Max* ging gestern in das Kino im Dortmunder U, um sich den Film „Screams before Silence“ von Sheryl Sandberg anzuschauen, in dem es um die Verbrechen der Hamas am 7. Oktober in Israel geht. Zur Aufführung ist es nicht gekommen.
„Ich habe mit mir gehadert, ob ich mir „Screams before Silence“ anschauen will. Mir war klar, dass es hart sein würde, den Film zu sehen, aber ich ging ins Dortmunder U, weil ich mich mit der unfassbaren Brutalität des Terrors am 7. Oktober auseinandersetzen wollte. Gut fand ich, dass die Veranstalter eine psychologische Betreuung für die Zuschauer anboten. Das gab mir mehr Sicherheit.
Um 19:30 Uhr war Einlass, um 20:00 Uhr sollte der Film beginnen. Ein paar Reihen vor mir saß ein Mann, der aus dem Kinosaal auf TikTok streamte. Ich informierte darüber den Veranstalter, der mir zusagte, ihn vor Filmbeginn anzusprechen. Der Streamer war dann auch derjenige, der später mit einer Palästinenserfahne durch den Vorführraum lief.
Das Kino war nicht gut besucht. Höchstens ein Drittel der Plätze war besetzt. Nach und nach kamen einzelne Männer und Frauen, sie trugen alle Kopftuch, in den Saal und begrüßten den Streamer. Die Männer waren laut und lachten. Es war offensichtlich, dass sie sich nicht für den Film interessierten und sein Anliegen ernst nahmen.
Dann, kurz bevor der Film beginnen sollte, war auf einmal Feueralarm. Ich habe mir gleich gedacht, dass das eine Störung sei, denn ich hatte schon gelesen, dass Veranstaltungen mit jüdischem Bezug durch Feueralarme gestört wurden.
Wir verließen das Haus und gingen zum Sammelpunkt. Polizei und Feuerwehr kamen, untersuchten den Vorfall und nach einer knappen halben Stunde konnten wir zurück in den Saal.
Als wir alle wieder auf unseren Plätzen saßen, sah ich, wie Mitarbeiter des Veranstalters den Streamer ansprachen. Irgendwann stand der auf, holte eine Palästinenserfahne heraus, als er zum Ausgang ging. Ein Teil des Publikums, zu dem auch ich gehörte, beklatschte die Mitarbeiter, die ihn rausführten. Diejenigen, die vorher schon gezeigt hatten, dass sie sich nicht für den Film interessierten, beklatschten den Streamer mit der Palästinenserfahne.
Als das vorbei war, trat ein Mitarbeiter des Veranstalters vor die Leinwand und sagte, dass der Film nicht gezeigt wird. Es hätte mehrere Störungen gegeben, die Sicherheit sei nicht zu gewährleisten. Bei uns, die wir den Film sehen wollten, war die Stimmung sehr gedrückt und das hat sich bei mir bis jetzt auch nicht geändert. Die Störer hatten Erfolg.
Sie verließen den Saal, den sie einzeln betreten hatten, als Gruppe und skandierten gut gelaunt und lachend „Free Palestine“ und „Free Gaza.“ Wir riefen ihnen „Free Gaza from Hamas“ hinterher.
Vor dem U-Turm standen sie dann noch zusammen und feierten ihren Sieg, lachten und grinsten. Keiner von ihnen zeigte auch nur ein wenig Reue, wie sie die Vorführung eines Films über jüdische Terroropfer verhindert hatten. Das alles hat nichts mit Kritik am Vorgehen der israelischen Armee in Gaza zu tun. Es ist purer Antisemitismus, wenn man so auf jüdische Opfer scheißt.“
*Name ist der Redaktion bekannt
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