Am morgigen 11. September jährt er sich bereits zum 12. Mal, der Jahrestags der Anschläge auf das ‚World Trade Center‘ in New York, im Jahre 2001. Ein bedrückender Tag und Anlass für mich ganz persönlich regelmäßig an einen Ort zurückzudenken, wo ich mich so wohl gefühlt habe wie bisher an nur ganz wenigen Orten, die ich in meinem Leben bisher für mich persönlich entdecken und erleben durfte.
Ich möchte daher hier heute einmal kurz die Gelegenheit nutzen, von meinen Eindrücken aus dem September 1999 zu berichten, meiner ersten USA-Reise, welche mich nach New York City führte, wo ich einen alten Schulfreund in Hoboken (New Jersey) besuchte, der seinerzeit dort arbeitete, und wo ich mich in New York und speziell auch das ‚WTC‘ verliebt habe. Eine Tatsache, die den Verlust der Zwillingstürme und auch die Anschläge selber für mich damals besonders schmerzlich machte, und auch bis in die Gegenwart noch immer macht.
Bis September 1999 hatte ich die USA noch nicht besucht. Doch als Peter, einer meiner besten Schulfreunde aus alten Tagen mich zu sich nach New York (er wohnte streng genommen im angrenzenden New Jersey, in Hoboken) einlud, da war dies für mich die ideale Möglichkeit eine erste Reise in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten zu unternehmen. Ein Kindheitstraum wurde war.
Damals war ich immerhin schon 28 Jahre alt. Peter war im Auftrag einer deutschen Firma für einige Jahre im Großraum New York, ein Schritt, den ich an ihm immer irgendwie bewundert hatte. Ich selber wäre für eine solche Aktion damals wohl noch ‚zu feige‘ gewesen. Peter traute sich. Eine Tatsache von der ich später noch häufiger profitieren können sollte, war seine Wohnung am anderen Ufer des ‚Hudson River‘ doch ideal gelegen um New York zu entdecken, und Peter bei diesen Gelegenheiten zu treffen. 1999 war dies zum ersten Mal der Fall. Und es sollte für mich der beeindruckendste Aufenthalt in New York für mich werden. Klar, alles ist beim ersten Mal an spannendsten, am aufregendsten. So auch die Stadt New York und eben auch das World Trade Center im Süden Manhattans gelegen.
Der September des Jahres 1999 war in New York noch sehr, sehr heiß. Ich erinnere mich noch an diese unglaubliche Hitze, als ich vom Flughafen mit dem öffentlichen Nahverkehr in Richtung Peters Wohnung fuhr. Ich machte zuerst Station in einem kleinen Park in Hoboken, von wo aus man einen schönen Blick auf Manhattan hatte. Und ich kann gar nicht wirklich beschreiben, wie sehr es mich damals beeindruckte, was ich da am anderen Flussufer sah: Manhattan! Die große Welt!
Auf Anhieb war ich so berührt von diesem Anblick, dass mir die ca. 3 Stunden die ich dort samt meinem Gepäck auf Peter warten musste, der zu diesem Zeitpunkt, es war ca. 15 UhrOrtszeit, noch arbeiten war, nicht als negative Wartezeit auffielen, sondern als purer Genuss. Der Blick auf die Türme, auf die kreisenden Helikopter, auf Alles. Ich kam mir sofort vor als wäre ich am Nabel der Welt angekommen.
Ich war auf Anhieb verliebt, schon allein in den Anblick New Yorks. Die Vorfreude auf die nächsten Tage, wo ich mich aufmachen wollte diese auf mich unglaublich anziehend wirkende Stadt zu entdecken, war riesig. Keine Spur von Erschöpfung durch die Reisestrapazen, ich war voller Begeisterung und Vorfreude.
Und so zog es mich, nach der ersten Nacht in Peters Wohnung, als er am Morgen erneut zur Arbeit fuhr, auch direkt rüber in die große Stadt. Ich nahm die kleine Fähre, die von Hoboken aus direkt am Fuße des ‚World Trade Centers‘ Station machte, strömte mit etlichen Berufspendlern in Richtung Zwillingstürme. Man, was ein Anblick! Diese Größe der Gebäude, diese Erhabenheit. In der Nähe wirkten sie noch gigantischer. Ich setzte mich auf eine Parkbank und beobachtete die zur Arbeit strömenden Massen. Ich werde das nie vergessen.
Natürlich trennte ich mich dann nach einer Weile vom Süden, von Downtown, und entdeckte auch die anderen Highlights der Metropole. Nie wieder sollte eine Stadt auf mich diese Faszination auslösen wie mein erster Besuch in New York. Dabei war es damals nur ein verlängertes Wochenende, Donnerstag bis Montag, welches ich dort im Jahre 1999 zur Verfügung hatte.
Auch in den folgenden Jahren besuchte ich Peter und die gigantische Stadt, welche für mich bis heute wohl mein Lieblingsort auf der Welt ist. Vor den Anschlägen des 11. September 2001 noch zweimal. Wenn sich auch die Begeisterung des ersten Besuchs bei mir nie wieder in dieser Intensität einstellte, ich verbrachte noch einige Stunden am Fuße der beiden Türme, beobachtete das Treiben der Massen, fühlte mich dort immer irgendwie wie am Mittelpunkt der Welt.
Als dann am 11. September 2001, fast auf den Tag genau zwei Jahre nach meinem ersten Besuch dort die Nachricht von den Anschlägen bekannt wurde, da stand ich in meinem Büro in Münster. Ich weiß es noch wie heute. Und es war, als ob mich diese Tragödie wesentlich näher betraf, als alle anderen Personen die ich damals um mich stehen hatte. Ich fühlte mich direkt mit betroffen. Wer den Ort des Geschehens und seine gigantischen Ausmaße kannte, den musste es mehr betreffen, als jemanden der mit diesem Ort keine eigenen Erinnerungen verband.
Für mich war das einer der beeindruckensten Einschnitte in meinem bisherigen Leben. Diese Symbolik, diese bedrückenden Bilder im TV über die nächsten Tage. Ich trauerte, ja ich litt regelrecht mit, wie ich es noch bei keinem Anschlag auf der Welt zuvor tat. Es war mein Lieblingsort, der dort vernichtet wurde. Ich fühlte mit diesen unglaublichen Menschenmassen, die ich dort zur Arbeit gehen sah, die für mich sozusagen den Mittelpunkt der Welt repräsentierten, und die nun in so ein unglaubliches Elend und Leid gestürzt wurden.
Als ich im Mai 2002 erstmals nach den Anschlägen wieder in New York war, da war die Stadt für mich eine andere. Es fehlte das Herz, das Zentrum. Downtown war sprichwörtlich tot. Es war zwar optisch schon wieder gereinigt und weitestgehend aufgeräumt, doch die Wunde war so frisch und unglaublich groß.
Ich habe an den Zäunen von ‚Ground Zero‘ damals sogar geweint, und ich bin eigentlich gar nicht so emotional veranlagt. Es war, als hätte ich einen engen Freund verloren. Das mag sich nun hier irgendwie kitschig anhören, aber ich empfand es damals wirklich so.
Inzwischen ist dieser Verlust natürlich auch bei mir ein Stück weit zur Normalität geworden. Aber an jedem 11. September kommen bei mir wieder diese Erinnerungen an einen Ort hoch in den ich mich damals verliebt hatte, und der vor inzwischen bereits 12 Jahren durch eine terroristische Wahnsinnstat vernichtet wurde, samt tausender Menschen.
Ich werde diesen Ort immer in Erinnerung behalten als einen Platz auf der Welt, wo für mich das Zentrum von Amerika, ja vielleicht sogar der Welt war. Der Ort, wo sich für mich mein Traumland USA widerspiegelte, wie an keinem anderen. Wo ich damals erstmals Bekanntschaft mit diesem tollen Land schloss, welches ich seither häufig und gerne Besuche. Aber nirgendwo war ich seither wieder von etwas so beeindruckt wie dort, im Schatten der Türme, im September des Jahres 1999…
(Alle Fotos: Robin Patzwaldt, privat)