FDP: „Wir wollen gemeinnützigen Journalismus“

Thomas Nückel, FDP, MdL-NRW
Thomas Nückel, FDP, MdL-NRW

Journalismus soll die Chance in Deutschland bekommen, gemeinnützig zu werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, den die FDP in NRW in den Landtag eingebracht hat, berichtet der Mediendienst Newsroom. Das sei eine der großen Chancen Medienprojekten eine Zukunft zu finanzieren, wenn Anzeigenmärkte wegbrechen. Das Schaffen von Öffentlichkeit, von Raum für Diskussionen im Interesse der Gesellschaft, die Bereitstellung von echten Informationen, das alles würde dann von der Gewinnsteuer ausgenommen – solange dies selbstlos und ohne Gewinnerzielungsabsicht geschieht. Thomas Nückel, medienpolitischen Sprecher der FDP im NRW-Landtag, sagt, durch eine Veränderung der Rahmenbedingungen könnten Medien in Zukunft auch staatsfern erhalten werden, in dem man „auf privates Engagement“ setzt.

In den USA ist das Konzept des gemeinnützigen Journalismus seit Jahren Gang und Gäbe. Dort sind von lokalen Büros bis zu nationalen Einrichtungen Journalistenorganisationen als gemeinnützig anerkannt. Nur eine Art von Journalismusbetreibern können dort nicht gemeinnützig werden: gewinnorientierte Medienhäuser, wie etwa Boulevardblätter im Stil der Bild-Zeitung, da sie Profite machen wollen und nicht gemeinnützig sind. (Mehr Infos hier: Gemeinnütziger Journalismus)

In Deutschland geht das alle mit der derzeitigen Gesetzlage nicht. Hier ist Schach, Modellflug und Tierschutz als gemeinnützig anerkannt; als wichtiger Beitrag zur Gesellschaft. Journalismus nicht.

Das will die FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag nun ändern.
In einem Antrag fordert sie, Journalismus als gemeinnützig anzuerkennen. In dem Antrag, der newsroom vorliegt, schreiben die Liberalen:„Durch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit würde eine gleichberechtigte Möglichkeit der Unterstützung entstehen.“

Die FDP greift mit dem Antrag eine Forderung auf, die unter anderem von dem Journalistenverband Netzwerk Recherche erhoben wurde. Das Netzwerk Recherche verweist auf die Erfolgsgeschichte von US-Medien wie ProPublica oder dem Blog InvestigativePost aus Buffalo, die davon profitieren, das Journalismus in den USA als gemeinnützige Leistung für die Volksbildung und die Demokratiekultur anerkannt worden ist: „In den Vereinigten Staaten wird journalistische Recherche von den Finanzbehörden als gemeinnützig anerkannt. Das hat gute Gründe: Die Redaktionen haben keinen Verlagsmanager im Nacken, der vor allem Profit sehen will. Sie können kritisch berichten – ohne Rücksicht auf Anzeigenkunden, Verlegerfilz und Medienagenda.“

Nach dem Willen der FDP soll das Land NRW einen entsprechenden Gesetzentwurf über den Bundesrat in Berlin einbringen, um die Abgabenordnung in Deutschland zugunsten des gemeinnützigen Journalismus zu verändern.

Dazu braucht die FDP in NRW die Unterstützung von SPD und Grünen. Die beiden Parteien erklären immer wieder, wie wichtig ihnen der Erhalt von unabhängigen Journalismus ist – wie ernst das gemeint ist, werden wir bald im Landtag sehen. Mit dem gemeinnützigen Journalismus können Sie die Rahmenbedingungen zum Besseren verändern.

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Dirk Schmidt
Dirk Schmidt
10 Jahre zuvor

Muss das nicht bundesgesetzlich geregelt werden?

Jan W.
Jan W.
10 Jahre zuvor

@Dirk Schmidt
Ja, grundsätzlich schon, aber es ist ein Ersatzvorschlag für die Bemühungen von Rot-Grün, mit abgezweigten Rundfunkgebühren eine Art Printjournalismus mit Rundfunkrat einzuführen. Und in der Tat könnte mit einer Bundesratsinitiative eine Alternative mit mehr Staatsferne geschaffen werden.
Glücklicherweise werden die Anonym-Hetzer von PI-News natürlich davon profitieren können, stattdessen aber auch teilweise haarsträubende Seiten wie die Achse des Guten oder eigentümlich frei.

philter
philter
10 Jahre zuvor

@ #1 Dirk Schmidt: „Nach dem Willen der FDP soll das Land NRW einen entsprechenden Gesetzentwurf über den Bundesrat in Berlin einbringen, um die Abgabenordnung in Deutschland zugunsten des gemeinnützigen Journalismus zu verändern. “ (Zitiert aus dem Artikel)

Stefan Laurin
Admin
10 Jahre zuvor

@Dirk @Philter: Mal schauen wie sich SPD und Grüne verhalten. Mir fällt kein vernünftiges Argument gegen diese Idee ein.

Klaus
Klaus
10 Jahre zuvor

Neben der Änderung der AO über den Bundesrat, könnte Journalismus auch auf Landesebene für gemeinnützig erklärt werden, sofern er einzelne in §52 AO (2) betrifft. Der letzte Satz in §52 AO erlaubt den Ländern einen Auslegungsspielraum.

Joachim Jürgens
10 Jahre zuvor

Da bin ich mal gespannt, wie sich die „gemeinnützige“ Politik in Düsseldorf verhält? Die Abhängigkeit des Journalismus gerade von Politik, auch Kommerz mit Anzeigenwerbungen ist so mächtig, dass ich kaum an eine Änderung und Erfolg , sosehr dies wünschenswert wäre, glaube.

Klaus
Klaus
10 Jahre zuvor

Spannend ist übrigens die Frage, ob sich die SPD bei einer Gemeinnützigkeit des Journalismus eigene Konkurrenz für ihre ganzen Verlage schaffen will.

jakob
jakob
10 Jahre zuvor

Ich finds auch spannend. Nur glaube ich nicht an die suggerierte Kausalität: „Die FDP greift mit dem Antrag eine Forderung auf, die unter anderem von dem Journalistenverband Netzwerk Recherche erhoben wurde.“
Wo hat nr das denn gefordert, BEVOR die FDP mit der Arbeit am Antrag begann? Diese Forderung ist mir als nr-Mitglied das erste Mal vor Kurzem begegnet.

Alreech
Alreech
10 Jahre zuvor

Was ist denn an einem Journalismus mit Rundfunkrat so schlecht ?
Es kann ja nicht schaden wenn z.B. die katholische und evangelische Kirche und Landespolitiker in einem Kontrollgremium sitzt welches diese gemeinnützigen Journalisten überwacht.

Sicherlich müssten auch noch andere gesellschaftliche Gruppen (Schwule, Lesben, Trans- und Intersexuelle, SM Fans, Asexuelle, Kleintierzüchter, Migranten, Refugees, Mitglieder der Bildungsfernen Schichten) mit einem Sitz in diese Gremium bedacht werden, damit alle relevanten Gruppen² vertreten sind.

Ich verstehe auch nicht was an der Bildzeitung so schlecht sein soll. Die ist pure Unterhaltung, mit Klatsch & Tratsch, Sport, Titten und dem Wetterbericht.
Ein gemeinnütziger Journalismus müsste natürlich auch Unterhaltung bieten, um seinem Grundversorgungsauftrag nachzukommen.

Zur Unterhaltung gehören natürlich auch die Krimi und Arztromane und die Jugendmagazine (z.B. Bravo), die bislang von kommerziellen, rein am Profit ausgerichteten Verlagen vertrieben werden.
Auch hier könnte ein gemeinnütziger Journalismus der sich z.B. über eine pro Haushalt erhobene Abgabe finanziert für eine Grundversorgung sorgen.
Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender habe ja auch ihren Tatort, die Schwarzwaldklinik und ihre Jugendkanäle.

Selbst wer das nicht konsumiert hätte ja was davon weil diese Grundversorgung irgendwie unsere Demokratie stärkt.

²falls das Gremium zu groß wird könnte man es in einer Art Minderheiten-Quartett besetzen, d.h. ein schwuler katholischer Priester würde dann zwei Gruppen vertreten.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
10 Jahre zuvor

Scheinbar haben hier einige Protagonisten den Marc Jan Eumann komplett vom Radar verloren…Schade.

der, der auszog
der, der auszog
10 Jahre zuvor

Die Forderung der FDP nach gemeinnützigem Journalismus ist in Zeiten des Niedergangs vieler Zeitungen ein interessanter Gegenentwurf zu den Plänen des Doktors, „trotz großer Bedenken“.

Mir fehlt allerdings der Glaube an die Durchsetzbarkeit dieser Idee, denn ein gemeinnütziger Journalismus in NRW, auf den weder SPD noch Grüne Einfluss ausüben können, weil er ohne ein politisches Kontrollgremium auskäme, ist utopisch und widerspricht dem rotgrünen Verständnis von „Freiheit“.

WALTER Stach
WALTER Stach
10 Jahre zuvor

-13-DER,DER….

Ich teile Deine Meinung.

Ich hoffe jedoch im Interesse der Medienvielfalt und der journalistischen Qualität, daß die FDP-Idee eine so große öffentliche Aufmerksamkeit findet, daß sie nicht so ohne Weiteres beerdigt werden kan; ansonsten…………..

Das Problem scheint mir zu sein, daß die etablierten Medien kein Intereresse daran haben könnten -haben werden?-, ihrerseits zu der notwendigen öfffentlichen Aufmerksamtkeit beizutragen.

Marius Meyer
10 Jahre zuvor

Vielleicht wird der Widerstand von den „etablierten“ Medien gar nicht so groß sein, wie hier befürchtet wird. Vielleicht verstehen sie, dass sie hier – genauso wie ihre Kollegen in den USA – selbst von Non-Profit-Journalismus profitieren können. Und wenn sie es nicht verstehen, müssen wir es ihnen erklären.

In den USA arbeiten viele Non-Profit-Einrichtungen mit Zeitungen und Sendern zusammen. Sogar Associated Press ist gemeinnützig.

Michalski
Michalski
10 Jahre zuvor

Der Pott braucht gemeinnützigen Journalismus.

Die Ruhrstadt mit 5 Millionen Einwohner braucht eine Zeitung.

Es wird Zeit, da die WAZ weiterhin auf Rhein-Ruhr macht!

Mirco Veers
Mirco Veers
10 Jahre zuvor

Jetzt sagt bloß, noch kein JournalistIn ist in den letzten zehn/zwanzig Jahren mal auf die Idee gekommen, einen gemeinnützigen Verein (z.B. zur Förderung angehender JournalistInnen) mit all seinen Vorteilen zu gründen? Vor allem Spenden können dann ja von der Steuer abgesetzt werden. Wenn selbst ein Internet-Radio wie „Metal-Only“ als gemeinnütziger Verein organisiert ist, dann sollte das doch vielleicht auch für den Journalismus möglich sein, oder?

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David Schraven
David Schraven
10 Jahre zuvor

@Mirco Veers

Genau das ist eben nicht möglich, weil Journalismus nicht nach der Abgabenordnung als gemeinnützig anerkannt ist.

Es wäre gut, wenn das geändert wird, weil dann so Vereine möglich werden.

Mirco Veers
Mirco Veers
10 Jahre zuvor

@ David Schraven
Hat das denn jemand schon einmal versucht? Daniel Drepper schreibt:
„Jedoch werden bislang nur jene Journalismus-Organisationen als gemeinnützig anerkannt, die konkrete Bildungsarbeit machen, also zum Beispiel Seminare veranstalten.“
Dann seid doch mal kreativ, veranstaltet einmal im Monat z.B. ein Seminar für Schülerzeitungen (falls es sowas noch gibt). Muss ja kein 2Tage-WE Seminar sein.
Vielleicht klappt’s ja dann mit der Gemeinnützigkeit?

Marius Meyer
10 Jahre zuvor

@Mirco Veers
Klar kann man das machen. Aber es bindet Zeit und Ressourcen. Da ist es doch schöner, wenn Journalismus, der der Allgemeinheit nutzt, selbst als gemeinnützig anerkannt wird.

Jan W.
Jan W.
10 Jahre zuvor

@Mirko Veers
Sie versuchen nicht gerade ernsthaft, dazu aufzurufen, sich durch Schein-Vereinsarbeit oder einzelne Feigenblattaktivitäten vorzutäuschen, man würde sich z.B. für die Jugendarbeit engagieren, um mit den steuerbegünstigten Spendenerlösen dann Journalismus zu ermöglichen!?
Sorry, aber das grenzt an Anstiftung zum Betrug. Genau deshalb gibt es doch die Initiative, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Mirco Veers
Mirco Veers
10 Jahre zuvor

@Marius Meyer
Natürlich wäre die Anerkennung als „gemeinnützig“ die beste und eleganteste Lösung. Aber die gibt es nun mal (noch) nicht.

@Jan W.
Ich rufe hier zu nichts und niemanden auf. Es gibt ja schon journalistische Vereine. Betrug würde ich das das nicht nennen, eher kreativ.

„[…]In Deutschland gibt es Lokalblogs, Journalistenbüros und kleine Redaktionen, die versuchen, gemeinnützig zu werden. Oft gründen sie Vereine, über die sie Spenden sammeln. Diese Vereine werden zum Beispiel unter dem Label Bildung geführt, um unter den geltenden § 52 der Abgabenordnung zu fallen. Das sind Hilfskonstruktionen, die unnötig Ressourcen fressen. Außerdem sind diese Verrenkungen wackelig, solange Journalismus nicht offiziell als gemeinnützig gilt.[…]“
https://netzwerkrecherche.org/wordpress/nonprofit/2014/03/06/mehr-freiheit-fuer-alle/

Und by the way, Tier-/Pflanzenzucht-, Karneval-, Modellflug(!)-Vereine und Vereine zur Förderung des Schutzes von Ehe und Familie sind natürlich „richtige“ Vereine. Ironie *AUS*

Manfred Michael Schwirske
Manfred Michael Schwirske
10 Jahre zuvor

Mir gefällt, dass die FDP die Idee vertritt. Jenseits oder entgegen ihrem aktuellen neoliberalen Programm. Sie knüpft damit an liberale buergerliche Traditionen des 19. Jahrhunderts an. Kein Liberalismus ohne Meinungspluralismus.

Manfred Michael Schwirske
Manfred Michael Schwirske
10 Jahre zuvor

Das Konzept der Gemeinnützigkeit läuft auf staatliche Subvention hinaus, weshalb diese Konzepte im sozialstaatlichen Bereich liquidiert wurden. Um Platz fuer Profit und Markt zu schaffen. Dass jetzt zukünftig Subventionen in den Journalismus fliessen sollen: ok. Aber ein tragfähiges Finanzierungskonzept in einem oligopolen System ist das noch nicht.

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