Erinnerungen an die Multicoloured Shades

In den 1980er Jahren waren die Multicoloured Shades eine Art Legende. Schon John Peel spielte ihre erste Maxi, die 1984 vom Dortmunder Plattenladen Last Chance aufgelegt worden ist. In ihrer westfälischen Heimat hatten die Bandgründer, also Sänger Pete Barany, Gitarrist Eddie Wagner, Michael Doering am Bass, dazu der Organist Detlev ‚Det Bizarre‘ Bizer sowie Schlagzeuger Martin Heimes leichtes Spiel.

Sie waren bekannt in der Szene und sind noch heute unter Musikern sehr geschätzt. „Damals habe ich die Multicoloured Shades für mich entdeckt – und das, was die gemacht haben, war keinen Deut schlechter als das, was von den Fuzztones oder Miracle Workers kam. Auf mich hatte ihr Sound so eine große Strahlkraft, dass ich mich bis heute dieser Art von Musik verpflichtet fühle.“ Das sind die Worte von Christian ›Doktor‹ Koch, der der musikalische Kopf der Band Vibravoid aus Düsseldorf ist. Für die Shades lief es gut damals und ihre dritte Platte „Sundome City Exit“ wurde 1987 von Virgin Records herausgebracht. Diese Platte enthielt den Song „Teen Sex Transfusion“, das als Single-Auskopplung ein kleiner Hit wurde und gerade in den Discotheken des Ruhrgebiets rauf und runter gespielt worden ist. Nach dem mäßigen Erfolg ihrer Nachfolge-LP „Ranchero!“ löste sich die Gruppe im Jahr 1990 auf.

Auch Atze Ludwig von den Chainsaw Hollies erinnert sich gerne an das Quintett aus Recklinghausen: „Pete, als Frontmann der Shades, war eine Erscheinung mit einer mystischen Präsenz. Ich lernte ihn etwas näher kennen, als ich mit ihm so um 2001 herum das „Best of“-Album der Shades neu mastern durfte. Er war sensibel, aufmerksam, „dedicated“ und ein Suchender. Dazu ein absoluter Musikliebhaber mit Klasse und Stil. Damals freute sich Pete auf die Zukunft mit der Band und war mit Begeisterung bei der Sache.“ Doch dann kam alles anders. Pete Barany hatte psychische Probleme und wartete wochenlang auf einen Therapieplatz, damit er seine Depressionen besser in den Griff bekommen sollte. Die Wartezeit ist nicht nur ein zentrales und viel diskutiertes Thema, wenn es um diese Art von Patientenversorgung geht. Urplötzlich sah sich Pete in die Enge gedrängt und nahm sich in seinem Wahn mit einer Überdosis Psychopharmaka das Leben.

The Multicoloured Shades boten Neo-Psychedelic-Rock mit Stil und Klasse

Jemand der die Tragik dieses Ereignisses bis heute schlecht verdaut hat, ist Klaus-Peter Boehmelt vom Bochumer Plattenladen Discover: „Ich weiß nicht ob wir Freunde waren, das ist so ein großes Wort. Wir waren auf jeden Fall sehr gute Kumpels und haben uns oft und lange unterhalten.“ Denn Pete war zweimal Angestellter bei Discover, das erste mal in den frühen 1990er Jahren, das zweite mal ein paar Jahre später. „Zwischendrin“, so erinnert sich Klaus Peter, „war er noch Handelsvertreter für eine Poster-Firma, aber damit ist er überhaupt nicht klar gekommen. Ich hatte immer den Eindruck, dass Pete einen großen, unsichtbaren Rucksack mit ganz viel Ballast herumträgt, den er aber nicht abschütteln konnte. Als seine Beerdigung war, saß ich in der Kirche und war den Tränen nah. Auch weil ich dachte, Pete wurde von so vielen Leuten gemocht und geschätzt. Nur ihm selber war das vielleicht nicht in seinen schwärzesten Stunden bewusst.“

Nun hat der ehemalige Multicoloured Shades Bassist Michael Döring eine ausgewählte Schar an Musikern zusammengetrommelt, die sich alte Songs noch einmal vorgenommen haben. Für den Dortmunder Mike Zero war diese Aufnahme (eine Interpretation von „Teen Sex Transfusion“) die letzte seines Lebens, kurz danach ist er nach langem Krebsleiden im November 2018 verstorben. Der Berliner Crooner Hank Ray beamt seine Interpretation von „Cold Angel“ in eine finstere Death-Country-Stimmung. Und der vom Dortmunder Norden nach Australien abgewanderte Tex Napalm gibt seiner Version von „Frozen Hearts“ eine Stimmung, die an die New Yorker Band Suicide erinnert. Für Radio-Ikone Klaus Fiehe von 1Live und Byte.FM ist das Cover am gelungensten, welches auf dieser Compilation als Schlussnummer 13 zu finden ist: „Ganz berührend wird es ganz zum Ende hin: Zepp Oberpichler hat „Witches“ mit vielen Gänsehaut-Momenten umgesetzt. Ich finde, er kommt damit dem Pete echt nahe. Das ist mein ganz persönliches Highlight!“

„A Tribute To The Multicoloured Shades“ ist beim Label Sireena erschienen und ist im gut sortierten Plattenladen deines Vertrauens erhältlich.

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