Klar, es ist Gauck geworden. Nach einem Schlecht- und einem Flachredner bekommen wir nun einen hoch begabten und zugleich gnadenlosen Vielredner zum Präsidenten. Andauernd oszillierend zwischen bildungsversierter Altersweisheit und oberlehrerhafter Geschwätzigkeit. Das kann noch heiter werden. Aber er lässt einen wenigstens, und das hoffentlich bald, den Mann vergessen, der den Begriff des Ehrensoldes endgültig ad absurdum geführt hat. (Wofür man wiederum Wulff in gewisser Weise auch dankbar sein muss.)
Nein Leute, mein Präsident muss keineswegs meiner politischen Meinung sein, geschweige denn meinen kulturellen und sozialen Wertekanon vertreten. Er muss mir, mit einem Wort, nicht in mein Weltbild passen. Aber er sollte doch in der Lage sein, auch das meinige zu akzeptieren. Er sollte mir die gleiche Toleranz erweisen wie ich ihm gegenüber.
Joachim Gauck, wird das aber nicht können. Nicht aus Dummheit oder Unwillen sondern aus Prinzip. Er ist nämlich Pastor der evangelischen Kirche. Dazu einer, der sich für eben diese in extremer und durchaus achtenswerter Art politisch engagiert hat, d.h. ihr in besonderer Weise auch persönlich verbunden ist.
Dieses Engagement, das sich gegen eine Diktatur wandte, verdient meine Hochachtung. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Kirche, in deren Rahmen das geschah, ein Wesen in den Mittelpunkt stellt, an das ich, und mit mir gut ein Drittel der deutschen Bevölkerung, keine Veranlassung sehen, zu glauben: an einen allmächtigen und ewigen Gott.
Ok. Leute, man kann an einen, ja sogar nur an einen, solchen Gott glauben und natürlich kann ich als Demokrat nichts dagegen haben. Viele Menschen brauchen und wollen das, egal wie sie diesen Gott, je nach der Religion der sie angehören, jetzt in einzelnen nennen und wie sie sich ihn vorstellen. Deswegen bin ich auch für die Religionsfreiheit und bin froh, dass sie in unserem Grundgesetz verankert ist.
Aber auf dem Präsidentenstuhl sollte Niemand sein, der in leitender Position eine Kirche vertritt, bzw. vertreten hat, die nur einen ganz bestimmten, d.h. einen alleinigen Gott, anbetet. Denn wenn er es tief überzeugt tut, und davon müssen wir bei einem Pastor ausgehen, wird er, egal ob er es öffentlich äußert oder nicht, ein inneres Ressentiment gegenüber denen haben, die andere Götter verehren.
Wenn man es genau nimmt, kann ein solcher Mensch nicht einmal wirklich überzeugt für die Religionsfreiheit sein, denn die kennt keinen bestimmten Gott und erst recht keinen alleinigen. Sie erlaubt stattdessen, dass sich jeder seinen Gott frei wählen kann. Oder sogar gleich mehrere Götter oder Göttinnen. Oder sogar, dass Jemand der Gottesauswahl gänzlich fern bleibt, weil es für ihn in Ermangelung seiner Existenz nichts zu wählen gibt.
Genau dieses Nichts erscheint dem Monotheisten aber nicht als Freiheit, sondern als Mangel. Pastor Joachim Gauck, der soviel und so gerne über den hohen Wert der Freiheit redet, habe ich noch nie über die Freiheit bzw. die Befreitheit des Menschen von Gott reden hören. Im Gegenteil.
Dabei verbündet er sich gerne mit Monotheisten anderer Glaubensrichtungen gegen sogenannte Ungläubige oder Religionslose wie mich. Semantisch wird mir dabei schon in der Vorsilbe „Un“ und in der Nachsilbe „los“ bescheinigt, dass mir etwas fehlt. Dass ich sozusagen ein geistiges Handicap habe. Ein Unding in mir sein Wesen oder besser sein Unwesen treibt.
Joachim Gauck geht aber noch einen Schritt weiter. Für ihn wird Gottlosigkeit bzw. Gott sogar zum Sachargument, und das bei der Bestimmung bzw. Interpretation historischer Fakten. Er führt z.B. die auch von mir vertretene Position der Nicht- oder nur sehr begrenzte Relativierbarkeit des Holocaust explizit auf die Gottlosigkeit vieler ihrer Vertreter zurück.
Verdichtet wird das von ihm im Begriff „Summum Bonum“ mit welchem er im selben Atemzug den Gottlosen aufzeigt, dass ihnen das dadurch gegebene Wertesystem fehlt. Menschen wie mir wird so nicht nur die Freiheit vom Glauben an ein Jenseits angekreidet, sondern zugleich auch indirekt eine moralische Minderwertigkeit im weltlichen Leben bescheinigt.
Mag sein, dass Gauck mit dieser Position der Präsident der meisten Deutschen wird. Dass er auch meiner wird, ich hoffe das verstehen auch die Gläubigen unter meinen Lesern, kann man mir in Anbetracht dieser Diskriminierung nicht abverlangen. Ich halte mich nicht für besser als andere, aber ich kann auch nicht einfach hinnehmen, dass man mich quasi „ex cathedra“ zum bedauernswerten Mangelwesen abstempelt, nur weil ich nicht an Gott glaube.
Das können meinetwegen ganz normale Durchschnittsgläubige machen um sich wohler zu fühlen, aber nicht der Präsident meines Landes mit der Autorität seines Amtes. Er hat auch die Deutschen im In- und Ausland zu vertreten, die wie ich, ihre Freiheit im Nichtglauben gefunden haben. Die ihren Wertekanon aus den Menschenrechten schöpfen und nicht aus kirchlich-religiösen Schriften und die Gott aus gutem Grunde für ein Hirngespinst halten.
Oder sollte ich ihm eine Chance geben, auch mein Präsident zu werden? Der Mann ist klug und gebildet. Er ist mir in seiner Offenheit und Gradlinigkeit sogar sympathisch, und wenn er selbstgefällig und geschwätzig wird, dann tut er es immerhin auf hohem Niveau. O.k. Leute, Ich gebe ihm eine Chance. Ich bin Demokrat. Zumindest geben ich mir redliche Mühe ein solcher zu sein.
Denn wenn er es tief überzeugt tut, und davon müssen wir bei einem Pastor ausgehen, wird er, egal ob er es öffentlich äußert oder nicht, ein inneres Ressentiment gegenüber denen haben, die andere Götter verehren.
Wieso muss ich das, wenn es nicht mal mehr üblich ist, dass Religionslehrer am Sonntag in die Kirche gehen? Es gibt viele Gründe, Pfarrer zu werden, in der evangelischen Kirche der DDR wiederum andere als in der katholischen in Bayern. (Ein Theologie-Studium kann außerdem ein Kompromiss zwischen Philosophie und Sozialpädagogik sein.)
Joachim Gauck geht aber noch einen Schritt weiter. Für ihn wird Gottlosigkeit bzw. Gott sogar zum Sachargument, und das bei der Bestimmung bzw. Interpretation historischer Fakten. Er führt z.B. die auch von mir vertretene Position der Nicht- oder nur sehr begrenzte Relativierbarkeit des Holocaust explizit auf die Gottlosigkeit vieler ihrer Vertreter zurück.
Das ist doch das Problem, nicht irgendeine angebliche Automatik des Priesteramtes. (Was nicht heißen soll, dass ich Pfarrer als Bundespräsidenten gut finde, aber mit Unterstellungen kommt man da nicht weit.)
Ich bin Atheistin. Ob man mich ungläubig oder religionslos nennt, ist mir völlig egal. Fühle ich mich diskriminiert von irgendeinem Gläubigen? Nein, absolut nicht. Schuhe, die ich mir deswegen nicht anziehe, weil man sie mir noch nirgendwo hin gestellt hat, kann ich sagen.
Ich bin nämlich auch tolerant. Anderen Menschen und deren Überzeugungen gegenüber, seien sie nun weltlicher oder religiöser Natur.
Und das ist es vermutlich auch, weswegen Andere mich so nehmen, wie ich bin. Wo es Konfliktpotential geben könnte, siegt der gesunde Menschenverstand. Da ist sehr viel Platz für Diskussionen, einen Streit sind mir nur wenige Dinge wert.
Unser neuer Bundespräsident ist gläubig, der letzte ist es ebenfalls, die Kanzlerin gehört der CDU an…
Sie sind als Menschen charakterlich – wie jeder Andere auch – die Summe alldessen, was ihre Überzeugungen und ihre eigenen Wertvorstellungen sie haben werden lassen.
Für mich zählt nicht, wer jemand ist oder was er glaubt, sondern, was er tut. Ob er Nächstenliebe zeigen kann, unabhängig davon, dass sie möglicherweise auch christlich geprägt sein mag.
Diskriminiere ich meinerseits Gauck für seinen Glauben? Nein.
Deswegen suche ich auch nicht nach dem Schuh, den anzuziehen mich keiner je aufgefordert hat.
“Einen Konfessionslosen gab es noch nie in diesem Amt. Das ist kein Zufall. Der Bundespräsident sollte jemand sein, der über den Tag hinausdenkt und gesellschaftliche Zusammenhänge vor einem Horizont zu deuten vermag, der den Alltag übersteigt.”
Damit unterstellt Frau Keller einem Drittel der deutschen Bevölkerung (vermutlich sogar mehr als nur einem Drittel) Dummheit und Planlosigkeit. Das ist an Dreistigkeit kaum noch zu überbieten.
https://hpd.de/node/12947
Lesetip: „Gauckler an der Macht“
https://hpd.de/node/12942
Einem Pfarrer wird ganz automatisch abgesprochen, Präsident sein zu können, andere Bürger repräsentieren zu können, tolerant sein zu können etc. Und einem überzeugten Gläubigen wird per se abgesprochen, die Religionsfreiheit akzeptieren zu können. Das heißt, ganzen Religionsgruppen wird ganz generell (schon vor der Untersuchung evntueller konkreter Aussagen dazu) die Fähigkeit zu zentralen Werten der Demokratie abgesprochen, ganzen Berufsgruppen die Fähigkeit zur Übernahme von Ämtern im demokratischen Staat.
Und derjenige, der das tut, der so massiv schon allein aufgrund der Religion diskriminiert, nimmt für sich in Anspruch, die Religionsfreiheit zu vertreten! Absurd.
Wenn Herr Gauck aufgrund konkreter, eigener Aussagen nicht jemandes Präsident ist, ist das ein so normaler Vorgang wie bezüglich jedes anderen Politikers auch. Wenn er aber per Glauben oder (ehemaligem) Beruf in der Religionsgemeinschaft als grundsätzlich nicht geeignet dargestellt werden soll, hat da wohl doch jemand Probleme mit der Religionsfreiheit.
(Übrigens: Wenn es um einen wirklich hohen Vertreter einer Religionsgemeinschaft ginge, der unmittelbar ins Präsidentenamt wechsen sollte, könnte ich Vorbehalte, ob derjenige Präsident aller Deutschen sein könnte, verstehen. Nicht grundsätzlich wegen der persönlichen Eignung, sondern wegen der Wahrnehmung der Person aufgrund dieser öffentlichen, hervorgehobenen Rolle als hoher Vertreter einer speziellen Gemeinschaft. Ein simpler Pfarrer ist aber kein solcher „hoher Vertreter“, Gaucks öffentliche Rolle bestand auch nicht darin – und: Gauck hat seinen Pfarrerberuf vor mehr als 20 Jahren ganz offiziell aufgegegeben.)
@Frank #3
Ja, dieser Artikel von Frau Keller, der Angehörigen einer bestimmten Glaubensgemeinschaft eine besondere Eignung zum Präsidentenamt zuspricht (und sie anderen damit implizit zumindest tendenziell abspricht), ist in der Tat genauso zu kritisieren wie der von Herrn Voss, der diese Eignung Angehörigen einer bestimmten Glaubensgemeinschaft diese Eignung in besonderer Weise abspricht. Danke für diese Perspektivenergänzung.
Ich stelle mir gerade vor, wie wohl das atheistische Echo ausfallen würde, würde ein Theist mit ebensolchem Pathos einem demokratisch gewählten, atheistischen Spitzenpolitiker trotz dessen vermeintlichen „Mankos“ großzügig eine Chance gewähren würde, ihn als Bürger zu vertreten. Absurd. Zumal Herr Gauck ja nicht zum Bundespräsidenten gewählt wurde, weil er vor über 20 Jahren mal als Pfarrer tätig war, sondern weil er sich als Mitglied des Neuen Forums, als Beauftragter für die Stasi-Unterlagen sowie als Autor und Redner den Respekt und die Wertschätzung vieler Bürger dieses Landes erarbeitet hat.
Aus der Pfarrtätigkeit – die im übrigen keineswegs eine „leitende kirchliche Position“ darstellt – eine exkludierende Bedingung zu formulieren, wäre in meinen Augen sogar ganz und gar undemokratisch und eben gerade kein Ausdruck von Religionsfreiheit. Man würde damit jedem kirchlich engagierten Bürger unseres Landes quasi ein lebenslanges politisches Betätigungsverbot (zumindest ab einer gewissen Ebene, denn Kanzler, Ministerpräsident oder Bundesminister scheidet dann ja sicher ebenfalls aus) auferlegen – zumindest solange er oder sie dem Glauben bzw. der Kirche nicht öffentlich abschwört. Und all das unter der ziemlich hanebüchenen Annahme, sämtliche Funktionsträger innerhalb unserer Kirchen seien quasi „automatisch“ intolerant und unfähig, die religiöse Freiheit Dritter zu respektieren – wovon im übrigen bei Gauck überhaupt nichts zu merken ist…
„Denn wenn er es tief überzeugt tut, und davon müssen wir bei einem Pastor ausgehen, wird er, egal ob er es öffentlich äußert oder nicht, ein inneres Ressentiment gegenüber denen haben, die andere Götter verehren.“
Ist das ist nicht eine kausale Verknüpfung, die der Autor einfach nur annimmt? Woher hat er diese tiefe Kenntnis über das „Innere“ aller Pastoren? Dann könnte man auch annehmen, alle Pastoren würden Anders- oder Nichtgläubige als spirituelle Bereicherung empfinden. Basiert genauso auf Spekulationen, ist aber ein bisschen menschenfreundlicher. (Immer gut, oder?)
@Arnold Voss: Deutschland mit einer protestantischen Doppelspitze, das muss schlimm für Sie sein. Noch ernüchternder müsste es für Sie auch sein, das bei einer Direktwahl dasselbe Ergebnis herausgekommen wäre 😉
Menschen mit Werten, Oh mein Gott, bitte nicht!
#8 | DerBöse sagt am 19. März 2012 um 13:56
Menschen mit Werten, Oh mein Gott, bitte nicht!
Moooment. Da sagen Sie ja im Umkehrschluss, Nicht-Christen hätten nicht – oder nicht unbedingt, oder nicht im sleben Maße – ebenso „Werte“ wie Christen. Das ist natürlich genauso wenig in Ordnung.
@Natürlich nicht, da haben Sie recht!
@Arnold Voss
So sehr ich Ihre sonstigen Beiträge schätze, hier ist die innere Logik an den Haaren herbeigezogen. Religionsfreiheit kann doch nur heissen, dass Glaube oder Nichtglaube weder ein Bonus noch ein Malus für ein politisches Amt sind.
Herr Gauck ist wie alle Bundespräsidenten vor ihm nicht mein Präsident.
Einfach deshalb weil ich Ihn nicht wählen durfte.
Gibt es nichts wichtigeres als diesen Pastor und die Bewertung seiner Fähigkeiten, Unfähigkeiten und Defizite. Otto Rehagel und Joachim Gauck stellen für mich nur die Renaissance der alten Säcke dar.
Ich brauche weder einen Trainer als Lichtgestalt noch einen Bundespräsidenten.
Eine repräsentative Topfpflanze hätte es für mich auch getan. 2 mal im Jahr ein Düngestäbchen und 3 mal wöchentlich gießen reichen als Ehrensold.
Übrigens: „Ehrensold!“ Auch das wird zu wichtig genommen. In der Königinnenpastete ist ja auch keine Königin drin. Vom Hundekuchen nicht zu reden.
Bitte auf dem Teppich bleiben. Und die unterschiedlichen Richtungen der Abergläubigen sind für mich bestenfalls amüsant. Monotheistische Religionen sind eben in der Wüste und bei zu viel Sonneneinstrahlung aufs Hirn entstanden.
Das daraus eher mittelalterliche Moralvorstellungen mit Hexenverbrennung, Inquisition, Steinigungen, Unterdrückung der Frau und der Glaube an die 70 Jungfrauen für Selbstmordattentäter entstehen konnten, liegt auch daran, das der Primat Mensch eigentlich weder mit der kulturellen noch mit der technischen Entwicklung mitgekommen ist. Der Höhlenmensch von einst lässt halt noch immer grüßen. Und deshalb schreien auch alle immer nach einem Häuptling, der uns führen soll und der uns die Verantwortung für unser eigenes Handeln abnimmt.
Wie dereinst in der Höhle eben.
Unnötiger Artikel.
Geben wir ihm die ersten 100 Tage und kritisieren wir dann.
Das war mal üblicher Stil in diesem Land.
Und derjenige, der das tut, der so massiv schon allein aufgrund der Religion diskriminiert, nimmt für sich in Anspruch, die Religionsfreiheit zu vertreten! Absurd.
Arnold Voss kann nicht anders, als sich selbst zu widerlegen ohne es zu merken … unausgegorene Möchte-Gern-Provokationen erzeugen immer genug Contra und damit Aufmerksamkeit und was will jemand wie Arnold Voss, der scheinbar grundfrustriert ist, denn mehr als Aufmerksamkeit? Und wie treibt man die Leute dazu, Kommentare abzugeben: Man heuchelt Toleranz, die Arnold Voss vor allem für sich fordert und das Reziproke nicht erkennt, dass der Toleranz innewohnt.
Das Dumme ist nur, dass die immer gleichen Aussagen auch nicht mehr Öffentlichkeit bekommen dadurch, dass man sie jede Woche zweimal hier in ein Pamphlet gießt. Das frustet dann nochmehr … dann muss man noch eine Schüppe drauflegen und die Augen noch ein bisschen fester zukneifen … die Spirale dreht sich immer schneller in Richtung Verschwörungstheorien und Fundamentalismus.
Aus der Pfarrtätigkeit – die im übrigen keineswegs eine “leitende kirchliche Position” darstellt – eine exkludierende Bedingung zu formulieren, wäre in meinen Augen sogar ganz und gar undemokratisch und eben gerade kein Ausdruck von Religionsfreiheit. Man würde damit jedem kirchlich engagierten Bürger unseres Landes quasi ein lebenslanges politisches Betätigungsverbot (zumindest ab einer gewissen Ebene, denn Kanzler, Ministerpräsident oder Bundesminister scheidet dann ja sicher ebenfalls aus) auferlegen – zumindest solange er oder sie dem Glauben bzw. der Kirche nicht öffentlich abschwört. Und all das unter der ziemlich hanebüchenen Annahme, sämtliche Funktionsträger innerhalb unserer Kirchen seien quasi “automatisch” intolerant und unfähig, die religiöse Freiheit Dritter zu respektieren
Das wären paradiesische Zustände für Herr Voss. Da bin ich mir sicher. 🙂 Was könnte es für ihn schöneres geben als die Exklusion aller religiösen Menschen …
[…] Ruhrbarone, 19.03.2012 […]
jetzt also ein pfaffe als grüßaugust.
schade um jeden euro der dafür draufgeht.
ginge es um kommentarsucht und geschwätzigkeit – arnold v. wäre auch ein feiner kandidat.
Dass Gauck sich gegen eine Diktatur gestellt hätte ist eine Legende, die keine Grundlage hat.
@ all
Kann es sein,dass die meisten der Kommentatoren nicht mal die Überschrift richtig gelesen haben? Erinnern sie sich?
Not m y president! Nicht m e i n Präsident! Gauck ist nicht m e i n Präsident!
Ihrer darf er ruhig sein. Und wenn es ihn direkt zu wählen gegeben hätte, dann hätten sie ihn natürlich auch wählen dürfen. Und natürlich wären sie dabei in der Mehrheit gewesen. 🙂
@ Der Böse # 8
„@Arnold Voss: Deutschland mit einer protestantischen Doppelspitze, das muss schlimm für Sie sein. Noch ernüchternder müsste es für Sie auch sein, das bei einer Direktwahl dasselbe Ergebnis herausgekommen wäre 😉
Menschen mit Werten, Oh mein Gott, bitte nicht!“
Sie denken offensichtlich, dass nur gläubige Menschen Werte haben. Das genau nenne ich Diskriminierung von Ungläubigen.
@ Paule T.
„Einem Pfarrer wird ganz automatisch abgesprochen, Präsident sein zu können, andere Bürger repräsentieren zu können, tolerant sein zu können etc. Und einem überzeugten Gläubigen wird per se abgesprochen, die Religionsfreiheit akzeptieren zu können. Das heißt, ganzen Religionsgruppen wird ganz generell (schon vor der Untersuchung evntueller konkreter Aussagen dazu) die Fähigkeit zu zentralen Werten der Demokratie abgesprochen, ganzen Berufsgruppen die Fähigkeit zur Übernahme von Ämtern im demokratischen Staat.“
Sorry Paule T. Wie so oft, wenn es um Religion geht, biegen sie das von mir Geschriebene wie sie es gerne hätten. Es geht aber im Text um einen ganz bestimmten Pfarrer der sich konkret zu Ungläubigen im Zusammenhang mit dem Holocaust geäußert hat, und zwar folgendermaßen:
„Unübersehbar gibt es eine Tendenz der Entweltlichung des Holocaust. Das geschieht dann, wenn das Geschehen des deutschen Judenmordes in eine Einzigartigkeit überhöht wird, die letztlich dem Verstehen und der Analyse entzogen ist. Offensichtlich suchen bestimmte Milieus postreligiöser Gesellschaften nach der Dimension der Absolutheit, nach dem Element des Erschauerns vor dem Unsagbaren. Da dem Nichtreligiösen das Summum Bonum – Gott – fehlt, tritt an dessen Stelle das absolute Böse.“
Der letzte Satz ist nichts anderes als eine Diskriminierung von Ungläubigen.
Ach ja, sie werden hier von ausgesprochen gruseligen Menschen zitiert.
Und noch was. Was meinen sie, was Jesus vom Priesterwesen als Beruf(sgruppe) halten würde?
@ Carmen # 1 Irene # 2 Anette # 7
Wie erklären sie sich eigentlich die nun schon viele Jahrunderte währenden Konflikte zwischen den monotheistischen Religionen dieser Welt. Aus ihrer gegenseitigen Toleranz?
Wie erklären sie sich, das die katholischen und evangelischen Christen selbst in heutigen Zeiten nicht mal ein gemeinsames Abendmahl hinkriegen? Aus ihrer gegenseitigen Toleranz?
@ Torti
„So sehr ich Ihre sonstigen Beiträge schätze, hier ist die innere Logik an den Haaren herbeigezogen. Religionsfreiheit kann doch nur heissen, dass Glaube oder Nichtglaube weder ein Bonus noch ein Malus für ein politisches Amt sind.“
Richtig Torti! Aber was ist mit den Gläubigen, die den Unglauben als den eigentlichen Malus, sprich die Grundlage allen Übels sehen?
@ Bebbi # 15
„Das wären paradiesische Zustände für Herr Voss. Da bin ich mir sicher. 🙂 Was könnte es für ihn schöneres geben als die Exklusion aller religiösen Menschen …“
Bebbi, die meisten religiösen Menschen auf dieser Erde werden von anderen religiösen Menschen exkludiert. Exekution eingeschlossen.
@ Christian # 6
„Aus der Pfarrtätigkeit – die im übrigen keineswegs eine “leitende kirchliche Position” darstellt – eine exkludierende Bedingung zu formulieren, wäre in meinen Augen sogar ganz und gar undemokratisch und eben gerade kein Ausdruck von Religionsfreiheit. “
Lesen sie dazu nochmal dieses Zitat aus meinem Artikel:
„Aber auf dem Präsidentenstuhl sollte Niemand sein, der in leitender Position eine Kirche vertritt, bzw. vertreten hat, die nur einen ganz bestimmten, d.h. einen alleinigen Gott, anbetet.“
Abgesehen davon, dass ein Pfarrer in seiner Pfarrei sehr wohl eine leitenden Funktion innehat, steht da ausdrücklich „sollte“. Da steht nicht „darf“. Die unterschiedliche Bedeutung dieser beiden Worte scheint ihnen offensichtlich nicht klar zu sein.
Nun sie weiter:
„Man würde damit jedem kirchlich engagierten Bürger unseres Landes quasi ein lebenslanges politisches Betätigungsverbot (zumindest ab einer gewissen Ebene, denn Kanzler, Ministerpräsident oder Bundesminister scheidet dann ja sicher ebenfalls aus) auferlegen – zumindest solange er oder sie dem Glauben bzw. der Kirche nicht öffentlich abschwört.“
Ich darf hier nochmal den Anfang des obigen Zitates aus meinem Text wiederholen:
„Aber auf dem P R Ä S I D E N T E N stuhl ….“ Aus dem Textzusammenhang ist dabei eindeutig zu erkennen, dass ich damit den Bundespräsidenten meine, oder sehen sie das anders? Wie sie daraus ein lebenslanges politisches Betätigungsverbot für andere politische Funktionen ableiten, ist mir schleierhaft.
#21 | Arnold Voss sagt am 23. März 2012 um 21:59
(Zitat:) @ Paule T.
“Einem Pfarrer wird ganz automatisch abgesprochen, Präsident sein zu können, andere Bürger repräsentieren zu können, tolerant sein zu können etc. Und einem überzeugten Gläubigen wird per se abgesprochen, die Religionsfreiheit akzeptieren zu können. Das heißt, ganzen Religionsgruppen wird ganz generell (schon vor der Untersuchung evntueller konkreter Aussagen dazu) die Fähigkeit zu zentralen Werten der Demokratie abgesprochen, ganzen Berufsgruppen die Fähigkeit zur Übernahme von Ämtern im demokratischen Staat.”
Sorry Paule T. Wie so oft, wenn es um Religion geht, biegen sie das von mir Geschriebene wie sie es gerne hätten. Es geht aber im Text um einen ganz bestimmten Pfarrer der sich konkret zu Ungläubigen im Zusammenhang mit dem Holocaust geäußert hat, und zwar folgendermaßen:[…] (Zitatende)
Nein, tut mir Leid, Sie haben nicht nur von diesem einen ganz bestimmten Pfarrer und seinen Ansichten gesprochen. Sie schrieben, Gauck können ihnen nicht dieselbe Toleranz erweisen wie Sie ihm, und zwar „aus Prinzip. Er ist nämlich Pastor der evangelischen Kirche.“ Aus Prinzip! Sein Pastorsein selbst hindere ihn also an der Toleranz, nicht (oder nicht nur) seine persönlichen Ansichten. Und ferner: „Wenn man es genau nimmt, kann ein solcher Mensch nicht einmal wirklich überzeugt für die Religionsfreiheit sein, denn die kennt keinen bestimmten Gott und erst recht keinen alleinigen.“ Auch da geht es nicht um Gauck persönlich, sondern ganz allgemein um Menschen mit „leitender Funktion“ in der Kirche bzw. um Menschen, die „tief überzeugt“ einen alleinigen Gotte anbeten. Diesen sprechen Sie allgemein die Fähigkeit zu Toleranz und Eintreten für die Religionsfreiheit ab, nicht nur Gauck.
Dass Sie das zusätzlich auch noch mit einem Zitat Gaucks untermauern wollen, ändert daran nichts. Dieses Zitat selber wäre sicher diskutierenswert: Ob es diese Tendenz zur „Entweltlichung“ und Überhöhung in der Einzigartigkeit – man könnte auch sagen: Sakralisierung – tatsächlich gibt und, wenn ja, ob diese tatsächlich etwas mit einer „postreligiösen Gesellschaft“ zu tun hat, die sich, statt am Summum Bonum nun abgrenzend an einem Absoluten Bösen orientiere (man könnte da auch ganz andere Thesen aufstellen, aber das führt jetzt zu weit).
Was ich darin aber nicht erkennen kann, ist, dass darin eine Diskriminierung areligiöser Menschen liege. Denn weder spricht er ihnen ab, überhaupt Werte zu haben (diese diskriminierende Meinung über Atheisten gibt es freilich oft, aber eben nicht hier!), sondern sagt nur, dass sie (bzw. genauer sagt er eigentlich nur: bestimmte Milieus der postreligiösen Gesellschaft) sich dafür an einem anderen Bezugspunkt – nun freilich per Abgrenzung – orientieren. Und erst recht nicht, auch nicht andeutungsweise, zieht er daraus irgendwelche Konsequenzen, was die gleichen Rechte religiöser und nichtreligiöser Menschen in der Gesellschaft angeht oder ihre Eignung für bestimmte Aufgaben – im Gegensatz zu Ihnen.
@ Paule T.
Gleich vorweg. Sie gehören zu den religiösen Menschen mit denen ich gerne diskutiere, und sie sind auch nicht der einzige. Dass ich dabei manchmal etwas bissig werde, liegte daran, dass ich nicht nur hier in diesem Blog mit religiösen Menschen unterschiedlichen Glaubens bezüglich der Toleranz gegenüber Ungläubigen sehr negative Erfahrungen gemacht habe.
Ich möchte ihnen im Folgenden zu erläutern versuchen, was ich mit „Aus Prinzip“ meine.
1. Ein Pastor/Pfarrer/Rabbi usw. ist im Gegensatz zu den meisten religiösen Menschen ein schriftenfester und anleitender Gläubiger, der einen wesentlichen Teil seiner geistigen und sozialen Existenz aus eben diesem besonderen Glauben und seiner Kirche bestimmt.
2. Als bezahlter/angestellter/verbeamteter Gläubiger (mit Pansionsanspruch) ist er zugleich materiell und in der Regel lebenslang abhängig von eben dieser seiner Kirche.
3. Ist diese eine monotheistische so sind die Schriftenaussagen bei allen drei großen monotheitischen Religion, erst recht wenn sie die Mission als wichtig erachten im wesentlichen gleichlautend eindeutig: Du sollst keinen anderen Gott neben mir haben.
4. Bei den Christen kommt hinzu, dass ein toleranter Christ gleichzeitig ein Christ ist, der ohne zu handeln hinnimmt, dass andere Menschen der ewigen Verdammnis anheimfallen. Im Sinne der Dogmen des Christentums ist Toleranz deswegen keine Tugend, sondern ein Widerspruch. Deswegen kann man streng genommen entweder tolerant oder ein guter Christ sein, aber schwerlich beides. Ungläubigen Menschen werden deswegen in der Regel von Christen, die ihren Glauben ernst nehmen, nicht akzeptiert sondern trotz ihrer „Befangenheit in der Irrlehre“ geduldet.
5. Im Kern haben sich die Christen nie von der Erlösung abgewandt „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich“, das gilt, auch nach dem zweiten Vatikanischen Konzil. Und selbst in diesem sind die Ungläubigen bewusst von der religiösen Toleranz ausgenommen. Dort heißt es diessbezüglich als Ausnahmeregelung, dass, wer schuldhaft nicht zur Kirche gehört oder diese verlässt, nicht gerettet werden kann.(Art. 1-14).
Vom Islam will ich hier diesbezüglich nicht weiter schreiben. Das wäre ein gesondertes Thema. Aber glauben sie wirklich, Paule, dass es auf diesem von mir aufgezeigten Hintergrund bei Pfarrern, Rabbis usw. keine Ressentiments gegenüber Un- und Andersgläubigen gibt, bzw. das sie bei ihnen prinzipiell unmöglich sind? Ich bleibe meiner Position: Sie sind nicht nur möglich sondern sie sind im monotheistischen Glaubenssystem angelegt.
D.h. nicht, dass jeder anleitende Gläubige sie haben muss. Damit wir und nicht falsch verstehen. Nein, auch ein Pfarrer, Rabbi usw. kann über seinen religiösen Schatten springen. Aber es fällt ihm mit Sicherheit schwerer als der Mehrzahl der Alltagsgläubigen, sofern diese nicht zu der kleinen Gruppe der gestrengen Schriftanhänger gehören. Und was sein Verhältnis zu den Ungläubigen betrifft, da empfehle ich ihnen den folgenden Text:
https://stfx.academia.edu/httpwwwstfxcapeoplejmensch/Papers/753294/Religose_Intoleranz_Hasse_deinen_Nachsten_wide_dich_selbst
Und zur Geschichte religiöser Intoleranz/Toleranz von einem katholische Theologen:
https://www.religionen.at/irfrickel.htm
Was das wirkliche Verhältnis von Monotheismus und Religionsfreiheit, z.B. bei den katholischen Christen, betrifft, können sie es, trotz anders lautender offizieller Äußerungen, am besten an der Kindstaufe festmachen. Wer schon ein Kind, insbesondere in diesem Alter, in eine bestimmte Religionszugehörigkeit bringt, handelt unmittelbar und absichtlich gegen die freie Religionsentscheidung eines jeden Menschen.
P.S. Da sie bislang noch nicht geantwortet haben noch ein paar Sätze zum Gauck-Zitat:
Nicht durch die Aussage als solche fühle ich mich als Ungläubiger diskriminiert, sondern durch ihr Begründung: Das Fehlen Gottes. Ein diskussionswerten Sachzumsammenhang über den Holocaust mit dem Fehlen von Etwas zu begründen, das für den, um den es geht, gar nicht existiert, ist schon argumentativ äußerst schräg. Aber der spezielle Begriff des Fehlens im Zusammenhang mit Gott als dem Summum Bonum, ist nichts anderes als ein Abwertung des Ungläubigen. Dem Ungläubigen, in diesem Falle mir, fehlt nämlich nichts, Paule. Ganz im Gegenteil.
Dahinter steht diese besserwisserische Wortwahl, die man bei einem Arzt im Krankheitsfall noch akzeptieren kann. In einer Sachargumentation über historische Fakten ist das aber nichts anderes als die Abwertung ad Personam. Nach dem Motto, wem Gott fehlt, der braucht dafür natürlich Ersatz, in dem er andere Dinge/Vorgänge sakralisiert. Oder anders ausgedrückt, wer ohne Gott ist, den kann man argumentativ nicht wirklich für voll nehmen.
P.P.S. Gerade gelesen, ein Zitat aus Gaucks Antrittsrede:
„Unsere Verfassung spricht allen Menschen dieselbe Würde zu, ungeachtet dessen, woher sie kommen, woran sie glauben und welche Sprache sie sprechen.“
Ich hätte es gut gefunden, wenn er die Ungläubigen auch erwähnt hätte. Ungefähr so z.B.: ..woran sie glauben oder auch nicht glauben …
Mich interessiert nicht, welchem Aberglauben jemand angehört. Aber was in seiner Stasi-Akte steht. Vorgauckeln kann schließlich jeder.
@ Wilfried Salus Bienik
Ich verstehe sie nicht ganz. Kennen sie die Stasi-Akte von Herrn Gauck, oder würde sie sie nur interessieren?
@ Hanskollekta # 17
Das schreiben sie, obwohl ich bis zu diesem Zeitpunkt keinen einzigen Kommentar/Antwort (ab)gegeben habe.
@Arnold Voss:
„Not my president! Nicht m e i n Präsident! Gauck ist nicht m e i n Präsident!“
Das betonen Sie ja immer wieder – vollkommen offen lassen Sie hingegen, welche Konsequenzen sich aus dieser Feststellung für Sie ergeben. Den SPD-Bürgermeister meiner derzeitigen Wahl-Heimatstadt habe ich beispielsweise auch nicht gewählt, dennoch ist er, da es die Mehrheit so entschieden hat, ganz selbstverständlich auch mein Bürgermeister. Welches Demokratieverständnis hätte ich auch, wenn ich darauf beharren würde, dass jemand mich nur deshalb nicht repräsentatiert, weil ich ihn nicht persönlich gewählt habe oder mir einen anderen Kandidaten gewünscht hätte? Und in diesem Sinne ist Gauck natürlich auch Ihr Präsident – oder etwa nicht?
„Abgesehen davon, dass ein Pfarrer in seiner Pfarrei sehr wohl eine leitenden Funktion innehat, steht da ausdrücklich „sollte“.“
Ein Pfarrer hat vielleicht in seiner Pfarrei eine leitende Funktion, hat jedoch keine Leitungsfunktion innerhalb der Kirche. Wenn man die Eignung oder Nichteignung einer Person für ein politisches Amt schon an der Frage festmachen möchte, ob er oder sie je eine leitende Funktion innerhalb einer Religionsgemeinschaft innehatten, sollte man meinem Erachten nach doch wenigstens Abstand davon nehmen, schon dem einfachen Pfarrer eine derartige Leitungsfunktion zuzuschreiben. Allein die katholische Kirche beschäftigt in Deutschland derzeit über 15.000 Pfarrer – etwa alle in „leitender Funktion“?
„Aus dem Textzusammenhang ist dabei eindeutig zu erkennen, dass ich damit den Bundespräsidenten meine, oder sehen sie das anders? Wie sie daraus ein lebenslanges politisches Betätigungsverbot für andere politische Funktionen ableiten, ist mir schleierhaft.“
Ihrem Blogbeitrag entnehme ich, dass Sie einen „leitenden Funktionsträger einer Kirche“ grundsätzlich für ungeeignet halten, die Bundesrepublik Deutschland als Bundespräsident zu repräsentieren. Ich habe daraus die Schlussfolgerung gezogen, dass Gauck aus den gleichen Gründen für Sie vermutlich auch nicht als Kanzler oder etwa als Außenminister tragbar wäre. Sollte dies eine Fehlannahme sein, können Sie mich gerne berichtigen. Das „lebenslang“ bezog sich auf die Tatsache, dass Gauck schon vor über 22 Jahren aus dem kirchlichen Dienst ausgeschieden ist und sich seitdem in vielerlei anderer Hinsicht betätigt hat, unter anderem im Parlament und zehn Jahre als Leiter der Stasi-Unterlagenbehörde. Dennoch beziehen Sie sich auch 22 Jahre nach Gaucks Ausscheiden aus dem Kirchendienst auf eben diesen Kirchendienst, um ihm die Eignung für das Amt abzusprechen. Dies habe ich so interpretiert, dass es für den vermeintlichen „Makel“, im Kirchendienst tätig gewesen zu sein, Ihrer Ansicht nach keine wie auch immer geartete „Verjährung“ gibt – und man bei Aufnahme einer solchen Tätigkeit in Ihren Augen tatsächlich lebenslang als geeigneter Kandidat für ein entsprechendes Amt ausscheidet. Hatten Sie es denn anders gemeint?
@ Christian
Danke, dass sie nochmal geantwortet haben.
Der Bundespräsident Deutschlands hat eindeutig ein Position die über den Parteien steht, bzw. darüber stehen soll. Seine Funktion ist deswegen eine ganze andere als die eines Kanzlers, eines Ministers oder eines Minsterpräsidenten oder auch eines Bürgermeisters.
Ich hätte also z.B. kein Problem damit, wenn Gauck als Pastor der Vorsitzende der CDU , immerhin einer ausgewiesen christlichen Partei, geworden und so, auf Grund der Wahlmehrheiten, Kanzler geworden wäre. Ich hätte ihn dann zwar insofern nicht gewählt, als das ich seine Partei nicht gewählt hätte. Aber ich würde ihm in dieser Funktion nicht sein Pastorensein ankreiden. Es sei denn, er würde in seinen politischen Entscheidungen seine Macht missbrauchen, um einseitig seine eigene Religionsgemeinschaft zu fördern.
Als Bundespräsident in eine multireligiösen Gesellschaft wie sie Deutschland ist, eingeschlossen eines Anteils an Religionslosen der über den Minderheitenstatus weit hinaus geht, jedoch, sollte nach meiner Ansicht erst gar nicht Jemand vorgeschlagen werden, der einer bestimmten Religion besonders verbunden ist. Diese besondere Verbundenheit eines Pastors habe ich in meiner Antwort an Paule T. # 27 in 1-5 noch mal genauer dargelegt und möchte sie hier nicht wiederholen.
Was die von ihnen angesprochene „Verjährung“ betrifft, so ist Pfarrer, Pastor Rabbi usw. eben nicht irgendein Job, den man einfach quittiert bzw. bei dem man nach Dienst einfach Feierabend macht oder nach der Verrentung froh ist, dass man damit nichts mehr zu tun hat. Pastor bleibt man ein Leben lang. Und Gauck ist der anleitende Prediger, und das meine ich jetzt im positiven Sinne, noch immer anzumerken.
Aber selbst ein ganz gewöhnliche Kirchenmitglied hängt seinen Glauben nicht einfach an den Nagel wie eine alte Jacke. Selbst dann nicht, wenn es sich aus welchem Grunde von ihm losgesagt hat. Erst recht kein Pfarrer oder Pastor. Wir können also getrost davon ausgehen, das Gauck noch immer fest in seinem evangelischen Glauben verwurzelt ist.
Was die Toleranz gegenüber anderen Religionen betrifft, so kann ich mir, selbst im Angesicht der von mir aufgezeigten christlichen Dogmen (sie # 27), vorstellen, dass Gauck in der Lage ist, diesbezüglich über seinen Schatten zu springen. Was seinen Toleranz gegenüber Ungläubigen betrifft, halte ich ihn jedoch für, gelinde gesagt, voreingenommen, und auch dass habe ich nochmal konkreter in # 27 ausgeführt.
Ich habe mir sehr gewünscht, dass er gerader als überzeugter Gläubiger in seiner Antrittsrede die Chance nutzt, um endlich einmal auch die Gruppe der Ungläubigen explizit in die Wertegemeinschaft dieses Landes aufzunehmen. Nicht nur der Islam gehört zu Deutschland sondern auch all die Menschen die nicht (an Gott) glauben. Aber er hat es nicht getan. (siehe PPS #27)
Wenn er aber (auch) mein Präsident werden will, dann sollte er das allerdings bei nächster Gelegenheit tun.
Mein Präsident war Gauck auch nicht. Nie!
Aber in den letzten Tagen habe ich mich dabei erwischt, dass ich positiv anmerken muß, dass Gauck kein willenloser Vollstrecker Merkels Anweisungen ist.
Ja, das ist doch was.
Da gebe ich dir Recht, Helmut. Aber der Mann bleibt nach wie vor weltanschaulich befangen. An zwei Stellen bzw. Reden ist mir das besonders aufgefallen.
1. Die Formulierung, nicht der Islam sondern die Muslime gehöre zu Deutschland. Gekonnt schlitzohrig, wie es sich für eine Berufsrhetoren seiner Klasse gehört, bleibt er einerseits politisch korrekt, andererseits vermeidet er aber, die Religion des Islam als solche in Deutschland zu akzeptieren.
2. Sein Auftritt in Israel, in dem er den Begriff der Staatsräson im unterstützenden Verhältnis zu diesem besonderen Land vermeidet. Nicht nur, dass er kein Wort über den Antijudaismus der christlichen Religion, der er selbst angehört, verliert, der ja mit einer der historischer Gründe für die Existenz Israels als Nationstaat ist. Er appeliert indirekt auch an das wieder zunehmende Ressentiment, dass Deutchland mittlerweile genug, wenn nicht schon viel zu viel, für dieses Land getan hat.
Und generell, was die Nichtgläubigen betrifft, kommen sie nach wie vor in seinen Reden nicht vor. Sie existieren für ihn offensichtlich gar nicht. Zumindest ist die Werthaltung von gut einem Drittel der deutschen Bevölkerung für sein großen Freiheitsdiskurs nicht mal ein Wort der Anerkennung ihrer Existenz wert.
Nein, der Mann ist nicht mein Präsident und er wird es auch nicht mehr werden.
Arnold, von meiner obigen Aussage, bis hin zur Begeisterung über den Mann, sind noch einige Welten zu überbrücken.
Da bin ich ganz Deiner Meinung. Sogar Satz für Satz.
Aber immerhin ist er nicht der angepaßte Untertan der Herzkönigin aus dem Wunderland. Wenn das auch nicht aus einer anderen politischen Einsicht, sondern aus übersteigertem Geltungsdrang kommen mag, ist es doch bemerkenswert.
Jetzt weiß ich zumindest, warum Merkel ihn nie wollte.