Fehlstarts für Leverkusen und Liverpool – und der VfL Bochum ist plötzlich Tabellenletzter in der Bundesliga. Auch Dortmund hinkt den Ansprüchen noch hinterher. Neustürmer Anthony Modeste agiert auf dem Platz so, als hätte Edin Terzic den 80jährigen Siggi Held aufgestellt. Thommy Junga und Peter Hesse drehen einige Ereignisse rund um das runde Leder mal wieder auf links.
Thommy, was ist los an der Castroper Straße? Das 0:7-Debakel für den VfL Bochum wirkt immer noch nach. Vergangenen Sonntag war es fast so, als ob Real Madrid gegen die SpVgg Erkenschwick spielen würde – nur sind Bochum und Bayern in der gleichen Spielklasse. Der Unterschied ist zu groß, das fühlt sich an wie Wettbewerbsverzerrung: Hier der große Amazon-Riese, dort die löchrige Innenstadt mit zu viel Leerstand. Braucht Bochum einen Oligarchen, damit die Mannschaft geboostert werden kann?
Wenn das nicht aussehen soll wie Erkenschwick, dann darfst du aber auch nicht wie Erkenschwick spielen. Für die Verzerrung im Wettbewerb war an diesem Tag der VfL selbst verantwortlich. Niemand erwartet eine Siegesserie für die Geschichtsbücher gegen die Bayern. Etwas Präsenz in den Zweikämpfen wäre aber schon wünschenswert gewesen. So wird es gegen kaum einen Gegner in dieser Liga reichen. Hinsichtlich möglicher Geldgeber gilt es trotz der aktuellen Misere nach wie vor Zurückhaltung zu üben. Es braucht keinen Schnellschuss inklusive Medienmogul aus den USA oder ein chinesisches Großkonzernkonsortium, aber ein – wie auch von Vereinsseite propagiert – seriöser Investor mit langfristigem und zuverlässigen Engagement stünde den Bochumern sicher gut zu Gesicht. Anfragen gab es seit der Ausgliederung ja wohl schon einige, das blauweiß karierte Maiglöckchen war aber wohl noch nicht dabei. Mittelfristig droht man aber wohl ohne zusätzliche Mittel den Anschluss zu verlieren. Mit etwas Pech geht es dann im Bundesland Bayern nur noch gegen Regensburg…
Bereits am Freitag muss der VfL Bochum nach Freiburg. Was muss Trainer Thomas Reis machen, um seine Mannschaft wieder neu aufzubauen. Dann den drei verlorenen Partien gegen Mainz, Hoffenheim und Bayern München dürfte das eine Herkules-Aufgabe sein – derzeit ist Bochum mit Null Punkten und einem Torverhältnis von 3:12 Tabellenschlusslicht…
Unter Umständen sind die null Punkte und die rote Laterne in dieser Hinsicht wertvoller als sich mit zwei Punkten aus den letzten Partien durchlaviert zu haben. Für den VfL zählen geht die Saison jetzt richtig los: in Freiburg mit Kompaktheit und Willen überzeugen und dann in die wertvollen Duelle gegen Schalke und Bremen. Unter Umständen hast du dann nach dem sechsten Spieltag mehr Punkte als in der Vorsaison. Die Bochumer hatten in der letzten Spielzeit eine gute Balance zwischen defensiver Grundordnung und einem effektiven, manchmal sogar kreativen Umschaltspiel. Antreiber Reis musste und muss viel umbauen, viele neue integrieren. Das große Thema in Bochum wird Geduld sein, nicht nur im Bezug auf das Pressing und Konterspiel.
Auch der Zweitliga-Dino HSV ist mal wieder in den Schlagzeilen. Milliardär Klaus-Michael Kühne sein Investment beim Hamburger SV in der F.A.Z. als eine „Fehlentscheidung par excellence“ bezeichnet. Trotzdem bleibt der Unternehmer am Ball, der nochmal 120 Millionen Euro zur Verfügung stellen will, falls er dafür seine Anteile an der HSV Fußball AG von 15,21 auf 39,9 Prozent erhöhen kann. Was würdest du mit 120 Millionen anstellen?
Ich würde – wenn er nicht schon sicher eines hätte – für Herrn Kühne ein schönes Häuschen in Blankenese kaufen und ihm die Rosenschere von Rolf Schafstall besorgen. Alles hat seine Zeit. Ein Bekannter aus Hamburg hat mir kürzlich erzählt, dass alle HSVer nur noch zusammenzucken, wenn der Name Kühne fällt. Sicher 120 Millionen sind, auch wenn sie ja in verschieden zeitlichen und an Bedingungen geknüpfte Tranchen fließen sollen, ein echtes Pfund. Vorausgesetzt sie werden von fachkundigem Personal verwaltet und eingesetzt. Die Erhöhung der Anteile senkt ja genau schon wieder das Potential in dieser Hinsicht. Wie schnell man sehr viel Geld ohne jeden nachhaltigen Effekt verbraten kann, sieht man ja in Berlin. Dort ist alles wie vorher, das Geld ist futsch und du hast nur einen prominenten Nörgler mehr dazubekommen.
Schauen wir mal nach England. Für Kloppo heisst es: Drei Spiele und kein Sieg. Liverpool legt einen kapitalen Fehlstart in der Premier League hin. Nun gibt es auch noch eine Niederlage beim Erzrivalen. Könnte er, falls diese Serie noch andauert, seinen Job verlieren?
Jürgen Klopp macht die Spieler ja bekanntlich besser, er neigt aber auch dazu, sich ein wenig in die eigene von ihm geformte Truppe zu verlieben. Giovanni Trappatoni hat mal auf die Frage, was das Geheimnis eines erfolgreichen Klubs und Trainers ist, geantwortet, es wäre ganz einfach: man müsse nur alle zwei Jahre die beiden besten verkaufen. Jürgen Klopp hat seinen uns vertrauten Pressing-Power-Fußball in Liverpool installiert und sich mit den Baseballmillionen aus Amerika die perfekte Truppe dafür zusammengestellt. Ähnlich wie in Dortmund hält er an den Säulen dieser Mannschaft fest, aber ein wenig scheint der Hauruckfussball entschlüsselt, zudem zeigen seine treuen Recken Konzentrationsprobleme bei Standards. Auf diesem Niveau, bei diesen Gehältern und Ablösen müssen jetzt ganz schnell Punkte her, auch wenn es vielleicht verdiente Spieler trifft oder die Ausrichtung defensiver gestaltet werden muss. Premierleagueklubs sind Milliardenkonzerne, da greifen die Mechanismen teilweise noch schneller als bei uns – frag nach bei Mourinho oder Ancelotti.