NRW soll ein neues Hochschulrecht bekommen, welches in die Zukunft weist. Lauscht man jedoch den Angehörigen der Hochschulen im Lande, so scheint es sich eher um eine Reise in die Vergangenheit zu handeln. Von unserem Gastautor JoS
Es sind 84 Paragraphen, verteilt auf etwas mehr als hundert Seiten. Dazu Änderungen im Kunsthochschulgesetz, im Landesgleichstellungsgesetz, im Gesetz über die Studierendenwerke und in zwölf weiteren Gesetzen. Mit allen Anmerkungen sind es 355 Seiten, ein dicker Stapel Papier. Doch was auf dieses Papier gedruckt ist, lohnt den Aufwand eigentlich nicht. Das wiederum verwundert etwas, hatte das Ministerium doch keinen Aufwand gescheut. Es wurden Anhörungen abgehalten und sogar eine Onlineumfrage ermöglicht. Fazit des Ganzen: Der Ministerin ist es egal. Es kommt so, wie sie es will.
Mit dem neuen Gesetzesentwurf nimmt das Ministerium die Hochschulen an die Leine. Natürlich, sie hatten es schon angekündigt, aber dass es so dicke kommen sollte, damit hat niemand gerechnet. Nicht nur, dass das Ministerium offensichtlich plant die Hochschulen weiter unterzufinanzieren. Offensichtlich plant das Ministerium auch noch die Rücklagen der Hochschulen wieder in den Landeshaushalt fließen zu lassen, sie werden also zur Tilgung des Landesdefizits heran gezogen. Wollen die Hochschulen auf ihre eigenen Rücklagen zurückgreifen, werden sie zu Bittstellern. Dicke Kritik erntet man im Ministerium auch für den Hochschulentwicklungsplan und dessen Konsequenzen. Das Papier infantilisiert die Hochschulen: Wer nicht spurt bekommt es zu spüren. Wie weit das Ministerium dabei die Grenzen der ministeriellen Aufsicht überschreitet, zeigt sich bei den Plänen zur Aberkennung des Promotionsrechts.
Doch auch dort, wo die Ministerin zumindest auf Zustimmung einiger Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer hoffen könnte, vergaloppiert es sich. Die Hochschulräte, welche wie Aufsichtsräte für die Hochschule wirken sollen, werden nach Plänen der Landesregierung bald nur noch aus Externen bestehen. Das finden selbst die Apologeten der Hochschulräte nicht richtig.
Auch für die Studierenden bleibt nicht viel übrig. Die geforderte Viertelparität wird im Gesetz erst verankert und dann über Einschränkungen wieder rausgeschrieben; alle gesonderten Mitwirkungsmöglichkeiten werden durch Widerspruchsklauseln ausgehebelt. Die Möglichkeiten der prekären Beschäftigung bleiben im Papier bestehen, nur verschiebt das Ministerium die Schuld an die Hochschulen. Es nimmt sich aus der Verantwortung, anstatt entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine Stärkung des Senats findet zwar in Teilen statt, aber nicht soweit, wie es dem höchsten demokratisch legitimierten Gremium der Hochschule würdig wäre. Die Kernkompetenzen liegen bei der Trias aus Ministerium, Rektorat und Hochschulrat. In dieser Reihenfolge.
Ministerin Schulze verteidigt ihren Entwurf gegen die Kritik. Alle seien befragt worden, alle berücksichtigt worden. In Sachen der Befragung mögen die Meisten noch zustimmen, in Sachen der Berücksichtigung jedoch nicht. Und was helfen denn Befragungen, die nicht zu entsprechenden Ergebnissen führen. Das Ministerium hat sich viel Zeit gelassen, um diesen Entwurf vorzulegen. Man kann sich fragen, ob man diese Zeit nicht hätte sinnvoller nutzen können.