Die Angst vor einer Pleite der Neusser Aluminiumhütte Norsk Hydro bleibt bestehen. Ein Spitzengespräch zwischen Vertretern der Hütte, der Landesregierung und des Stromversorgers RWE ging heute Mittag ohne Ergebnis zu Ende. Das Ministerium teilte mit, dass nun die Bundesregierung um Hilfe angegangen worden sei. Von einer Pleite des Hydro-Werkes wären bis zu 6000 Mitarbeiter betroffen.
Die Krise kam, weil das Werk des norwegischen Metallkonzerns Norsk-Hydro nach eigenen Angaben wegen hoher Strompreise nicht mehr wirtschaftlich produzieren kann. Weil das auch anderen stromintensiven Industriebtrieben so geht, hat das Bundeswirtschaftsministerium bereits vor einigen Tagen von den deutschen Energieversorgern gefordert, eine Art subventionierten Stromtarif für Großabnehmer zu schaffen. Sollte dies nicht geschehen, drohe die De-Industrialisierung Deutschlands, heißt es.
Und zumindest der Versorger RWE weigert sich bislang, einen Preis unter dem Großhandelspreis zu akzeptieren. Das ist auch irgendwie verständlich – denn wenn der Konzern RWE seine Ware unter Marktpreisen abgeben soll, wäre er über kurz oder lang nicht mehr wettbewerbsfähig und würde selbst zum Problemfall in der Wirtschaft.
Die Frage lautet also eher, wenn die Bundesregierung einen Versorger wie RWE zwingen will, subventionierten Strom zu verkaufen und dann noch den Betrieb des Unternehmens strikt reguliert und gut 50 Prozent des Strompreises selbst einnimmt oder verantwortet – warum verstaatlicht die Regierung dann nicht die Energieversorger direkt genauso wie die Systembanken? Geht ja irgendwie um Grundversorgung, oder?
Update:
Hydro brüskiert Landesregierung: Bereits am Montag entschied der Vorstand, die Produktion weiter zu drosseln. Grund sind eben jede Verluste, die Deutschlands größte Alu-Fabrik täglich produziert. Nach einer Halbierung der Aluminiumpreise kann das Neusser Rheinwerk nicht mehr rentabel arbeiten. Laut dem Handelsblatt liegen die Kosten der Fabrik um ein Drittel über denen der Schwesterhütten. Diese können anders als die deutsche Tochter auf günstige Wasserkraft zurückgreifen.
Alle Hoffnungen legen die Beschäftigten auf einen neuen Stromvertrag, der billige Preise langfristig garantiert. Viele Versorger winkten bereits ab, heißt es in der Branche. Rettung soll nun RWE bringen, der Konzern, der das Rheinwerk bis 2005 mit Strom belieferte. Die Essener unterbreiteten ein „marktüberbliches“ Angebot, das reicht Hydro aber offenbar nicht. Der Krisengipfel im Wirtschaftsministerium blieb ohne Vertragsabschluss.
Wirklich erwartet hatte dies auch niemand. Warum sollte RWE seinen Strom für kleines Geld verschleudern? Für Hydro spricht immerhin, dass für die Aluminiumproduktion viel Strom gebraucht wird. Das Rheinwerk verbraucht so viel wie die Stadt Düsseldorf.
Da günstiger Strom im Moment nicht verfügbar ist, greift die Hydro-Führung nun durch. Die Herstellung soll deutlich gesenkt werden, heißt es in Neuss. Vor drei Wochen hat das Unternehmen die Herstellung bereits um 30.000 auf 200.000 reduziert. Wie stark es nun bergab geht, sollen die Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung am Donnerstag erfahren. Der Konzern hüllt sich in Schweigen.
Die Idee von Teilen der Öffentlichkeit sowie der Regierung, für notleidende Privathaushalte oder -wie hier- mit Abwanderung drohenden Industrieunternehmen „Sozialtarife“, Rabatte o.ä. durch private Versorger anbieten zu lassen mutet grotesk an.
Tauchen in einem System Verwerfungen auf, die „man“ nicht möchte, dann mag der Staat im Rahmen seiner Möglichkeiten das Wohngeld betroffener Familien erhöhen oder Unternehmen/ Branchen, die in Deutschland erwünscht sind, an anderer Stelle steuerliche Vorteile einräumen. Dies kann ihm kein privatwirtschaftliches Unternehmen abnehmen; kein Bäcker, kein Schuhhändler und auch kein Strom- oder Gasversorger.