Unser Gastautor Ilias Uyar ist Rechtsanwalt aus Köln und vertritt die Rechte von Hartz4-Empfängern gegen das Jobcenter. Mit der Plattform hartz4control.de bietet RA Uyar bundesweit die kostenlose Überprüfung von Hartz4-Bescheiden an. Er gibt außerdem Fortbildungen und hält Vorträge zu den Themen Hartz4, Sozialrecht, Schuldnerberatung und Datenschutzrecht.
Aus meiner anwaltlichen Praxis weiß ich, dass viele Hartz IV-Empfänger große Scheu und manchmal sogar Angst vor dem Jobcenter haben. Nicht selten fühlen sich Hartz4-Empfänger klein und hilflos gegenüber der übermächtig wirkenden Behörde Jobcenter. Besser nicht aufmucken, die Entscheidungen akzeptieren! Das halten viele Hartz4-Empfänger im Umgang mit dem Jobcenter für das Beste. „Das wird schon seine Richtigkeit haben“, ist ein Satz, den ich in diesem Zusammengang oft in meiner Kanzlei höre. Aber das stimmt nicht. Denn die Fehlerquote der Jobcenter-Entscheidungen der ist extrem hoch.
Jobcenter-Mitarbeiter sind oft überlastet, die Stimmung ist behördenintern oft angespannt. Häufige Personalwechsel, die schlechte interne Organisation und wenig Überblick von Nichtjuristen in den Jobcentern über ein Rechtsgebiet mit vielen Sonderregelungen sind einige Gründe für viele falsche Bescheide der Jobcenter. Und das geht zulasten der Hartz4-Empfänger!
Wer mal versucht hat Unterlagen beim Jobcenter einzureichen, weiß, was ich mit der schlechten Organisation meine. Kann es Zufall sein, dass so viele Unterlagen im Jobcenter verloren gehen? Oder dass eingereichte Unterlagen für Weiterbewilligungsanträge nicht auffindbar sind.
Mein grundsätzlicher Rat an Hartz4-Empfänger ist: Seien Sie selbstbewusst. Hartz4-Empfänger sind nicht rechtlos. So wie Sie Pflichten haben, haben Sie auch gesetzlich verbriefte Rechte und Ansprüche, die es durchzusetzen gilt, wenn sie Ihnen verweigert werden. Nur weil ein Schreiben auf offiziellem Behördenpapier kommt, heißt es nicht, dass alles korrekt ist. Der Umgang mit dem Jobcenter fällt Ihnen sicherlich leichter, wenn Sie meine Empfehlungen beherzigen. Diese als Regeln zusammengefassten Empfehlungen sind nicht abschließend, sondern geben die Basics im Umgang mit dem Jobcenter wieder.
Regel 1: Legen Sie einen Jobcenter Ordner an!
Legen Sie für alle Bescheide, Briefe und sonstige Unterlagen, die Sie im Zusammenhang mit dem Jobcenter erhalten aber auch die Unterlagen, die Sie selbst beim Jobcenter einreichen einen eigenen Ordner an.
Ohne diesen Jobcenter-Ordner besteht die Gefahr, dass wichtige Unterlagen verloren gehen, bestenfalls sich ein Papierhaufen auftürmt und irgendwann im Papierchaos endet.
„Unzureichende Sachverhaltsaufklärung und Dokumentationsprobleme“ waren 2017 die zweithäufigste Ursache dafür, dass Jobcenter fehlerhafte Hartz4-Bescheide erlassen haben. Dass, was dem Jobcenter regelmäßig passiert, sollten Sie selbst vermeiden, indem Sie einen Jobcenter-Ordner anlegen.
Jobcenter hat Dokumentationsprobleme, Sie den Überblick
Das Jobcenter setzt Fristen und Termine, so dass Sie ohne Terminkalender zwangsläufig Termine vergessen und Fristen verpassen können, was sich nachteilig auswirken kann. Hilfreich ist es daher auf die Innenseite des Deckels Ihres Jobcenter-Ordners einen Jahreskalender einzukleben, um alle Termine und Fristen darin einzutragen.
Auch wenn das Jobcenter den Überblick verlieren sollte, haben Sie so mit ihrem Jobcenter-Ordner ohne großen Aufwand und relativ schnell eine gute Ordnung geschaffen und haben Durchblick, damit können Sie entsprechend reagieren.
Regel 2: Der Ton macht die Musik: im Umgang freundlich und genauso bestimmt!
Ich kenne Mitarbeiter aus Jobcentern, die mit befristeten Verträgen beim Jobcenter gelandet sind. Die Verträge wurden einmal verlängert und dann wurden sie auf die Straße gesetzt. Die Frustration ist häufig nicht nur bei den Hartz4-Empfängern hoch. Es gibt nicht wenige Mitarbeiter in den Jobcenter, die ebenso frustriert sind.
Wenn die Unzufriedenheit des Sachbearbeiters jedoch an dem „Kunden“ ausgelassen wird, der „Kunde“ angeherrscht oder abschätzig behandelt wird, ist das nicht zu akzeptieren. Vielfach werden mir solche Vorkommnisse von Hartz4-Empfängern berichtet, die entweder nicht so gut deutsch sprechen oder sich nicht gut ausdrücken können
Gute Erfahrungen habe ich gemacht, wenn Hartz4-Empfänger nicht alleine zum Jobcenter gegangen sind. Nehmen Sie also jemanden mit, wenn Sie zum Jobcenter gehen. Die Anwesenheit der Begleitperson kann entspannend wirken bei einer aufgeheizten Situation und Ihre Begleitperson ist zugleich auch Zeuge des Gespräches. Der Mitarbeiter des Jobcenter darf Ihre Begleitperson vom Gespräch nicht ausschließen. § 13 Abs. 4 SGB X ist klar formuliert: „Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen.“ Sie haben daher bei Gesprächen Anspruch auf einen „Beistand“, der Sie begleiten kann. Der „Beistand“ muss keine besondere juristische Ausbildung haben.
Begreifen Sie den Mitarbeiter beim Jobcenter nicht als Feind, denn das sorgt nur für angespannte Stimmung. Verhalten Sie sich genauso, wie Sie selbst behandelt werden wollen. Höflich, freundlich! Aber auch bestimmt. Sie müssen nicht zu allem Ja und Amen sagen. Der Ton macht eben die Musik.
Kontakt:
Hartz4Control
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