Die Saison ist bekanntlich noch sehr jung. Doch die Krisenherde in der Vorzeigeliga des deutschen Fußballs scheinen bereits ungewöhnlich zahlreich. Das vermeintlich größte Chaos herrscht aktuell vielleicht beim Bundesliga-Dino, dem einzigen Team, welches in den vergangenen 50 Jahren permanent der 1. Fußball-Bundesliga angehörte, dem Hamburger Sportverein!
Werfen wir daher heute hier bei den Ruhrbaronen einmal kurz einen Blick in Richtung Norden, in die Hansestadt an der Elbe:
Der HSV hat aktuell erst einen einzigen Zähler auf dem Habenkonto. Dieser stammt aus dem Unentschieden zum Saisonstart beim FC Schalke 04. Es folgten Niederlagen daheim gegen 1899 Hoffenheim (1:5) und am Samstag in Berlin, beim Aufsteiger Hertha BSC (0:1). Doch das sportliche Dilemma ist scheinbar aktuell nicht einmal das Hauptproblem des Clubs. In Hamburg zeichnet sich ein Chaos in der Führungsetage ab, welches durch Äußerungen des bekannten Großinvestors Klaus-Michael Kühne in der Vorwoche ausgelöst bzw. öffentlich wurde. Denn offenbar tobt intern inzwischen ein öffentlich ausgetragener Machtkampf, bei welchem es um grundlegende Strukturen und Personalentscheidungen bei der zukünftigen Ausrichtung des gesamten Clubs geht. Was ist passiert?
Da gibt ein altbekannter Gönner und Großinvestor des Clubs von der Alster einer Hamburger Zeitung ein Interview. Ungewöhnlicher Weise kritisiert er darin nicht nur die bekannt aufgeblähten Strukturen des HSV, seinen riesigen Verwaltungsrat, seine derzeit schlechte sportliche Position, nein Klaus-Michael Kühne kritisiert in seiner öffentlichen Stellungnahme in erster Linie die aktuell handelnden Personen, Trainer Thorsten Fink und Manager Oliver Kreuzer, heftig. Besonders Oliver Kreuzer, der neue ‚Manager‘, bekommt ordentlich Kritik des Geldgebers, zudem in ungewöhnlicher Klarheit, ab. Kühne bezeichnet ihn in dem Interview u.a. als ‚Drittligamanager‘. Nicht gerade schmeichelnd für den ambitionierten Macher, welcher erst vor wenigen Wochen vom Karlsruher SC zum HSV kam.
Verständlicher Weise wehren sich die beiden Attackierten gegen die heftige Kritik an ihrer Person. Weitere Ehemalige aus dem HSV-Umfeld mischen sich danach ein. Soweit ist der Vorgang ungünstig für den Verein, gerade auch in dieser sportlich schwierigen Zeit, aber irgendwie noch relativ normal, wenn auch zu einem ungünstigen Zeitpunkt und auf eine wenig zielführende Art, nämlich öffentlich, vorgetragen.
Was nun aber einsetzt, das bereitet mir mit Blick auf die Zukunft der Liga Sorgen: Es entsteht nämlich eine Diskussion um die mögliche Verpflichtung von Felix Magath, der derzeit ohne Engagement als Trainer oder Manager ist. U.a. hatte Magath ja auch eine Vergangenheit mit dem HSV, wo er bereits als Spieler 1983 u.a. den Landesmeisterwettbewerb der UEFA gewonnen hat, die heutige ‚Champions League‘.
Magath scheint ein ‚Günstling‘ Kühnes zu sein, denn dieser fordert ausdrücklich und erneut öffentlich eine Verpflichtung des 60-jährigen. Denn ‚Nur Magath kann den HSV noch retten!‘, so lässt der Gönner des Vereins die Zeitungsleser wissen.
Am Tag darauf liest man plötzlich von Magath: ‚Nur Kühne kann des HSV retten‘. Ein ’nettes‘ Zusammenspiel, auf den ersten Blick. Hier bringen sich offenbar zwei gegenseitig in eine günstige Stellung! Abgesprochen, oder purer Zufall?
Der Hamburger SV ist finanziell schon seit Jahren knapp. Große, in der Regel auch teure Neuverpflichtungen, die der sportlichen Misere entgegenwirken könnten, sind aktuell daher auch kaum noch möglich. Die Verpflichtung des aktuellen Mannschafts-Kapitäns Rafael Van der Vaart zum Beispiel, gelang vor 2 Jahren bereits nur noch durch eine große Finanzspritze Kühnes.
Dieser betont aktuell, es wolle derzeit kein weiteres Geld mehr in den sportlich kriselnden Verein stecken, zumindest nicht mehr in einen HSV in dieser Formation und Struktur. Diese Entscheidung obliegt selbstverständlich ihm allein.
Allerdings bekommt die Sache schon ein gewisses ‚Geschmäckle‘, wenn sich nun der Eindruck aufdrängt, bei einer zukünftigen Verpflichtung von Felix Magath als Verantwortlichen könnte bzw. würde sich seine Haltung vielleicht ändern. Kühne wird in diesem Zusammenhang dann mit den Worten zitiert, dass er sich grundsätzlich allerdings schon vorstellen könnte noch viel, viel Geld in den Club zu investieren. Allerdings eben nicht in der aktuellen Lage.
Dadurch werden bei den Fans natürlich sofort Begehrlichkeiten erzeugt, man könnte auch Gier sagen. Und es entsteht indirekt ein verstärkter Handlungsdruck, eine Strömung gegen die derzeit in Amt und Würden Befindlichen.
Ich beobachte die Bundesliga jetzt schon ca. 35 Jahre. Aber noch nie habe ich eine solche Situation erlebt.
Droht hier ein ganzer Verein von einem Großinvestor abhängig zu werden, sich von seinen persönlichen Beurteilungen der Lage und der leitenden Angestellten völlig abhängig zu machen?
Versucht hier gar ein möglicher, außenstehender Geldgeber den Verein indirekt fast schon zu ‚erpressen‘? Gerät der ‚klamme‘ Traditionsverein so nun unter Druck Fink und Kreutzer tatsächlich in naher Zukunft zu ersetzen, es dem Großinvestor am Horizont recht zu machen, und die bisher Handelnden zukünftig durch eine Strukturreform im Aufsichtsrat und ein Engagement des Kühne-Günstlings Magath zu ersetzen? Nicht unwahrscheinlich…
Wäre dem am Ende tatsächlich so, dann wäre das aus meiner Sicht für den Club und die Bundesliga fatal!
Natürlich darf ein Großinvestor grundsätzlich selbst entscheiden wann und wem er sein Geld gibt. Aber wenn die klar unterschiedlichen Positionen so klar und deutlich über die Medien ausgetauscht werden, die Gabe von frischem Geld an Bedingungen geknüpft werden welche den Verein in der Ausrichtung so stark zu beeinflussen drohen, dann entsteht damit indirekt eben auch großer Druck auf die handelnden Personen.
Haben Fink und Kreuzer dann so noch eine faire Chance sich durch die Qualität ihrer Arbeit auf Dauer an der Elbe durchzusetzen?
Es könnte (und dürfte) aktuell der Eindruck bei den Fans entstehen, dass Kreuzer und Fink weiterem, ‚frischen‘ Geld im Club als Personen entgegenstehen, und das man sich im Verein nur für die ‚Ecke‘ Kühne/Magath entscheiden müsste, um den Verein in eine, auch finanziell, goldene Zukunft zu führen. Das wirkt auf mich, hier aus der relativen Ferne betrachtet zumindest, ‚schäbig‘.
Was diese aktuell drohende Entwicklung beim ‚Dino‘ der Liga nun noch stoppen könnte? Wohl nur ganz rascher sportlicher Erfolg der Mannschaft. Ansonsten übernehmen bald wohl der Investor und sein Wunschpersonal faktisch den Verein. Arg bedenklich!
„Arg bedenklich“, „schäbig“ – diese Attribute finde ich äußerst passend formuliert. Was zur Zeit an der Alster abgeht, berechtigt gefühlt zum sofortigen Abstieg. Zumindest in der Stil-Tabelle rangiert der HSV momentan ganz unten.
Aus meiner (Gladbacher) Sicht teile ich allerdings nicht die Sorge um die Beeinflussbarkeit der Fans. In Fankreisen ist die 50+1 Regel bundesweit unumstritten, und damit werden auch eigene finanzielle Nachteile in Kauf genommen, um die Unabhängigkeit zu bewahren. Ich kenne die Stimmung rund um den HSV nur aus der Ferne, traue aber HSV-Supporters & Co. eine ähnlich (im positiven Sinne) traditionelle Sichtweise zu, wie den meisten anderen Fangruppen.
In Mönchengladbach gab es ja vor kurzer Zeit auch die Bestrebungen, ein neues Präsidium zu installieren, und auch dort lag das populistische Versprechen in der Luft, den Verein mit Hilfe kluger Politik und neuer Sponsoren dahin zu führen, wohin er gehört (na klar doch!). Zudem konnte man zugkräftige Gallionsfiguren wie Effenberg, Vogts und Köppel gewinnen, die die aktuelle Führung unter Dauerfeuer genommen haben. Gebracht hat es nix: Die Mitglieder waren nicht so dumm, die versprochene Taube auf dem Dach zu kaufen.
Ich hoffe, das die HSV-Fans (mit denen ich eigentlich keinen Vertrag habe, aber sei’s drum…) klug genug sind, sich um ihre aktuelle Führung zu scharen und den Erpresser und seinem Geld die kalte Schulter zu zeigen. Wenn Kühne mit seinem ekelhaften Freiergehabe auch noch durchkommt, dann gute Nacht, HSV!