Gefährlicher Trend in der Bundesliga: Nur noch mit einer ‚B-Elf‘ zum Tabellenführer?

Am Stadion in Bremen. Foto: Robin Patzwaldt
Am Stadion in Bremen. Foto: Robin Patzwaldt

Es ist ja erst ein paar Wochen her, dass Fußballdeutschland (und auch wir hier im Blog) über die fünf Gelbsperren diskutiert haben, welche Spieler von Darmstadt 98 ausgerechnet beim Auswärtsspiel ihres Clubs bei Bayern München vom grünen Rasen fernhielten, ihnen einen Einsatz beim anschließenden Spiel gegen einen Mitkonkurrenten um den Klassenerhalt aber wieder ermöglichten. Wurde hier absichtlich gehandelt? Ist so etwas ahndungswürdig, da unsportlich?

Nun hat den Fußball diese Diskussion bereits wieder eingeholt. Diesmal sind es zwei Spieler von Abstiegskandidat Werder Bremen, die beim nächsten Ligaspiel in München gesperrt sein werden, im darauffolgenden Kick gegen Mainz dann aber wieder dabei sein dürften. Nun ja, soweit zumindest die Theorie. Denn im aktuellen Fall ermittelt nun der DFB. Einer von beiden war so ehrlich (s)einen Plan einzuräumen. Wird ausgerechnet ehrlich nun bestraft? Sieht ganz so aus!

Bremens Trainer Viktor Skripnik ist derzeit entsprechend sauer auf seinen Spieler Zlatko Junuzovic. Dem Österreicher droht nun genauso eine Sperre wie seinem Teamkollegen Clemens Fritz: „Es war eine Dummheit, und es war nicht abgesprochen“, so nun der Trainer über seine Aktiven.

Nach dem deutlichen 4:1 (2:1)-Sieg der Hanseaten gegen Kellerkind Hannover 96 sorgten die Interviews der Profis für Verwunderung. Während Ex-Nationalspieler Clemens Fritz die gezielten Folgen seiner plump wirkenden Ringereinlage, welche ihm die 10. Gelbe Karte der Saison einbrachte, noch verbal umschiffte und seine Zwangspause mit einem deutlich sichtbaren Augenzwinkern offiziell zumindest gegenüber den Reportern bedauerte, redete der Österreicher sich offenbar um ‚Kopf und Kragen‘, räumte freimütig eine geplante Tat ein :„Es ist doch besser, ich mache es so, als wenn ich jemandem absichtlich weh tue.“

Junuzovic‘ offenkundig absichtliche Unsportlichkeit ruft nun tatsächlich die Sportgerichtsbarkeit des Deutschen Fußball-Bundes auf den Plan. Das sickerte heute durch.

Nicht wirklich überraschend. Schon im Jahre 1991 war im legendären Fall ‚Frank Ordenewitz‘ bereits ähnlich verfahren worden, als dieser mit einem absichtlichen Platzverweis im Pokalhalbfinale seine Teilnahme am Endspiel sichern wollte, für das er mit einer Gelbsperre eigentlich gesperrt gewesen wäre. Die absichtlich eingehandelte Rot-Sperre konnte er theoretisch zumindest in der Bundesliga absitzen. Der DFB ließ das damals so jedoch nicht zu, sperrte Ordenewitz für das von ihm unsportlich angestrebte Pokalendspiel.

Die nun eingeleitete Untersuchung des DFB bleibt natürlich erst einmal abzuwarten. Vieles deutet aktuell allerdings erneut darauf hin, dass der DFB auch hier mit einer Sperre reagieren wird.

Ob das nun eine normale egoistische Denkweise eines Profisportlers, oder aber doch eine nichtakzeptable Unsportlichkeit ist, darüber gehen die laufenden Diskussionen in der Szene aktuell weit auseinander.

Viel spannender finde ich dabei allerdings auch den Aspekt, dass es so aktuell schon sehr den Eindruck macht, dass viele Bundesligisten das Auswärtsspiel beim schier übermächtigen FC Bayern München inzwischen schon dazu zu nutzen scheinen ihre Leistungsträger ausgerechnet dort zu schonen, dieses Spiel damit schon im Vorfeld als ‚quasi verloren‘ akzeptieren.

Bereits vor einiger Zeit hatte Eintracht Frankfurt in München völlig freiwillig mal auf den Einsatz von Stammspielern verzichtet um sie während der durchaus erwartbaren Niederlage in München zu schonen. Was seinerzeit schon zu einigen Diskussionen über Sinn bzw. Unsinn einer solchen Taktik führte.

Auch bei Darmstadt 98 konnte man ja jüngst diesen Eindruck haben.

Im Falle Bremen wurde es nun auch erstmals so offiziell eingeräumt, hier erstmalig auch das ‚taktische Mittel‘ der absichtlichen Gelbsperre von einem Spieler freimütig bestätigt.

Das ist dann natürlich grundsätzlich so schon eine recht bedenkliche Entwicklung für die Liga.

Einerseits natürlich sportlich, andererseits eben auch aus Sicht der teure Eintrittskarten erwerbenden Zuschauer. Schließlich fahren ja nicht nur immer tausende Gästefans extra zum großen Spiel nach München um ihr Team zu unterstützen, andererseits zahlen ja auch die Fans aus München selber regelmäßig sehr viel Geld dafür die Bayern in einem Pflichtspiel live und vor Ort sehen zu können.

Wenn die Gastmannschaften jetzt immer häufiger mit einer Art ‚B-Elf‘ beim Rekordmeister antreten, dann haben auch diese das so nicht verdient. Von der so drohenden sportlichen Wettbewerbsverzerrung zu Günsten der Bayern hier einmal gar nicht erst zu reden…

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JoS
JoS
8 Jahre zuvor

Mal ernsthaft: Wird sich diese Saison nicht irgendwie beständig wiederholen, wenn sich die Finanzierung der Liga nicht grundsätzlich ändert? Bayern vornweg, Dortmund versucht hinterherzukommen und dann bist du ab Platz drei nicht mehr sicher, ob du in die Championsleauge einziehst oder absteigst?

Zugegeben: Hinter dem Spitzenduo ist die Liga wirklich spannend, aber es wäre doch absurd, wenn man nicht mehr um die Meisterschaft spielt – außer vielleicht Dortmund so ein bisschen.

Walter Stach
Walter Stach
8 Jahre zuvor

Robin,

"ett iss we ett iss".

Wir Fans können über "faires oder unfaires Verhalten" oder über "taktisch richtig oder falsch" diskutieren, wenn wir mutmaßen, dass….oder wenn sogar zugestanden wird, dass man vorsätzlich…..
Nur, so meine ich, gibt es nun 'mal im Fußballsport Dinge, Geschehnisse, Verhaltensweisen, die n nicht "justiziabel" für die DFB-Sportgerichtsbarkeit sein sollten, hier die möglichen " Hintergründe" gelber Karten.
Aber bekanntlich sind die Funktionäre des DFB regelmäßig anderer Meinung als ich, es sei denn, es geht um ihr eigenes Verhalten!

Und was die Zwei- oder sogar Dreiklassengesellschaft in der Bundesliage betrifft oder auch in den europäischen Wettbwerben, bleibt festzustellen, daß der Fußball als Geschäftszweig Bestandteil des Wettbewerbes auf einem weitgehend freien, nicht regulierten Markt ist . Das führt erfahrungsgemäß dazu, daß jeder regulierende Eingriff in den freien Markt von den Lobbysten dieses Systems in der Politik, in den Medien, in der Wirtschaft heftig kritisiert wird, z.B. auch hier bei den Ruhrbaronen durch die bekannten Protagonisten des ungehinderten, durch nichts zu regulierendem Wettbewerbes auf einem freien Markt. Und diese Philosophie endet zwangsläufig in Klassen-Gesellschaften -in Reiche und Arme, in Besitzende und Nichtbesitzende, in Unterdrücker und Unterdrückte , in…….., ja eben auch in eine Zwei- oder Dreiklassengesellschaft in der Bundesliga.
Darauf zu hoffen oder gar daraufhin zu arbeiten, den Geschäftsbereich Fußball davon zu "befreien", ist irreal.
Also gilt es abzuwarten, was Einschlägiges dieser freie Wettbewerb auf einem total freien Fußballmarkt zukünftig produzieren wird. Hier läßt sich bestenfalls marginal das Eine oder das Andere steuern bzw. lenken.

Ich gehe davon aus, daß über die bestehenden, sehr bescheidenen Regulierungsmechanismen des DFB, der UEFA, der FIFA hinaus, die in keiner Weise die Klassen-Gesellschaften verhindern können und offenkundig auch nicht verhindern sollen, zusätzlich mit Nennenswertem n ic h t gerechnet werden kann. Und wenn doch, dann käme auch der sog. Wettbewerbs-Kommissar der EU ins Spiel.

Damit ich nicht mißverstanden werden:
Ich stehe alldem gefühlsmäßig äußerst skeptisch gegenüber bis hin zu gelegentlichen "Anwandlungen", wegen des "kapitalistischen System Bundesliga-Fußball" mich komplett davon zu verabschieden -als Fan des BVB, als Zuschauer im Stadion, als Zuschauer vieler, vieler Fußballübertragungen im Fernsehen, im Internet; das klappt aber nicht.
Also…."Augen zu und durch" und darauf hoffen, daß es irgendwie schon gut gehen wird, auch mit unserem BVB , vor allem auf europäischer Ebene.

Walter Stach
Walter Stach
8 Jahre zuvor

Robin,
in 6 Jahren eine Europa-Liga, die im Regelbetrieb einer Spielzeit jährlich den Vereins-Europa-Meister ermitteln wird?
In 1o Jahren eine Welt-Liga , die in……….
Und dann in 1o Jahren unterhalb der erstklassigen Welt-Liga und unterhalb einer zweitklassigen Europa-Liga eine drittklassige Bundesliga?

Utopie?
Ich tendiere ehe dazu, dieses Szenario für wahrscheinlich zu halten.

Warum sollte es neben den weltweit miteinander im Wettbewerb stehenden Großbanken, neben den im weltweiten Wettbewerb stehenden Unternehmen -sh. "neuerdings"vor allem die Unternehmen der IT-Branche- im milliarden-schweren Geschäftsfeld Fußball diesen Wettbewerb in der von mir skizzierten Form nicht geben?
Und dann ist eben die Bundesliga nur noch die III.Liga!

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Soweit ich mich erinnern kann, besitzt das DFB-Regelwerk weiterhin die Möglichkeit, bei 5 gelben Karten in "schweren" Fällen eine Sperre für 2 Spiele statt nur standardmäßig eins zu verhängen. Das müssen die senilen DFBler halt jetzt nur umsetzen und die Vereine ihre Verträge um Strafen wg. Arbeistverweigerung erweitern, dann ist das Thema durch.

Thomas Weigle
Thomas Weigle
8 Jahre zuvor

Lieber Robin, man muss die SGE nicht schlechter machen als sie ist, aber beim 0:0 gegen Bayern Ende Oktober im Waldstadion waren eigentlich alle Stammkräfte, so gesund und einsatzfähig, auf dem Rasen zu Gange.

philter
philter
8 Jahre zuvor

wow – interessante debatte! das thema "5. gelbe vor bayern-spiel provozieren" scheint nur der aufhänger zu einer generellen diskussion um die fußball-bundesliga! ich finde das auch nicht so schlimm – und klaus lohmann #7 hat da doch auch nen guten lösungsansatz.

zur spannung: ich denke, dass so ansätze eines regulierenden eingriffs schon sichtbar sind. das financial fairplay trifft zwar noch nicht die ganz großen, aber an den nachfolgenden (siehe gerade galatasaray) wird doch ein exempel statuiert. dass eine euro- oder gar welt-liga eingeführt wird, glaube ich nicht – auf jeden fall nicht in 6-10 jahren. vielleicht in 20… und wenn das geschieht, dann glaube ich, dass viele fans darauf gar keine lust haben, sondern sich mit der heimischen dritten liga (also der bundesliga, die dann hinter welt- und euroliga rangiert) begnügen. fußball lebt einfach zu einem großen teil auch von lokalpatriotismus. und dieser lässt sich nun mal nur in begrenztem maße international ausleben. wenn ich mich jetzt als gebürtiger dortmundfan nur noch mit londoner teams, barcelona, madrid, mailand, rom, paris, münchen, moskau und st. petersburg messen würde, dann würde ich wohl irgendwann einen minderwertigkeitskomplex ob meiner herkunft bekommen. nicht weil der bvb da evtl. fußballerisch nicht mithalten kann, sondern weil das tatsächlich welt-teams aus weltstädten sind und dortmund da doch noch erheblich aufholbedarf hätte. vielleicht würde das die region motivieren, das aufzuholen. vielleicht führt das aber auch zu einer altbekannten hybris.
was ich sagen will: ich denke, dass in so einer liga-konstellation meine konzentration merklich auf die nationale liga übergehen würde, weil die mir einfach näher stünde. wahrscheinlich würde ich auch die spiele des bvb in welt- oder euroliga schauen, aber die würden erheblich an reiz verlieren. vielleicht würde ich dann dem vfl bochum die daumen drücken oder einem anderen ruhrgebietsverein. vielleicht wären die zweiten mannschaften der welt-/euroliga mannschaften in der bundesliga spielberechtigt?!
vielleicht wäre das dann auch kongruent mit einer klassengesellschaft, die walter stach #3 andeutet. sodass die oberschicht die welt-/euroliga besucht, der rest sich auf die heimischen ligen verteilt.

DEWFan
DEWFan
8 Jahre zuvor

Zitat " wenn ich mich jetzt als gebürtiger dortmundfan nur noch mit londoner teams, barcelona, madrid, mailand, rom, paris, münchen, moskau und st. petersburg messen würde, dann würde ich wohl irgendwann einen minderwertigkeitskomplex ob meiner herkunft bekommen. nicht weil der bvb da evtl. fußballerisch nicht mithalten kann, sondern weil das tatsächlich welt-teams aus weltstädten sind und dortmund da doch noch erheblich aufholbedarf hätte."

LOL: was sollen da die Hoffenheimer erst mal sagen 🙂

B
B
8 Jahre zuvor

#12
Oder die Fans von ManU/City…

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