Für heute Abend kündigte die Partei „Die Rechte“ eine Mahnwache unter dem Motto „Nein zum Asylheim!“ in der Nähe eines Flüchtlingsheim in Dortmund an. Zuletzt waren die rechtsextremen Parteimitglieder in nationalsozialistischer Tradition mit einem Fackelzug ungehindert vor ein Asylbewerberheim gezogen. Die Menschen, die in Deutschland Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, werden durch solche Aktionen verängstigt. Das ist vor allem auch deswegen besorgniserregend, weil viele von Ihnen durch ihre Erlebnisse schwer traumatisiert sind. Auch S. gehört zu ihnen. Sein Vater und sein Bruder wurden ermordet, seine Mutter und Schwester von Kriminellen entführt.
Die Menschen in den Asylbewerberunterkünften sind psychisch enorm belastet, auch weil vielen die Abschiebung droht. Für den 17. Februar waren wieder Abschiebungen in Dortmund geplant. Hinter den abstrakten Flüchtlingszahlen stehen einzelne Schicksale und individuelle Menschen. Einer von ihnen ist S. Er kommt aus Myanmar, dem ehemaligen Birma, und gehört zur Volksgruppe der Rohingyas. Sie werden in dem überwiegend buddhistischen Land auf Grund ihres muslimischen Glaubens verfolgt und werden, wie S. Familie, immer wieder Opfer von Gewalttätigkeiten. Auch die Regierung geht gegen sie vor: 2012 wurden nach Ausschreitungen gegen die buddhistische Minderheit zehntausende Rohingyas gegen ihren Willen zwangsumgesiedelt. Die Vereinten Nationen stuften die Rohingyas als die „am meisten verfolgte Minderheit der Welt“ ein. Tausende Menschen sind seitdem auf der Flucht vor Unterdrückung, Verfolgung und religiös motivierten Gewalttaten. S. hat durch Hass und Gewalt alles verloren: Sein Haus, sein Land, seine ganze Familie. Doch seine Chancen stehen schlecht, hier bleiben zu dürfen.
Es droht die Abschiebung in „sichere“ Drittländer – die UN rät davon ab
Institute in Myanmar sprechen offen von einem drohenden Völkermord an den Rohingyas. 140.000 Menschen sind zur Zeit auf der Flucht, allein in Bangladesch leben über 30.000 der verfolgten Minderheit in Flüchtlingslagern, die in einem katastrophalen Zustand sind. Das Land, dass zu den ärmsten der Welt zählt ist mit der Situation überfordert. Doch in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt wird trotzdem abgeschoben – auch in Nordrhein-Westfalen. Einige Flüchtlinge wollen ihre Abschiebung nicht widerspruchslos hinnehmen und haben Rat bei einem Anwalt gesucht.
Es gibt gute Gründe gegen eine zwangsweise Rückführung juristisch vorzugehen. Seit die EU-Verordnung Dublin III greift, werden Flüchtlinge in so genannte „sichere Drittländer“ zurückgeschickt. Doch ist der Begriff „Sicherheit“ relativ. Im Fall von Griechenland empfahl das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR: „Keine Rückführung nach Griechenland!“
Und auch in anderen europäischen Ländern, wie Bulgarien und Ungarn, ist die Situation so schlecht, dass der hohe Flüchtlingskommissar die Bundesrepublik bat, die Zwangsausreise in diese Länder noch einmal wohlwollend zu prüfen. In Ungarn werden entgegen EU-Recht Flüchtlinge in die Ukraine abgeschoben – in unhaltbare Zustände, wie Report Mainz berichtet. Sie werden dort – von der EU mitfinanziert- bis zu einem Jahr lang in speziellen Haftanstalten inhaftiert. Wer möchte dahin zurück?
In Italien, berichtete in unserem Gespräch einer der Flüchtlinge, werde man einfach aus den überfüllten Heimen geworfen, viele leben obdachlos auf der Strasse. Trotz dieser bekannten Probleme in den so genannten sicheren europäischen Ländern bekommen viele Flüchtlinge den Abschiebebescheid zugestellt. In Beamtendeutsch heisst das: „Ihr Asylantrag ist unzulässig, die Ausweisung wird angeordnet.“
Wer wie S., auf seinem Fluchtweg über eines der 28 EU-Länder nach Deutschland kommt, hat wenig Aussicht darauf, bleiben zu können. Tausende Übernahmeersuchen stellte die Bundesrepublik seit Anfang 2014 an die verschiedenen EU-Staaten.
Den Kampf um das Bleiberecht führen Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Heribert Golumbeck kennt zahllose Fälle dieser Art. Er kämpft für seine Klienten um eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung – oder wenigstens eine Duldung. Er meint: „So können sich die erschöpften Flüchtlinge wenigstens für ein paar Monate von ihren häufig traumatisierenden Erlebnissen erholen.“
S. verlor Anfang der 90er Jahren seinen Vater bei den gewaltsamen Ausschreitungen in Rakhine State. Die Familie floh – erst zwei Jahre später traute sie sich in die alte Heimat zurück. Doch als auch noch sein Bruder bei ethnisch motivierten Unruhen ermordet wurde, beschloss die Mutter die Heimat endgültig zu verlassen. Es begann eine zwei Jahrzehnte lange Fluchtodyssee.
S., seine Mutter und die jüngere Schwester schafften es, sich nach Bangladesh durchzuschlagen. Sie lebten dort mehrere Jahre in dem berüchtigten Refugee Camp Cox Bazar, das für seine katastrophalen Bedingungen bekannt ist. Hunger und Dreck gehörten zum Alltag. Behausungen, die wie Slum-Hütten aussehen, bestimmen das Bild des bengalischen Flüchtlingslagers.
S. wollte dieser aussichtslosen Situation entkommen. Zurück in seine Heimat konnte er nicht, zu groß war die Angst vor den Mördern seiner Familienangehörigen. Die Situation war für ihn unerträglich:
„Wir Rohingyas sind Menschen zweiter Klasse und wurden wie Dreck behandelt. Wir durften nicht heiraten, nicht zur Universität gehen, nicht beten, nicht den Arzt besuchen. Wir durften noch nicht einmal einen Pass haben. Es gab viele Verhaftungen. Das ist doch kein Leben!“
Vor zwei Tagen berichtete die Nachrichtenagentur Reuters, dass die Entscheidung für eine „temporäre Identifikationskarte“, einen Personalausweis für die Minderheit, von der Regierung in Myanmar zurückgenommen wurde.
Sayed: Vater und Bruder ermordet, Mutter und Schwester auf der Flucht verloren
D.s Familie machte sich angesichts der Apartheid-ähnlichen Zustände in seiner Heimat 2009 erneut auf den Weg – diesmal von Bangladesch nach Thailand. Auf dem Weg über die Grenze versteckte sich S. mit seiner Schwester und seiner Mutter in zwei Lastwagen. Sie wurden kurz hinter der Grenze aufgehalten – als Polizisten verkleidete Kriminelle inszenierten eine Passkontrolle. Seine Mutter und seine Schwester wurden aus dem Transporter gezerrt, berichtet S. Seitdem ist der Kontakt abgebrochen. S. ist deswegen sehr bedrückt. Er glaubt, dass die beiden Frauen an Bordelle verkauft wurden und sie nun als Zwangsprostituierte arbeiten müssen.
Zwei Jahre später gelang es ihm von Thailand aus zunächst mit dem Flugzeug, dann weiter mit einem Auto über die Türkei bis nach Frankreich zu fliehen. 2.000 Dollar kostete ihn die Flucht – sein ganzes Erspartes. In Frankreich angekommen, war das Geld bereits aufgebracht. Einen Anwalt konnte er sich daher nicht leisten. „Der Pflichtanwalt warf noch nicht einmal einen Blick auf meine Papiere!“ empört sich S.
Nun hofft er in Deutschland auf Unterstützung durch einen Rechtsanwalt. Nahid Farshi, ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuerin, kümmerte sich um einen Beratungstermin bei Anwalt Golumbeck. Er schätzt die Chancen auf ein dauerhaftes Bleiberecht jedoch nüchtern ein. Nach seiner Erfahrung ist man in Dublin-Verfahren meist wenig erfolgreich.
Doch manchmal hat man vor Gericht auch Glück: „Bei Asylverfahren stimmt das alte Sprichwort, dass man auf hoher See und vor Gericht in Gottes Händen ist. Je nach Kammer wird sehr unterschiedlich geurteilt. Es gibt Verwaltungsgerichte die anerkennen, dass die Bedingungen in Länder wie Ungarn, Bulgarien oder Italien, in denen die Flüchtlinge verheerenden Bedingungen ausgesetzt sind, menschenrechtswidrig sind. Andere sehen die Situation zwar als prekär, aber nicht als Verstoß gegen die Menschenrechte an.“
Humanität? Es gibt kein ernsthaftes Interesse, Flüchtlinge aufzunehmen
Bei der Geschichte von S. ist vielleicht eine Entscheidung im Einzelfall möglich. Theoretisch könnte das so genannten Selbsteintrittsrecht der Bundesrepublik wahrgenommen werden. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kann anstelle des Drittlandes auch selbst ein Asylverfahren durchführen. Es müsste nur seine Zuständigkeit erklären. Doch viel Hoffnung sollte man in diese Möglichkeit nicht setzten, sagt Inka Jatta vom Verein ProAsyl / Flüchtlingsrat e.V. in Essen:
,Ich kenne in zehn Jahren Praxis keinen einzigen Fall, indem von der Bundesrepublik das Recht auf ein eigenes Asylverfahren – ein möglicherweise wirksames Mittel gegen die Abschiebung in Drittländer – Gebrauch gemacht wurde. Es ist genau genommen eine rein theoretische und nur formal festgelegte Möglichkeit“.
Ein Aussetzen der Abschiebung ist auch möglich, wenn ein Flüchtling gesundheitliche Gründe vorbringen kann. „Aber gibt es ein ernsthaftes Interesse der Bundesrepublik daran, kranke Flüchtlinge aufzunehmen und die Folgekosten zu tragen?“ fragt Inka Zetta.
Bundesamt für Migration kriminalisiert Kirchenasyl als „Untertauchen“
Angesichts der aktuellen Diskussion um Kirchenasyl, kann man die rethorische Frage nur mit Nein beantworten. Es gibt vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Überlegungen, Kirchenasyl als „Untertauchen“ zu werten. Der Grund ist leicht durchschaubar: Sollte nachweislich das Bundesamt Asylverfahren „ohne ersichtlichen Grund unangemessen lange verzögert haben“ kann eine Abschiebung nicht mehr ohne weiteres durchgezogen werden. Wird die Frist nach Ende des Kirchenasyls neu aufgenommen, ist die Möglichkeit ausgehebelt. Sie verlängert sich um 18 Monate.
Der Antrag der Grünen im Bundestag, dass die Bundesregierung bilateral darauf hinwirkt, dass den Rohingya in ihrem Land die vollen bürgerlichen und politischen Rechte eingeräumt werden, das Menschenrechtsverletzungen in rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren aufgearbeitet und die Opfer entschädigt werden und die flüchtenden Rohingyas als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention anzuerkennen und entsprechend zu behandeln, dieser Akt der Humanität wurde von CDU/CSU und von der SPD abgelehnt.
S. sucht, wie viele andere seines Volkes, eine neue Heimat – und findet keine. Er hofft, das nun alles besser wird und er nicht wie Treibgut zwischen den EU-Ländern hin und hergeschoben wird. Ihm kann man nur wünschen, dass es der Gott auf hoher See oder ein Richter vor Gericht gut mit ihm meint und er nicht abgeschoben wird. Gut möglich, dass er bald das Letzte verliert, an dem er sich im Moment noch festhalten kann: Die Hoffnung auf ein Zuhause in Deutschland.
Kretschmann, grüner Ministerpräsident in Baden-Württemberg spricht bei seiner diesjährigen Aschermittwochrede, also Vorgestern, über Abschiebungen.
https://www.youtube.com/watch?v=TxpU83kQqfs
video ab etwa 20 Minuten bis etwa 23 Minuten angucken, wo er großem Applaus von seinen grünen Zuhörerrinnen bekommt, erklärt er, daß in allen Bundesländern etwa gleichviel abgeschoben wird, und daß er das richtig findet.
Sayed hat also in Bangladesh Zuflucht gefunden.
Über eine Verfolgung in Bangladesh steht nichts im Artikel.
Bangladesh hat er dann verlassen, und mehrere Jahre in Thailand verbracht.
Über eine Verfolgung in Thailand steht nichts im Artikel.
Am ende gelang es ihm mit dem Auto ! nach Frankreich zu gelangen.
Warum hat er Frankreich wieder verlassen, wurde er dort verfolgt ?
Aus welchen Grund soll ihn die Bundesrepublik Deutschland aufnehmen, wenn er weder in Frankreich, noch in Thailand noch in Bangladesh politisch verfolgt wurde ?
Man sollte hier auch mal die Kirche im Dorf lassen, wenn Drittstaaten in der EU sind, dann sind diese Länder auch sicher und schützen vor politischer Verfolgung. Ansonsten macht die EU doch gar keinen Sinn und man kann sich die ganzen Fördergelder sparen…
Die Dublin-Abkommen zum Asylrecht sind eigentlich recht klar formuliert. Hierbei muss es darum gehen, dass Menschen, die verfolgt werden, in einem sicheren Land Zuflucht finden können. Es ist nicht plausibel, dass von Myanmar aus gesehen Deutschland oder irgendein anderer EU-Staat das nächste sichere Land ist. Insofern geht es offensichtlich nicht darum, ohne Verfolgung leben zu können, sondern darum, die tatsächliche Verfolgung möglichst gewinnbringend umzumünzen in das Recht darauf, in ein möglichst wohlhabendes Land umsiedeln zu können, auch wenn dieses 8000 Kilometer entfernt liegt. Das hat mit dem Grundrecht auf Asyl überhaupt nichts zu tun.
Vielmehr stellt sich die Frage, was eigentlich mit den allermeisten verfolgten Menschen passiert, nämlich mit denjenigen, die nicht das Geld aufbringen können, das Menschenschleuser bzw. Schlepperbanden dafür kassieren, ihre Auftraggeber um die halbe Welt zu transportieren. Sayed dürfte realistischerweise deutlich über 10000 Dollar für seine Flucht nach Europa bezahlt haben. Diese Frage wird üblicherweise ausgeblendet bzw. – wie auch hier im Artikel – als Argument für die Kunden der Schlepperbanden eingesetzt: Weil in Myanmar diejenigen, die gar nicht flüchten konnten, unmenschlich behandelt werden und die meisten Flüchtlinge aus Myanmar in katastrophalen Bedingungen in Flüchtlingslagern in Bangladesh leben, müssen wir denjenigen gegenüber, die sich die Flucht nach Europa leisten können, besonders aufnahmebereit und großzügig sein. Das ist eine reichlich verquere Argumentation.
Mit dem Geld, was die Schlepperbanden von ihren für lokale Standards relativ wohlhabenden Kunden kassieren, könnte man die Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern deutlich verbessern und somit den Menschen dort unabhängig von ihrem sozioökonomischen Status helfen. An solcher Solidarität ist denjenigen, die nach Europa flüchten, aber natürlich nicht gelegen. Und denjenigen, die ihnen hier helfen wollen, ebenso wenig – möglicherweise deswegen, weil sie zwar gern Flüchtlingen helfen wollen, dazu allerdings ungern ihre Heimat verlassen wollen, um z.B. in einem Flüchtlingslager in Bangladesh zu helfen. Eine ehrliche und effiziente Flüchtlingspolitik sollte darauf abzielen, möglichst nah am Ort der Flucht zu helfen, indem z.B. das THW nach Bangladesh entsandt wird, weil die soziale Selektion der Flüchtlinge dort noch wenig ausgeprägt ist. Es wäre interessant, einmal auszurechnen, welche Kosten Sayed selbst durch seine Flucht entstanden sind und welche Kosten er als „Asylfall“ in Deutschland zusätzlich verursacht hat – und dann einmal dem gegenüberzustellen, wie lange man von diesem Geld einen Flüchtling in einem Camp in Bangladesh menschenwürdig versorgen könnte. Jeder Euro, der für solche aufwendigen Fluchtwege ausgegeben wird, steht nämlich für eine effiziente Flüchtlingspolitik vor Ort nicht mehr zur Verfügung. Das gilt ebenso für jeden Euro, der für „Flüchtlinge“ ausgegeben wird, die vor der schlechten wirtschaftlichen Lage in vielen Balkanstaaten fliehen, deren dortige Lebenssituation aber z.B. für die Menschen in Nigeria, die unter anhaltendem Terrorismus leiden, aber nicht fliehen können (und sich deswegen außerhalb unseres Blickfelds befinden), beneidenswert wäre.
Empathie wird für immer mehr Menschen zu einem Fremdwort, allerdings weniger, weil der Begriff aus dem Altgriechischen kommt.
Ich hab in der Sache keine bestimmte Meinung. Aber offenbar besteht ein Zusammenhang zwischen der miserablen Wirtschaftslage mancher Weltregionen und der Auswanderungsfreudigkeit ihrer Bewohner.
Wenn wir also über „Flüchtlinge“ in Deutschland reden, sollten wir sinnvollerweise zugleich über die Ursachen der miserablen Wirtschaftslage in den Herkunftsländern reden.
Wenn nun jemand sagt, wir müssten Flüchtlinge hierzulande als normal und zwangsläufig betrachten – sagt er dann nicht implizit auch, wie müssten die miserable Wirtschaftslage in den Herkunftsländern als normal und zwangsläufig betrachten?
Das könnte man in der Tat so sehen, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Z.B. (a) könnte man behaupten, dass das marktwirtschaftliche System in den Herkunftsländern (wie den vom Sozialismus „befreiten“ Kosovo oder Myanmar) nicht hält, was es verspricht.
Oder (b) könnte man behaupten, die Menschen dort seien einfach nicht gut genug für die Anforderungen dieses Systems (z.B. in Hinsicht auf Intelligenz oder Autonomie i.S.v. „jeder sein eigener Unternehmer“)(vielleicht ist auf Dauer ja überhaupt kaum ein Mensch gut genug für die wachsenden Anforderungen dieses Systems).
Jedenfalls sind das Diskussionen, denen wir nicht aus dem Weg gehen sollten – schon deshalb weil sie auch unser „System“ betreffen.
@Rainer Möller: Schade, dass Sie so wenig Ahnung darüber haben, was an Gewalt gegen Menschen so alles auf diesem Planeten passiert, und noch nicht einmal in der Lage sind, diese Fakten dem obigen Artikel zu entnehmen. Der Artikel berichtet über eine der am meisten verfolgten Minderheit dieser Erde, Sie faseln über „Wirtschaftsflüchtlinge“. Das ist einfach nur dumm, passt aber zu den braunen „Mahnwachen“.
@Stefan Laurin: Wir quatschen seit Jahren über Hausrechte in Blogs und Kampf gegen Nazis. Und deshalb wüsste ich gern von Dir, warum dieser Braunlaberkopp „Rainer Möller“ hier immer noch unter Ignorierung bzw. Nichtanwendung des Hausrechts seine braune Relativierungs-Propaganda verbreiten darf.
@Alreech # 2: Über eine Verfolgung in Bangladesh steht nichts im Artikel.
Antwort: Im Artikel steht, dass Sayed im Refugee Camp Cox Bazar lebte. Die katastrophalen Zustände in den bengalischen Flüchtlingslagern sind bekannt. UNHCR und Human Rights Watch berichteten über Hunger, Krankheiten und völlig überfüllten Lagern. Grund genug, dieser Lebenssituation entkommen zu wollen, nicht wahr.
Aus welchen Grund soll ihn die Bundesrepublik Deutschland aufnehmen? Es gibt genug humanitäre Gründe, Sayed hier aufzunehmen. Dublin III schiebt Menschen hin- und her. In Deutschland ist das Hilfsnetzwerk und die rechtliche Beratung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch gut. Nach Italien werden z.B. wegen „schwerwiegender Defizite“ des italienischen Asylsystems die Flüchtlinge von den deutschen Gerichten häufig nicht abgeschoben.
@Klaus Lohmann: 1/3 bis die Hälfte seiner Einträge werden gelöscht.
@ Rainer Möller. Natürlich haben Sie eine Meinung. Nicht nur in dieser Sache argumentieren Sie in derselben Weise, wie das sonst üblicherweise die Rechten pflegen.
Ich denke, dass in dem Artikel deutlich geworden ist, das es hier nicht um einen Wirtschaftsflüchtling geht. Was vermuten Sie denn, was Menschen widerfährt, die von den Vereinten Nationen als die am meisten verfolgte Volksgruppe der Welt bezeichnet? Glauben Sie, die haben rein ökonomische Probleme? Sicher nicht.
Davon abgesehen ist in einer globalisierten Welt die Armut einzelnen Ländern nicht abgespalten als Einzelphänomen oder als „deren System“ zu betrachten. Die Ursachenforschung muss man dann schon im Kontext der Weltwirtschaft betreiben.
@Hermes #4 Nein, ich denke, humanitäre Argumente sind nicht verquer. Sie haben Recht, es ist es sinnvoll – wenn auch unrealistisch, die Lebensumstände in den Herkunftsländern so zu verbessern, dass die Menschen nicht mehr fliehen müssen. Aber wir reden hier (ich hatte gehofft, dass das mit der beispielhaften Geschichte deutlich geworden ist) über Menschen die ethnisch verfolgt werden. Und umgebracht werden. 2013 gab es ein Massaker, in dem 1000 Roghinya Muslime durch Fanatiker umgebracht wurden. Den Tod vor Augen zu haben, ist doch ein ganz gutes Argument, um seine Heimatregion zu verlassen, oder? Vor allem wenn die nächsten Verwandten bereits getötet wurden.
In Bangladesch ist diese Volksgruppe nicht herzlich willkommen. Im Gegenteil, es gibt stete Versuche sie zurückzuschicken, nur will Myanmar (Birma) sie auch nicht haben. Sie bekommen dort noch nicht mal einen Pass. Das bedeutet , sie sind Staatenlose … und das ist der mit Abstand unangenehmste Status, den ein Mensch haben kann. Denn das heisst auch gleichzeitig Rechtelos zu sein.
http://www.huffingtonpost.com/2012/06/14/myanmar-conflict-rohingya-muslims_n_1595976.html
@Ulrike Maerkel:
„Den Tod vor Augen zu haben, ist doch ein ganz gutes Argument, um seine Heimatregion zu verlassen, oder?“
Zweifelsohne – aber eine Flucht über beinahe 9000 Kilometer scheint deswegen nicht geboten zu sein. Vor allem dürfte sie – wie zuvor schon erwähnt – für die allermeisten Verfolgten nicht möglich sein. U.a. deswegen ist es ein Skandal, wenn die Flüchtlinge in Bangladesh „nicht willkommen“ sind, weil viele eben nicht die Möglichkeit haben, weiter zu flüchten. Falls der Grund für die Situation in Bangladesh die dort ebenfalls ausgeprägte Armut ist, dann sind wir (und andere Länder, die die Mittel dazu haben) in der Verantwortung, genau *dort* zu helfen, weil wir genau *dort* den meisten Menschen helfen können. Das bedeutet nicht, die Situation in den Herkunftsländern zu verbessern, sondern z.B. mit der Regierung von Bangladesh auszuhandeln, dass Hilfsorganisationen ein Flüchtlingslager in Grenznähe aufbauen und unterhalten dürfen, solange dies notwendig ist. Falls nicht absehbar ist, dass der Status der Rohingya sich bessert, wäre auch ein Abkommen mit Bangladesh denkbar, das eine Einbürgerung der Rohingya mit einer Entwicklungshilfezusage verknüpft. Große Armut im eigenen Land ist ein mögliches Argument gegen Zuwanderung, bloßer Fremdenhass ist aber definitiv keins. Das gilt für Bangladesh genauso wie für Deutschland, wo Einbürgerungen von Zuwanderern auch aus fernen Ländern (und nicht nur aus Nachbarstaaten, wie im beschriebenen Fall) mittlerweile absolut üblich sind.
Ergänzend:
Der HuffPost-Artikel weist darauf hin, dass die Rohingya ethnisch und sprachlich eng verwandt mit den Bewohnern Bangladeshs sind. Dass diese ihre „Verwandten“ aussperren, ist demzufolge ein um so größerer Skandal. Möglicherweise steckt von Bangladeshs Seite allerdings auch die Absicht dahinter, die Minderheit im Ausland als Faustpfand im Falle eines Krieges zu nutzen – Putin und andere machen vor, wie so etwas geht. Eine Umsiedlung wäre demzufolge natürlich gleichbedeutend mit einem Verzicht auf diese Ansprüche, auch wenn sie die Probleme der Rohingya lösen würde.
Ulrike Maerkel schrieb:
„In Bangladesch ist diese Volksgruppe nicht herzlich willkommen.“
Nur so zur Info: Die ‚Rohingya‘ stammen aus Bangladesch. Nach der Eroberung Burmas durch die Briten(1820-1880) haben die Briten ihre Untertan aus British Indien in den eroberten Gebieten angesiedelt, nach der wiederlangten Unabhängigkeit kam es zu illegaler Einwanderung aus Ostpakistan in das wirtschaftlich stärkere Burma.
Noch ein Kommentar zu Abschiebungen an sich:
Verfolgte und Flüchtlinge fallen nicht vom Himmel. Wenn jemand auf dem Weg nach Deutschland zig Länder durchquert, in deren er nicht verfolgt wird oder in denen es keine Verfolgung gibt, dann fragt man sich, warum die nicht im ersten sicheren Land bleiben? Bestimmt nicht, weil in Deutschland erbarmungslos angeschoben wird.
@Hermes: Ja – Entwicklungshilfe gegen Einbürgerungszusagen wäre sicher eine denkbare Lösung, ist aber nicht „billig“. Aber immer hin wäre dann das Problem des fehlenden Rechtsstatus gelöst. Frage ist aber, wie stark die Internationale Gemeinschaft ein Interesse hat, dort zu helfen. Und ob Bangladesch das will. Bisher war vor allem die Rede davon, die katastrophale Lage in den Flüchtlingslagern in Bangladesch wenigsten in einen etwas besseren Zustand zu bringen. Inwiefern das Ziel der Einbürgerung in Bangladesch realistisch ist, kann ich nicht einschätzen. Angeblich wurden aber bereits Bootsflüchtlinge noch auf dem Meer daran gehindert, an Land zu gehen. Das erinnert an Lampedusa.
@Hermes: Vielleicht hilft Ihnen dieser Artikel: http://www.aljazeera.com/indepth/features/2014/01/no-respite-rohingya-bangladesh-201411675944519957.html , das Problem von unregistrierten Rohingya-Flüchtlingen in Bangladesh zu verstehen und Ihren seltsamen Putin-„Vergleich“ in die Schäm-Schublade zu schieben.
UNHCR und andere, teilweise des Landes verwiesene Hilfsorganisationen tun seit *Jahrzehnten* viel, können z.Zt. aber keine großen Änderungen der politischen Ziele in Myanmar und Bangladesh bzw. in der ganzen Region erreichen. Der Entzug der Bürgerrechte für Rohingyas ist ein Signal der ethischen Ablehnung in der ganzen buddhistischen Welt und muss langfristig erst rückgängig gemacht werden, bis sich auch die Nachbarländer um die Flüchtlinge ausreichend kümmern. Das braucht Zeit und Geduld. Und solange gibt es halt diese Flüchtlinge und die Aufgabe für die westliche Welt, diesen Menschen zu helfen.
@Gerd: Vielleicht schildern Sie uns kurz, welche Unterschiede zwischen Ihrer Meinung über angeblich „sichere“ Transitländer und der Flucht-Schilderung aus Ulrike Maerkels Artikel bestehen. Nicht Alles, wo „Demokratie“ drüber steht, hat auch eingebaute Menschenrechte…
@Gerd. Aber führt diese Erkenntnis weiter? Die Leute werden doch zwischen den Ländern hin- und her geschoben. In Myanmar will man, dass sie den Nachweis bringen, dass beide (!) Eltern Myanmar-Staatsbürger waren. Das können viele – die ja noch nicht mal einen Pass haben – nicht. Die Behörden in Myanmar betrachten diese Volksgruppe ebenfalls als illegale Einwanderer, obwohl viele von ihnen bereits in der Kolonialzeit eingewandert waren. Bangladesch will sie nicht einbürgern.
Und ob man das erbarmungslos nennt oder nicht, in Deutschland wird abgeschoben. Ob man in den „zig Ländern“ auf der Durchreise eine Zukunft hat? Zwischen Myanmar und Europa liegen Indien, Pakistan, Iran, Irak, Russland, die Ukraine und die Türkei. Überall dort sind „Refugess welcome“? Wohl kaum.
@Ulrike Maerkel
Und in Frankreich sind „Refugess not welcome“ ?
Wenn ja sollte die Deutsche Regierung Druck auf Frankreich ausüben, damit Menschen wie Sayed dort Zuflucht finden können.
Ulrike schrieb:
„Die Behörden in Myanmar betrachten diese Volksgruppe ebenfalls als illegale Einwanderer, obwohl viele von ihnen bereits in der Kolonialzeit eingewandert waren. “
Betrachten Sie es mal aus der Sicht der Burmesen. Deren Land wird von einer fremden Macht erobert, die dann ihre Untertan ansiedelt und das so zahlreich, dass die Einheimischen in Teilen ihres eigenen (!) Landes zu einer Minderheit werden. Das die Burmesen (und die Balten) sowas nicht akzeptieren, ist kaum verwunderlich.
Klaus,
die Masse der ‚Flüchtlinge‘ erreicht Europa über den Süden und Osten in dem Länder wie Bulgarien, Griechenland und Italien liegen, in denen es null politische Verfolgung gibt. Dennoch nehmen Länder in Norden und Westen Europas die Masse der ‚Flüchtlinge‘ auf.
Was auch kein Wunder ist. Die ‚Flüchtlinge‘ müßten mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wenn sie freiwillig in armen Ländern blieben, obwohl sie die Möglichkeit haben in reiche Länder zu gelangen.
@#22 Gerd: Noch mal diesen Satz lesen?
„Es gibt Verwaltungsgerichte die anerkennen, dass die Bedingungen in Länder wie Ungarn, Bulgarien oder Italien, in denen die Flüchtlinge verheerenden Bedingungen ausgesetzt sind, menschenrechtswidrig sind.“
Und wenn das gerichtlich anerkannt wird, ist die in diesem Fall gekünstelte Suche nach „politischer Verfolgung“ als Grund für Anerkennung obsolet.
[…] Der junge Mann aus Myamar (Birma) ist Rohingya und hat bereits seinen ersten Abschiebebescheid bekommen. Er wird vermutlich schon bald nach Frankreich abgeschoben werden. Von dort aus droht ihm die direkte Rückführung nach Myanmar (Birma), wo sein Vater und sein Bruder ermordet wurden. Das „sichere“ Drittland Frankreich hatte sein Asylbegehren ungeachtet der Menschenrechtslage in Sayeds Heimat abgelehnt. Einen engagierten Rechtsanwalt hatte Sayed nicht an seiner Seite. Für ihn heisst die zwangsweise Abschiebung aus Deutschland, dass er bald wieder in dem Land der Mörder seiner Familie sein wird und dort weiter den Gewalttätigkeiten gegen seine Volksgruppe ausgesetzt sein wird. Die Rohinghas sind laut UN die am meisten verfolgte Minderheit in der Welt. Sayeds Schicksal steht für das vieler anderer. Er hat keine Zukunft vor sich – aber vielleicht bekommt er die Chance, die ihm ein Kirchenasyl bieten kann. Die Evangelische Kirche von Westfalen, die von Siegen bis Herford und von Paderborn bis Gladbeck reicht, machte gegenüber den Ruhrbaronen deutlich, dass man Gemeinden konkret, aber auch mit einer klaren Haltung unterstütze: “Wir stärken Kirchengemeinden den Rücken, indem wir öffentlich Farbe bekennen.” […]
[…] Flüchtlings-Helfern in die Ruhrgebietskirche gekommen. Seine Papiere belegen, dass er unmittelbar von Abschiebung bedroht ist. Kirchengemeinden können sich aus humanitären Gründen für die Gewährung von […]