Dringender Appell an die künftige Koalition: Kultur braucht ein starkes Ministerium – Das Kulturministerium muss erhalten bleiben
Die letzten fünf Jahre waren von einem Aufbruch der Kulturpolitik in NRW geprägt. Entscheidend war die Koalitionsvereinbarung, die klare Selbstverpflichtungen formulierte, verbunden mit einem jährlichen Aufwuchs des Kulturetats.
Es war aber auch dieser neue Zuschnitt des Ressorts zusammen mit dem Bereich Wissenschaft, der mit einer fachkundigen Ministerin der Kulturpolitik in NRW neue Kraft gegeben hat. Ein Ergebnis war das in Deutschland bisher einmalige Kulturgesetzbuch, das in der neuen Legislaturperiode umgesetzt werden muss. Zu dem Ministerium gehören auch die Bereiche Weiterbildung und Politische Bildung. Sie müssen jetzt noch stärker zur Demokratiebildung beitragen. Diese Entwicklung der letzten Jahre wurde von der Kulturszene in NRW einhellig begrüßt und fand parteiübergreifenden Konsens.
Dazu schreibt der ehemalige Innenminister Gerhart Baum in einem Appell für den Kulturrat NRW: „Es geht jetzt nicht um einen Neuanfang, sondern um die Fortsetzung und Fortentwicklung bewährter Politik. Deshalb appellieren wir dringend an CDU und Grüne, ein eigenes Kulturministerium zu erhalten. Wir tun das im Namen unserer mehr als 80 Mitgliedsverbände aller Kultursparten, aber auch im Namen der vielen kulturinteressierten Bürger*innen in unserem Lande. Kultur ist ein den Bundesländern aufgegebener Verfassungsauftrag. Er wird jetzt bundesweit auch durch eine neu geschaffene Kulturministerkonferenz wahrgenommen. Ministerien, die Kultur und Wissenschaft gemeinsam wahrnehmen, sind auch in anderen Bundesländern ein bewährtes Modell.“ Denn wer für die Freiheit kämpft, so schrieb Baum in einem Artikel für ›Politik und Kultur‹, „der kämpft auch für die Freiheit von Kunst und Kultur.“
Gerhart Baum gilt als einer der profiliertesten Vertreter des linksliberalen Flügels der FDP, der sich für den Schutz von Bürgerrechten einsetzt und deren Einschränkung durch staatliche Überwachungsmaßnahmen zu verhindern sucht. Kunst und Kultur stehen für ihn für Weltoffenheit. In einem Gast-Essay für das Deutschlandradio schrieb Baum im Dezember 2020: „Kultur war und ist für mein Leben unverzichtbar – in allen ihren Bereichen. Von der Literatur über die bildende Kunst, die Musik bis zu Theater und Film. Ein Leben ohne Kultur könnte ich mir nicht vorstellen. Sie hat mich bereichert, hat mich beglückt, manchmal auch abgestoßen und verstört. Kulturinteressiert zu sein, heißt für mich vor allem neugierig sein. Auch neugierig auf das, was Zeitgenossen schaffen. Nicht nur verharren in der etablierten Kultur – obwohl die Neuinterpretation einer Bach-Passion auch immer wieder tief berühren kann –, sondern auch das wahrnehmen, was neu entsteht und im ersten Moment vielleicht fremd erscheint.“