Das Kulturhauptstadtprojekt 2-3 Sraßen des Künstlers Jochen Gerz wird trotz aller Probleme weitergeführt.
Im Züricher Stadtteil Hottingen ist die Welt noch in Ordnung. Man blickt auf den Zürichsee, der Weg ins Theater oder ins Museum ist nicht weit und viele der renovierten Altbauten liegen in großzügigen Grünanlagen. Hier wollte Rudolf Jörg-Fromm weg. Zumindest einmal raus wollte der 69jährigen Rentner aus seinem ruhigen und wohlgeordneten Leben. Und als er im vergangenen Jahr eine kleine Meldung in der Neuen Züricher Zeitung über das Kulturhauptstadtprojekt 2 – 3 Straßen des Künstlers Jochen Gerz las, wusste er sofort: „Da will ich mitmachen.“
Gerz suchte nach Menschen, die für ein Jahr im Ruhrgebiet wohnen wollten. Die Kaltmiete sollte ihnen erlassen werden. Die 78 Wohnungen standen ohnehin leer. Dafür sollten sie jeden Tag einen Text schreiben. Anonym und in eine spezielles Programm, dass den Zugriff auf die einmal geschrieben Texte nicht mehr erlaubt. Die Texte sollten zu einem Buch zusammengestellt werden sollten. Mehr nicht.
Zur Auswahl standen Siedlungen in Duisburg-Hochfeld, der Dortmunder Nordstadt und ein Hochhaus direkt neben dem Mülheimer Hauptbahnhof.
Jörg-Fromm zog es nach Mülheim. Nach einem Jahr zieht er Bilanz: „Es hat sich sehr gelohnt, bei 2-3 Straßen mitzumachen. Das Ruhrgebiet hat ein sehr großes kulturelles Angebot und hier ist noch sehr viel Engagement bei den Menschen. In Zürich ist vieles fest gefügt, da ist viel weniger Bewegung.“
Von den Problemen des Ruhrgebiets wusste er, dass der Strukturwandel hier zur Lebensform wurde auch. Er fand das alles spannend und Begann sich für Mülheim zu engagieren: Er arbeitete an einem ökologischen Einkaufsführer für Mülheim mit und zeigte Besuchern aus der Schweiz die kulturellen Höhepunkte des Ruhrgebiets wie das Ruhr-Museum und das Folkwang in Essen, die Jahrhunderthalle und in Bochum oder das Dortmunder U.
Es hat ihm Spaß gemacht im Ruhrgebiet, nur eines hat er vermisst. Einen funktionierenden Nahverkehr: „Wir haben das Auto schon vor Jahrzehnten abgeschafft, weil der Nahverkehr in Zürich sehr gut organisiert ist. Im Ruhrgebiet ist es leider nicht so gut.“
Leute wie Rudolf Jörg-Fromm hat sich Jochen Gerz für sein Projekt gewünscht. Der Konzeptkünstler suchte nicht nach Künstlern, die Teil eines Kunstwerks sein wollten, sondern nach neugierigen offenen Menschen: „ Kreativität ist kein Privileg von Künstlern und kein Reservat. Die ganze Gesellschaft darf
kreativ sein. 2-3 Straßen hat keine Künstler gesucht und keine eingeladen. Eine bunte Mischung von Menschen mit vielen Berufen wollte an diesem Experiment teilnehmen. Viele kamen von weither und wollen im Ruhrgebiet bleiben und sich hier niederlassen.“
Zum Beispiel Sebastian Kleff. Der kam später zu dem Projekt dazu, weil andere Teilnehmer abgesprungen waren. Er selbst sieht sich als Künstler ohne Werk, wohnte mal in Berlin, Wien oder Dresden und nutzte seine Wohnung gemeinsam mit seinem Mitbewohner für Ausstellungen. Und weil Gerz keine Ausstellungen in der Ausstellung wollte, nannten sie die ein „Begehbares Magazin“ – wie in einer Zeitschrift konnte man Geschichten und Bilder von Menschen aus dem Hochhaus betrachten. Für Kleff war es ein gutes Jahr und er wird in der Gegend bleiben. Wenn nicht im Ruhrgebiet, dann in Düsseldorf. So genau weiß er das auch nicht– man wird es sehen. Seine Erfahrungen mit den traditionellen Mitbewohnern sind gemischt: „Wir haben mit einigen für unser Magazin zusammen gearbeitet und es war toll, was für spannenden Geschichten sie erzählen konnten, wie gerne sich mitgemacht haben.“ Als es auf einer Ausstellungseröffnung mal zu laut gefeiert wurde, stand allerdings auch ein weniger kunstsinniger Nachbar mit einem Messer vor der Tür, um sein Recht auf Nachtruhe durchzusetzen.
Gerz hat sich für sein Projekt Problemquartiere ausgesucht. Sicher, in den Szenevierteln in Bochum, Dortmund und Essen hätten die Anwohner begeisterter mitgemacht – aber auch der Reiz des Experiments wäre geringer gewesen. Und bei ihren Projekten mussten sich die Teilnehmer mit ihren Nachbarn auseinandersetzen. Zu Abstrakt durften die Ideen da nicht sein. Aber mit einer Fahrradwerkstatt wurden die Herzen der Kinder in der Nordstadt schnell erobert. Begeistert lernten sie ihre Räder selbst zu reparieren. Auch Bilder mit ihren Lieblingsfarben im Hausflur oder die Tauschwirtschaft, bei der jeder aus dem Haus Gegenstände die er nicht mehr benötigte, etwas gegen etwas anderes tauschen konnte, kamen gut an.
Gerz ist zufrieden: „2-3 Straßen hat am 1.1.2010 begonnen und dauert ein Jahr lang. Es ist das längste Projekt der Kulturhauptstadt. Die Frage ob die Erwartungen erfüllt wurden, sollte
den Städte gestellt werden: Ich will die Straßen verändern und ein Kompliment wäre es , wenn die Vermieter 2011 weiter machen wollen. Und da wir darüber verhandeln und die Idee von den beteiligten Städten kommt, scheinen sie die Frage positiv zu beantworten.“
In Dortmund und Duisburg geht es weiter, werden den Teilnehmern Wohnungen zu geringeren Mieten angeboten – in Mülheim ist das noch nicht entschieden.
In Mülheim gab es allerdings auch die meisten Konflikte zwischen Gerz und den Teilnehmern. Es kam schon im März zu einem Schreibstreik, in einem eigenen Blog gingen die Unzufriedenen vor allem mit Jochen Gerz hart ins Gericht. Das Projekt sei nicht transparent, man wisse nicht, was Gerz erwarte und die Kommunikation zwischen dem Künstler und den Teilnehmern sei miserabel. In Krisensitzungen gab es schmerzhafte Diskussionen. Dort rät Gerz den Teilnehmern bis zum Ende des Projekts ihre Arbeit nicht zu reflektieren. In einem Mitschnitt eines solches Gesprächs, dass den Ruhrbaronen vorliegt, wirft er den Unzufriedenen vor, Kontakt zu den Medien aufgenommen zu haben: „Ihr habt eine Attitude, die könnt ihr der Lokalzeitung verkaufen, aber ihr tut euch keinen Gefallen in Bezug auf Euer eigenes Leben“
Einer der von Gerz gescholteten ist Jan-Paul Laarmann. In seiner Zeit im Hochhaus in Mülheim hat er sich nicht nur mit Gerz gestritten, sondern auch noch die Literaturzeitschrift Richtungsding gegründet, zwei Ausgaben von ihr herausgebracht und Lesungen organisiert.
Laarmann fand das Jahr im Gerz-Projekt spannend, wirft dem Künstler jedoch vor, die Potentiale der Beteiligten nicht genutzt zu haben und immer wieder autoritär aufgetreten zu sein. „Wir hätten viel mehr machen können, aber viele waren mit dem Auftreten von Gerz sehr unzufrieden. Unsere Ideen wurden auch oft blockiert.“
Hört man sich den Mitschnitt der Diskussionen mit Gerz und den Bewohnern an, wirkt Gerz allerdings nicht autoritär sondern nur ungeheuer genervt.
Er wollte keine Künstler – und bekam doch viele in sein Projekt, die genau die Teilnahme an 2-3 Strassen als Möglichkeit sahen, ihrem eigenen Künstlerdasein Schwung zu geben. Es gab Auszüge von Unzufriedenen Teilnehmern und immer wieder lange Diskussionen und Briefwechsel. Aber das gehörte wohl dazu. Gerz hatte keinen fertigen Plan, als er antrat: „ Ich mache keine Arbeit, die ich kann – der Zweifel, die Sorge das was nicht richtig ist, ist immer mit dabei. Sonst würde man besser auf der Tribüne sitzen und zuschauen – das tun wir nicht, wir spielen.“
Vielleicht demnächst mal eine Rechtschreibprüfung über den Text jagen…
Mittlerweile dürfte klar geworden sein, dass nicht nur in Mülheim heftige Konflikte entstanden sind, und nicht nur einige wenige Querulanten irgendeine Kritik an Gerz überspitzt dargestellt haben.Der Kontakt zur Presse wurde meines Wissens zuerst vom Künstler selbst hergestellt, genauso wie die Vorveröffentlichung von Texten.Scheint mir ein wenig profilneurotisch zu sein, der Gute.
[…] Gerz´ Straßen gehen weiter (Ruhrbarone) – Das Kulturhauptstadtprojekt 2-3 Straßen von Jochen Gerz wird fortgeführt. […]
“ Ich mache keine Arbeit, die ich kann (…) “
Wie hoch ist denn das Honorar für ein solches „künstlerisches Konzept“ ?
Herr Gerz hat schon im Vorfeld, beim Bewerberverfahren, zumindest für mich entsprechende „Tendenzen“ erkennen lassen. Was hier zu lesen steht, wundert mich dann auch überhaupt nicht. Noch im Bewerberverfahren bekam man schon einen umfangreichen Vertrag vorgelegt, mit dem man Rechte an den noch zu produzierenden Texte abtreten sollte. Ein mail mit erbetener Erläuterung zu dem umfangreichen Vertragswerk wurde nicht beantwortet.
So arbeitet eben jeder auf seine Weise an der „sozialen Plastik“…
Jeder sich sich jetzt über Gerz und sein Konzept beschwert wusste ziemlich genau, was auf ihn zukommt. Und wer in einem sogenannten Problemviertel ohne Gerz künstlerisch-kreativ tätig werden wollte und noch will konnte und kann das immer noch tun, ohne ihn zu fragen geschweige denn seine Bedingungen zu erfüllen.
Einfach hinziehen bzw. sich dort ein Wohnung nehmen. Sehr günstige Mieten und ein im Positiven wie im Negativen ausgesprochen inspirierendes soziales und räumliches Umfeld sind dabei garantiert. Boris Gott z.B. hat jetzt schon mehr für die Dortmunder Nordstadt getan bzw. bewirkt als es das ganze Gerz Projekt je wird tun können. Und das ganz ohne Auftrag und Staatsknete.
Ansonsten hat jeder Künstler vom Kaliber eines Gerz, also auch er selbst, ein entsprechendes Honorar verdient.
Das tat ich, Herr Voss. Ich habe mein ganzes Leben in „Problemvierteln“ verbracht und bin in ihnen künstlerisch creativ gewesen. Und zwar auf eigene Rechnung. Ich wusste, was ich tat – und beklage mich nicht.
Allerdings würde mich durchaus interessieren, was man als „Künstler eines Kalibers von Herrn Gerz“ als Honorar erhält, wenn man gerade nicht weiß, was man tut. Vielleicht sattele ich ja doch noch um, werde auch so ein „Kaliber“ und stifte das Honorar fürs „nicht können“ der hiesigen freien kulturellen Szene. Mal sehen, vielleicht „können“ die ja auch nichts und haben die Gelegenheit, das endlich mal wohl ausgestattet darzustellen. Und dann vergleichen wir, und überlegen, wen wir in Zukunft für sein nicht gekonnte Arbeit nicht honorieren.
Und dann nennen Sie mir doch bittschön mal die Kriterien, mit denen Sie Ihre
„Kaliber“ ermitteln lassen oder erläutern mir, was überhaupt Sie unter einem solchen verstehen. Ein Qualitätskriterium kann das ja kaum sein, angesichts der Tatsache, das Herr Gerz selbst von Arbeiten spricht, die er nicht „kann“.
@Arnold Voss: Man hätte erahnen können, was einem zuteil wird, wenn man den Projektvertrag unterschrieben hat. Aber vielleicht war man von der Idee an sich so angetan und angefixt, dass man glaubte, die Realität sei anders.
Nun ist es so, es gibt die, die dem Künstler ohne Ende hinterher beten (sind aber nur noch wenige), einige die einfach nur ihre Ruhe haben wollen und einige, die sich auch kritisch zu Wort melden – letzteres die angeblich Faulen und Unglücklichen. Insgesamt machen die letzten beiden Gruppen aber die große Masse aus.
Die Schwierigkeit des Projektes ist wohl, dass es so komplex ist, um die ganzen internen und externen Vorgänge und Strukturen zu erkennen. Und in der hiesigen Presse wird überwiegend über den angeblichen Erfolge berichtet. Und wenn die Presse dann mal Negatives berichtet, wird sie teils ins Projektbüro geladen und auf „Spur“ gebracht (so wie es mit den Teilnehmern auch oft versucht wurde) – denn man hat den beteiligten Städten scheinbar nur gute Presse versprochen…
Der menschliche Umgang im Projekt untereinander lässt definitiv zu warten übrig und wie man mit solch einer mangelnden Kommunikation soziales Miteinander nachhaltig positiv verändern will, scheint mir unklar.
Und es sei abschließend noch ein Interna erlaubt, dass Projekt endet am 31.12.2010 – einige der Teilnehmer wollten eine Podiumsdiskussion organisieren, aber der Künstler hat sich verweigert – angeblich aus Zeitgründen. Es war eine Abschlussveranstaltung geplant, zu der eigentlich die evaluierenden Wissenschaftler zwecks Präsentation ihrer ersten Ergebnisse kommen sollten – die haben abgesagt. Kommende Woche findet eine Abschluss-/Weihnachtsveranstaltung statt, aber nur ein Mini-Bruchteil der Teilnehmer ist eingeladen.
Zu den Treffen, ob man ggf. vor Ort wohnen bleiben möchte, wurde auch nur begrenzt eingeladen und diesem kleinen Teilnehmerkreis wurde angeraten, von diesen Treffen oder Besprechungen nichts nach außen dringen zu lassen. Und alles mündlich, damit bloß nichts schriftliches vorliegt und weitergeleitet werden kann. Und über die Abwesenden wurde natürlich nichts gutes erzählt. Man könnte hier noch vieles aufzählen. Aber wie heißt es so schön, die Wahrheit kommt immer irgendwann ans Licht. So vielleicht auch bei diesem Projekt.
Hallo, Herr Voss ? Noch da? Ich warte …
Liebe Frau Rose,
besten Dank für Ihren Kommentar. Das, was Sie beschrieben haben, kann ich nur bestätigen ( so gehört aus dem Mitarbeiterstamm von Herrn Gerz). Auf Spur gebracht werden mussten nämlich auch die Mitarbeiter. Kritik war auch hier nicht vorgesehen, andernfalls wurde man einfach gekündigt.
Das Kapitel Mitarbeiter ist ja noch mal ein eigenständiges. Aber was man da so hört, sollten sich einige Stellen die Arbeitsverträge wohl mal etwas genauer anschauen. So von wg. Schein und Selbständigkeit wie man aus einigen Projektbüros vor Ort hört. Und dies verwundert, wenn man weiß, wer der Träger des Projektes ist und wer „2-3 Strassen“ sonst noch alles mitfinanziert hat.
Aber wer weiß, vllt ist an diesen Gerücht ja auch weniger dran…oder der Osterhase glaubt es.
Ja, ja, die lieben Künstler … . Auch viele Künstler der freien Szene, die ja immer ganz schnell auf Podiumsdiskussionen die Wörter „Gesellschaft, Missstand, Menschenwürde etc.“ in den Mund nehmen, also die üblichen Phrasen dreschen, dazu meist noch auf städtische Institutionen draufhauen, fast alles und jeden als spießig beschreiben, vergessen ihre Pamphlete umgehend, sobald es um die eigene Sache in interner Hinsicht: Dumpinglöhne, Schein und Selbständigkeit … .
Auch dieses Kulturhauptstadtprojekt scheint in dieses Konzept wohl ganz gut zu passen.
PS: Ach, mit der Arbeit selbst haben es solche Menschen oft zumeist nicht. Der werte Künstler, so wurde kolportiert, weilte doch gerne und öfters lieber bei sich in Irland.
Schlimm ist nur, dass sich viele um einen Job in derartigen Projekten geradezu kloppen.
@ Mimi Müller @ all
Liebe Mimi Müller, sorry dass ich sie habe warten lassen. Ich mach das hier ehrenamtlich und muss deswegen zwischen meinen Postings und Kommentaren noch mein Geld verdienen.
Was ein Künstler verdient, ja sogar ob er überhaupt einer ist und ob das was er macht Kunst ist, definiert der Kunstmarkt. Ich finde das nicht sonderlich fair, aber so läuft die Sache schon länger. Gerz hat seinen Preis in diesem Markt durch seine bisherige Arbeit auf eine Höhe geschraubt, um die ihn viele andere in diesem Markt natürlich beneiden. Ganz oben steht er dabei aber noch lange nicht und er wird es sehr wahrscheinlich auch dort nicht mehr hinschaffen.
Wie hoch genau sein Honorar ist müssen sie bei seinen Auftraggebern erfragen. Aber es liegt sehr wahrscheinlich im mehrfachen Hunterttausenderbereich. Ich will und kann das nicht objektiv bewerten und das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich bin weder Künstler noch Kunstsachverständiger sondern Kunstkonsument.
Das ganze Projekt 3-Straßen habe ich hier bei den Baronen schon von Anfang an sehr skeptisch betrachtet, was seine nachhaltige und positive Wirkung auf die Stadtteile betrifft. Aber auch da zählt was am Ende rauskommt, und das war am Anfang eben nur zu vermuten bzw. einzuschätzen. Was wirklich dabei herausgekommen ist und ob es sich lohnt es weiter zu machen, kann ich aus dem bislang Veröffentlichten leider auch nicht klar ersehen.
Man kann das ganze mit Fug und Recht für rausgeschmissenes Geld halten, das man besser in die Menschen/Künstler und ihre Förderung angelegt hätte, die immer schon in solchen Vierteln wirken. Aber das gleiche gilt für den größten Teil der sogenannten Kreativquartiere. Auch da wurde mehr simuliert als real etwas verändert. Besser gesagt haben auch da die die eigentliche Leistung vollbracht, die schon vor der Kulturhauptstadt da waren und nachher dort weiter bleiben werden.
Das Künstler nicht unbedingt großartige Manager geschweige den emphatische und faire Vorgesetzte bzw. verlässliche Kooperationspartner sind ist denen, die mit ihnen regelmäßiger zu tun haben, nicht wirklich neu, sondern häufig frustrierender Alltag. Dass sie stattdessen häufig zur Egomanie und zu gelinde gesagt autoritärer Attitüde und/oder aber zu expressivem Selbstmitleid neigen ist leider kein Vorurteil kunstunsinnger Laien sondern Standard, bei dem die Ausnahme nur die Regel bestätigt.
Was ich also hier über dieses Projekt lese wundert mich nicht im geringsten. Aber viele habe sich darauf eingelassen, nicht nur weil sie die Idee gut fanden (was ich übrigens nie getan habe), sondern weil sie sich erhofft haben, im kreativen Schlepptau eines renommierten Künstlers wie Gerz selber wenigstens ein bisschen berühmt zu werden. Auch das ist verständlich, aber, wenn man sich die Verträge genauer angeschaut hat, ziemlich naiv gewesen.
Dazu kommt noch, dass auch die Auftraggeber von Gerz zumindest innerhalb des Kulturhauptstadtjahrs an keiner (öffentlichen) Kritik interessiert waren. Und natürlich auch Gerz selbst nicht. Auch damit konnte man rechnen, wenn man den Zweck einer Kulturhauptstadt nur ein wenig durchschaut hat. Es ist vorrangig der sogenannte schöne Schein. Im Ruhrgebiet müssen sie da noch drauflegen, dass hier Sachkritik fast immer persönlich genommen wird.
Alles in allem verstehe ich ihre Kritik also sehr gut, aber sie wird in dieser Region verhallen wie jede andere Kritik an der Kulturhauptstadt bzw. an einzelnen ihrer Projekte.
Danke für die Antwort.
@ Mimi Müller
Gern geschehen. Und vielleicht noch als kleiner Nachtrag:
Wer Gerz kritisiert sollte sich vorher klar machen, dass ein solches Projekt wie 3 Straßen zu organisieren, inhaltlich zusammen zu halten und entsprechend zu moderieren alles in allem ein enorme Leistung darstellt, die im Interesse des gemeinsamen Erfolgs unausweichlich auch eine gewisse Rigidität verlangt.
@ Arnold Voss
dies stimmt, aber hier ist absichtlich, unabsichtlich, aus fehlender Kompetenz, Desinteresse, …. einfach viel aus dem Ruder gelaufen. Und dennoch gelingt es dem Künstler, das Projekt entgegen der Realität als erfolgreiches Positivding
zu verkaufen. Und noch mal: Spricht man intern mit Journalisten, den evaluierenden Wissenschaftlern, div. Kuratoren und ich weiß nicht wem,
werden Gegen-/Zwischentöne und Skepsis laut. Frage mich, warum der Arm des Künstlers in unterschiedliche Bereiche so lang und mächtig ist.
Das Projekt an sich ist bestimmt nach wie vor ein spannendes und ein guter
Impuls/ Ansatz ist intendiert. Aber vielleicht ist der Künstler seinem eigenen Projekt in der Umsetzung nicht mehr gewachsen. Vielleicht wollte er auch nur
eine weitere Nische besetzen, um seinen Marktwert zu steigern.
Demokratische Strukturen und wirkliche Partizipation waren nicht wiriklich in dem vom Künstler vorgesteckten und zugleich für Teilnehmer undefinierbaren Rahmen
gegeben. Da entschuldigt auch nicht, dass man ein Projekt organisieren muss.
Der Umgang des Künstlers mit den Teilnehmern war nicht selten respektlos, wenn nicht sogar in einem gewissen Umfang teilnehmerverachtend.
@ Frau Rose
Ich bezweifele nach wie vor ob es sich bei diesem Projekt um einen guten Ansatz handelt. Wenn überhaupt wird er erst durch seine zeitliche Verlängerung dazu.
Mal für ein Jahr in soziale Strukturen als Teilnehmender Beobachter, kreativer Berichterstatter und partieller Akteur einzusteigen, um dann mit der gesammelten Erfahrungsbeute wieder zu verschwinden, sollte man subversiven Journalisten überlassen.
Mit Kunst hat das nach meiner Ansicht nichts zu tun. Erst recht nicht mit nachhaltiger Stadtteilarbeit. Aber da gibt es natürlich auch andere wohlbegründete Meinungen zu und letztlich hängt das vom Kunsterverständnis des jeweiligen Meinungsträgers ab. Ich halte die Kunst/Künstler und ihre Absichten in solchen sozialräumlichen Zusammenhängen zumindest als systematischen Ansatz für überschätzt und überfordert zugleich.
Zu Gerz und seiner Kompetenz steht mir kein Urteil zu. Ich war nicht dabei und ich kenne ihn persönlich nicht. Dass er aber sein Projekt unter allen Bedingungen als „Positivding“ vermarkten will halte ich, wenn auch für die Kunst selbst nicht unbedingt für förderlich, in Anbetracht der Konkurrenzbedingungen auf dem Kunstmarkt für verständlich. Was seinen von ihnen sogenannten langen Arm betrifft, so reicht er aber nur so weit wie ihn andere lassen.
Im Beschäftigungsumfeld der Kulturhauptstadt einschließlich derer die sie evaluieren und sonstwie darüber schreiben herrscht diesbezüglich allerdings nach meiner Erfahrung das Katzbuckeln und die Schere im Kopf vor. Ich möchte gar nicht wissen wie es mit der Demokratie, dem Respekt und der Fairness in anderen Projekten gelaufen ist. Allein der enorme Zeitdruck hat da wahrscheinlich viele diesbezügliche Hoffnungen zu Nichte gemacht. Von derInkompotenz und der Selbstherrlichkeit Einzelner ganz zu schweigen.
Aber vielleicht haben die Betroffenen ja wenigsten nach dem Ablauf der Kulturhauptstadt die Traute darüber offen und öffentlich zu reden. Es wäre schon allein nötig, um in Zukunft Fehler bei ähnlich großen Veranstaltungen zu vermeiden. Rechnen tue ich allerdings damit nicht. Die allgemeine Angst, dass man für seine (öffentliche) Ehrlichkeit von denen, denen die Wahrheit nicht gefällt, bestraft werden könnte, hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Das ist weder gut für die Kunst noch für die Region in der sie stattfindet, aber es ist (leider) so.
Herr Voss,
Sie verwirren mich. Strenggenommen weiß ich immer noch nicht so ganz genau, ob und wenn ja, wo Sie sich positioniert haben oder ob Sie sich gar als Moderator sehen. Ich werd aus all dem, was Sie schreiben, nicht so recht schlau…
Und dann der Satz hier:
„Aber da gibt es natürlich auch andere wohlbegründete Meinungen zu und letztlich hängt das vom Kunsterverständnis des jeweiligen Meinungsträgers ab.“
Also damit katapultieren Sie sich für mich ja quasi ins All. Wie will ich da mit Ihnen reden?
Wären Sie mal so lieb kurzzeitig zum Träger Ihrer eigenen Meinung zu werden – und die so auszudrücken, daß auch ich sie zu verstehen vermag? Welches Kunstverständnis haben Sie denn? Meines ist ein erweitertes – und wenn ich das richtig verstanden habe, bezieht sich auch Herr Gertz auf ein solches. Bisher sehe ich ihn ( ebenso wie Sie) allerdings eher auf einer intellektuellen Spielwiese, zufrieden mit dem „Freiraum“ – aber nicht etwa nach „Freiheitsräumen“ verlangend. Dass und wie Herr Gertz diesen „Freiraum“ dann von anderen füllen lässt, – und zwar kleiner, als er sich selbst jemals damit bescheiden würde, dazu noch von ihm selbst begrenzt, als „Projekt“ bezeichnet, hoch dotiert – darüber könnte durchaus gestritten werden.
Wenn nicht alle sich winden würden wie die Aale…
@ Mimi Müller
Ja Mimi Müller, so ist das mit dem Kunstbegriff. Man erweitert ihn, und erweitert ihn und erweitert ihn, und dann weiß man am Ende nicht mehr was Kunst ist bzw. wird es immer schwerer sich darüber zu verständigen. Auch und gerade unter Künstlern. Um in ihrem Sprachbild zu bleiben: Es sind die Kunstkritiker und die Künstler (selbst),die sich ins All der Beliebigkeit geschossen haben.
Ich bin aber wie schon gesagt keiner. Ich würde das, was Gerz in 3-Straßen macht, mit meinem begrenzten Kunstverstand als das bezeichnen, was in den letzten Jahre im allgemeinen Sprachgebrauch der Aktivisten Urbane Intervention genannt wird. Was ich im übrigen auch nur als Hilfskonstruktion in einer völlig unübersichtlich gewordenen Kunstwelt auffasse. Sofern man diese aber als Kunst begreift gilt mein folgender obiger Satz den ich hiermit noch mal wiederhole: Ich halte die Kunst/Künstler und ihre Absichten in solchen sozialräumlichen Zusammenhängen zumindest als systematischen Ansatz für überschätzt und überfordert zugleich.
Anders ausgedrückt. Man kann in sogenannten Problemviertel ein Künstler sein, als Künstler leben und dadurch auch als Künstler wirken. Als Künstler dort absichtlich hinzugehen um durch und mit der Kunst die dortigen Verhältniss zu beeinflussen, ist für mich keine Kunst mehr. Aber das kann man eben auch anders sehen in dem man den Kunstbegriff erweitert und erweitert und erweitert ….. Und noch was zu den sogenannten Freiräumen.
Die Menschen die in solchen Gegenden leben bekommen nicht dadurch mehr Freiräume, dass dort ein sogenanntes Kunstprojekt stattfindet, dass sich durch Freiräume definiert. Erst recht nicht wenn es gerade mal für ein Jahr durchfinanziert ist und dem übergeordneten Marketingzweck einer Kulturhauptstadt dient.
Da Kunst als solche aber ohne unzensierte interne (und natürlich auch externe) Kritik nicht sein kann, handelt es sich bei den 3 Straßen von Gerz, selbst wenn man den erweiterten Kunstbegriff akzeptiert, gar nicht um ein Kunstprojekt. Es ist einfach nur ein Projekt von Herrn Gerz, dass er, wenn man die Verträge mit den Mitwirkenden richtig studiert, im Wesentlichen zu seinem eigenen Vorteil beantragt und organisiert hat. Die Kulturhauptstadt hat ihn wiederum zu ihrem Vorteil engagiert, denn man wollte einen renommierten Künstler und der ist Gerz. Und das alles konnte man vorher wissen.
Ist das jetzt klar genug, Mimi?
Noch was. Ich bin kein Moralist, sprich ich werfe das Gerz nicht vor. Ich stelle das einfach nur fest. Im übrigen ziehe ich in der Regel bei meiner Kritik anderer Leute deren Handlungsbedingungen und Restiktion in eben diese Kritik mit ein. Dann ist es allerdings nicht mehr so einfach mit dem Richtig und Falsch.
Nee, klar genug ist hier gar nichts. Dafür müssten Sie sich einfach malm deutlich äußern. Das tuen Sie nämlich auch jetzt noch nicht, wie ich an Ihren abschließenden Worten für mich feststellen durfte.
Und Kunst kann, nach meiner Auffassung, durchaus auch ganz ohne äußere wie inneren Kritik „sein“. Das liegt nach meinem Dafürhalten in ihrem Wesen.
Wie es wohl in meinem liegt, dass ich mit Ihnen wohl kaum auf einen Nenner komme. Dafür sind Sie mir zu besserwisserisch – und ich über die Trotzphase hinaus.
Naja, bei diesem Projekt ist es wohl so, dass man ungerne eindeutig Stellung beziehen mag und/oder kann.
Persönlich finde ich nach wie vor, dass dieses Projekt einige interessante Impulse für soziale Brennpunkte bietet. Die Umsetzung ist da noch mal ein anderes Thema. Und es ist auch klar, dass die Kunst alleine so ein Viertel nicht nachhaltig verändern kann. Da müssen mehrere Hände (Politik, Städteplaner, Bürger, Presse, …) zusammenwirken. Aber Kunst und Kultur kann m.E. durchaus ein kleiner und wichtiger Baustein in jener Kette von Akteuren sein.
Was Kunst ist, erweiterter Kunstbegriff hin oder her, ist noch mal eine ganz andere Frage. Die Frage ist ja auch noch, wie der Künstler es betrachtet.
Ist es für ihn ein Gesamtkunstwerk oder eine Ausstellung, die er initiiert hat.
Oder vermischt er die beiden Begrifflichkeiten? Und wie versteht er sich selber, als Künstler oder Kurator der Ausstellun? Eigentlich interessante Fragen, die ich mir bis dato nicht gestellt habe.
„Die Frage ist ja auch noch, wie der Künstler es betrachtet.“
Genau. Und da warte ich dann auch mal den 31.12. ab – scheint für ihn ja ein wichtiges Datum zu sein, immerhin rät Gerz „den Teilnehmern bis zum Ende des Projekts ihre Arbeit nicht zu reflektieren“. Vielleicht spricht der Meister ja Neujahr noch zu den Ahnungslosen…
Ich glaube die Ahnungslosen sind da eher die beteiligten Wohnungsbaugesellschaften etc., denen scheinbar für die verbleibenden Teilnehmer einfach ein Kostenpaket unter geschoben werden soll.
@Frau Rose: Das sehe ich nicht so. In allen Objekten gibt es Leerstände. Und etwas weniger Miete für eine gewisse Zweit ist besser als gar keine Miete. Das rechnet sich schon und das für alle Beteiligten.
Hallo Herr Laurin,
ich spreche nicht von den Leerständen, in den einige der TeilnehmerInnen zu vergünstigten Konditionen wohnen bleiben können. Ich sprechen von den Ideen/
Projekten, in die einige zehntausend Euro „gebuttert“ werden sollen.
Ich bin mir auch bewußt, dass man Geld in die Hand nehmen muss, wenn man ein solches Viertel verändern will. Dennoch scheint hier im Vordergrund zu stehen,
dass die daran beteiligten und verbleibenden Teilnehmer eher an der Sicherung ihrer eigenen Existenz basteln.
@ Mimi Müller #19
Ich weiß nichts besser, das ist doch mein reden. Und die Frage „ist das jetzt klar genug?“ war nicht von oben herab gemeint, Mimi, sondern einfach nur eine Frage.
Aber ich habe eine Position, die ihnen offensichtlich nicht zusagt, weil sie jetzt für sie scheinbar klar genug ist. Langsam beginne ich s i e nicht mehr zu verstehen. Erst wollen sie, dass ich klar Position beziehe, und dann tue ich es und bin ein Besserwisser.
Sie zitieren Frau Rose “Die Frage ist ja auch noch, wie der Künstler es betrachtet.” und bestätigen diese mit „Genau“. Wenn i c h aber schreibe, dass das alles (auch) von der Position des einzelnen Künstlers abhängt, dann rede ich mich heraus.
Natürlich kann Kunst ohne Kritik sein. Ist sie aber nie, weil sie sich nach außen wendet. Und was wäre Kunst denn ohne Reaktion? Die muss natürlich nicht Kritik sein. Oft ist es erst einmal nur ein unerklärliches positives oder negatives Berührtsein, und es bleibt auch dabei. Aber was wäre die Kunst ohne die kritische Diskussion über sie.
Wenn es allerdings stimmt, dass Gerz den Teilnehmern empfiehlt bis zum Ende des Projektes ihre Arbeit nicht zu refelektieren dann bestätigt das nur meine Position, dass dieses Projekt mit Kunst rein gar nichts zu tun hat. Kunst mag theoretisch ohne Kritik sein können. Ohne Reflektion kann sie nicht mal theoretisch sein. Geschweige denn mit der Auflage, diese zu einem bestimmten Zeitpunkt anzufangen oder aufzuhören. (Was natürlich nicht heißen soll, dass Kunst nur aus Reflektion besteht. Mitnichten.)
Am Ende kann aber immer noch etwas herauskommen, was der Kunst und dem Stadtteil nutzt. So wie bei sogenannten guten Absichten Schlechtes rauskommen kann, gilt es eben auch umgekehrt. Wie man allerdings überhaupt auf den Gedanken kommen kann, in einem Prozess, den man selbst für einen künstlerischen hält, Reflexion zu verbieten, bzw. sie bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückzustellen, ist mir schleierhaft.
Nochmal, ich finde das Projekt von Gerz spannend. Es ist ein soziales und kommunikatives und zugleich voyeuristisches Experiment. Meinetwegen auch vermittels der Kunst. Aber Kunst selbst ist es für mich nicht. Und ob es den betroffenen Stadteilen wirklich nützt, ja ob es eventuell am Ende nicht mehr Frustrationen als neuen Optimismus verursacht, ja sogar schadet bzw. geschadet hat, ist für mich noch nicht raus.
Ihr am Anfang Ihrer Antwort gemachter Vorwurf, Herr Voss, ist berechtigt. Ich habe mit zweierlei Maßstab gemessen – bei, so scheint es, ein und dem gleichen Einwand. Das muss ich meiner persönlichen Verärgerung zuschreiben und mich zunächst einmal freimachen davon. Ich bitte Sie mir deshalb nachzusehen, wenn ich nicht sofort antworte, sondern erst noch einmal Ihre Beiträge in Ruhe überdenke, frei von Ärger, der vielleicht auf sprachlichen Mißverständnisse oder „Schlüsselreize“ zurückzuführen ist.
Herr Voss,
ich hab`s nicht vergessen. Und wir werden tatsächlich den 31.12. abwarten müssen – vielleicht kommt ja noch die grandiose Erklärung, die einem die Schlappen auszieht…Jetzt kann ich allenfalls Fragen stellen oder Eindrücke schildern, die Herrn Gerz`Umgangsformen bei mir, und offenbar auch bei anderen, hinterließen.
Ich möchte das mal abwarten, kann sein, dass wir in der Bewertung dann weit ausseinanderliegen – kann sein, dass nicht. In jedem Falle wird es schwer, mich darüber mit Ihnen zu verständigen. Zuweilen mag ich Ihren Ton nicht. Er ist einerseits uneindeutig und andrerseits…besserwisserich…
Keine Ahnung, was es ist, aber die Besserwisserei liegt immer wie der Hauch eines Aftershaves in der Luft…
Die Hanseaten hier sind auch stets davon umweht.
Das macht meine Integrationsbemühungen nicht leichter…
Dennoch werd ich mich bemühen….
https://www.derwesten.de/kultur/ruhr2010/Warum-2-3-Strassen-enttaeuscht-und-frustriert-id4103838.html
@Frau Rose,
schöner und hilfreicher Link,
aber warten wir ab, noch ist ja nicht jeder gefragt worden.
Es gab ja auch „gute“ Telnehmer am Projekt.
Was sagen die?
Außerdem würde mich interessieren, wie weit man wirklich mit Menschen gehen kann, die gutmütig und mittellos sind, daß sie sich für so ein Projekt zur Verfügung stellen. Von den Teilnehmern wird ja so etwas wie Selbstaufgabe verlangt. Für den Püppchenzieher ( hier Künstler genannt ) nicht.
Ich denke, daß so ein Projekt nur dann wirklich was bringen kann, wenn die Beteiligten den anfänglichen Optimismus behalten. Und das setzt nach meiner Weltsicht viel mehr Freiheit voraus, als da vorgesehen war.
Hier sieht es sogar so aus, daß von Seiten der Projektleitung Elemente einbezogen werden, die dem möglichen kreativen Schaffensdrang entgegenwirken.
Jetzt habe ich mich ja doch schon festgelegt, bevor die „guten Teilnehmer“ Bilanz gezogen haben. Aber ich laß mich auch gerne belehren.
Die guten Teilnehmer, die hier bleiben, versuchen sich gerade eine Existenz zu finanzieren. Und dies geht über das ermäßigte Wohnen weit hinaus….
Weitere sind gerne auf dem PR-Ticket des Künstlers gefahren (Wie kommt man sonst schon mal ins Kulturprogramm von ARD, ZDF oder 3sat bzw. in diverse Printmedien)… Andere hingegen warten nur, dass es Frühling wird und der Umzug mit Sonne ein wenig leichter wird.
Will sagen, selbst bei den „Guten“ kann man viel Kritik hören, sie wollen oftmals nur nicht in der Öffentlichkeit damit in Verbindung gebracht werden.
Ich hatte heute ein Gespräch mit jemanden von der Hausverwaltung und diese Person sprach auch von seltsamen Strukturen bei der Projektleitung, denen man begegnet sei…
Wie können Sie das Gefühl haben, dass die Kreativität Grenzen erfahren hat? Man durfte alles, aber es musste Gerz gefallen bzw. seinem Kunstverständnis entsprechen – oder man hat sein eigenes Ding gefahren, was ja prinzipiell gut ist und so ein wenig den Charakter der Unprojekte 2010 hat 😉
Warten Sie auf die Evaluierung der Uni D’dorf? Denen hat die Projektleitung das Leben wohl auch nicht so einfach gemacht – man gab nur die Kontaktdaten der „Vorzeigeteilnehmer“ heraus und tat so, als gäbe es keine weiteren. Aber die Uni hat den Weg wohl dennoch zu einigen der Kritiker gefunden….
Eine Frage habe ich schon: Wie kommen Sie darauf, dass wir Teilnehmer mittellos sind/ waren? Es war alles bei uns vertreten: Vom Rechtsanwalt, Architekt, IT’ler, Unternehmensberater, Hartz-IV-Empfänger, Kulturschaffende, Studierende bis hin zum Rentnerehepaar. Ich würde eher davon sprechen wollen, dass wir offen für eine andere Stadt und die Erfahrungen vor Ort waren.
Und ich spreche von waren, weil das Projekt für mich schon irgendwie abgeschlossen ist und ich im Auszug aus meiner „2-3 Strassen“-Wohnung stecke.
@ Frau Rose
Frau Rose, kann es sein, dass dem Künstler sein Werk zeitweise selbst über den Kopf gewachsen ist? Und dass das auch sein Verhalten gegenüber den Teilnehmern erklärt?
Ich schrieb ja bereits in diesem Blog, dass das Projekt sehr komplex ist und von daher kann es durchaus sein, dass der Künstler und sein Team auch hier und da überrollt wurden bzw. überfordert waren.
Dennoch unabhängig davon ist m.E. die Umgangsweise des Künstlers mit uns Teilnehmern absolut inakzeptabel. Wie man aus anderen Projekt hört, wenn man sich informiert, so variiert sein Auftreten scheinbar nur minimal. Also kann es wohl nicht nur an der Vielschichtigkeit des Projektes liegen…
„Wie können Sie das Gefühl haben, dass die Kreativität Grenzen erfahren hat?“
Ich hatte geschrieben:“Hier sieht es sogar so aus, daß von Seiten der Projektleitung Elemente einbezogen werden, die dem möglichen kreativen Schaffensdrang entgegenwirken.“
Das bedingt nicht automatisch, daß bei allen Teilnehmern „die Kreativität Grenzen erfahren hat“. Manch einer schwimmt gegen den Strom auch ganz gut.
Es ist lediglich ein theoretischer Aspekt, den ich allerdings für mich sehr ernst nehme. Ich könnte nicht anderer Leute Vorstellungen so umsetzen, daß ich später davon begeistert bin.
Dann schreiben Sie:“Eine Frage habe ich schon: Wie kommen Sie darauf, dass wir Teilnehmer mittellos sind/ waren?“
Keine Ahnung, wie ich darauf komme. Hab ich aber tatsächlich gedacht. Sorry, das werden wohl bei mir Vorurteile gewesen sein. Werd ich in Zukunft drauf achten müssen, daß ich nicht so vorschnell Klischees in meiner Argumentation, freien Lauf lasse.
„Warten Sie auf die Evaluierung der Uni D’dorf?“ Neh, Frau Rose, ich bilde mir meine Meinung lieber selber. Gutachten interessieren mich nicht besonders, höchstens in speziellen Fällen.
Andererseits wären die Meinungen der Teilnehmer schon interessant. Möglicherweise erfährt man die tatsächlich nur über den Evaluierungsbericht.
Mal sehen.
@Herr Junge:
DIES WAR VON MIR EINE IRONISCHE NACHFRAGE “Wie können Sie das Gefühl haben, dass die Kreativität Grenzen erfahren hat?”
&
SIE HABEN MIT IHRER BEMERKUNG ”Hier sieht es sogar so aus, daß von Seiten der Projektleitung Elemente einbezogen werden, die dem möglichen kreativen Schaffensdrang entgegenwirken.” DIE SITUATION RICHTIG EINGESCHÄTZT.
@Frau Rose,
Hab ich wohl falsch interpretiert.
Da sehen Sie mal, wie schwierig es ist, festzustellen, daß man einer Meinung ist.
So schon, dabei haben wir gegeneinander noch nicht mal Vorbehalte. weil wir uns nicht mal kennen, abgesehen von den 3 Kommentaren.
Ich beginne allmählich zu verstehen, wie es sein muß, wenn erst mal persönliche Wunden zu verarbeiten sind.
Andererseits ist die Sache sogar deshalb noch schlimmer, weil ich selber oft ironisch bin. Satirisch noch häufiger.
Also, liebe Frau Rose, ich sage jetzt mal was Positives.
Es ist schön, gesagt zu kriegen, daß man doch etwas verstanden hat, auch wenn die Antwort darauf… na, hab ich ja schon geschrieben. Danke.
Interessant, hier: https://2-3etagen.tumblr.com/ tauchen so langsam Internas des Projektes auf – dabei sollte es doch laut Projektleitung keine solche „Aufstellungen“ geben.
Mal gespannt, was da noch so alles ans Licht kommt…wie war es doch gleich mit Hacking „2-3 Strassen“?
[…] Am 31.12.2010 endete das Kulturhauptstadtjahr 2010 und mit ihm das Projekt “1,2, 3 Strassen!” von Jochen Gerz. Einen ersten kritischen Bericht hierzu gab es bei den “Ruhrbaronen”. […]
Was von 2-3 Straßen bleibt, wenn man die Kunst und das mietfreie Wohnen abgezogen hat: Hohe Nebenkosten und eine Rechenaufgabe.
Gefunden und lesbar auf 2-3 Etagen (https://2-3etagen.tumblr.com/)
Das Nachfolgeprojekt „Borsig.2011“ in Dortmund scheint wohl zum Erliegen gekommen sein. Die Wohnungsbaugesellschaft hat angeblich einen Rückzieher gemacht. Aber wen wundert dies, wenn von Summen von bis zu 50.000 EUR oder mehr die Rede ist/war – zumindest kursierte diese Zahl mal. Liegt es nun daran, dass sich einzelne ehemalige TeilnehmerInnen auf diesem Weg die eigene Existenz sichern wollten Und/oder weil auf den „Gerz-Straßen“ nach Ruhr.2010 wenig bis keine Presseaufmerksamkeit fällt und eine weitere Unterstützung somit für die Wohnungsbaugesellschaft keinen „Mehrwert“ mehr hat??
Aber das Buch scheint da und lesenswert zu sein. Man darf abwarten, denn es ist noch nicht für Alle zugänglich….
Und nachdem der Winter nun vorüber ist, sind noch mehr ehemalige Teilnehmer aus ihren Wohnungen ausgezogen. Die Bilanz der Nachhaltigkeit noch gegeben ist?