Emre Can muss als BVB-Kapitän beweisen, dass er der dem Druck in Dortmund gewachsen ist

Emre Can bei seiner Vorstellung in Dortmund. Archiv-Foto: BVB

Ist das jetzt eine gute Nachricht, oder nicht? Die Meinungen gehen im BVB-Umfeld weit auseinander.

Borussia Dortmund hat unmittelbar nach dem Start des Trainingslagers in den USA die seit dem Rücktritt von Marco Reus offene Kapitänsfrage geklärt. Emre Can wird künftig die Binde am Arm tragen, wie Trainer Edin Terzic auf einer Pressekonferenz in Kalifornien am Mittwoch bestätigte.

Damit bestätigten sich Gerüchte, die seit einiger Zeit rund um den Vizemeister zu vernehmen waren. Überraschend kam die Entscheidung der Dortmunder also nicht. Die Wahl Cans zum offiziellen Anführer der Schwarzgelben auf dem Platz birgt dennoch ein gewisses Risiko, da an seiner Eignung für dieses Amt durchaus Zweifel bestehen.

Zwar spielte der Nationalspieler in der Rückrunde der Saison 2022/23 deutlich stabiler als in den Monaten zuvor, wo er häufig nicht einmal zum Stamm des BVB gehörte, doch war auch er in den entscheidenden Minuten der Saison, als die Borussia die von vielen bereits sicher geglaubten Titel gegen den Serienmeister FC Bayern München durch ein enttäuschendes 2:2-Unentschieden gegen den FSV Mainz 05 im heimischen Westfalenstadion noch verspielte, nicht wirklich zu sehen (Kicker-Note 5,0).

Wie auch große Teile des restlichen Kaders schien Can mit der Situation, als ein simpler Heimsieg gegen die Mainzer, für die es sportlich bereits um nichts mehr ging, zum ersten Meisterschaft seit 2012 gereicht hätte, völlig überfordert zu sein. Und das, obwohl er noch zu den erfahrensten Akteuren der Schwarzgelben auf dem Platz gehörte. Ist so jemand dann wirklich die ideale erste Wahl bei der Besetzung des Postens als Mannschaftskapitän eines Teams, das Titel gewinnen will? Wohl kaum.

Ein Blick auf den Kader der Dortmunder zeigt jedoch rasch, dass sich da aktuell nicht wirklich viele gut geeignete Kandidaten für den Posten anbieten. Sehr viele junge und unerfahrene Talente sollen in Dortmund reifen, dazu gesellen sich vereinsfremde Neuzugänge (u.a. Marcel Sabitzer), die den Verein (noch) nicht wirklich gut repräsentieren könnten, und ein paar alternde Ex-Nationalspieler (wie Mats Hummels und Marco Reus), die nach ihrer Nichtberücksichtigung im Nationalteam wohl auch beim BVB nicht mehr regelmäßig zum Einsatz kommen dürften, wenn im August die neue Saison beginnen wird.

Dass über einen Neuzugang wie Sabitzer als BVB-Kapitän in der Öffentlichkeit überhaupt ernsthaft diskutiert wurde, obwohl dieser noch kein einziges Pflichtspiel im Dress des Klubs gespielt hat, zeigt das Dilemma. Kein Wunder also, dass in Dortmund zuletzt ernsthaft auch über Namen wie Gregor Kobel (als Torwart naturgemäß häufig weit weg vom Geschehen) und Niklas Süle (auch noch relativ neu in Dortmund) diskutiert wurde. Uneingeschränkt geeignet schien bei näherer Überlegung keiner von diesen.

Da ist Can vielleicht noch das ‚kleinste Übel‘ unter den sich bietenden Möglichkeiten, die dem BVB für die kommende Spielzeit zur Verfügung stehen. Für Can sprach bzw. spricht, dass er als deutscher Nationalspieler mit internationalen Erfahrungen auf Vereinsebene aus England und Italien auch auf vergleichsweise erfahren ist und seinen im kommenden Sommer endeten Kontrakt an der Strobelallee kürzlich vorzeitig um zwei weitere Jahre bis 2026 verlängert hat. Aber reicht das tatsächlich schon als Qualifikation für diesen Posten?

Klar dürfte sein, dass Can im Vergleich zu dem häufig unangenehm blassen Mannschaftsführer Marco Reus, der fünf Jahre lang den BVB-Kapitän darstellte, in diesem Amt bestimmt keine Verschlechterung ist.

Aber wäre ein Spieler wie Can bei einem (anderen 😉 ) internationalen Top-Klub ebenfalls ein ernsthafter Kandidat für die Rolle als Kapitän gewesen? Wenn man einmal die Persönlichkeiten bei den europäischen Spitzenklubs mal in Gedanken einzeln durchgeht, kommen Zweifel auf.

„Er hat im Verlauf seiner Karriere enorm viel Erfahrung gesammelt, ist im richtigen Alter für einen Kapitän bei einem solch großen Klub und verfügt über entsprechende Führungsqualitäten und die Akzeptanz im Team“, wird Sportchef Sebastian Kehl in Bezug auf die Wahl Cans zitiert. Und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ergänzte: „Emre Can verfügt über große nationale und internationale Erfahrung, die er als Kapitän nun voll einbringen kann. … Emre ist der richtige Kapitän für unser Team!“

Seine angeblich so große Klasse muss Emre Can als zukünftiger BVB-Kapitän dann jetzt aber auch regelmäßig beweisen. Und nicht nur dann, wenn es auf dem Platz um vergleichsweise wenig geht….

 

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