FC Schalke 04: Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies ist mit seinem ‚Ausrutscher‘ nicht alleine

Schalker Fans zeigen Flagge. Foto: Michael Kamps

Manchmal erlebt man Dinge, die hält man zunächst fast gar nicht für möglich. So auch am gestrigen Freitag, als der Aufsichtsratsvorsitzende des FC Schalke 04, Clemens Tönnies, mit Aussagen in die Schlagzeilen geriet, die einen als Beobachter der Szene nur verstört und ungläubig zurücklassen können.

Beim Tag des Handwerks in Paderborn hat der erfolgreiche Fleischfabrikant aus Ostwestfalen für einen handfesten Skandal gesorgt. Der 63-Jährige hat bei der Veranstaltung am Donnerstagabend als Reaktion auf den fortschreitenden Klimawandel nämlich gefordert, man solle lieber zwanzig Kraftwerke in Afrika finanzieren und nicht etwa höhere Steuern einführen. „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn es dunkel ist, Kinder zu produzieren.“

Unverständlicher Weise bekam er für diesen unglaublichen Beitrag von den rund 1600 Anwesenden offenbar auch noch zögerlichen Beifall. Das berichtete so zumindest die ‚Neue Westfälische‘, die mit ihrer Berichterstattung über den Vorfall in der östwestfälischen Provinz eine Welle der Empörung lostrat, die am Freitag bundesweit durch die Medien schwappte.

Mich persönlich erinnerte diese Geschichte ganz spontan an einen ähnlichen Vorfall aus dem Jahre 2017 vor meiner eigenen Haustür. Seinerzeit löste der damalige Landtagskandidat der CDU, Ulrich Meick, bei einem Neujahrsempfang der Partei in Castrop-Rauxel, mit einer Äußerung für Aufsehen und Empörung. Meick sagte damals in seinem Redebeitrag bei der örtlichen CDU wörtlich: „Wir können doch mit europäischen Nachbarländern reden, ob die Flüchtlinge bis zu ihrer Abschiebung auf einer unbewohnten Insel bleiben können.“

Auch damals blieb die Tragweite dieses Satzes von vielen Anwesenden zunächst scheinbar unbemerkt. Erst als das Gesagte kurze Zeit später jedoch in die lokalen Medien gelangte, stieg der Grad der Empörung über das Gesagte rasch. Viele Zeitgenossen forderten damals Konsequenzen aus dem Redebeitrag. Ganz ähnlich wie jetzt aktuell im Falle von Clemens Tönnies.

Im Falle von Landtagskandidat Meick hieß es damals zu seiner Verteidigung ebenfalls, das sei eigentlich so gar nicht typisch für die wahre Einstellung des Kritisierten, dieser sei im Kern frei von jedweden fremdenfeindlichen Gedanken, habe sich seit Jahren auch stets vorbildlich verhalten. Viele Beobachter hielten den CDU-Mann nach diesem Ausspruch jedoch als Landtagskandidaten schlicht nicht mehr für tragbar. Auch sein Amt als stellvertretender Bürgermeister von Waltrop solle er aufgeben.

Und der Betroffene? Der sagte dazu öffentlich nicht mehr als unbedingt nötig zur Sache, ließ die Welle der Empörung erst einmal über sich hinwegziehen. Ulrich Meick verlor kurz darauf zwar (erwartungsgemäß für einen CDU-Kandidaten im Kreis Recklinghausen) die Landtagswahl in seinem Bezirk, sein Amt als Stellvertretender Bürgermeister der Stadt Waltrop hat er jedoch noch heute inne.

Ob es auch Clemens Tönnies gelingen wird die große Aufregung dieses Stunden auf ähnliche Art und Weise auszusitzen? Erste Stimmen von führemden Vereinsvertretern vermeiden aktuell klare Positionierungen, verweisen auf die erfolgte Entschuldigung, wollen lieber rasch wieder nach vorne blicken.

Ob diese Taktik aufgehen wird? Sollte sie es dürfen?

Der ehemalige Spieler Hans Sarpei hat jedenfalls öffentlich schon dazu aufgerufen über Konsequenzen aus dem Vorfall zumindest nachzudenken: „Als Mitglied und Ex-Spieler wünsche ich mir, dass der Ehrenrat hier ganz klar Position bezieht und über Konsequenzen berät.“

Wird es Folgen für Tönnies geben? Ich persönlich würde nach den gerade geschilderten Erlebnissen von 2017 aus der hiesigen Lokalpolitik nicht darauf wetten wollen.

 

 

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Nina
Nina
5 Jahre zuvor

Ob man diese Entschuldigung für glaubhaft hält, darf jeder selbst entscheiden.
Was diesen Satz angeht, von dem er sich nun öffentlich distanziert hat, kann man nur sagen-das ist Höcke in Blau-Weiss.

Nina
Nina
5 Jahre zuvor

@Robin, das klingt plausibel. Ich persönlich denke auch, dass die Gedanken frei sind. Man kann in Gedanken wirklich alles denken, aber man sollte es in solchen Fällen für sich behalten. Natürlich kann man auch seine Ansicht ändern, vielleicht findet das sogar bei Tönnies statt, vielleicht kommt er wirklich ins Denken, keine Ahnung. Wenn ich einen Fehler mache, dann denke ich darüber nach, vielleicht komme ich mit etwas Zeit sogar zu anderen Schlüssen als bisher. Wäre schön, wenn er von seinem Verstand Gebrauch macht und sich vielleicht eingehender mit afrikanischen Ländern, Kolonial-Duktus, Familienpolitik etc. etc. auseinandersetzt. Allzu große Hoffnungen habe ich da aber nicht bei ihm muss ich sagen.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
5 Jahre zuvor

Und immer wieder muss solchen "Führungspersönlichkeiten" (hust) offensichtlich beigebogen werden, dass man **sich nicht selbst entschuldigen**, sondern diejenigen, die von solch einer Entgleisung betroffen wurden, höchstens um eine Entschuldigung **bitten** kann. Davon lese und höre ich aber nichts und schon gar nichts von einer solchen Bitte an Afrikaner und/oder afrikanisch-stämmige Landsleute.

Ich frage mich, wie eben jene Genannten nun als Fußballprofis im Verein oder als Mitarbeiter in seinen zahlreichen Firmen weiterarbeiten oder neu einsteigen wollen, wenn dieses "nur so herausgerutschte" rassistische Vorurteil alter weißer Männer sein Denken über sie bestimmt. Und diese Frage sollte man ungekürzt an die Vereinsgremien weiterleiten, die über das ehrenhafte und diskriminierungsfreie Geschäftsgebahren eines internationalen Fußballclubs zu entscheiden haben.

Ke
Ke
5 Jahre zuvor

Eine Formulierung die einfach nur daneben ist.

Die angesprochenen Themenkomplexe sind aber interessant. Deshalb gehe ich hier davon aus, dass eine Vereinfachung eines komplexen Themenkomplexes gewählt wurde, die dann nur noch daneben ist.

In Sachen Weltklima wird es entscheidend sein, was auf dem großen Kontinent Afrika mit seinem hohen Bevölkerungswachstum passiert.

Dann stellt sich auch die Frage, ob man ein globales Problem nicht möglichst effizient global lösen soll.
Wir habe hier einfach die Tendenz, mit viel Aufwand in unserer kostenintensiven BRD wenig Ergebnis zu erzielen.
Ich finde bzgl dieser Themen auch den effektiven Altruismus interessant.

Nur wie weit sollten wir uns in die afrikanische Entwicklung durch Unterstützung einmischen?

Nina
Nina
5 Jahre zuvor

@Klaus: So denken aber leider nicht nur alte weisse Männer. 😉
@ke: Ich habe da bisher noch nicht soviel Ahnung, aber ich dachte die Klimabelastung resultiert v.a. aus automobiler Personenbeförderung und Stromerzeugung? Dann würden doch v.a. Europa, Amerika und Asien in der Verantwortung stehen?
Aber wenn jetzt Staaten und Kontinente sich den Schwarzen Peter hin und herschieben, ist nichts gewonnen. Es ist ein globales menschengemachtes Problem, das auch global "gelöst" werden muss.
Tönnies ist für mich ein typischer Großunternehmer der alten Schule-der denkt womöglich nur an sein eigenes Konto, die eigenen Zahlen und bezieht alle narzisstische Identität aus dem Geld verdienen. Solche Menschen reagieren natürlich allergisch, wenn sie Nachteile für sich wittern. Dann schiebt man die Karte lieber ganz schnell anderen zu und möglichst Schwächeren, damit das eigene kleine Ego weiterhin möglichst groß erscheint. Das ist meine persönliche Ansicht.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
5 Jahre zuvor

@#5: Da die Geburtenraten der meisten Nationen (insbesondere in Ländern mit schon hoher Bevölkerungszahl) rückläufig sind und der Schrumpfungsprozess zumindest im asiatischen Großraum schon eingesetzt hat, geht die UN aktuell davon aus, dass der Scheitelpunkt des globalen Wachstums in der zweiten Jahrhunderthälfte erreicht wird (https://www.zeit.de/2014/07/szenario-schrumpfende-weltbevoelkerung/seite-3 ). Das "globale Problem" ist also keins mehr – es sei denn, die westliche Welt mit ihren hohen medizinischen Standards macht mit lebensverlängernden Maßnahmen diese Prognose wieder zunichte.

Wir sollten uns in puncto Bevölkerungsexplosion also selbst an die Nase fassen und nicht wie die alten weißen Männer auf Afrika rumhacken.

thomas weigle
thomas weigle
5 Jahre zuvor

Es ist noch nicht lange her, da fuhren in ganz Afrika so viel Autos wie in NRW. Wir sollten uns also in Sachen Vorschläge in Sachen Klima an andere tunlichst bremsen. Und bei uns beginnen. Nicht mit den Vorschlägen, sondern mit deren Umsetzung.

Ke
Ke
5 Jahre zuvor

#6 Nina
Hier sind die Verursacher von Klimagasen in D aufgelistet
Der Personenverkehr ist uninteressant.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/treibhausgas-emissionen/emissionsquellen#textpart-1

Nina
Nina
5 Jahre zuvor

@#9 ke: Es liegen unterschiedliche Zahlen vor, wenn man Bundesumweltamt und die Internationale Energieagentur vergleicht. Beide schreiben jedoch der Energiewirtschaft den höchsten Anteil an CO2-Emissionen aus.
Gefolgt von Transport (Straße) und Industrie.
Im Übrigen werden aktuell bereits mehr als 20 afrikanische Länder von Deutschland in Energievorhaben unterstützt. Auch damit scheint sich Tönnies vor seiner Aussage nicht auseinandergesetzt zu haben. Und ich weiss nicht, was mich mehr stört-Menschen, die keinen Verstand besitzen oder Menschen, die davon keinen Gebrauch machen.
Jedenfalls sollte man als Person in der Öffentlichkeit erst dann über etwas sprechen, wenn man davon auch Ahnung hat.

https://www.ruhrbarone.de/klimaschutz-warum-fliegen-nicht-teurer-werden-darf/171341

https://www.bmz.de/de/themen/klimaschutz/Energie-und-Klima/index.html

thomas weigle
thomas weigle
5 Jahre zuvor

Was lese ich heute in der "Neuen Westfälischen"? "Tönnies Kooperationspartner Arminia Bielefeld: Kein Kommentar."

abraxasrgb
abraxasrgb
5 Jahre zuvor

https://www.bbc.com/news/av/stories-49072274/stopping-child-marriage-with-solar-lanterns
Hm, typisch deutsch sind die Kraftwerke, wenn es auch mit einfachen Solarleuchten funktioniert … ?

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