‚Gegen Rechts‘ auf die Straße zu gehen, hat mir gut getan

Demo in Waltrop am 27.1.24. Foto (s): Robin Patzwaldt

Ich räume ein, dass ich bisher kein großer Fan von Demonstrationen war. Ich bin schon lange nicht mehr auf der Straße gewesen, um meine politische Meinung öffentlich kundzutun. An diesem Wochenende aber war es dann einmal wieder so weit.

Im Zuge der aktuell über das Land schwappenden Welle ‚gegen Rechtsextremismus‘, für mehr Toleranz und eine bunte Gesellschaft, habe auch ich mich einmal wieder aufgerafft. Und ich muss sagen, dass ich angenehm überrascht war von den Auswirkungen, auch auf mich ganz persönlich.

In meiner Heimatstadt Waltrop (Kreis Recklinghausen) kamen am Samstagnachmittag, trotz des parallel stattfindenden Spieltags in der Fußball-Bundesliga (wer sich solche Termine ausdenkt kann kein Fußballfreund sein 😉 ), gut 2.000 Leute zusammen, um ihre Sorgen vor dem Rechtsruck in unserer Gesellschaft kundzutun.

Zwar ist Waltrop nun wahrlich keine Hochburg von Extremisten, Nationalisten und ausländerfeindlichem Gedankengut, doch war die Mobilisierung hier mit rund 10 Prozent der Bevölkerung durchaus vergleichbar mit vielen anderen Städten des Landes. Erstaunlich für einer Stadt, in der die CDU aktuell die am weitesten rechts stehende Fraktion im Stadtrat ist. 😉 Die AfD, deren Erstarken viele Zeitgenossen quer durch die Republik derzeit sehr besorgt, spielt hier vor Ort faktisch (noch) keine Rolle im lokapolitischen Leben. Trotzdem kamen so viele Menschen zu der von einem breiten Bündnis lokaler Organisatoren und Parteien organisierten Veranstaltung. Es zogen regelrechte Trauben von Menschen, ausgestattet mit Transparenten und Fahnen, um 15 Uhr in Richtung örtlichen Rathaus, dem Startpunkt des Demozuges. So etwas hatte ich seit den frühen 1980er Jahren hier nicht mehr gesehen, als der damalige Fußball-Drittligist VfB Waltrop, zu den legendären Derbys gegen Erkenschwick oder Münster noch vergleichbare Menschenmengen in Bewegung setzte. Beeindruckend…. Zumindest relativ.

Der rund halbstündige Demo-Zug in Richtung Marktplatz war dann, das ist der Vorteil gegenüber einer ähnlichen Veranstaltung in einer der benachbarten Großstädte,  wie ein Treffen mit vielen alten Bekannten. Ehemalige Schulfreunde, Nachbarn, bekannte Lokalpolitiker etc., alle waren sie in der Menschenmenge zahlreich vertreten. Man kam aus dem Grüßen und Winken fast gar nicht mehr heraus. Alle Demonstranten waren auffällig gut gelaunt und es bildete sich ein starkes Gefühl des Zusammenhalts, das ich mir vorher nicht so vorgestellt hatte. Ich war wirklich positiv überrascht von der entspannten Atmosphäre und vom großen Schulterschluss der Waltroper Gesellschaft. Alle Schichten der Kleinstadtgesellschaft schienen hier mit dabei zu sein. Trotz der vor der eigenen Haustür fast nicht vorhandenen ‚Gegenseite‘. Die (auch bei mir) ungewöhnlich große  Eigenmotivation der Leute machte es möglich!

Als ich nach gut 90 Minuten wieder daheim war, war ich sogar ein bisschen traurig, dass die Aktion schon wieder vorbei war. Erstaunlich, welch positiven Effekt die Teilnahme an einer solche Veranstaltung auf einen haben kann. 🙂

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