Wirft man einen Blick auf den zurückliegenden Bundesligaspieltag, dann nehmen die Dinge ihren zu erwartenden Lauf. Beim 0:4 des FC Schalke 04 gegen den FC Bayern München zeigten die Gelsenkirchener den bereits in den letzten Jahren offenbarten zu großen Respekt. Nach ganz ordentlichen 15 Minuten zu Spielbeginn, hatten die Münchener die Königsblauen fest im Griff und siegten ungefährdet und nur in der Höhe etwas überraschend deutlich. Die Dortmunder Borussia rotierte sich selbst ins Abseits und konnte, mit drei Starspielern zunächst nur auf der Bank, den 1.FC Nürnberg nicht bezwingen. Beim 1:1 im Frankenland ließ man, wie bereits in der Vorsaison, wichtige Punkte liegen. Wenn das am Ende nicht noch einmal wehtut.
Das eigentliche Thema in der Bundesliga dürfte aber nach wie vor der Hamburger Sportverein sein. Das Team von der Elbe zeigt bereits seit Wochen eine katastrophale Außendarstellung. ZDF-Reporter Boris Büchler bezeichnete es am Sonntag ganz passend als ‚Selbstzerstörungsmodus‘.
Der HSV trennte sich im Laufe der letzten Woche von Trainer Thorsten Fink. Am Wochenende saß der U23-Trainer der Hanseaten, Rodolfo Esteban Cardoso auf der Bank. Geändert hat sich dadurch nicht viel. Es setzte, auch unter dem Interimstrainer, eine 0:2 Heimpleite gegen den ebenfalls zuletzt nicht überzeugenden SV Werder Bremen.
Doch das scheint den Hamburgern an Krise noch immer nicht zu reichen. Offenbar setzt man als neuen Cheftrainer auf den Ex-BVB-Übungsleiter Bert van Marwijk, der zuletzt u.a. auch die Nationalmannschaft der Niederlande zum Vize-Weltmeister machte. Und leider ist die Außendarstellung des Bundesligadinos auch dabei fast schon gewohnt wirr. Es war nämlich ungewöhnlicher Weise Van Marwijk selber, der seine Verpflichtung etwas voreilig öffentlich machte, indem er seine neue Aufgabe im Fernsehen der Niederlande verkündete. Das Problem: Es handelte sich offenkundig um eine Art Missverständnis. Denn der HSV hatte am gestrigen Sonntag noch keinerlei Entscheidung bestätigt. So musste auch der 61-jährige rasch wieder ein gutes Stück zurückrudern, sprach plötzlich nur noch von einem ‚guten Gespräch‘, welches er mit den HSV-Verantwortlichen gehabt habe.
Oliver Kreutzer, der Manager der Norddeutschen, soll angeblich zeitgleich noch immer mit anderen Kandidaten im Gespräch gewesen sein. Peinlich! Zudem muss der Aufsichtsrat des Klubs den Plänen in Sachen Trainerplanung auch erst noch zustimmen.
Andere Quellen berichteten hingegen auch am Sonntag noch von einer geplanten Vorstellung Bert van Marwijks am kommenden Mittwoch, nach dem DFB-Pokal-Spiel gegen Greuther Fürth. Was für ein Durcheinander! Am heutigen Montag scheint sich die Verpflichtung des Niederländers mehr und mehr abzuzeichnen.
Diese Abläufe bestätigen einmal wieder unfreiwillig alle Kritiker der Hanseaten.
Hinzu kommt aus meiner Sicht, dass Bert van Marwijk zudem wohl gar nicht der ideale Trainer für den HSV in seiner aktuellen Lage sein dürfte. Natürlich ist er erfahren und strahlt viel an Persönlichkeit aus. Der große Anstoß für eine grundlegende Veränderung im Club ist er aber zweifelsohne nicht. Und ist es nicht genau das, was der Club jetzt braucht? Eine grundlegende Richtungsänderung?
Zudem hat der Niederländer am Ende seiner Zeit in Dortmund, welche bekanntlich mitten in die finanziell gebeutelte Zeit der Schwarzgelben vor einigen Jahren fiel, sinngemäß gesagt, er habe ja gewusst, dass der Club in finanziellen Problemen stecke, aber dass der ‚Motorschaden‘ so groß sei, das habe er bei Dienstantritt nicht geahnt bzw. gewusst.
Und genau dies droht ihm nun auch im Hamburg. Ist es dann, vor diesem Hintergrund, wirklich weise sich eines solchen Risikos noch einmal auszusetzen?
Offenbar wollte der ehemalige Nationaltrainer der Niederlande damals doch gar keine Aufbauarbeit mit jungen namenlosen Talenten betreiben. Doch genau das ‚droht‘ ihm jetzt beim Dino der Liga erneut.
Der HSV ist bekanntermaßen finanziell recht klamm, der Kader bietet einem Trainer aktuell recht wenig. Ist sich Bert van Marwijk dessen wohl diesmal bewusst? Ich habe Zweifel daran.
Nicht zuletzt sein Landsmann Rafael van der Vaart war in der letzten Saison der gleichen Illusion erlegen, als er zurück zum Traditionsclub von der Elbe wechselte. Der HSV ist aktuell ein Team welches völlig zu Recht im unteren Drittel der Tabelle steht. Da sollte sich auch Bert van Marwijk keinerlei Illusionen machen.
Eine Tätigkeit in Hamburg dürfte für ihn sportlich daher nur Sinn machen, wenn der designierte Trainer auch tatsächlich bereit ist langsame und kontinuierliche Aufbauarbeit zu leisten. Die Zeiten in denen die Hamburger großen Glanz auf der internationalen Bühne verbreiten, die sind auf Sicht vorbei.
Das sollte auch der neue Trainer des Traditionsclubs wissen…
„Der große Anstoß für eine grundlegende Veränderung im Club ist er aber zweifelsohne nicht. “
Und jetzt kommt die Begründung, denke ich. Aber nichts. Einfach eine leere Behauptung.
HSV hat 17 Tore kassiert in der Bundesliga. Wenn es jemanden gibt, der dieses negative Defensivverhalten ändern kann, ist es wohl „van Marwijk“. Er ist nicht der Motivator, kann dagegen eine Mannschaft perfekt organisieren.
@Berry: Solange sich an den Strukturen beim HSV nicht grundlegend etwas ändert wird es wohl auch keine Kehrtwende zum Guten geben.
Schon die Verpflichtung von Fink vor 2 Jahren sollte die Entwicklung umkehren. Ist aber auch ihm als angeblichen ‚Nachwuchstrainer‘ mit ‚Konzept‘ (zumindest wurde er damals als solcher vorgestellt) nicht gelungen.
Aus meiner Sicht muss sich beim HSV inzwischen deutlich mehr ändern als der Posten des Cheftrainers.
Und nun, nach dem ca. 45-jährigen Fink, plötzlich als Nachfolger vermutlich einen 61-jährigen Coach zu verpflichten klingt für mich auch nicht gerade nach planmässigem Neuaufbau…
Wortwörtlich mein statement.
https://www.welt.de/sport/article120327397/HSV-holt-van-Marwijk-Vertrag-bis-2015.html
Van Marwijk machte sich in der Heimat vor allem einen Namen damit, dass er der Elftal eine neue Spielweise einimpfte und mehr Wert auf die Defensive legte. Ordnung, Stabilität und Konsequenz: Genau das sind die Dinge, die der HSV zurzeit dringend benötigt. 17 Gegentore in sechs Partien sind ligaweit einzigartig – im Negative
@Berry: Und hier vertritt noch jemand ziemlich genau meine Meinung:
https://www.sport1.de/de/service/artikel_745060.html
Es reicht, auch meiner Meinung nicht aus den Cheftrainer auszutauschen. Beim HSV liegt inzwischen deutlich mehr im Argen. Und sollte sich die erforderliche Strukturreform im Verein in ein paar Monaten tatsächlich mal durchetzen, dann droht auch der Ex-BVB-Coach beim dann wohl erfolgenden Personalwechsel rasch mit davongespült zu werden. Er ist, aus meriner Sicht, der letzte Versuch der aktuellen Chefetage sich im Amt zu halten und daher eben nur ein ‚kleiner Wurf‘. Der HSV hätte deutlich mehr Veränderungsbedarf aktuell. Aber warten wir es ab. In ein paar Monaten ist man wohl schon schlauer. Wie eigentlich immer 😉
Ich habe van Marjwik in DO erlebt als einen Trainer, der das Potential seiner Spieler realistisch einzuschätzen weiß, der dementsprechend das Spiel der Mannschaft organisiert, der seinen Job als Beruf versteht und nicht als ständiges Event, der sich nicht nach den Medien orientiert, sondern ausschließlich nach dem, was er für richtig hält. Ich fand und ich finde das „gut so“.
Ist ein solcher Trainertyp für den HSV der „richtige“? Das weiß ich nicht, das können nur die Verantwortlichen beim HSV wissen.
Ganz generell habe ich seit Jahren den Eindruck, daß das, was an sich für Hamburg als typisch gilt, beim HSV nicht existiert:
„Keine Großmannssucht“-
„Weniger öffentlich reden, mehr konkret und im stillen handeln“-
„Bescheidenheit in der öffentlichen Selbsteinschätzung/Selbstdarstellung“-
So wie für den Hamburger Kaufmann letztlich entscheidend ist, was die Bilanz ausweist u. nicht sein Image, schon gar nicht irgend ein Getöse um ihn in der Öffentlichkeit, gilt für den HSV, daß letztlich nur entscheidend ist „auf’m Platz“!
Und nur darum geht es bekanntlich im Fußball, nicht um Größenwahn, nicht um die Selbstverwirklichung von Vorständen, Aufsichtsräten, Mäzen u.ä, wie ich sie beim HSV zu erkennen glaube.
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