Eine Messe zu Ehren des Künstlers – Schlingensief bei der Triennale

Die Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg-Nord hat sich kurzfristig in eine Kirche verwandelt: Das Publikum sitzt auf klassischen Holzbänken, während Christoph Schlingensief und Getreue in strikter Messe-Dramaturgie Leben und Leiden des Künstlers präsentieren – stellvertretend für uns (Künstler) alle, natürlich. Alle Vorstellungen sind ausverkauft, und das zu einer Uraufführung eines Herrn aus der Region. Da jubeln wir doch mal ab!

Als Erstes ein Lob an Bühnenbild und Architektur, Licht und sonstige Technik. Bis ins Detail (kleine Schränke und Bilder an den Seitenwänden), aber auch im Großen (Leinwände mit Live-Bildern von der Bühne und andere Filme; eine tolle Beweglichkeit im Bühnenbild auf engstem Raum; fantastisches Farb- und Fasergewaber ebenda) sitzt alles. Hier wird nicht nur Ensemble-Theater gespielt, hier stimmt es anscheinend auch generell mit der Chemie. Problem: Die Bühne ist für die meisten viel zu weit weg, da helfen auch keine Kirchen typische Prozessionen durch den Mittelgang. Alles in allem aber: Eine wirklich beeindruckende Kulisse.

Dann also das eigentliche Stück: Sämtliche Schauspieler leiden in Wort und Tat mit dem Regisseur (überstandenes Krebsleiden), zitieren Hölderlin, Beuys, Heiner Müller und viele andere, und immer geht es um im Grunde ganz normale Gedanken eines gar nicht mal ungewöhnlich denkenden und fühlenden Menschen, der ein wenig von Religion und klassischen Krankenhaus-Assoziationen abbekommen hat: Vergänglichkeiten und Versäumnisse hier, Aufbegehren und Ratlosigkeit da und da. Da es sich bei der Aufführung um ein Fluxus-Oratorium handelt (siehe Überschrift) ist alles ein wenig egomanisch bis spezifisch (katholisch), aber viele Gedanken und Gefühle stecken durchaus auch an. Angst gab’s allerdings wenig.

Und dann wieder: Skurrile Figuren tauchen auf, eine Band macht auf laut oder eine wirklich ganze Menge an Chorgesängen erweckt den Eindruck von Schönheit, symbolisiert aber wohl eher Schwere und kirchliche Macht. Irgendwann fragt man sich: Ja, aber… der lebt doch noch? Kommt jetzt die Party mal so sachte? Und tatsächlich spielt der Meister gegen Ende selbst mit, die Lichter werden weniger sakral und eher lebendig, und am Ende ist halt Ende. Genau, man wollte es ja auch nicht übertreiben mit der Schwere! Also geht man raus wie wohl aus einer Kirche sonst auch: Man hat mitgemacht und fühlt sich hinterher besser.
Das Stück insgesamt? Wirklich in Ordnung, leicht angemüdet vielleicht aber dafür in einigen Momenten und Szenen auch ganz stark. Wir dürfen uns auf ein Alterswerk freuen das Tiefe und Unbekümmertheit nochmal ganz neu mischt aber natürlich Schlingensief bleibt. Mal gucken was ihm als nächstes so passiert, gerüchteweise ist ja jetzt wieder das Thema Afrika dran. Möge er weiter missionieren gehen. Das Ruhrgebiet bedankt sich artig.

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