach einem Rückbau mittels viel TNT oder einem einstürzenden Bergwerkschacht schreit, als Ort ausgesucht haben um Duisburgs Image aufzupolieren: Man weiß es nicht.

Gesicht zeigen für Duisburg. Kein Kommentar; Foto: Peter Ansmann
Gesicht zeigen für Duisburg. Kein Kommentar; Foto: Peter Ansmann

Was traurig ist: Die „111 Meter Mitmachen für Duisburg“ sind unbetreut. Sie wirken zumindest umbetreut. Auf einer fast leeren Plakatwand, kann man sich mit seinem Gesicht zu Duisburg bekennen. Keine Ahnung wie viele Menschen jobmäßig für das Image der Stadt verantwortlich sind: Aber selbst diese haben es wohl, auch wenn es ja ein Beitrag zur Jobsicherung wäre, nicht auf diese Wand geschafft. Weit weniger als 20 Gesichter in einer Großstadt, sind ein Armutszeugnis.

Blühende Landschaft is coming soon! Foto: Peter Ansmann
Blühende Landschaft is coming soon! Foto: Peter Ansmann

Andere Teile der Lichtinstallation sind einfach nur traurig: „Duisburg ist am aufblühen“ kann man dort lesen. Habe ich bei der Planung zum Multicasa im Jahre 2001 auch gehört. Das Projekt ist, wie viele andere auch, im Sande verlaufen. Wer nachts durch Duisburg läuft, sieht eine tote Stadt. Kein Vergleich zum Bermuda-Dreieeck in Bochum – oder Düsseldorf. Metropolen wie Stuttgart, Berlin oder München mag man gar nicht erwähnen. Es klingt ein wenig nach den Durchhalteparolen am Ende des zweiten Weltkriegs und nach purer Verzweiflung. Mit der Realität hat dieses Bild nichts zu tun.

Duisburg als Crime-Standort etablieren: Guter Plan! Foto: Peter Ansmann
Duisburg als Crime-Standort etablieren: Guter Plan! Foto: Peter Ansmann

„Polizist sein in Duisburg? Ich liebe die Herausforderung!“ – touristisch gesehen ist so ein Slogan natürlich der Bringer, um Menschen nach Duisburg zu locken. Als ob die ganze Stadt ein No-Go-Area ist. Positive Kampagne geht anders.

Der peinlichste Teil der Präsentation im Epizentrum von Duisburg: Der – nun ja – „Schwanzvergleich“ mit anderen Städten. Man(n) kennt es aus Pubertätszeiten, wenn halt Schwimmunterricht auf dem Programm stand. Das im Binnenhafen von Duisburg mehr umgeschlagen wird als sonstwo in Deutschland: Geschenkt. Bekannt. Ein prima Argument um nach Duisburg zu ziehen oder diese Stadt zu besuchen.

Städteranking: Umschlagsvolumen im Binnenhafen; Foto: Peter Ansmann
Städteranking: Umschlagsvolumen im Binnenhafen; Foto: Peter Ansmann

Was mich besonders auf die Palme bringt: Nichtssagende Vergleiche. Wie die Größe des Tierparks. Nehmen wir mal die Wilhelma in der schwäbischen Metropole Stuttgart als Vergleich: Die ist ca. 30 Hektar groß. Wem solche Vergleiche etwas bringen sollen, weiß nur das Stadtmarketing in Duisburg.

Alles prima in Duisburg: Zumindest bei der Zoogröße; Foto: Peter Ansmann
Alles prima in Duisburg: Zumindest bei der Zoogröße; Foto: Peter Ansmann

Bizarr wird’s beim Vergleich „Schrebergärten“: Klar. Führt Duisburg hier vor Stuttgart. Weil’s vielleicht weniger Mietkasernen gibt und mehr Häuslebäuer mit eigenem Garten vor der Türe.

Alles prima in Duisburg: Zumindest bei der Anzahl an Schrebergärten; Foto: Peter Ansmann
Alles prima in Duisburg: Zumindest bei der Anzahl an Schrebergärten; Foto: Peter Ansmann

Was einen Duisburger einfach auf die Palme bringt: Das Argument der Wohnungsmiete. Wir leben in einer Marktwirtschaft. Die Nachfrage regelt den Preis. Wieso eine dreimal teurere Miete in München – im Vergleich zu Duisburg – etwas über die Lebensqualität in Duisburg aussagen soll, außer dass sie schlechter ist als in München, wissen nur die Planer dieser Kampagne.

Eigentlich logisch: Viel Elend PLUS wenig Attraktionen GLEICH niedrige Mieten; Foto: Peter Ansmann
Eigentlich logisch: Viel Elend PLUS wenig Attraktionen GLEICH niedrige Mieten; Foto: Peter Ansmann

Wenn man diese Kampagne mal auf die Ukraine überträgt: Die Mieten in Tschernobyl sind, im Vergleich zu Odessa und Kiew, seit Ende April 1986 auch viel niedriger. Der Zuzug von Ukrainern hat klar abgenommen. Kein Mensch käme auf die Idee damit zu werben. Duisburg geht da offensichtlich andere Wege und kommt zum Schluss: Weniger Nachfrage = wohnbarer.

Duisburg: Wohnbarste und wunderbarste Stadt wo gibt; Foto: Peter Ansmann
Duisburg: Wohnbarste und wunderbarste Stadt wo gibt; Foto: Peter Ansmann

Was mich als, eigentlich stolzen, Duisburger schier zur Verzweiflung bringt: Auf dieses Plakatwänden für Graffiti war, seit dem ersten Tag der Kampagne, kein vernünftiger oder irgendwie sinnvoller Beitrag zu finden. Weshalb das Ordnungsamt hier nachts nach defätistischen Aussagen sucht: Das weiß nur Gott.

Sicherheit und Ordnung: Zumindest an diesem Vorzeigeprojekt für Duisburg; Foto: Peter Ansmann
Sicherheit und Ordnung: Zumindest an diesem Vorzeigeprojekt für Duisburg; Foto: Peter Ansmann

Die Kampagne wirkt wenig überzeugend. Könnte nach hinten losgehen.

Und es fehlt an Steuerung.

Manchmal ist weniger mehr.

Und meistens ist „nichts gemacht“ besser als dilettantisch irgendwas zu machen.

Imageförderlich ist Duisburg ist echt. mit Sicherheit nicht. Außer für Stuttgart.

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Stefan Laurin
Admin
5 Jahre zuvor

Ich finde billige Mieten sind ein starkes Argument. Ein Slogan wie "Wir sind Düsseldorfs Nachbarstadt und hier kann man preiswert wohnen" brächte doch auf den Punkt.

Ismaili Karl--Heinz
Ismaili Karl--Heinz
5 Jahre zuvor

Das Duisburg ein sehr schlechten Ruf hat, war mir schon klar. Die Stadt Spitze also unser Bürgermeister macht ja auch noch dagegen, der Hochfeld und Marxloh gehen komplett den Bach runter.

Sabine Schmitz
Sabine Schmitz
5 Jahre zuvor

Ich wohne selbst in Duisburg und mir gefällt es nicht. Hier fehlt es an Sauberkeit und Attraktivität. Die Innenstadt verkommt zunehmend. Und dass die Mieten hier günstig sind ist auch nur dort wo keiner Leben möchte. Wüsste jetzt über Duisburg nichts positives.

Michael Voregger
5 Jahre zuvor

Was ist den mit dem Innenhafen, der Uni und dem Landschaftspark? Ich war schon länger nicht in der Stadt, aber diese drei Orte sind mir positiv in Erinnerung geblieben. So etwas haben Städte wie Gelsenkirchen, Herne oder Bottrop in der Emscherzone nicht zu bieten.

Frank Nohl
Frank Nohl
5 Jahre zuvor

@Peter Ansmann, herzlichen Dank für Ihre bildliche Dokumentation von der Düsseldorfer Straße.
Das erspart mir den nahen aber dunklen Weg durch den Kantpark – sicherer ist bei Dunkelheit ohnehin der Weg um den Kantpark herum – . Ihr Fazit zum Erfolg dieser Kampagne (Zeitungsleser werden ja zusätzlich mit Flyern "beglückt") teile ich zu 100 Prozent. Und dafür wird auf längere Sicht ein siebenstelliger Euro-Betrag rausgehauen ?
Kritische Stimmen aus den Redaktionen der Lokalpresse zu dieser Kampagne sind eher dünn gesät, der Beginn dieser "Projektionsphase" an der alten Stadtbücherei wird von einem Anzeigeblättchen sogar geradezu abgefeiert.
Die Wort-Bild-Marke der letzten Jahre zu Duisburg feiert übrigens am 24.7.2020 ihr zehntes Jubiläum. Diese Marke steht für ein kollektives Organisations-Versagen und ist untrennbar und langfristig mit Duisburg verbunden !

Ulrike Sweekhorst
Ulrike Sweekhorst
5 Jahre zuvor

Eigenartig der Claim

Duisburg ist echt …was? Wer? Wie? Wo?

Steffi
Steffi
5 Jahre zuvor

Wir sind vor 6 Monaten nach Duisburg gezogen und ich musste leider feststellen, das die Menschen die hier leben nur negativ über ihre Stadt sprechen. Das finden wir sehr schade, denn wir glauben das Duisburg und die Menschen die hiel leben eine ganze Menge Potential hat. Ich denke es ist ein Problem immer nur auf die Politik zu warten. Jeder kann doch in seinem Umfeld und in der Nachbarschft etwas schaffen und entwickeln. Wir haben oft gehört "Wie kann man freiwillig nach Duisburg ziehen, hier ist doch alles schmutzig und es gibt nichts schönes". Auf die Gegenfrage was denn mit dem Landschaftspark und dem Rein u.s.w. ist , kam dann immer nur die Antwort " Das stimmt oder da war ich schon lange nicht mehr. Schade!! Ich denke wenn viele mit kreativem Kopf und den Willen etwas schöner zu machen daran gehen, kann auch in Duisburg noch etwas tolles entstehen.

ke
ke
5 Jahre zuvor

Gut, dass dich Dortmund überrascht. Da sind wir richtig weit vorne.

Wenn hier Kreativität vorhanden ist, kann man sie ja an die Mitmach-Wand zur Diskussion stellen.
Warum nicht?

Eine Stadt lebt immer auch von den Menschen. Insbesondere im Sportbereich habe ich bspw. in Duisburg extrem aktive Menschen erlebt, die gestalten wollen.

Es ist natürlich blöd, dass die Ruhr hinter Bochum immer mehr zum Einzugsgebiet für Düsseldorf/KÖln/Bonn wird. Da sind günstige Mieten natürlich ein Argument.

Jetzt bräuchte man nur noch schnelle Verkehrsanbindungen.

Ich mag auch den Bereich Ruhrort in Duisburg. Die Ecke wäre in jeder halbwegs erfolgreichen Stadt sicherlich ganz weit vorne.

Zepp Oberpichler
5 Jahre zuvor

Lieber Peter Ansmann,
vielen Dank für deinen Beitrag. Dieser zeigt mir, wie notwendig diese Kampagne tatsächlich ist.

Schauen wir doch mal auf die Wortmarke, die DUISBURG IST ECHT heißt. Es werden Menschen präsentiert, die aus Duisburg kommen, hier geboren sind, hier wohnen. Diese "echten" Menschen kommen in ihrer "echten" Sprache zu Wort. Sich da über die Rheinische Verlaufsform oder das sog. am-Progressiv zu echauffieren finde ich, mit Verlaub, arrogant.

Deiner geschätzten Aufmerksamkeit dürfte es nicht entgangen sein, dass Duisburg in den Medien nahezu ausschließlich als Negativbeispiel herangezogen wird. Wenn es darum geht No-go-Areas zu zeigen: Duisburg; Kriminalität: Duisburg; Brutalität: Duisburg. In den Schubladen aller gängigen Medienhäuser scheint Duisburg in der mit der Aufschrift "Gift" zu liegen. Dem muss etwas entgegengesetzt werden, um eine andere Wahrnehmung zu erreichen. Das versucht die Kampagne, die ja gerade erst angelaufen ist, unter anderem mit dem, was du als "Schwanzvergleich" bezeichnest. Gut, deine Wortwahl. In der Realität zeigt sich, dass genau diese Beispiele bereits wirken. So wurde ich bereits von einigen Menschen in Duisburg daraufhin angesprochen, dass man gar nicht wusste, wie grün Duisburg ist und so weiter und so fort.

Kleinigkeiten, sicher. Aber viele Kleinigkeiten, die positiv auf ein Image einzahlen. Kleinigkeiten, die peau a peau die Wahrnehmung der Duisburger hinsichtlich ihrer eigenen Stadt positiv beeinflussen können. Und das dort einiges aufzuarbeiten ist, zeigt nicht nur der Kommentar von Steffi, siehe oben, davon legt auch dein Beitrag ein deutliches Zeugnis ab.

Nun kann man natürlich mit der vermeintlich kritischen Brille jede Idee ad absurdum führen, geschenkt. Aber deinen Satz: "Und meistens ist „nichts gemacht“ besser als dilettantisch irgendwas zu machen." und das dann noch als finale Beurteilung der Kampagne zu platzieren, halte ich für ausgemachten Schwachsinn. Nichts gemacht, wurde viel zu lange.

Bitte verstehe dies als meinen ganz persönlichen Kommentar zu deinem Beitrag, von einem, der in Duisburg geboren wurde und immer noch die meiste Zeit der Woche hier verbringt.

Zeppp Oberpichler
Zeppp Oberpichler
5 Jahre zuvor

@Peter Ansmann

Gut, das Beispiel mit dem Polizisten ist vielleicht missverständlich. Ich habe das nicht so wie du es siehst interpretiert.

Grundsätzlich hat solch eine Imagekampagne allerdings den Hintergrund eben eine neue Form der Aufmerksamkeit zu erzeugen. Zunächst die Bürger informieren und im Idealfall "mitnehmen", dann nach außen strahlen und Medien, Wirtschaftspartner und neue Bewohner, Facharbeiter für sich interessieren. Dann steigen die städtischen Einnahmen und damit auch die Möglichkeiten kaputte Dächer, so diese nicht in privater Hand liegen, zu reparieren.

Bezüglich des Budgets scheint mir allerdings ein kolossales Missverständnis vorzuliegen. Laut meinen Informationen ist das von dir bezifferte Budget ist nicht allein für die Kampagne zu verwenden. Mit diesem Budget sind alle Marketingausgaben sowie Personalausgaben vom Duisburg Kontor zu bestreiten. Ob es da überhaupt zu einer sechsstelligen Summe für die Kampagne kommt, bleibt abzuwarten.

Nikolaus vom Stahl
Nikolaus vom Stahl
5 Jahre zuvor

Ich habe wirklich sehr lange darüber nachgedacht, ob ich etwas zu dem Thema schrieben soll. Ja, es ist wohl notwendig mal deutlich zu werden.

Geboren wurde ich vor gut 55 Jahren in Oberhausen, aufgewachsen in Mülheim-Styrum, später nach Oberhausen-Mitte gezogen und dann, in Duisburg Rheinhausen gelandet, das ist nun gut 16 Jahre her und seit dem ersten Tag in Duisburg sehe ich wie eine Stadt im Chaos versinkt. Das sage ich bewusst und mit dem Hintergrund, dass ich mit Kohle und Stahl aufgewachsen bin.

Aber was haben wir in dieser Zeit nicht alles erleben dürfen. Bandenkriege, Love Parade, Problemhäuser, inkompetente Politiker, Zerfall und Müll wo man geht und steht. Auch die Sache mit Recht und Gesetz scheint vollkommen außer Kontrolle zu sein, wenn man Insidern glauben will, die sich mal beim Bier „verplappern“ bzw. den Frust von der Seele reden. Das geht vom Politiker, über Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste bis zum Normalbürger dem die „Sozialromantik“ noch nicht das Hirn ausgeknipst hat. Denn normal kann es nicht sein, dass man den Verlust von Straßenzügen und ganzen Stadtteilen faktisch schönredet.

Nach den ersten 8 Jahren in Rheinhausen sind wir nach Bissingheim gezogen. Hier ist es zwar (noch) etwas netter, aber eben auch im „Dorf“ ist der Niedergang an allen Ecken seit 8 Jahren zu sehen. Davon zeugen nicht nur die maroden Straßen mit hohem Gefährdungspotential. Die Stadt weiß Bescheid, niemand ist zuständig und aus Geldmangel (Zitat) wird auch nichts gemacht. Es ist doch vollkommen egal ob sich Oma Lisbeth mit dem Fahrrad auf maroder Strecke umbringt. Aber das sind eigentlich Kleinigkeiten, denn ich meide schon lange die Innenstadt und wenn ich ehrlich bin, vermeide ich es sogar nur 10 Minuten in die "falsche Richtung" zu fahren.

Noch lebe ich in meiner kleinen Blase zwischen Wald, See und wenigen guten Nachbarn, aber ich merke täglich wie sich alles negativ verändert obwohl wir seit Jahren versuchen einen positiven Beitrag zu leisten. Das wir Duisburg (und NRW, ggf. sogar Deutschland) verlassen werden ist absehbar und auch schon geplant, denn da bin ich ganz Ratte und verlasse das sinkende Schiff bevor es mit mir untergeht…

Zepp Oberpichler
5 Jahre zuvor

@PeterAnsmann,
ja, den Artikel kenne ich auch. Aber das scheint mir falsch kolportiert.

Im Ratsinformationssystem findest du mit der Drucksache-Nr. 19-0515/1 die Beschlussvorlage zum Budget zur Umsetzung der Stadtmarketingstrategie. Dort heißt es:
"Zur Umsetzung der Stadtmarketingstrategie sollte DK finanziell und personell langfristig in die Lage versetzt werden, die avisierten Ziele einer Imageverbesserung der Stadt Duisburg erreichen zu können. (…) Das strategische Vorgehen der Stadtmarketingstrategie sieht u.a. die kontinuierliche Information und den regelmäßigen Austausch mit allen relevanten Akteuren der Stadt vor. Aufgrund der Komplexität der Aufgabe und der Vielzahl der Akteure ist das Stadtmarketing in die folgenden 6 Aufgabenbereiche untergliedert worden:
– Standortmarketing
– Citymarketing
– Tourismusmarketing
– Stadtteilmarketing
– Verwaltungsmarketing
– Kommunales Marketing"
Weiter heißt es:
"Der Finanzbedarf für 2019 beträgt insgesamt für das Stadtmarketing T€ 514.
Der Finanzbedarf ab 2020 wird mit einem Jahresbudget in einer Höhe von zunächst T€ 550 kalkuliert; mit Blick auf die ggf. anstehenden Anlaufkosten kann dieser auf Nachweis auf bis zu 670 T€ ansteigen. (…)
Darin enthalten sind die Personalkosten in Höhe von T€ 165. Sämtliche anderen Ausgaben aus dem Stadtmarketinghaushalt, wie Marketingmaßnahmen, Investitionen und sonstige Ausgaben müssen mit dem Budget bestritten werden.
Es bezieht sich also eindeutig auf das gesamte Stadtmarketing inklusive Personalkosten, Arbeitsplatzkosten etc.
Die eigentliche Kampagne DUISBURG IST ECHT muss demnach mit einem deutlich schmaleren Budget auskommen.

Franz Przechowski
Franz Przechowski
4 Jahre zuvor

Imagekampagnen von Ruhrgebietsstädten sind fast alle sinn- und zwecklos. Das Budget verpufft wirkungslos im Vakuum des medialen Kosmos. Beispiele mehr oder minder kläglicher Versuche gibt es aus Gelsenkirchen, Dortmund und nun Duisburg zu berichten. Bochum bildet mit der aktuellen Standortkommunikation die Ausnahme, hat sich aber in den vergangenen Jahren mehrfach blamiert. Aber warum ist das so? Meine These lautet: Die Ursache liegt im fehlenden Sachverstand der verantwortlichen Stellen in der Verwaltung (wahlweise Wirtschftsförderung, Stadtmarketing oder Pressestelle) bei Themen wie strategische Markenführung und -kommunikation, sowie ein unterentwickelter Anspruch an Konzeption und Kreativität bei der Umsetzung. Gründe dafür gibt es viele. Zunächst die Unbeholfenheit der verantwortlichen Bereichsleiter und ihrer Mitarbeiter aus mangelnder Routine bei komplexen Kampagnen. Aber man lässt sich ja nichts anmerken, denn jeder hat ja schon einmal "Werbung" gesehen und fühlt sich als Experte mit der Forderung "…da brauchen wir erst einmal ein Logo". Dann kommt die Eitelkeit ins Spiel. Man hat ja selber den Kopf voller geiler Ideen für Claims, Heads und natürlich auch Bilder. "Das viele Grün müssen wir unbedingt zeigen" ist so eine wiederkehrende Top-Idee. Am besten mit einem Vergleich in der Head "…mehr Grün als in München". Da schluckt der Agentur-Kasper, der ja bekanntlich für Geld alles macht, und akzeptiert auch noch den selbstgestrickten Claim "Mit uns wird´s was", wie der oberste Gelsenkirchener Wirtschaftsförderer noch heute glaubt. Eine irrlichternde GE-Kampagne für mehr als € 600.000 zur Befriedigung des Egos. Last not least, wie der Englisch Pauker immer sagte, kommt dann noch die Politik als letzte Instanz zur Freigabe der Kampagne ins Spiel. Spätestens hier versenkt der dann abgefeuerte Torpedo der "Wir müssen alle mitnehmen" Beliebigkeit jeden noch so kleinen Ansatz für Akzeptanz, Durchschlagskraft und Glaubwürdigkeit beim Empfänger sowie Kreativität, Strategische Markenführung, konsistente Konzeption in der Umsetzung. Der Agentur-Heini nimmt es müde lächelnd zur Kenntnis. Er wird ja dafür bezahlt die Schnauze zu halten. Man möchte den eigenen Oppa zitieren, der nach Feierabend als junger Bursche "Mutta, nimm mich vonne Zeche. Ich kann dat Schwatte nicht mehr sehen" seufzte.

Ruhr Reisen
Ruhr Reisen
4 Jahre zuvor

#17: Und: Wie würden Sie es (besser) machen ;)?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
4 Jahre zuvor

@Franz Przechowski #17: Ich bin fest davon überzeugt, dass solche Kampagnen nur dazu dienen, den verreisenden Ruhrgebietler z.B. in München per Eyecatcher-Riesentafeln zur Umkehr und Umsatz der Reise-Valuta beim Einzelhandel der Heimatregion zu bewegen: "Komm, sofort widda nach Hause. Woanders is auch scheiße…"

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