Die Aussicht ist gut. Geradeaus liegt der Markt, rechts das renovierte Horster Schloss, die gute Stube Gelsenkirchens. Geht es nach dem Willen der den Lehren Maos und Stalins treu ergebenen Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), soll auf dem kleinen Platz vor ihrer Parteizentrale in Gelsenkirchen-Horst bald eine Lenin-Statue stehen. Gut zwei Meter hoch stammt sie aus der ehemaligen Sowjetunion. Bis auf sechs landete alle anderen Metalllenins längst auf dem Schrottplatz oder im Hochofen. In Horst soll Lenin, der gegen die erste demokratische Regierung Russlands putschte und von Anarchisten über Sozialdemokraten bis zu Zarenanhängern jeden umbringen ließ, der sich ihm in den Weg stellte, nun, wie die MLPD in einer Pressemitteilung schreibt, als erste Leninstatue in Westdeutschland ein Signal gegen den Antikommunismus sein.
Gelsenkirchens Politiker sind von Grünen über die CDU bis zur SPD von dem Vorhaben nicht angetan. Der WAZ sagte der SPD Ratsherr Lutz Dworzak, für ihn sei Lenin ein Massenmörder gewesen, der Grüne Peter Tertocha erinnert daran, dass er in seiner Regierungszeit auf „Gewalt und Terror“ setzte. Auch Oliver Wittke, der für die Gelsenkirchener CDU im Bundestag sitzt, ist verwundert. Für Wittke ist der Plan der MLPD ein Treppenwitz der Geschichte: „Überall in Europa wurde der Kommunismus überwunden, seine Denkmäler zerschlagen und mit dem Personenkult Schluss gemacht. Selbst in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion wurden die Lenin-Denkmäkler eingemottet und ausgerechnet hier bei uns soll eins aufgestellt werden.“
Die vor der Parteizentrale der MLPD begonnenen Vorbereitungen für den Aufbau der Statue dürfen auf Geheiß der der Stadt erst einmal nicht weitergehen. Die Stadtverwaltung entschied am Mittwoch, die Einstellung der Arbeiten zur Aufstellung der Lenin-Statue aus Gründen des Denkmalschutzes. „Wir“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit, „brauchen keine Lenin-Statue. Es gibt keine Verbindung zur historischen Person.“ Auch dass eine Lenin-Statue, wie der MLPD behauptet, den Tourismus ankurbeln würde, glaubt man bei der Stadtverwaltung nicht.
Die MLPD will sich gegen den Bescheid der Stadt wehren. Beim Lenin-Verbot seien „antikommunistische Strippenzieher am Werk“, ließ die vom Verfassungsschutz beobachtete Partei wissen. „Die MLPD wird natürlich gegen diese neue Schikane und parteipolitisch motivierte Unterdrückung mit allen gebotenen Mitteln vorgehen.“
Das Geld, den Klageweg zu beschreiten, hat die MLPD. Durch Spenden und Erbschaften hat sie im Laufe von Jahren ein beträchtliches Vermögen erhalten. Stolz verkündete das Parteiblatt „Rote Fahne“ noch Anfang Februar, eine Bochumer Rentnerin habe der MLPD 50.000 Euro zukommmen lassen. Die Stadt Gelsenkirchen sieht einer rechtlichen Auseinandersetzung indes gelassen entgegen: „Wir haben vor Gericht schon oft gegen die MLPD gewonnen.“
Der Artikel erschien in einer ähnlichen Version in der Welt am Sonntag
Ich habe den Artikel in der Welt am Sonntag nicht gefunden?
[…] Stadtverwaltung hatte sich ebenfalls, allerdings aus denkmalschutzrechtlichen Gründen, gegen das Lenin-Denkmal, das früher in irgendeiner Sowjetrepublik seinen Platz hatte, […]