Mehrwertsteuer senken – von den Briten lernen heißt siegen lernen

Den Banken ist der Staat in der Krise schnell beigesprungen und auch Opel wird, wenn es ernst ist, wohl mit Hilfe rechnen können. Aber was ist eigentlich mit uns, den ganz normalen Bürgern?

Steinbrück und Merkel. Foto: Bundestag

Nun gut, wenn wir einen Neuwagen kaufen, der weniger Schadstoffe produziert, bekommen wir die KFZ-Steuer erlassen – im höchsten Fall sind das ein paar hundert Euro – eine Summe di beim Kauf eines Neuwagens wohl kaum darüber entscheidet, ob man kauft oder nicht, denn schon ein Golf kostet, halbwegs gut ausgestattet, locker 20.000 Euro.

Was der Staat jetzt tun kann über die Bürger zu entlasten ist zum einen die Senkung der Mehrwertsteuer, deren Erhöhung zum 1. Januar 2007 das Wachstum sofort verringerte und es dem Staat ermöglichte seinen Haushalt ohne ernsthafte  Sparbemühungen zu sanieren, zu senken. Eine Rücknahme der Mehrwertsteuererhöhung zum 1. Februar kommenden Jahres brächte den Bürgern nicht nur mehr Geld, es wäre auch gut für die Stimmung, denn die üblen Nachrichten werden im Januar kommen: Dann werden noch mehr Unternehmen Entlassungen ankündigen und haben alle einen Überblick über die Auftragslage im kommenden Jahr. In vielen Branchen ist das Jahresabschlussgeschäft wichtig – erst danach weiß man, wie es 2009 werden wird. Und gut sieht es nicht aus. Die Deutsche Bank rechnet im schlimmsten Fall mit einem Schrumpfen der Wirtschaft um 5 % – andere sehen 3 % Minus als realistisch an. Das gab es in der Geschichte des Bundesrepublik noch nie und die Auswirkungen werden uns alle treffen.

Und eine Mehrwertsteuersenkung hätte den Vorteil, dass alle Bürger davon profitieren würden. Auch Hartz IV-Empfänger, Rentner oder Studenten würden finanzielle Spielräume gewinnen. Da die Sparquote gerade bei den Beziehern niedriger Einkommen und  bei Transferempfängern gering ist, werden sie die neuen Spielräume sofort für den Konsum nutzen. Die Briten haben das erkannt und werden die Mehrwertsteuer noch vor Weihnachten senken. E-Mails mit diesem Wunsch werden, glaubt man Roland Tichy, dem Chefredakteur der Wirtschaftswoche, im Steinbrück-Ministerium sofort gelöscht.

Der Staat muß aber gegensteuern, hat gleichzeitig aber nur begrenzte Möglichkeiten. Wenn er Investitionen in Schulen und Straßen vorzieht, sorgen Planfeststellungsverfahren und langwierige Ausschreibungen dafür, dass das Geld erst fließt, wenn die Kriese vorbei ist. Aber es muss schnell etwas geschehen-

Weder der Kanzlerin noch dem Finanzminister gefällt die Idee der Mehrwertsteuersenkung. Merkel will mit Steuersenkungen in den Wahlkampf – und vielleicht will auch die SPD mit Entlastungen für die Bürger trumpfen. Bis dahin soll jeder, der nicht als Banker seine eigene Unfähigkeit unter Beweis gestellt hat, nicht von staatlicher Hilfe profitieren.

Eine Mehrwertsteuersenkung wäre allerdings nicht einmal eine großzügige Hilfe: Man lässt das Geld einfach bei den Leuten, denen es gehört und nimmt es ihnen nicht mehr ganz so dreist weg.

Eine Alternative zur Mehrwertsteuersenkung wäre es, den Bürgern Steuern zurück zu erstatten. In den USA gab es das schon einmal: Man bekommt einen Barscheck vom Finanzamt mit den besten Grüßen der Regierung. Auf einmal ist Geld da, das man nicht auf der Rechnung hatte – geht ebenfalls schnell, fördert der Konsum und sorgt für eine bessere Stimmung  – und die Stimmung wird in den kommenden Monaten sehr wichtig sein.

Beide Maßnahmen könnten helfen, den Binnenkonsum abzukurbeln – und so zumindest teilweise den Wegfall der Exporte ausgleichen helfen. Denn als Exportland trifft es uns besonders stark, wenn andere Volkswirtschaften unsere Produkte nicht mehr kaufen.
Und der Staat? Der kann sich überlegen, wo er spart: Vieles in Deutschland ist immer noch überflüssig: Zum Beispiel einige Bundesländer mit all ihren Kosten aber auch die Subventionierung von Tierfutter über die Mehrwertsteuer, die hohen Subventionen für die Landwirtschaft, von denen mittlerweile eher Iglo und Co als der kleine Bauer aus dem Bilderbuch profitieren und und und…

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Marxty
Marxty
16 Jahre zuvor

Glaubst du wirklich das die Preise dann runtergehen würden gross, wenn die MwSt wieder gesenkt wird. Kurzfristig vielleicht.

Marxty
Marxty
16 Jahre zuvor

@Stefan

Gross hab ich jetzt auch keine, leider. Nur denke ich, wenn man das über solche Verbrauchssteuer machen, bleibt vieles in den Unternehmen hängen, weil man die ja nicht verpflichten kann, sie weiter zugeben. Eher sollte man versuchen das der Bürger mehr im Geldbeutel hat.

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Briten senken Mehrwertsteuer…

[…] rausch soll es werden. Berichten zufolge plant die englische Regierung, die Mehr […]…

Jens König
16 Jahre zuvor

Die USt wurde am 1. Januar 2007 erhöht. Sammelt mal alle Argumente der Bundesregierung von damals, und schaut, welche davon nicht mehr stimmen.

Versteht mich nicht falsch, ich halte die USt generell für Unfug und würd sie liebend gerne abschaffen. Aber mir geht solcherart Hickhack auf den Senkel. Das ist doch nicht mehr als geheuchelte Betriebsamkeit, Augenwischerei. Halten die uns für dämlich? Ja, tun sie, denn sie glauben nicht, dass wir rechnen können. Mittels Mittelstufenmathematik kommen wir aber dahinter, wie folgendes Beispiel zeigt:
Die Briten senken die Ust von 17,5% auf 15%. Für den privaten Verbraucher werden also alle Dinge um 2,1% billiger. ZWEIKOMMAEINS. Da spar ich mehr, wenn ich bei der Auswahl und beim Preisvergleich besser aufpasse. (Wehe, wenn jetz einer sagt „Ätsch, stimmt gar nicht, sind doch 2,5%“. Setzen, sechs).
Das frisst doch die Inflation in nullkommanix.

Arnold Voß
Arnold Voß
16 Jahre zuvor

Die Binnennachfrage ist ein struktuelles und kein konjunkturelles Problem. Wenn die Löhne und Gehälter gerade im mittleren und unteren Bereich tendenziell und über viele Jahre immer niedriger werden respektive nicht wachsen, dann helfen auch keine Steuersenkungen um die Kaufkraft dauerhaft zu erhöhen.

Das war immer schon das Problem des rein betriebswirtschaftlichen Denkens, und zu anderem ist das einzelne Unternehmen leider nicht in der Lage. Während man selber die Löhne zu senken versucht und damit auch die Konkurrenten zwingt, dasselbe zu tun um am Markt zu bestehen, wünscht man sich eigentlich , dass alle anderen die Einkommen erhöhen damit die Leute auch die durch Rationalisierung vermehrten Produkte kaufen können. Gäbe es nur eine Binnennachfrage funktionierte dieses System nur, wenn die Investitionen auf Dauer weit über die Instandhaltung hinausgehn. Hat man zusätzlich einen hohen Exportanteil kann selbst bei einbrechender Konjunktur das Problem zeitweise nach außen verlagert werden. Bricht aber die Exportnachfrage auch ein, kommt es unausweichlich zur Rezession.

Umverteilungen zwischen Gewinnen und Löhnen/Gehältern sind deswegen keine Herz-Jesu-Frage, wie es der Minderheitenwirtschaftsweise Bofinger einmal so griffig formuliert hat. Es geht um ein gesundes volkswirtschaftliche Gleichgewicht, das in einer freien Wirtschaft nur durch die Tarifautonomie und das gesetzlich verbriefte Streikecht erreicht werden kann. Wenn einer Seite dabei auf Dauer zu schwach wird, mag das der anderen Seite gut gefallen. Für die längefristige Wirtschaftsentwicklung dagegen stellt sich das über kurz oder lang als Verschlechterung heraus.

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