Ich bin so müde dagegen anzuschreiben. Leider stimmt in dieser erneuten Anti-Ost-Schmähschrift meines Kollegen vieles einfach nicht. Nur weil er seinem Hass auf die östlichen Bundesländer freien Lauf lässt, muss das nicht bei einem Großteil der westdeutschen Menschen so sein. Dennoch, es gibt sie ja, die so denken und sich die Wiedertrennung wünschen. Es ist eine reine Neiddebatte, nichts weiter.
Das Wahlverhalten der Ossis und deren angeblich fehlendes Demokratieverständnis sind doch nur vorgeschoben. Die steigende Beliebtheit von AFD und BSW sind ein gesamtdeutsches Problem. Es ist nicht symptomatisch für den Osten, sondern für das allgemeine Politikversagen. Und Die Linke ist die 5. demokratische Partei, ob das dem Kollegen passt oder nicht. Im Osten hat nie jemand am demokratischen Charakter Der Linken gezweifelt. Dass sie im Westen als undemokratisch gilt und es diesen Unvereinbarkeitsbeschluss für die CDU gibt, lag ja vor allem an der kommunistischen Plattform, an der insbesondere Sahra Wagenknecht einen großen Anteil hatte, nicht der alte Gewerkschaftler Bodo Ramelow, der Thüringen völlig demokratisch und auch unter schwierigen Bedingungen recht ordentlich regiert hat. Umso absurder ist, dass die CDU in Thüringen mit der Stalinistin Wagenknecht inklusive ihrer Erpressungsversuche hinsichtlich Waffenlieferungen verhandelt, aber nicht mit Der Linken, die ihre Zuverlässigkeit und ihr Demokratieverständnis in den letzten 10 Jahren unter Beweis gestellt hat. Prinzipienreiterei bringt uns in Thüringen nicht weiter.
Wie auch immer, die Deutsche Einheit ist nicht allein der Wunsch der Ostdeutschen gewesen. Gesamtdeutschland hat den Krieg verloren und nach der Trennung wurde der Wille für ein einheitliches Deutschland im Grundgesetz festgeschrieben und umgesetzt. Mehr schlecht als recht für beide Seiten. Nach dem gemeinsam verlorenen Krieg wurden wir von unterschiedlichen Systemen besetzt, die sich bekriegten. Wir konnten uns nicht aussuchen, welches System wir bekamen. Das hing einfach von der Lage der jeweiligen Regionen ab. Während man im Westen die Demokratie mit der Brechstange beigebracht bekam, versüßt durch den Marschallplan, bekam der Osten eine neue Diktatur. Die Demokratie mussten wir uns im Osten selbst erkämpfen. Und die überwiegende Mehrheit der Ossis will diese auch behalten. Wir hier im Osten sind politisch und wirtschaftlich immer noch vom Westen dominiert. Und das gefällt uns nicht. Nachdem sich Die Linke, die lange Zeit die Ost-Identität vertreten hat, mittlerweile komplett zerlegt hat, konnte vor allem die AFD sich erfolgreich als ostdeutsche Interessenvertretung verkaufen.
Und wem die AFD zu rechts ist, meint mit dem BSW richtig zu liegen. Prozentual gesehen sind dadurch die Zahlen höher in den ostdeutschen Bundesländern. In absoluten Zahlen wählen jedoch mehr Westdeutsche AFD und BSW. Das Problem betrifft ganz Deutschland. Es ist im Osten nur stärker ausgeprägt. Und natürlich sollte man sich fragen, wem eine weitere Spaltung der Deutschen nützlich ist? Spontan fallen mir da ein: Putin, Höcke, Wagenknecht. Neiddebatten und Wiedertrennungsphantasien sind weder hilfreich noch zielführend im Ringen um eine vernünftige Politik für unser Land.
Es wird nicht einfacher werden, leider…
Das Hauptproblem bei Stefan Laurins Artikel besteht darin, etwas zu behaupten, das er nicht belegt.
„Es sei etwas ins Rutschen gekommen“, behauptet er.
Welche Beobachtungen oder sogar quantitative Erhebungen diese Feststellungen stützen könnten, behält er für sich.
Für das Leserforum bei ZON meine ich tatsächlich einen entsprechenden Gesinnungswandel beobachten zu können. Nur wer nimmt ZON und das dortige Leserforum noch ernst? Ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung ist dort nicht versammelt, es ist eher ein Publikum das denkt, Deutschlands Mezzogiorno an der Spree könne Vorbild für die Republik und die Welt sein.
Die Versuche hier den demokratischen Schlamassel, den die Wähler in Thüringen und Sachsen angerichtet haben, zu banalisieren, geht allerdings auch völlig fehl. AfD und BSW haben in NRW und insgesamt im Westteil der Republik bis auf Weiteres keine Aussicht auf Sperrminorität oder einen Anspruch Parlamentspräsidentschaft zu erreichen.