Das Ende des Tarifstreits im öffentlichen Dienst ist von Land und Kommunen mit einer Mischung aus Erleichterung und Besorgnis aufgenommen worden.
„Es ist gut, dass flächendeckende Streiks vermieden werden. Aber Bürger und Unternehmen müssen am Ende wohl die Zeche für diesen sehr teuren Abschluss zahlen“, sagte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) gegenüber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ, Montagsausgabe). Es werde den Städten nicht möglich sein, die größte Tariferhöhung seit Jahrzehnten aus den zugesagten Landesmitteln des Gemeindefinanzierungsgesetzes zu bestreiten. Die Eintrübung der konjunkturellen Lage werde vor allem in klammen Kommunen die Spielräume weiter verengen, prognostizierte Scharrenbach.
Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), der zugleich den Städtetag NRW führt, lobte die Einigungsbereitschaft aller Beteiligten: „Es ist gut, dass die Verhandlungen nun zu einem Abschluss gekommen sind. Das Ergebnis zeigt, dass es sich alle Seiten nicht einfach gemacht haben“, sagte Kufen der WAZ. Für die Beschäftigten in den Kommunen bedeute die Tarifeinigung einen Inflationsausgleich in 2023 und ein echtes Gehaltsplus ab 2024. „Es wird in 2023 eine Kraftanstrengung sein, dies im laufenden Haushaltsjahr umzusetzen“, so Kufen.
Bund, Kommunen und Gewerkschaften hatten sich am späten Samstagabend nach einer weiteren zähen Verhandlungsrunde darauf verständigt, dass die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst zunächst eine steuer- und abgabenfreie Einmalzahlung von 3000 Euro erhalten. Vom März 2024 an wird es dann einen monatlichen Sockelbetrag von 200 Euro brutto und anschließend eine Tariferhöhung von 5,5 Prozent geben. Die Laufzeit des neuen Vertrages beträgt 24 Monate.
Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Katrin Welge (SPD), die als Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt war, sprach vom „teuersten Tarifabschluss aller Zeiten“ und bezifferte die Kosten für die ohnehin schon klammen Kommunen auf 17 Milliarden Euro.
In NRW stellt sich nun die Frage, wie die Städte den Abschluss auffangen sollen. In etlichen Städten könnten Gebühren- und Steuererhöhungen die Folge sein. Im Gemeindefinanzierungsgesetz 2023 hatte das Land die Überweisung von 15,35 Milliarden Euro aus den allgemeinen Steuereinnahmen zugesagt. Das ist zwar ein Rekordhoch, wird die allgemeinen Kostensteigerungen in Folge des Ukraine-Krieges jedoch kaum auffangen können. Parallel leidet die Gewerbesteuer, mit der Einkünfte von Unternehmen besteuert werden, unter der schwächelnden Wirtschaft. Sie ist die einzige Einnahmequelle, die direkt und vollständig an die Kommune geht und rund 45 Prozent des gesamten Steueraufkommens der Städte ausmacht.