Noch im vergangenen Juni sah es gar nicht gut aus um die Pläne von Michael Kamps & Co. in Waltrop (Kreis Recklinghausen) das freie WLAN-Netz ‚Freifunk‘ auch in öffentlichen Gebäuden der Hebewerkstadt zum Einsatz zu bringen. Obwohl ursprünglich schon mit viel Rückenwind in der Lokalpolitik gestartet, traten plötzlich zahlreiche Skeptiker auf den Plan. Es ging diesen um die angeblich nicht vorhandene Rechtssicherheit. Diese verunsicherten die Öffentlichkeit kurz bevor die Sache im Rat eigentlich bereits hätte abgesegnet werden sollte, dermaßen, dass das Vorhaben plötzlich wieder auf der Kippe zu stehen schien. Natürlich sehr zum Verdruss von Organisator Michael Kamps und seinen Mitstreitern in Sachen ‚Freifunk‘.
Doch in dieser Woche dann die überraschende Kehrtwende. Einmütig votierte der Stadtentwicklungsausschuss nun plötzlich dann doch für das von Kamps angedachte Projekt. Die Skeptiker wurden offensichtlich in den letzten Monaten erfolgreich zum Schweigen gebracht, Ängste konnten abgebaut werden.
Im Ruhrbarone-Gespräch gab sich Michael Kamps nun entsprechend erleichtert und auch ein wenig stolz. Freifunk wird nun auch in Waltrop weiter wachsen können, hat ‚grünes Licht‘ nun auch für den Einsatz in öffentlichen Gebäuden, auch wenn die Details noch geklärt werden müssen.
Ruhrbarone: Hallo Michael! Herzlichen Glückwunsch zum letztendlich nun doch positiven Ausgang der Abstimmung in Sachen Freifunk hier in Waltrop! Wie ist es Euch denn nun doch gelungen die Zustimmung aller Parteien im Rat zu bekommen, nachdem es im Sommer ja noch so viele kritische Stimmen zu geben schien?
Kamps: Eigentlich war es ja eher die Verwaltung die Freifunk im Frühsommer noch abgelehnt hat. In den Parteien waren wohl viele davor bereits davon überzeugt, dass ein freies WLAN gut für die Stadt, seine Bewohner und Gäste ist. Aber auch viele innerhalb der Parteien hatten einfach noch zu viele grundsätzliche Bedenken gegen Freifunk. Da musste viel geredet und weiter informiert werden. Wir sind dabei einfach unendlich hartnäckig gewesen und haben immer wieder über das Vorhaben im Detail informiert. Wir haben wirklich nie locker gelassen. Viele Postings auf Facebook konnten wir für unsere Sache nutzen. Immer wieder haben wir bei Parteien und auch einzelnen Mitgliedern über Freifunk diskutiert und entsprechend informiert. Meine Partei, die LINKE, stand dabei sofort hinter der Idee. Mein Freifunk-Partner Ralf Schmitt, der in der SPD ist, hat dort natürlich auch immer wieder über Freifunk informiert. Der ‚Waltroper Aufbruch‘ und auch die Grünen hier am Ort standen auch ganz schnell hinter der Sache. Daher hatten wir uns damals auch entschlossen den Antrag im Rat dann gemeinsam zu stellen. Ich habe als Ratsmitglied immer wieder mit anderen Rats- und Ausschussmitgliedern über unsere Pläne gesprochen. Einen weiteren großen Schub hat uns dann gegeben, dass die Waltroper Werbegemeinschaft nach dem sie in ihren Planungen zunächst auf einen kommerziellen Anbieter gesetzt hat, von uns mit den Vorzügen unserer Pläne konfrontiert wurde und sich dann auch letztendlich dafür entschieden hat. Die Entscheidung, dass im NRW-Landtag beschlossen wurde, Freifunk in Ihren Gebäuden zu fördern, war dann auch noch einmal ein absoluter Pluspunkt für unser Anliegen.
Ruhrbarone: Welche Änderungen habt Ihr evtl. in Eurer Argumentation zuletzt noch mit eingearbeitet um die Leute zu überzeugen, die viele Skepsis, auch in der Lokalpresse und bei ‚Fachanwälten‘ offenbar wegzuwischen?
Kamps: Wir haben eigentlich immer nur wieder informiert und aufgeklärt, alle auftretenden Fragen beantwortet. Wir haben einfach jede Gelegenheit genutzt Unsicherheiten auszuräumen. Wichtig ist uns aber immer nur gewesen die Menschen und natürlich auch die Fraktionen im Rat von Freifunk zu überzeugen. Notorische Skeptiker konnten wir wahrscheinlich eh nicht überzeugen. Das war aber auch nicht in unserem Interesse. Das ist einfach nur unnötige Energieverschwendung.
Ruhrbarone: Und wie geht es in den nächsten Monaten nun konkret weiter? Was tut sich in Sachen Freifunk in den nächsten Monaten hier am Ort?
Kamps: Stand heute, haben wir 44 Freifunk Knoten hier in Waltrop. Das für einen Ort mit knapp 29.000 Einwohnern schon ganz ordentlich ist. Da sind Privatpersonen dabei, aber auch Gewerbetreibende. Die LINKE, hat einige Router für Ihre Mitglieder zur Verfügung gestellt. Auch die örtliche SPD hat in Ihrem Büro nun Freifunk. Besonders bemerkenswert, dass viele Mitglieder der Waltroper Werbegemeinschaft ihre Geschäftsräume mit Freifunk ausgestattet haben und man an vielen Stellen in der Waltroper Innenstadt freies WLAN vorfinden kann.
Zunächst werden wir vom ‚Freifunk Waltrop‘ uns nun mit der Verwaltung zusammensetzen und das weitere Vorgehen besprechen. Problematisch ist bei einer Kommune in Haushaltssicherung natürlich die Finanzierung der Router. Es gab und wird in dem Hinblick auch Gespräche mit der Waltroper Werbegemeinschaft geben. Ein weiteres Anliegen von uns ist es ja auch neben Rathaus und anderen öffentlichen Gebäuden auch die Flüchtlingsunterkünfte mit freien WLAN auszustatten.
Wir werden natürlich darüber hinaus noch einige Punkte hier am Ort einrichten.
In vielen Ländern ist flächendeckendes freies WLAN einfach Standard. Deutschland liegt da wirklich hinter dem Mond. Für eine Stadt wie diese ist das durchaus auch ein Standortvorteil und man bindet Menschen an die Stadt. Viele sind glücklich, bei ihren Datenvolumen ihres Handytarifs zu sparen. Da kann man sich mal eben im Geschäft über ein Produkt informieren. Man sitzt im Cafe und checkt mal eben sein Email. Der Reisende oder Geschäftliche Gast aus einem anderen Land, kann sich im Internet bewegen auch wenn er nur kurz hier ist. Wann kommt mein Bus? Flüchtlinge können sich über ihre Heimat informieren, ihre Verwandten kontaktieren, die deutsche Sprache lernen. Oder die Oma und der Opa XY, haben zwar ein Tablet, aber kein Vertrag mit einem Mobilfunk Anbieter, da kann man mal eben die Bilder der Enkel betrachten die gerade per Mail angekommen sind. Es gibt einfach unzählige Gründe für Freifunk. Der Vorteil von Freifunk gegenüber kommerziellen Anbietern ist einfach, es ist wirklich frei, gratis für den Nutzer, außer den Router und Strom kosten denjenigen der sein Datenvolumen für Freifunk zur Verfügung stellt nichts. Die Router verbinden sich miteinander, so dass man z.B. durch die Stadt gehen kann und durchgehend online sein kann ohne ständig sich irgendwo einloggen zu müssen.
Ruhrbarone: Welche Signalwirkung könnte damit evtl. auch für Eure Mitstreiter in der Region ausgehen? Freifunk wird ja in vielen Orten noch immer relativ skeptisch gesehen. Können die Befürworter sich da von Euch etwas abschauen, wie man die Leute überzeugen kann?
Kamps: Jede Stadt die sich auch offiziell zum Freifunk bekennt und Ihre öffentlichen Gebäude zur Verfügung stellt, erleichtert es natürlich auch andere am Freifunk teilzunehmen.
Es kursieren einfach zu viele Fehlinformationen. Die Angst vor illegalem Tun anderer ist einfach sehr groß und da bedarf es viel Kraft und Durchhaltevermögen die Leute und auch die Verwaltungen der Städte zu überzeugen, dass Freifunk sicher für denjenigen ist, der ein Teil seines Datenvolumens für das Projekt zur Verfügung stellt. Ich betone hier noch mal ausdrücklich, dass der Freifunk Rheinland e.V. ein eingetragener Provider ist und daher nicht der Störerhaftung unterliegt.
Ruhrbarone: Wie kann man Euch Freifunker vor Ort unterstützen? An wen kann man sich wenden, wenn man das Freifunk-Netz in seiner Heimatregion unterstützen möchte?
Kamps: Die einfachste Art der Hilfe ist es sich selber einen Freifunk Router in die Wohnung /Haus zu stellen und beim Freifunk mitmachen. Nicht umsonst versteht sich das Ganze als echtes Mitmachnetz. Sollte das nicht möglich sein, kann man auch einfach einen oder mehrere Router spenden. Wir suchen dann entsprechende Orte um die Router zu platzieren. Freifunkrouter funken z.B. unter dem Dach in der Stadt am weitesten. Wenn du also jemanden kennst, bei dem wir einen Router unter dem Dach installieren dürfen, würde uns das auch sehr weiterhelfen! Wir kümmern uns dann um die Installation. Denn je mehr beim Freifunk mitmachen, desto größer ist der Nutzen für alle. Weiter kann man in seiner Internet Suchmaschine nach seiner örtlichen Freifunk Initiative suchen und dort erfragen, wie man sich einbringen kann. Viele Freifunkinitiativen sind auch bei Facebook oder Twitter erreichbar. Wir Waltroper haben eine Facebook – Seite und eine Webseite,die man unter www.freifunk-waltrop.de findet. Der Unterhalt der Freifunk Server kostet eben auch Geld. Helfen würde uns daher auch eine Mitgliedschaft beim Freifunk Rheinland e.V. oder eine Spende.
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