Fußballprofis gelten in den Augen vieler im Lande ja als eher schlichte Gemüter, die außer ihrem praktizierten Sport häufig nicht wirklich viel drauf haben. In Anbetracht der endlos erscheinenden Aneinanderreihung von Negativbeispielen, die in den vergangenen Jahren die Schlagzeilen in der Medienlandschaft bestimmt haben, verwundert das auch nicht.
Dabei ist das schlechte Image, das den Kickern anhaftet, in dieser Pauschalität ungerecht. Berufsfußballer bilden, wie jede andere Berufsgruppe auch, eine bunte Sammlung an Charakteren und Persönlichkeiten ab. Neben den zahlreichen eher schlicht gestrickten Gemütern, findet man dort auch durchaus intellektuell begabte und clevere Zeitgenossen.
Ein Vertreter dieser überdurchschnittlich reflektierten und schon seit vielen Jahren durchaus Verantwortung in der Gesellschaft übernehmenden Sportler ist der Ex-BVB-Profi Neven Subotic, dessen soziales Engagement wir hier im Blog in den vergangenen Jahren schon häufiger gewürdigt haben.
Und genau dieser Neven Subotic hat jetzt, zum Ende seiner aktiven Karriere, ein Buch unter dem Namen ‚Alles geben: Warum der Weg zu einer gerechteren Welt bei uns selbst anfängt‘, veröffentlicht, das diesen positiven Ruf einmal mehr bestätigt.
Gemeinsam mit Sonja Hartwig widmet sich der Ex-BVB-Kicker auf über 270 Seiten einigen grundlegenden Fragen, die sich mit Sicherheit nicht jeder Mensch stellt. Wie gerecht ist es, dass ein Fußballer Millionen verdient, während eine Putzfrau von einem Job allein nicht leben kann? Dass wir jederzeit ein Glas Wasser trinken können, aber täglich 2.000 Kinder an Krankheiten sterben, die durch verunreinigtes Wasser übertragen werden?
Neu ist es nicht, dass sich Subotic mit solchen Dingen beschäftigt. Die Frage der Gerechtigkeit zieht sich durch Neven Subotics Leben, der in den neunziger Jahren mit seinen Eltern aus Jugoslawien nach Deutschland floh. Als die Abschiebung drohte, ging die Familie in die USA. Mit 17 kam er wieder zurück nach Deutschland um Fußballprofi zu werden. Mit Borussia Dortmund wurde er unter Trainer Jürgen Klopp Deutscher Meister und galt in dieser Phase seines Lebens als einer der besten Verteidiger der Liga. Es folgten, wie in dieser Situation nicht unüblich, Nächte des Rauschs, schnelle Autos, ein riesiges Haus mit Jacuzzi – aber es kamen aber auch rasch Zweifel und Scham.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere entschied er, seine Leidenschaft und sein Geld denen zu widmen, die ein Leben im anderen Extrem führen müssen: Heute ermöglicht die von ihm gegründete ‚Neven Subotic Stiftung‘, die ihren Sitz in Dortmund hat, Menschen in Äthiopien Zugang zu sauberem Wasser. Fast seine ganze Zeit und der Großteil seines Gehalts fließen seit Jahren schon in diese Arbeit.
Kürzlich äußerte sich Neven Subotic in mehreren Interviews zudem sehr kritisch über die Auswüchse des modernen Profifußballs, gab an, dass er sich rückblickend für Teile seines früheren Lebens als Fußballprofi schämen würde.
Auch wenn Kritiker in den sozialen Medien teilweise bemängeln, dass er diese Kritik am Profifußball ja erst am Ende seiner aktiven Laufbahn als Sportler so öffentlich machen würde, eine durchaus respektable Erkenntnis, die sich zudem mit den aktuellen Einsichten vieler Fans decken dürfte. Der Profifußball insgesamt, und die Bundesliga im Speziellen, standen zuletzt ja häufiger und grundsätzlich in der Kritik. Dass Subotic sich den Bedenken vieler Fans jetzt auch so deutlich und öffentlich anschließt, wird dadurch nicht weniger wichtig.
Das im Juni frisch erschienene Buch ist deshalb nicht nur etwas für Fans des Ex-BVB-Profis, sondern auch für mitdenkende Menschen, die sich über gesellschaftliche Zusammenhänge und die Ungerechtigkeiten auf der Welt beschäftigen, sehr zu empfehlen!
Herausgeber: Kiepenheuer & Witsch
Gebundene Ausgabe: 272 Seiten
ISBN-13: 978-3462002331
Preis: 22 Euro