Ruhr2010 Direktor Dieter Gorny glaubt nicht, dass das umstrittene Konzerthaus Bochum für die weitere Entwicklung des Bochumer Viktoriaquartiers zu einem Kreativquartier ein prägender Faktor wäre.
Das Viktoriaquartier um das Bermudadreieck sei allein durch das Schauspielhaus und den City Hörsaal der Ruhr Uni immer Wortlastig gewesen. In dieses Umfeld passe die Investition des Bochumer Gastronomen Leo Bauer und des Schriftstellers Frank Goosen ein Kleinkunst-Theater neben dem Riff zu errichten gut. Die Konzerthauspläne der Stadt, deren Umsetzung im Augenblick unwahrscheinlich ist, sieht Dieter Gorny eher skeptisch: "Das Konzerthaus wäre ein Solitär. Es schadet nicht, aber es wäre kein prägender Faktor für die weitere Entwicklung des ViktoriaQuartiers. Das haben wir (Die Ruhr2010. die Redaktion) immer deutlich gemacht."
Überhaupt sieht Gorny den weiteren Ausbau der Subventionskultur skeptisch: "Man muss sich die Frage stellen, ob Investments in diese Art von Kultur mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung überhaupt noch Sinn machen. Ob ein Konzerthaus das richtige Mittel ist, die Menschen im Ruhrgebiet zu halten die wir zukünftig brauchen und die Region für jungen Kreative attraktiv zu machen, wage ich zu bezweifeln. Wir müssen erkennen, dass ein großer Teil der Bevölkerung sich kulturell anders ausgerichtet hat, als es die Formen von Kultur vorgeben, die mit Subventionen am Leben erhalten werden. Es sind doch die Menschen, die in den Off-Theatern sind, die eigene Bands gründen, Galerien eröffnen oder auf eine andere Art und Weise selbst kreativ tätig werden, die eine Region lebendig werden lassen. Diese Leute muss man halten, man muss sie unterstützen und ihnen die Freiräume geben, die sie benötigen. Das ist allerdings immer noch das Gegenteil von dem, was man unter normaler Kulturpolitik versteht."
Pikant: Die Stadt Bochum versucht im Moment den Bau des Konzerthauses mit Verweis auf dessen Bedeutung für die Entwicklung des Viktoriaquartiers zu einem Kreativviertel zu begründen. Regierungspräsident Helmut Diegel hält es wegen der prekären Lage des Bochumer Haushaltes nicht für Verantwortbar ein solches Gebäude zu errichten. Generell sind Gornys Aussagen eine guter Anlass für die Kulturpolitiker des Ruhrgebiets die Honoratiorenorientierung der Kulturpolitik zu überdenken und neue Wege zu gehen, anstatt kulturelle Strukturen anderer Städte zu kopieren.
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Gorny schüttet hier, wie man so schön sagt, das „Kind mit dem Bade“aus. Dass ein Teil der sogenannten Kreativen, insbesondere wenn sie zu den Erfolgreichen gehören, sehr wohl auch die klassische Hochkultur goutiert, steht nämlich außer Frage. Wer diesen Teil in welche Stadt auch immer locken bzw. dort halten will, wird deswegen auf so etwas wie ein eigenes Konzerthaus nicht verzichten können. Beim neuen Konzerthaus und beim ebenfalls an der Viktoriastraße geplanten Umbau der Marienkirche zum Kammermusiksaal geht es aber gar nicht so sehr um das zukünftige Kreativviertel sondern um die gesamte Innenstadt.
Bochum schafft sich zweifelsfrei, egal ob man im regionalen Gesamtrahmen von zuviel oder zu wenig Häusern dieser Art ausgeht, mit diesen beiden Neu- respektive Umbauten an diesem Ort einen nicht zu toppenden Standort- und damit auch Wettbewerbsvorteil. Die beiden neuen Häuser bilden nämlich zusammen mit den privat finanzierten Kleinkunstbühnen neben dem Riff, dem Schauspielhaus mit seinem unmittelbaren Kneipenumfeld und dem sogenannten Bermudadreieck ein im Ruhrgebiet und darüber hinaus eimaliges, fußläufig zusammenhängendes Ausgeh- und Kulturviertel erster Güte.
Es liegt obendrein in unmittelbarer Nähe eines hoch frequentierten Hauptbahnhofs und ist somit auch auf ökologischem Wege aus der ganzen Region und darüber hinaus bestens zu erreichen. Shopping ist ebenso in unmittelbarer Nähe und damit fußläufig möglich.
Wer nur etwas Ahnung von dem Gedanken der „Green City“ und von nachhaltiger Stadtentwicklung hat, der weiß welche langfristigen Zukunftschancen damit für die Bochumer Innenstadt verbunden sind. Die Verantwortlichen sollten sie nicht verspielen.
Keine Bange, das Gerede vom Solitär ist ohnehin Unsinn. Im übrigen kann man dem Viktoriaquartier nur wünschen, dass gerade das Goosen-Theater (https://cafe-industrie.de/veranstaltungen.html) eben nicht ?prägend? sein wird.
@Dirk E. Haas: Das Prinz-Regent-Theater in die Marienkirche zu packen wäre eine wesentlich bessere Idee. Und das Café Industrie hat schon einmal einen ganz großen Vorteil: Es wird nicht subventioniert und ist aus einer privaten Initiative entstanden.
@Arnold: Wie erfolgreich die klassische Musik wirklich ist würden wir wissen, wenn die Konzertkarten realistische Preise hätten und nicht subventioniert werden würden.
Stefan,
es gibt am City Tor Süd auch noch Platz für das Prinz Regent Theater. Je vielfältiger das Kulturangebot an einem zentral gelegegen Ort wie diesem, desto besser für die Urbanität u n d die Ökologie im Ruhrgebiet