Freiwillig in der Ukraine – Ein Interview

Freiwillig in der Ukraine
Freiwillig in der Ukraine. Foto: Christian Gruber

Freiwillig in der Ukraine – Christian Gruber hat sich auf den Weg in die Ukraine gemacht, um dort als Freiwilliger zu helfen. Wir haben ihn interviewt. Das Interview führte Robert Herr.

 

Ruhrbarone: Wie geht’s dir gerade?

Christian: Ich bin ausgelaugt. Gestern Nacht gab es einen Luftangriff in der Nähe von Lwiw, die Luftsirenen heulten, ich habe unruhig geschlafen.

R: Was machst du gerade, wo bist du tätig?

C: Ich helfe gerade einer Stiftung (Palyanytsia) in der Nähe von Lwiw. Ich war eigentlich darauf eingestellt an die Front zu gehen, aber die Leute hier haben mich davon überzeugt, dass sie auch hier Hilfe brauchen. Jetzt arbeiten wir mit der Territorialverteidigung zusammen um Lebensmittel und Medizin an die Front und in belagerte Städte zu bringen.

R: Die ukrainische Bevölkerung wirkt hier sehr motiviert und entschlossen, die russische Invasion zurückzuschlagen, es macht den Eindruck, dass es eine gemeinsame Anstrengung von Zivilisten und Soldaten gibt. Wie sieht es für dich vor Ort aus?

C: Das würde ich auf jeden Fall sagen. Hier wird den Leuten nicht einfach eine Waffe in die Hand gedrückt und sie werden an die Front geschickt. Es wird auch viel geübt und anderweitige Vorbereitungen getroffen. Lwiw bereitet sich auf Belagerung und Krieg vor. Freiwillige packen zum Beispiel historisch bedeutsame Statuen und Kunstwerke ein und lagern sie ein, um sie vor Kriegsschäden zu schützen. Ausländer die freiwillig in der Ukraine helfen gibt es aber hier nur sehr wenige. Die Bevölkerung ist aber auf jeden Fall fest von einem Sieg der Ukraine über die russischen Invasoren überzeugt. Den Menschen geht aber trotz aller Entschlossenheit der Gedanke an ihre Heimat und was ihnen gerade passiert dennoch sehr Nahe.

R: Wie kommt die Hilfe aus dem Westen an? Ist man zufrieden, wünscht man sich mehr?

C: Die Menschen vor Ort fühlen sich geehrt von der Unterstützung und der Solidarität. Als Kritikpunkt wird aber immer wieder genannt, dass es zu lange dauert, bis versprochene Hilfe vor Ort ankommt. ALLE mit denen ich gesprochen habe wollen in die EU. Die Forderung nach einer Flugverbotszone zum Beispiel, die wird hier aber sehr differenziert betrachtet. Viele Menschen nehmen die Sorge des Westens, eine Flugverbotszone könne einen Weltkrieg auslösen durchaus sehr Ernst.

R: Was brauchen die Leute in der Ukraine?

C: Neben Waffen (für militärische Unterstützung kann man an die Ukrainische Nationalbank spenden) werden vor allem medizinisches Material und haltbare Lebensmittel gebraucht, die Vorräte gehen zur Neige. Um die Beschaffung medizinischen Materials und Lebensmittel zu unterstützen kann man zum Beispiel an Palianytsia direkt hier in der Ukraine spenden, oder an polnische Hilfsorganisationen, die Essen und Meidizin in Polen kaufen und dann einfach über die Grenze bringen. Man spart da viel an Logistik- und Transportkosten im Vergleich und sollte besser an polnische oder ukrainische Orgas vor Ort spenden und nicht an internationale Organisationen, die fast alle keine Infrastruktur vor Ort haben.

R: Was brauchen die Leute in der Ukraine nicht?

C: Was die Leute in der Ukraine und die Geflüchteten auf jeden Fall NICHT brauchen, sind Leute die einfach ohne Anmeldung oder Kenntnis der Infrastruktur an die Grenze fahren um Flüchtlinge mitzunehmen, die sie gar nicht kennen. Das ist gut gemeint, aber es gibt jetzt schon Berichte von Menschenhändlern die dort in der Menge untergehen, im Darknet gibt es Anleitungen wie am besten alleinreisende ukrainische Frauen angesprochen werden sollen, das ist alles brandgefährlich. Bleibt da weg, macht das nicht. Und die Leute sollen aufhören ihre Altkleider hierher zu bringen, wir ertrinken hier in Klamotten. Das wird nicht gebraucht.

R: Danke für das Gespräch und bis zum nächsten Mal!

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