Gotteskrieger mit Nummernschildern

Foto: keine Ahnung / Ausschnitt aus dem Terrorfilm

Ich hab gerade einen Terrorfilm im Internet gesehen. Das Stück ist seit ein paar Tagen oben. Angebliche Gotteskrieger aus Deutschland schwadronieren da über den heiligen Krieg und versuchen Leute in Deutschland anzuwerben. Die eine oder andere Zeitung hat drüber vor ein paar Wochen berichtet. Es geht um die usbekische Gruppe „Islamic Movement of Uzbekistan“, die jetzt offenbar eine deutsche Sparte aufmachen will.

Ich fand den 55 Minuten-Streifen echt zäh und nur mit Vorspulmechanik zu ertragen. Da singen die ganze Zeit kehlige Brüder irgendeinen Unsinn. „Murarabaabahahaha“ und dann knallt was. Mündungsfeuer. Dazwischen erzählen zwei Vögel aus Bonn und Hamburg irgendeinen Quatsch von "Gotteskrieg macht frei" und dem Propheten, dem man folgen soll. Präsentiert von „Jundullah“.

Wer will, kann sich das Stück über die Seite furqon.com ansehen. Ich verlinke den Film hier nicht, da ich nicht weiß, ob man dann nachher wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verfolgt werden kann. Wie dem auch sei. Im Film ist die Rede von Abu Askar und Abu Safiyya. Ich halte jede Wette, zu knutschen finden die Typen so nichts. 

Wir haben Deutschland nur verlassen, um der Religion zum Sieg zu führen“

Tja. Rasieren wäre besser.

Ich weiß nicht, ob das eine echte Terrornummer ist. Irgendwie kann ich das nicht glauben. Da fährt zum Beispiel ein Wagen mit den schwerbewaffneten Gotteskriegern durch irgendeine Pampa. Keine Ahnung wo. Afghanistan oder Pakistan oder Sonstwostan. Und der Pick-Up hat doch tatsächlich Nummernschilder. Kein Scheiß. Da kann sogar ich mit ein wenig Mühe den Halter ausfindig machen. Kann sein, dass die Kennzeichen geklaut sind. Oder nicht mehr gültig. Komisch ist es trotzdem. Das sieht aus wie Geländespiele von bärtigen Komikern.

Ab und an werden Gesichter verpixelt, ab und an nicht. Aber die ganze Zeit bedeutungsschwanger rumerzählt und gesungen. Und Waffen werden aufgebaut – so Dinger aus dem Kriegsmuseum. Ich hab einmal einen „Feind“ gesehen. Einen Hubschrauber im Schnitt, ewig weit weg. Und dann haben die Gotteskrieger aus jeder Antik-Flak geballert, als würde die Schlacht um Berlin geschlagen.

Ich weiß nicht. Ich denke bei so Nummern an eine Geschichte, die mir ein Kollege mal erzählt hat. Und zwar wollte der Kollege als Undercover-Reporter eine SS-Gruppe in München infiltrieren, um über deren Innenleben zu berichten. Wie macht man das? Diese SS-Gruppen sind verdammt verschlossen gegenüber Newcomern.

Nun: der Kollege hat einfach eine ganze Nazi-Zelle erfunden.

Er hat sich ein Postfach in Wien besorgt und angefangen, Briefe zu schreiben. Er hat den SS-Vögeln erzählt, er wäre mit einigen Kameraden in die Ostmark gezogen und wolle dort nationalistisch arbeiten. Ob sie nicht Tipps hätten. Und so ging das immer weiter. Zuerst kamen keine Antworten. Später dann doch. Als er schließlich erzählte, er sei zum Führer der Zelle „Ostmark“ gewählt worden, und sie hätten jetzt zudem einen Schriftführer und einen Kassenwart, da wurde der Kollege zur Geheimsitzung der SS-Kameraden Deutschlands eingeladen. Ich nehme an, der Kassenwart hat gezogen.

Der Kollege hat dann unter seinem Klarnamen eine der spannendsten Reportagen aus dem Innenleben der Nazibanden geschrieben, die ich kenne. Toll.

Irgendwie denke ich, hier könnte dasselbe Muster abgespult werden. Als würden unsere oder andere Dienste versuchen, auf diesem Weg irgendwie eine Zelle zu erfinden, die dann an Al-Quaida oder all die anderen Terrorfuzzis herangespielt werden soll, um so Erkenntnisse zu gewinnen. Sicher gibt es das „Islamic Movement of Uzbekistan“ als Terrorgruppe. Aber ob die diesen 55-Minuten-Streifen gemacht haben? Nee, ich weiß nicht.

Vielleicht sollen durch die Propaganda auch nur bislang unerkannte Hobby-Terroristen angelockt werden, bevor sie sich einer echten Gruppe anschließen, und Anschläge in Deutschland planen.

Was weiß ich. Vielleicht sind die Typen auch echt. Aber dann haben sie keine große Anziehungskraft und stellen auch keine große Gefahr dar.

Ist das eigentlich der erste Terrorfilm, der sich direkt an das deutsche Publikum wendet, um hier Mitglieder zu werben? Der Server steht in Istanbul, Türkei, der Netzwerk Access Provider in Amsterdam. Bis jetzt ist da nichts abgeschaltet worden. Und die Medien sorgen nach wie vor dafür, dass jeder, der will, dorthin findet und sich einloggt.

Ich hoffe nur, am Ende sind nicht mehr Geheimdienstler Mitglieder der Terrorbanden als V-Leute in der NPD.

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Sardor
Sardor
15 Jahre zuvor

„Antik-Flag“? Soll wohl „Flak“ heißen – FLugAbwehrKanone…

Kommentator
Kommentator
15 Jahre zuvor

Magst Du einen Link auf die Geschichte von der SS-Zelle posten? Oder den Namen des Buches? Ich finde solche journalistischen Undercover-Sachen spannend.
Und: Nein, damit meine ich nicht die „Reporter“, die Fotos von Tatopfern aus Social Media „besorgen“. Zudem: Die Furqonisten wollten meinen Media-Player kapern . . . nee, so dann doch nicht.

Arnold Voss
Arnold Voss
15 Jahre zuvor

Aus Sicht einer aufgeklärten Männlichkeit, die Stärke nicht mit Gewalt und Aggression nicht mit Unterwerfung gleichsetzt, mögen solche Filme, ob Fake oder nicht, lächerlich erscheinen. Für verklemmte männliche Großmäuler sind diese kriegerischen Visagen und ihre entsprechenden Kostüme jedoch die ultimative Projektionsfläche.

Wer wünscht sich von diesen autoritätsfixierten Loosern nicht, dass endlich einer -am besten natürlich alle – mal so richtig Angst vor ihnen hat/haben. Und was gibt es für eine größere Angst als die vor einem waschechten Terroristen, der auch noch im Auftrage der höchsten Autorität handelt, die sich Menschen vorstellen können: Gott.

Gäbe es ihn wirklich, er hätte diese Idioten schon lange von seiner Erde getilgt.

Jens König
15 Jahre zuvor

Scheisse, Alter, das is Jesus. Verdammt, guckt doch mal genau hin. Jesus, der alte Zimmermann, mit seinem verdammten Brotmesser. Von wegen Abu Askar, der ist doch seiner Mutter Maria wie aus dem Gesicht! Also ich hab da neulich so’n Bild bei nem Kumpel gesehen, Jesus im Kornfeld am Rumsegnen, ne, und was soll ich noch sagen, das isser. Segnet da oben wohl grad die Oliven.

Arnold Voss
Arnold Voss
15 Jahre zuvor

Das gäbe der Bildinterpretation eine ganz neue Wende. Gottes Sohn gleich Gotteskrieger. Allerdings mit diesem täuschend sanften Gesicht.Um uns alle an der Nase herumzuführen.

Das würde bedeuten, dass, wenn es Gott gäbe, er gar kein Interesse daran hätte, diese Idioten zu vernichten. Ganz in Gegenteil.

Jens König
15 Jahre zuvor

Nö. Das würde nur bedeuten, dass Gott ne verdammt schräge Sorte von Humor hätte. Oder jedem Volltrottel das dementsprechende Gesicht gäbe. Interpretationssache vermutlich.
Und ich revidiere: Das ist gar kein verdammtes Brotmesser, der Kerl will sich bloss mal richtig scharf rasieren. Ich kann nämlich Lippenlesen: Der Junge sagt gerade: „Vorn kurz, hinten lang. Aber machst Du nischt Augenbrauen weg. Und nischt wieder so Nazi-Frisur, Alta…“
Da lag David doch nicht ganz falsch mit seinem Tip.

nida
nida
15 Jahre zuvor

Wow, eine Gutes Foto

Thomas
15 Jahre zuvor

>Das hat Gerhard Kromschröder gemacht für den Stern. Die Story ist leider nicht Online. Kromschröder ist einer der besten des Fachs.

Allerdings.

Gerhards STERN-Geschichte ‚Als ich ein Türke war‘, in der er u.a. im Frankfurter Operncafe als Türke verkleidet nicht bedient worden ist; sowas war damals, etwa 1986, noch ein harter Indikator von Diskriminierung, die Story briste ganz Deutschland auf, hat zwei in diesem Blog schreibende damalige Jugendpressefuzzies so beeindruckt, daß die eine Jugendpressekonferenz mit dem Meister vom STERN im Jugendgästehaus zu D’Dorf-Oberkassel angeleiert haben.

Gerhard erschien nicht, er war unterwegs, 50 enttäuschte Jungjournis aus ganz NRW waren da.

Aber zum Trost brachte seine Vertretung vom Landesbüro nebst Grußwort von Gerhard eine ganze Kiste Bücher mit.

Und zwar dieses:

https://www.amazon.de/Als-ich-ein-T%C3%BCrke-war/dp/3821811064

An der Nummer – als ich ganz unten ein Türke war – hat sich danach ja auch sehr deutlich Wallraff eine Scheibe abgeschnitten.

Helmut Qualtinger
15 Jahre zuvor

Immer wieder findet der Grossdeutsche Gedanken Anhänger, vorallem in Wien. Aber wer würde sich nicht mit Kati Witt in einer schönen neuen Welt wieder- oder auch zum erstenmal vereinigen wollen

Sogar das Fegefeuer wird mit ihr noch richtig lauschig.

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