Ich sehe zwei Kinosessel, pardon, Flugzeugsitze, ein Sofa, ein zerbeultes Metallfass und noch ein paar andere Requisiten. Ein Mann betritt die Bühne, verlässt sie und macht Platz für einen anderen Mann. Einer der Schatten des anderen. Wenn das Licht am Ende des Abends ausgeht wird der Schatten verschwunden sein. In der Zwischenzeit arbeiten sie gemeinsam am Projekt Chaos. Von unserer Gastautorin Carola Osburg.
Eine Frau, slutstyle-dressed, sucht ihren Platz im Leben. Sie mäandert zwischen Willkommen Sein und Verjagt Werden. Und ist schlussendlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.
Ich sehe ein Spiel zwischen kleinen Gesten und raumgreifenden Gebärden. Ich sehe großartige Schauspieler(In), die tief in ihre Rollen tauchen.
Hören
Ich höre sanfte Worte. Ich höre drohende Sätze. Ich höre flirtende Phrasen. Ich höre selbstvergessene Monologe und pointierte Dialoge. Wie so häufig im Rottstr5-Theater! unterstützt die Musikauswahl das Geschehen auf der Bühne. Sagt manchmal das, was die Figuren sich nicht auszudrücken wagen, und ist andere Male ganz schlicht (und passend) Soundtrack zu grandiosen Momenten im Spiel.
Ich höre den Plan, der hinter dem Durcheinander steckt. Wie die Dinge plötzlich Sinn machen. Was wäre wenn „alle Schulden verschwunden sind“? Könnten wir dann wirklich bei Null anfangen? Im Chaos sind wir empfänglich für neue Ideen. Aus dem Chaos entsteht neue Ordnung. „Keine Fragen, keine Ausreden, keine Lügen“ – Prinzip des Projekt Chaos, das eine logische Folge der Regeln des Fight Clubs ist. Die erste kennt jeder, aber ebenso wichtig ist die achte (und letzte): „Wer neu ist im Fight Club muss kämpfen!“
Denken
Die Macher vom ROTTSTR5 Theater! haben nicht nur das Tonnengewölbe neu gestrichen. Sie hatten in den vergangenen Wochen auch noch Energie, die eigene Interpretation von Palahniuks/Uhls „Fight Club“ zu renovieren. Womit sie ein weiteres Mal beweisen, dass sie vor nichts Halt machen. Nicht mal vor ihren eigenen Erfolgsstücken.
Felix Lampert gebührt ein Extra-Applaus. Der Neue im Fight Club hat seinen ersten Kampf definitiv gewonnen! Sein Tyler Durden ist ebenso unabhängig von Arne Nobels Darstellung wie dessen Verkörperung losgelöst vom Filmvorbild bestens funktionierte. Lamperts Durden ist komisch, gefährlich und physisch eine gelungene Ergänzung zu Jack, den Alexander Ritter seit mehr als anderthalb Jahren mit gleicher Intensität verkörpert. Mit ebensolcher Wucht kommt Dagny Dewaths Marla über die Zuschauer. Zerbrechlich, durcheinander, bissig und immer mit einem Hauch von heruntergekommener Grandezza.
Empfehlen
Hingehen! Keine Ausreden!
Nächster Termin:
26. Januar 2012
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