Das Münsteraner Oberverwaltungsgericht hat ein wegweisendes Urteil gefällt: Die Richter erklärten die Videoüberwachung von einer Anti-Atomkraft-Demonstration in Münster im Juni 2008 für nicht rechtens. Der ständig sichtbare Kamerawagen der Polizei halte Bürger davon ab, ihr Recht auf Demonstrationsfreiheit auszuüben, so die Entscheidung vom 23. November
Eine doppelte Schlappe für das NRW-Innenministerium. Denn schon das Verwaltungsgericht Münster hat die Video-Attacke am 21. August 2009 für illegal erklärt. Denn die Polizei hat wie so häufig unverhältnismäßig auf die DemonstrantInnen reagiert: Nur 60 bis 70 Menschen gingen am 4. Juni 2008 unter dem Motto „Urantransporte stoppen“ auf die Straße. Schließlich wird im münsterländischen Gronau der Anteil des spaltbaren Materials von Uran erhöht, wie es für die Brennstäbe in AKW benötigt wird. Im wenig entfernten Ahaus lagern Brennstäbe der Atomindustrie ein, regelmäßig finden Transporte des hochgiftigen Materials statt.
Entsprechend regelmäßig sind die Proteste. Das OVG befand: „Das Richten einer aufnahmebereiten Kamera auf Demonstrationsteilnehmer (…) verletzt sie in ihrer Versammlungsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.“ Bürger hätten aus Angst vor staatlicher Überwachung von der Teilnahme an der Veranstaltung abgeschreckt werden können. Die Kameraübertragung sei geeignet, (…) das Gefühl des Überwachtwerdens mit den damit verbundenen Unsicherheiten und Einschüchterungseffekten zu erzeugen. Die Richter geben der Video-Wut der Polizei enge Grenzen vor: „Bild und Tonaufnahmen wären nur zulässig gewesen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte (…) für eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung“ vorgelegen hätten, heißt es in der Begründung. Nur weil der Verlauf der Versammlung laut Polizei „unberechenbar“ war, könne noch nicht von einer konkreten Gefahr ausgegangen werden.
Bleibt zu beobachten, ob sich die Polizei bei den kommenden Uran-und Castortransporten daran halten wird und die Kameras aus bleiben. Gerichtlich haben sie jedenfalls keinen Spielraum mehr: Der Beschluss des OVG ist unanfechtbar.
Bemerkenswert, dass von Oberveraltungsgerichten zumindest gelegentlich nochn klare Bekenntnisse zum Rechtsstaat zu vernehmen sind: Nachem das OVG Berlin befand, dem Journalisten Gerhard Wisnewski müsse Auskunft hinsichtlich der Todesumstände der Richterin Kirsten Heisig erteilt werden, nun der segensreiche Spruch des OVG Münster in Sachen pauschaler Volksüberwachung.
Jedenfalls sollte allen allmählich klar sein, was von der Kraft in Regierung in Wahrheit zu erwarten ist, dass Ralf Jäger, SPD Duisburg, zu den absoluten Hardlinern in der Garde der Innenminister gehört usw. Danke, Annika Joeres!
Kurz nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Münster 2009 wurde der Kamerawagen bei einer Demonstration in Büren eingesetzt.
Auch bei der Krisendemo in Essen dieses Jahr, gab es reichlich Kameras.
Ich halte Ralf Jäger im übrigen nicht für einen Hardliner, sondern eher für eine Marionette der GdP. Hardliner sind solche wie Schünemann.
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