Eine überwältigende Mehrheit der Menschen in Thüringen und Sachsen hat am Sonntag ihrem Willen Ausdruck verliehen, nicht mehr Teil der FDGO, sondern lieber erneut ein Satellit Moskaus sein zu wollen. Reisende soll man nicht aufhalten. Das Problem sind jedoch diejenigen Wenigen, die nicht nach Moskau wollen.
Zum einen sind das einzelne Bürgerinnen und Bürger. Auf einer anderen Betrachtungsebene sind sie aber genauso Fachkräfte und Firmen. Sie alle fragen sich selbstredend, warum sie ihr Können in den Dienst antiwestlicher Kontexte stellen sollten und wie sicher ihr individuelles und ökonomisches Fortkommen im Bereich zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Polen noch sein kann. Die Lösung ist einfach: Kommt ins Ruhrgebiet.
Man mag sich vor Augen führen: Das Ruhrgebiet war einst der Motor der Wirtschaft in Deutschland, sicherlich nicht der einzige Motor, aber eben doch ein wichtiger. In Nordrhein-Westfalen leben mehr Einwohner als in ganz Ostdeutschland, und nach wie vor gibt es eine besonders hohe Ballung von Menschen im Ruhrgebiet. Über 1100 Einwohner kommen hier auf einen Quadratkilometer, in Sachsen sind es etwas über 200, in Thüringen etwas über 100. Man muss im Ruhrpott nicht lange nach Menschen suchen, wenn man eine Unternehmung starten will.
Die überwiegende Mehrheit hier hat ausländische Wurzeln. Iren, Polen, Türken – das sind nur einige Einwanderergruppen, die hierher gekommen sind. Schmelztiegel, das sind wir hier. Lange Zeit industriell, aber eben auch menschlich. Klar gibt es auch bei uns Antidemokraten, aber das Ausmaß unterscheidet sich doch deutlich von dem östlich von Helmstedt. Kaum jemand hier steht auf Putin, und mehr als Jammern hat sich hier die Haltung „Woanders ist auch Scheiße“ durchgesetzt. Jeder ist hier willkommen, solange er die Spielregeln der FDGO anerkennt, zu denen auch die Marktwirtschaft gehört. Wer die FDGO nicht anerkennt, der kann hier gerne wegbleiben; die Ethnie der Person ist uns dabei egal.
Vier Kreise und elf kreisfreie Städte mit insgesamt 5,1 Millionen Einwohnern würden sich sehr über eine wirtschaftliche Wiederbelebung freuen. Nach dem Ende von Bergbau und Stahl hat die nie richtig funktioniert. Wir haben hier knapp 11 % Arbeitslosenquote, das ist viel und zu viel, und darunter sind sehr viele Menschen, die sich freuen würden, wieder selbst ihren Alltag zu finanzieren.
Im Ruhrgebiet würde man sich sehr über neue Firmen freuen. Viele warten hier nach wie vor auf die großen Einzelarbeitgeber, die sich niederlassen wollen. Es wäre natürlich toll, wenn unsere Wirtschaftsförderungsämter sich nun aktiv an die Firmen im Osten wenden würden, aber das vernetzte, ruhrgebietsweite schnelle Denken ist augenscheinlich nicht deren primäre Stärke. Auch die Zukunftsorientierung ist in den Ämterstrukturen nicht unbedingt Tugend Nummer Eins, aber: Wir sind hier alle lernbereit, und zumindest die Unternehmen selbst schauen in die Zukunft. Und vielleicht braucht einfach das eine oder andere Amt für Wirtschaftsförderung einen kleinen Anstupser. Die meisten Kollegen dort sind schon lange in kommunalen und Parteigremien aktiv gewesen und kennen somit die hier laufenden Prozesse.
Wir gestehen ein, dass unsere Straßen, Brücken und unsere Infrastruktur generell nicht mehr die beste sind. Teils gab und gibt es durchaus Kompetenzdefizite in den verantwortlichen Ämtern und Ministerien, teils auch institutionalisierte, teils wurden von unserem Geld aber wirklich tolle Autobahnen und Brücken gebaut, und Innenstädte renoviert – allerdings eben östlich von Helmstedt. Und trotzdem: Wir haben nach wie vor eine gute infrastrukturelle Ausgestaltung mit Blick auf die Autobahnen, aber auch die Seewege. Unser Straßennetz in NRW umfasst 30 % mehr Straßenkilometer als Thüringen und Sachsen zusammen.
Wenn wir auf die Unternehmen hier schauen, dann brauchen auch die Fachkräfte. Im Handwerk, in der Pflege, im sozialen Bereich. Es ist eine gute Möglichkeit für demokratisch denkende Fachkräfte aus dem Osten, hier einen Neustart zu wagen. Aber wir qualifizieren hier auch selbst Fachkräfte, u.a. an fünf Universitäten und 15 weiteren Hochschulen. Insgesamt sind derzeit knapp 800.000 Studierende in NRW eingeschrieben, das ist etwas mehr als ein Drittel der Einwohnerzahl von ganz Thüringen.
Man darf auch nicht vergessen, dass wir nach wie vor Erfahrungen im Umgang mit Industrie haben, von einer Deindustrialisierung sind wir weit entfernt und wünschen eine solche auch nicht. Wir haben hier große Unternehmen aus dem Energie- und Chemiesektor, zunehmend auch aus dem Logistikbereich.
Wieso also darauf hoffen, dass es im Osten jetzt „nicht zu schlimm“ wird? Wieso sich der Unsicherheit aussetzen, was einem geschieht, wenn man in Ländern lebt, deren Menschen mehrheitlich antiwestliche und antidemokratische Kräfte unterstützen? Wieso sich mit Unzufriedenheit und Jammern umgeben und sich der Angst aussetzen, was passiert, wenn man sich zu Demokratie und Marktwirtschaft bekennt? Wieso sein Haus, seine Familie, sein Unternehmen auf Sand bauen? Hier hat man es lange Zeit auf Kohle gebaut, die ist jetzt weg, aber das Ruhrgebiet würde sich sehr freuen, wenn sich das wieder ändern könnte.