2019 beschloss der Bundestag, dass Unterstützer der antisemitischen BDS-Kampagne nicht mehr mit Steuergeldern unterstützt werden sollen. Steht Kulturstaatsministerin Claudia Roth hinter dem Beschluss, den sie ablehnte?
Im Mai 2019 einigte sich der Bundestag auf Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen darauf, die BDS Kampagne, deren Ziel die Vernichtung Israels als jüdische Staat ist, als antisemitisch einzuschätzen. Auch forderte die große Mehrzahl der Abgeordneten, das Gruppen und Personen die den BDS unterstützen, keine staatlichen Mittel mehr erhalten. Bereits im Jahr zuvor hatte es einen ähnlichen Beschluss des nordrhein-westfälischen Landtags gegeben. Er war eine Reaktion auf die Debatten um die Ruhrtriennale.
Zu den wenigen Abgeordneten der vier demokratischen Fraktionen, die damals diesen Antrag nicht unterstützten, gehörte die heutige Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne).
So gut der Beschluss war, so wenig wird er offenbar gelebt: Das antisemitische Desaster der Documenta wäre nicht geschehen, wenn dort nicht auf allen Ebenen zahlreiche BDS-Unterstützer aktiv wären.
Wir wollten von Claudia Roth wissen, ob sie diesen Beschluss in ihrem Amt umsetzt und stellten ihr fünf Fragen:
Setzt Kulturstaatsministerin Claudia Roth den Beschluss des Bundestages um, obwohl sie damals nicht für den Antrag von CDU, SPD, Grünen und FDP gestimmt hat?
Wie schätzt Frau Roth die Bedeutung des Beschlusses für die Documenta 15 ein?
Wurde der Beschluss von ihrer Vorgängerin umgesetzt?
Wenn ja:
Gibt es Beispiele für die Umsetzung des Beschlusses in Ihrem Haus?
Wenn nein:
Warum setzt Frau Roth den Beschluss nicht um und gibt es weitere Beschlüsse des Bundestags, die sie zu ignorieren gedenkt und wenn ja, welche?
Eine Antwort erhielten wir nicht. Dass Roth den Beschluss weiterhin für falsch hält, hat sie erst kürzlich im Spiegel deutlich gemacht: „Ich glaube, wir unterschätzen Antisemitismus“, sagt Roth. »Und ich kämpfe gegen jede Form von Antisemitismus, in und außer- halb des BDS. Es darf auch keinesfalls Kulturboykotte gegen israelische Künstlerinnen und Künstler geben. Allerdings wäre aus meiner Sicht jetzt auch ein umgekehrter Kulturboykott gegen Kulturschaffende weltweit problematisch, die irgendwann einmal Sympathie oder Unterstützung für den BDS gezeigt haben sollten.“
Ihre Sicht spielt allerdings für den Alltag keine Rolle. Als Teil der Regierung hat sie die Politik des Bundestags umzusetzen. Das ist nicht nur eine Frage des Respekts gegenüber dem von den Bürgern gewählten Parlament, es geht um das Demokratieverständnis: Alle Bürger haben sich an die beschlossenen Regeln zu halten, Roths Aufgabe als Teil der Exekutive ist es, diese Regeln umzusetzen und nicht irgendein grünes Landrecht, das ihr in den Kram passt. Die Idee geht unter anderem auf Charles de Secondat, Baron de Montesquieu zurück: Das Parlament, die Legislative, beschließt die Regeln und die Exekutive, zu der die Regierung und die Verwaltung zählen, hat sie umzusetzen. Das Prinzip nennt sich Gewaltenteilung und ist eine der Grundlagen von Rechtsstaat und Demokratie.
Es wäre vielleicht an der Zeit, Roth zu erklären, was ihre Aufgabe innerhalb einer Regierung ist und wofür sie bezahlt wird.
Das Unerklärliche erklären? Hat noch nie funktioniert. Frau Roht kann es ganz bestimmt auch nicht.