Man muss wahrlich kein Fan von Bundeskanzler Olaf Scholz sein, um den Umgang einiger seiner SPD-Kollegen mit ihm in diesen Tagen als höchst unwürdig zu empfinden. Der Kanzler absolvierte nach dem Bruch der Ampelkoalition unter anderem in der ARD-Talksendung von Caren Miosga einen recht souveränen TV-Auftritt. In diesem unterstrich er seine Ambitionen auf eine erneute Kanzlerkandidatur für die SPD. Trotzdem gelingt es ihm nicht, die eigenen Reihen hinter sich zu vereinen.
Natürlich herrscht in einer Partei selten Einigkeit in solchen Fragen. Doch die SPD liefert aktuell ein peinliches Schauspiel ab, das der eigenen Partei und den ohnehin geringen Chancen auf eine erneute Kanzlerschaft massiv schaden dürfte. Es ist eigentlich kaum zu glauben, so etwas Ungeschicktes mit ansehen zu müssen.
Inzwischen mehren sich fast stündlich die Stimmen, die eine Kanzlerkandidatur von Verteidigungsminister Boris Pistorius befürworten. Waren es vor wenigen Tagen nur vereinzelte Hinterbänkler, die sich in diese Richtung äußerten, werden die prominenten Namen, die für weitere Unruhe in der Partei sorgen, immer zahlreicher. Berichte über angebliche Krisentreffen der Parteispitze machen die Runde.
Auch Boris Pistorius selbst will „nichts ausschließen“, obwohl er zugleich betont, ein loyaler Parteisoldat zu sein. Er könnte die Situation entschärfen, indem er die eigene Kanzlerkandidatur für 2025 kategorisch ausschließt. Doch das tut er nicht und hält damit die Diskussionen am Köcheln. Scholz kämpft währenddessen im fernen Brasilien gegen den drohenden Flächenbrand in seiner Partei und ist somit außen vor. Es liegt nahe, in dieser Dynamik eine Taktik seiner Gegner zu vermuten.
Am Ende dürfte, ironischerweise, die SPD und ihr Kandidat – wer auch immer es sein wird – geschwächt aus diesen Debatten hervorgehen. Das Bild, das die Partei derzeit in der Öffentlichkeit abgibt, ist fatal. Weder Scholz noch Pistorius dürften sich von diesen internen Querelen, die zunehmend öffentlich ausgetragen werden, schnell erholen.
Dabei erschwert doch gerade die knappe Zeit bis zum auserkorenen Wahltermin am 23. Februar den Sozialdemokraten ohnehin die Chancen auf eine erneute Kanzlerschaft. Statt Geschlossenheit zu demonstrieren, untergräbt die SPD ihre Erfolgsaussichten weiter. Ungeschickter geht es kaum.
Das schmerzt auch mich, der ich der SPD nach regelmäßiger Wahl bis zum Jahrtausendwechsel schon vor Jahren den Rücken gekehrt habe. Die Aussicht auf einen Bundeskanzler Friedrich Merz steigt in diesen Tagen, ironischerweise, durch die aktive Mithilfe der SPD selbst. Kaum zu fassen.
Es geht um Postenverlust durch Stimmenverlust. Die Pistorius Befürworter wollen nicht gewinnen, sondern, komme was da wolle, die 15% mindestens halten. Das ist mit Scholz als Kandidat nicht gewährleistet.