#EM2016: Deutschland vs. Polen – Ein weiteres Spiel zum Vergessen

Bundestzrainer Joachim Löw im Einsatz. Quelle: Wikipedia, Foto: Danilo Borges/copa2014.gov.br, Lizenz: CC BY 3.0
Joachim Löw im Einsatz. Quelle: Wikipedia, Foto: Danilo Borges/copa2014.gov.br, Lizenz: CC BY 3.0

Tja, so ist das ja häufig mit den großen Erwartungen. Da spielt Weltmeister Deutschland im zweiten Gruppenspiel der Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich gegen seinen vermeintlich härtesten sportlichen Gruppengegner, Polen, und statt eines ansehnlichen Fußballspiels gibt es einen mauen Kick, sogar das erste 0:0 im nun bereits 18. Turnierspiel.

So bleibt am Ende dann zwar auch ein Ergebnis, welches beiden Teams, nach den jeweiligen Siegen gegen die Ukraine bzw. Nordirland zum Auftakt, zu einem Weiterkommen ins Achtelfinale reichen sollte, große, tatsächlich berechtigte  Titelambitionen konnten am gestrigen Abend in Paris allerdings beide Teams so nicht beweisen.

Besonders enttäuschend: In der Offensive gab es keine Momente der deutschen Mannschaft welche sich dauerhaft ins Gedächtnis der Fans eingebrannt hätten. In der Abwehr hingegen, wo der scheidende BVB-Profi Mats Hummels sein Comeback nach einer rund vierwöchiger Verletzungspause feierte, stand die DFB-Auswahl weitestgehend sicher.

Nach einigen Unsicherheiten zu Spielbeginn agierte Hummels wieder weiterstgehend souverän und sicher. Er war somit auch einer der wenigen echten Gewinner im deutschen Team.

Auch sein Abwehr-Kollege Boateng überzeugte gegen den international gefürchteten polnischen Top-Stürmer Robert Lewandowski & Co.. Die größte Chance für die Polen vergab somit auch Lewandowskis Sturmkollege Milik. Die Defensivarbeit des Weltmeisterteams war gestern insgesamt deutlich besser als beim Auftakt zum Turnierauftakt gegen die Ukraine am Sonntag.

Offensiv mangelte es dem Team am Donnerstagabend allerdings nahezu komplett an Ideen und Pfiff. Gerade auch vor dem Hintergrund des Potentials von Kreativkräften Özil und Götze eigentlich so unerklärlich. Doch gerade auch von den beiden war erschreckend wenig  zu sehen.

Die Offensivspieler schoben sich die Bälle sehr oft schlicht quer zu, oder spielten ideenlos wieder zurück. Torchancen erspielte man sich so naturgemäß kaum.

Gerade von einem seit Jahren ständig an den eigenen Erwartungen scheiternden Spieler wie Mesut Özil hatte man sich da doch endlich mal deutlich mehr pfiffige Spielideen, Kurzpasskombinationen und auch Kreativität erhofft. In London zeigt er dies im Verein bei Arsenal häufiger. Wenn er für Deutschland spielt, dann bisher immer noch viel zu selten. Das bestätigte sich am Abend nun einmal mehr. Der Vorlagengeber des FC Arsenal ist im Club häufig der entscheidende Mann, wenn es darum geht, gegnerische Abwehrwände zu überwinden. Im DFB-Team blieb er einmal mehr ein unerfülltes Versprechen.

Mario Götze hing somit dann auch viel zu häufig in der ‚Luft‘. Dies änderte auch nicht, als Joachim Löw den kopfballstarken Mario Gomez für Götze ins Spiel brachte. Auch von Gomez war nichts zu sehen. Er bekam schlicht keine Bälle aus dem Mittelfeld, auch keine Flanken. Gomez wurde seiner Stärken bei einem solchen Vorgehen, fast zwangsläufig, ebenfalls komplett beraubt.

Und so ist die Löw-Truppe am Ende mit dem Punkt dann auch völlig angemessen belohnt worden. Ein Sieg wäre schlicht nicht verdient gewesen gestern. Da muss man sich auch gar nichts vormachen.  In dieser Form braucht vor der deutschen Elf im Achtelfinale jedenfalls niemand ‚Angst‘ zu haben.

Am Ende  bleibt ein fast schon klassisches zweites Gruppenspiel für die Geschichtsbücher, bei dem sich die Auswahl nach einem recht überzeugenden Turnierstart (Wobei, war er das gegen die Ukraine eigentlich? Das 2:0 liest sich im Nachhinein besser als das Spiel verlief, denke ich.) mit einem sportlichen Rückschlag auseinandersetzen muss.

Im abschließenden dritten Gruppenspiel gegen Nordirland spielt die Löw-Truppe nun aber noch immer um den möglichen Gruppensieg. Nachdem die Nordiren gestern die Ukraine mit 2:0 schlagen konnten, können auch diese allerdings theoretisch noch immer Gruppensieger werden.

Polen, Deutschland und Nordirland machen die ersten drei Plätze in der Gruppe unter sich aus, die Ukraine wird am Ende der Gruppenphase nach Hause verabschiedet. Das wissen wir nun seit gestern. Viel mehr war aber an diesem Donnerstag nicht.

Das Spiel der Deutschen reihte sich problemlos in die Reihe der nun insgesamt 18 Vorrundenspiele dieser Europameisterschaft ein, von denen man eigentlich kein einziges wirklich gesehen haben muss, die man vermutlich auch in wenigen Tagen schon wieder komplett vergessen haben dürfte…

Auch heute geht das Turnier in Frankreich naturgemäß weiter. Noch immer hoffen die Fußballfreunde dann auf ein wirklich spektakuläres Spiel. Die Begegnung Deutschland vs. Polen, auf die vorher viele Beobachter mit einem besonderen Interesse geblickt hatten, konnte diese Erwartungen jedenfalls in keiner Weise erfüllen…

 

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Thomas Weigle
Thomas Weigle
8 Jahre zuvor

Die blutleeren Auftritte von Jogis Buben erinnern fatal an die Auftritte während der letzten EM in Frankreich 84, sehr viel besser lief es bei der WM 98 auch nicht dort, naja und Frankreich 38 war auch ein tristes Erlebnis. Der DFB sollte in Zukunft einen großen Bogen um das Land der Gallier machen, für ihn ist Frankreich bisher jedenfalls kein Land, in dem er sich turniermäßig wohlfühlen kann.

Walter Stach
Walter Stach
8 Jahre zuvor

Robin,
Es war ein sehr langweilige Spiel und qualitativ m.E eines der schlechtesten der bisherigen EM.
Wird es besser werden?
"Die Hoffnung stirbt zu letzt"; das hat wohl auch für die deutsche Nationalmannschaft bei der EM Gültigkeit-oder?

PS
Heute morgen aus dem ländlichen England -Essex- zurück:

1.
Die EM schien dort kaum zu interessieren – Keine Wimpel an Autos, an und in Restaurants , Pubs; selten , daß dort in Pubs, in Restaurants gemeinsam vor dem Fernseher die "wichtigesten " Spiele verfolgt wurden und noch seltener, daß die EM d a s Thema in persönlichen Gesprächen war.

2.
Dagegen waren Pro und Contra Brexit auch im ländlichen Essex d a s Thema!
Relativ viel Plakat-Werbung am Straßenrand,geschätzt zu 9o% Pro (!!) Brexit. Lediglich in einem "kleinen, aber feinen" Örtchen am sog. Black Water habe ich im Fenster einer Privatwohnung(!!) ein Plakat gegen Brexit gesehen.

Das kann die allgemeine Wahrnehmung betätigen, wo nach die "einfachen Leute" (sozial gemeinhin als untere Mitteleschicht oder als sog. Unterschicht klassifiziert) in der Regel ehe pro Brexit gesinnt sind als die Angehörigen der "oberen Mittelschicht" bzw. die der sog. Oberschicht und daß der Großstädter dem Brexit ehe kritsch gegenüber zu stehen scheint als der Mensch vom Lande.
Zudem gibt es gute Gründe für mich, der Feststellung zuzustimmen, nach der vor allem die Älteren pro Brexit gesinnt sind ("früher" war für sie im eigenständigen britischen Königreich alles besser;- einhergehend mit ihrem ausgeprägten Nationalstolz und geprägt von ihrer aus der Geschichte begründeten Meinung, daß Großbritannien als eigen ständiger Staat immer von außerordentlicher Bedeutung und Wichtigkeit für die gesamte Welt war und wieder zu werden hat, vor allem gegenüber dem "restlichen" Europa. Insofern gibt es offenkundig die immer wieder medidal betonten Übereinstimmungen bezüglich der Begründungen der Brexit-Befürworter für ihre Position mit den einschlägigen Erklärungen der nationalistisch-völkische Gesinnten in allen Staaten Europas für ihre Politik. Auch deshalb fragen sich viele Briten nicht danach, was passieren könnte, wenn England (Wales, Nord-Irland) vorzeitig bei der EM ausscheiden, sondern sie fragen sich, was ab dem 24.6. passieren wird ,wenn Pro Brexit entschieden werden sollte.

Also,
Robin,
ich habe es als Fußball-Fan als für mich durchaus positv empfunden, in Essex erleben zu müssen, daß die Fußball-Europa Meisterschaft für viele Menschen dort , wenn überhaupt, eine nebensächliche Rolle spielt, nicht nur, aber eben auch mit Blick auf die anstehende Brexit-Entscheidung.

Insofern bezeichnet war die dort mir gegenüber gemachte Aussage:
" Europa-Meisterschaften im Fußball gibt es immer wieder -alle 4 Jahre-, Die Entscheidung über den Brexit ist eine einmalige und eine fundamentale für die Zukunft Großbr."

Mit meinem Kompliment an die Freunde / Verwandte in England, daß mir das Spiel "ihrer" Engländer gegen Wales qualitativ weitaus besser gefallen hat als das Spiel Deutschland-Polen gestern . und mit meinem Wunsch an sie, England möge das Endspiel erreichen, habe ich allerdings nach meiner Wahrnehmung nicht dazu beitragen können, sie von ihren Besorgnisse über den Ausgang der Brexit-Entscheidung abzulenken.

Im übrigen haben im Fernsehen die englischen Fach-Moderatoren der beiden deutschen Spiele (vor und nach den Spielen und in der Halbzeit) die Leistung und das Leistungsvermögen der deutschen Mannschaft weitaus positiver bewertet als ich; und das in auffälliger und bemerkenswerter Fachlichkei und in persönlicher Gelassenheit und Bescheidenheit bezüglich der "Wertigkeit" ihrer Aussagen.

Thomas Weigle
Thomas Weigle
8 Jahre zuvor

@ Robin Ich sehe Brasilien nicht so negativ wie Du. Darüber haben wir uns ja damals intensiv ausgetauscht.
Was die EM angeht, wird es wohl besser werden, wenn die Gruppenendspiele und anschließend die KO-Runde beginnt. Hoffe ich jedenfalls.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Allzeit richtig und wichtig – Gary Lineker:"Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach, und am Ende gewinnen die Deutschen.“

Genauso vorhersehbar und laaaaaaaaaangweilig ist die bisherige EM.

PS: Nur noch 70 Tage bis zum Bundesliga-Auftakt!!! 🙂

thomas weigle
thomas weigle
8 Jahre zuvor

@ Walter Was Du über die englischen Kommentatoren schreibst, ist mir während der letzten WM aufgefallen. Zeitungsjournalisten und Blogger bewerteten die Spiele der Deutschen weitaus besser als z.B. hier viele "Ruhrbarone". Vielleicht sind die Briten in Bezug auf die Erfolge der 3 Lions nicht so verwöhnt wie wir durch Die Mannschaft und haben bei ihrer Beurteilung diese Tatsache im Kopf, sozusagen ein vorauseilender Bonus, denn diesmal ist Die Mannschaft noch keine wirkliche Mannschaft.

Helmut Junge
Helmut Junge
8 Jahre zuvor

"In Brasilien bei der letzten WM, da vermochte man auch nicht wirklich zu überzeugen."
Gestern haben sie anders gespielt als sonst. So klein-klein durch die Mitte. Oliver Kahn hat gesagt; "So spanisch". Genau das habe ich auch empfunden. Das paßt nicht zu denen.
Ich fand das Spiel nicht gut. So langsam frage ich mich, ob das evtl. zu den Vorgaben vom Trainer paßt, oder ob der Trainer daran nichts ändern KANN. Wenn die so weitermachen, guck ich mir kein Spiel mehr an. Dabei war ich eigentlich immer ein Fan vom Trainer, weniger von der Mannschaft.

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

Wer guten europäischen Fussball sehen will guckt die Champions League. 🙂

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Der Wettbewerb ist unerheblich, der *Zeitpunkt* ist eher entscheidend. Letztens hat das Marcel Reif bei Lanz noch ziemlich deutlich markiert: die Anzahl der Spiele und Wettbewerbe in den europäischen Spitzenligen,, also die bis zur EM/WM im Sommer erbrachte Saisonarbeit lässt überhaupt keine ansehnlichen Leistungen in so einem, auch noch künstlich verlängertem Turnier mehr zu.

Man sieht es eigentlich überall – offensives Mittelfeld und Stürmer sind zu langsam, die gegnerische Abwehr hat sich früh formiert, es folgt ein schön-sterberisches Kleinklein im Strafraum mit abschließender Ablage auf einen "draußen" lauernden Spieler mit miserabler Schusstechnik aufs Tor… Feierabend Spiellaune:-(

Helmut Junge
Helmut Junge
8 Jahre zuvor

Den Superstars fehlen in den Nationalmannschaften die Zuspieler, die sie in ihren Vereinen haben und auch brauchen. Die werden nicht automatisch vom Nationalträger"übernommen"weil die meist nicht in den Kader passen. Das ist mir schon bei der WM aufgefallen.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Robin, ein CL-Finale als komplette Mannschaft mit ihrer Eingespieltheit ist trotz der bis dahin fast endlosen Saison noch was ganz Anderes als ein Turnier mit neuen Mitspielern, neuen Trainern und komplett anderer Teamtaktik. Gegen Ende mag das dann bei wenigen Top-Teams nochmals Früchte tragen – siehe 7:1 -, aber grade jetzt ist Körner sparen und demnach Grottenkick angesagt.

Thomas Weigle
Thomas Weigle
8 Jahre zuvor

Ich möchte Euch elitäre Fußballsnobs darauf aufmerksam machen, dass schon in 49 Tagen hochwertiger Ligafußball geboten wird, nämlich in Liga2, gelle. Es geht doch nichts über die erhabene Schönheit einer Ligatabelle nach dem ersten Spieltag, die signalisiert: die Sommerpause mit ihren Schnickschnackschnuckspielen ist vorbei.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

@Thomas Weigle: Die total ver"posh"ten unter den Obersnobs (also ich;-) sind aber schon 1 Woche früher am Start, um den Anfang von Paderborns Durchmarsch nach ganz unten mitzubekommen;)))

thomas weigle
thomas weigle
8 Jahre zuvor

@ Klaus Lohmann, warum so ungnädig mit Paderborn? Wirkt da ein 2:0 mit Schirihilfe der Ostwestfalen nach?

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

@thomas weigle: Nö. Aber wer einen Effenberg als "Trainer" anstellt, hat noch mehr Leichen im Keller. Überdies ist das wirklich das hässlichste Tribünenstadion der Nach-Bronzezeit…

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