Fußball: Bundestrainer Joachim Löw hat halt seine speziellen Lieblinge

Ist Mats Hummels der 'Verlierer' des 3:0-Sieges gegen Österreich? Foto: BVB
Ist Mats Hummels der ‚Verlierer‘ des 3:0-Sieges der DFB-Auswahl gegen Österreich? Foto: BVB

Wie man am Wochenende (beim Länderspiel in München) am Beispiel von Mats Hummels wieder einmal erleben durfte/musste, hat Nationaltrainer Joachim Löw offenkundig sehr unterschiedliche Kriterien mit denen er ‚seine‘ Spieler beurteilt. Entweder man ist ein ‚Liebling‘ des Coaches, dann hat man viel und früh großen Kredit, oder man gehört nicht zu den persönlichen Lieblingsspielern des Trainerteams, dann hat man es entsprechend schwerer in der Auswahlmannschaft.

BVB-Verteidiger Mats Hummels durfte dies nun zuletzt am eigenen Leibe erleben. Nach einem schwachen Spiel gegen Paraguay, beim 3:3 in Kaiserslautern, zuletzt, saß der Borusse in München, beim 3:0 gegen Österreich, die kompletten 90 Minuten nur auf der Bank und wurde auch nach dem Spiel von weiten Teilen der Medien zum eigentlichen Verlierer der Begegnung erklärt. Eben weil es ohne ihn kein Gegentor für Deutschland gab. Offenbar sind seine Konkurrenten Per Mertesacker und Jerome Boateng im Team nun zunächst einmal gesetzt. Wie man allerdings nach nur einem Spiel ‚zu Null‘ da überhaupt irgendwelche Schlüsse von dauerhaftem Bestand ziehen können will, das erscheint mir doch ziemlich zweifelhaft.

Offenkundig hat Mats Hummels (noch) keinen besonders hohen Vertrauensbonus gehabt. Weder bei Löw, noch bei großen Teilen der Medien.

Schon erstaunlich, denn noch vor wenigen Wochen bestanden vergleichbare Zweifel z.B. an den Fähigkeiten eines Per Mertesacker. Nun ist es aktuell offenkundig genau umgekehrt.

Wenn man die Nationalmannschaft des DFB unter Löw schon länger beobachtet, dann fällt einem ohnehin auf, dass einige Spieler offenbar deutlich kritischer beäugt und beurteilt werden als andere. Zahlreiche Beobachter vermissen z.B. seit langem den Torschützenkönig der letzten Bundesligasaison, den Leverkusener Stefan Kießling, im Kader der DFB-Elf. Löw hat, trotz toller Leistungen des Blondschopfes, nie wirklich auf ihn gesetzt, ihm eigentlich noch keine faire Chance in der Nationalmannschaft gegeben.

Ebenso hatte BVB-Torwart Roman Weidenfeller bei Löw nie den Stellenwert, der ihm wohl aufgrund seiner Leistungen eigentlich längst zugestanden hätte. Auch Marcel Schmelzer wurde vor einiger Zeit vom Bundestrainer mutwillig klein geredet, als er ihn öffentlich quasi als Notlösung (‚Wir haben derzeit halt keinen besseren.‘) bezeichnete.

Bei anderen Spielern verhält es sich allerdings genau umgekehrt. Trotz mäßiger Leistungen, teilweise häufiger gesundheitsbedingter Absagen bei ‚unwichtigen‘ Freundschaftsspielen, setzt der Nationaltrainer schon seit extrem langer Zeit noch auf altbekannte Kräfte wie Miro Klose, Bastian Schweinsteiger, oder Lukas Podolski. Auch ein Rene Adler kam nach seiner langfristigen Verletzung im Vorjahr wieder recht rasch zurück in den Kreis der Auswahlkicker. Hier wird bei den Nominierungen doch recht augenfällig mit zweierlei Maß gemessen!

Warum ein Spieler trotz eines halben Dutzend schwacher Auftritte regelmäßig Berücksichtigung findet, ein anderer x-mal Freundschaftsspiele absagen kann, ohne mit irgendwelchen Konsequenzen rechnen zu müssen o.ä., regelmäßig in der Startelf auftaucht, während andere Spieler nach nur einem schwächeren Spiel bereits erst einmal ‚ausgemustert‘ werden, oder trotz monatelang herausragender Form gar nicht erst für den Kader der Nationalmannschaft berücksichtigt werden, dass ist die Frage, mit der auch ein Trainer Joachim Löw, aufgrund zahlreicher Fallbeispiele quer durch die Liga,  inzwischen häufiger mal konfrontiert wird.

Solange der sportliche Erfolg da ist, wird es ein Randthema rund um die Nationalmannschaft bleiben. Und bis zu einem gewissen Grad ist eine sehr subjektive Kaderzusammenstellung ja auch ganz normal. Aber sollte die WM in Brasilien 2014 für den DFB nicht nach Wunsch laufen, dann dürften die kritischen Stimmen in diese Richtung doch wesentlich lauter werden. Von der Personal- bzw. Menschenführung die hier offenkundig praktiziert wird mal gar nicht erst zu reden. Die Amtsführung von Joachim Löw ist in letzter Zeit jedenfalls alles andere als unangreifbar. Material für kritische Fragen zu Personalentscheidungen gibt es bei Löw & Co. jedenfalls bereits reichlich. Fragen Sie dazu doch mal bei Mats Hummels, Roman Weidenfeller, Stefan Kießling und einigen ihrer Kollegen nach! Und jetzt sage mir hier bitte niemand, dies habe ich nur durch meine sprichwörtliche BVB-Brille so gesehen. 😉

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Martin Böttger
Martin Böttger
11 years ago

Fußball ist ein Mannschaftsspiel. Eine Mannschaft ist mehr als die Addition oder Subtraktion von Einzelspielern und ihren individuellen fußballerischen Fähigkeiten. Das Zusammenspiel und die Harmonie der verschiedenen Charaktere ist von besonderer Bedeutung. Spieler die von innern oder gar aussen dagegen stänkern, haben schlechte Karten, weil sie schlecht für den Teamgeist sind. Darin unterscheidet sich Löw nicht von Klopp.
Zu den Einzelspielern: dass Hummels zuletzt nicht immer in Bestform spielte gibst Du selber zu. Dass Weidenfeller eine sehr gute Saison spielte, heisst nicht, dass er besser als Neuer war; Neuer hat als der weit Jüngere aber bessere Zukunftsperspektiven. Podolski, Schweinsteiger und Klose bringen, sofern gesund, Topleistungen in Verein wie DFB-Team. Es können immer nur 11 aufgestellt werden,
Für Löw sprechen nicht nur die Pflichtspielergebnisse. Für mich persönlich ist entscheidend, dass ich mir die Art Fußball, die er propagiert, wirklich gerne ansehe. Gerade an das 4:4 gegen Schweden werden wir noch lange zurückdenken, so wie ich mich auch an das 1:4 der Klinsmänner vor der WM 2006 gegen Italien noch gut erinnern kann. Der historische Tiefpunkt war der Rumpelfußball von 2002, mit dem sogar die Vizeweltmeisterschaft gewonnen wurde. Wenn die Brasilianer mit dem dicken Ronaldo uns damals nicht zum Glück die Grenzen aufgezeigt hätten, dann sähe es heute ziemlich elendiglich mit dem Fußball aus.

Helmut Junge
Helmut Junge
11 years ago

@Robin, Spieler könnten vielleicht dem Trainer, unter 4 Augen, versteht sich, sagen, dass sie mit bestimmten anderen Spielern nicht bereit sind, zu spielen. Gibt es das? Wenn ja, was macht dann der Trainer?

Walter Stach
Walter Stach
11 years ago

Robin,
ich teile grundsätzlich Deine Meinung, nach der der Bundestrainer nicht konsequent nach dem jeweils aktuellen Leistungsstand der Spieler die Mannschaft aufstellt. Es scheint jedenfalls oft so, daß Spieler nach anderen Kriterien nominiert werden, z.B. nach persönlichen Sympathien des Bundestrainers für den einen oder anderen.

Das wiederum kann nicht dazu führen, daß stets „die Besten“ auf dem Platz sind und daß alle Spieler stets darauf bauen können, daß der Bundestrainer sich ausschließlich nach dem Prinzip „der Bestenauslese“ richtet. Und wenn sich ein Kader von 20-24 Spieler darauf nicht verlassen kann, fehlt ein wichtiger Bestandteile für ein Team, das Weltmeister werden will.

In Sachen Hummels bin ich als BVB im Sinne der „Bestenauslese“ allerdings der Auffassung, daß Max Hummels nach der derzeitigen Form nicht in die Nationalmannschaft gehört! Selbst beim BVB spricht seine derzeitige Form gegen die Garantie eines sicheren Stammplatzes.

Es ist m.E. für Hummels langfristig nicht zu seinem Schaden, wenn ihm klar wird,daß er nicht selbstverständlich in der Nationalmannschaft und beim BVB einen garantierten Stammplatz hat, sondern daß auch er dafür tagtäglich ‚was tun muß, um beständiger, sicherer,verläßlicher -und noch besser als bisher!-zu werden.

Hoffentlich kann Max Hummels als Persönlichkeit damit umgehen, daß er zur Zeit weder in der Nationalmannschaft noch beim BVB umumstritten seinen Stammplatz in der Innenverteidigung sicher hat; für ihn keine einfache Situation.

Für mich absolut unbegreiflich ist, daß der Bundestrainer, daß seine Spieler, daß die große Mehrheit der Medien nach dem Spiel gegen Österreich eine wieder gewonnen Stabilität der Abwehr erkannt und diese „über den grünen Klee“ gelobt hat. Gegen welche Offensivkräfte hat die Abwehr denn ohne Gegentor das Spiel überstanden?
Da gab es nur einen – Alaba-, der internationale Klasse hatte. Alle anderen waren doch gemessen am Bundeliganiveau bestenfalls Mittelmaß.

Ha
Ha
11 years ago

„Speziell“ ist höchstens die Sportberichterstattung, die nach einem einzigen Zu-Null-Spiel einen einzelnen (unbeteiligten) Abwehrspieler zum „Verlierer“ erklärt und die beiden anderen bei jeder Gelegenheit dazu befragt, bis sie was Ungeschicktes sagen. Löw hat in dieser Sache doch selbst gar nix Konkretes gesagt, wenn ich mich nicht irre. Und du kannst nicht im Mindesten widerlegen, dass Hummels seinen Platz nicht aus Leistungsgründen verloren hat. Ich auch nicht – aber mal ein Beispiel: Laut whoscored.com hat er zumindest eine wesentlich schwächere Passquote als Boateng. Das ist nur eines der möglichen Zahlenspiele, mit denen man so einen Artikel unterfüttern könnte. In dieser Form ist der Text letztlich nur unsachliches Blabla, das an Löw zurecht abprallen wird.

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