Frauen protestieren gegen die Auszeichnung von Frauenhass. Von unserer Gastautorin Eva Engelken.
Als ich ein Kind war, war meine (Fernseh-)Welt noch in Ordnung: Reporter waren rasend kluge Menschen und wer auf dem roten Teppich interviewt wurde, hatte Großartiges geleistet und etwas zu sagen. Natürlich nahm mein kindliches Märchenprinzessinnen-Ich an, dass es irgendwann später selbst in Fernsehkameras sprechen und dass das wahnsinnig großartig sein würde. Tatsächlich habe ich in den vergangenen zweieinhalb Jahren in einige Mikros gesprochen – wegen meines Engagements gegen die Transgenderideologie –, doch das Ergebnis war für mein innere Märchenprinzessin mehr als enttäuschend.
Als ich im Mai 2022 in der RTL-Talkshow SternTV auftrat, hatte mir zwar ein Make-up-Artist namens Dimitri herrliche Wellen geföhnt, aber der Applaus blieb aus, weil die Einheizerin das Studiopublikum explizit angewiesen hatte, nicht zu klatschen. Und der Moderator Steffen Hallaschka ließ mich nicht einen Satz unterbrechungsfrei reden – wohl weil er einen jungen männlichen Studiogast, der sich mit aufgepumpten Brüsten und Lippen als Frau präsentierte, vor der radikalen „TERF“ Engelken schützen wollte.
Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk würde es besser werden, sagte ich mir, und als ein paar Monate später der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Gestalt des Investigativmagazins Kontraste anklopfte, ließ ich den Reporter in meine Wohnung – sehr zur Freude meiner inneren Märchenprinzessin, die glamouröse Morgenluft witterte.
Die Ernüchterung kam nach nur zweieinhalb Stunden Interview. Der sich bis dahin recht freundlich gebende Interviewer setzte eine investigative Mine auf und frage mit bedeutungsschwangerer Stimme, ob ich bewusst falsche Zahlen in meinem Buch verwendet hätte, um „Stimmung gegen Trans“ zu schüren. Ich verneinte, aber realisierte, dass hier kein objektiv recherchierender Journalist vor mir saß, sondern ein Mann, der finster entschlossen war, einen bei mir diagnostizierten Rechtsextremismus aufzudecken, einen Hang zu antisemitischen Verschwörungstheorien und natürlich krankhaften „Hass auf Trans“, darunter machen die Aktivisten es nicht. „So schlimm wird die Sendung nicht werden“, beruhigte ich mich, nachdem er mein Wohnzimmer verlassen hatte, „schließlich ist er vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk“.
Ich irrte mich. Gerade weil es der öffentlich-rechtliche Rundfunk war, war die Meinungsmache viel schlimmer als bei den Privatsendern. Silvio Duwe – so heißt der Reporter – baute seinen Beitrag so auf, dass ein unbedarfter Zuschauer den Eindruck erhalten musste, die ebenfalls gezeigte Marie-Luise Vollbrecht und ich würden in unserer Freizeit wahlweise auf Transjagd gehen oder mit Putins Agenten kuscheln. Ich, als Frau, die im Gegensatz zu den Transgenderaktivisten noch zwischen Mann und Frau unterscheiden kann, war offenbar nur befragt worden, um mich mittelbar für den Tod einer jungen transidenten Frau namens Malte verantwortlich machen zu können. Malte war am Rande einer LGBTIQ-Demo durch die Schläge eines jungen schwulen tschetschenischen Amateurboxers mit dem Kopf auf den Asphalt geknallt und wenige Tage später gestorben.
Was mich noch mehr als der grotesk tendenziöse Fernsehbeitrag ärgerte, war, dass ich meinen beharrlichen Restglauben an die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beerdigen musste. Ich wollte einfach nicht einsehen, dass der von unsern Steuermilliarden gemästete Rundfunk beschlossen hatte, seine Aufgabe als vierte Macht im Staat zugunsten einer Tätigkeit als PR-Arm der Ampelregierung aufzugeben. Meine Ausbildung an der Georg-von-Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten hatte ich nicht wegen der leckeren Häppchen auf Pressekonferenzen absolviert, sondern wegen der Aussicht, den Mächtigen auf die Finger zu klopfen anstatt ihnen zu schmeicheln.
Die Ernüchterung wuchs im Dezember 2022, als der als Satiriker getarnte Hass- und Hetzbeauftragte des Zweiten Deutschen Fernsehens Jan Böhmermann zuschlug. In seinem Magazin ZDF Magazin Royale vom 2. Dezember verhöhnte er zahlreiche Frauen, die sich der Transgenderideologie widersetzen, nicht nur als Nazis, sondern als Scheißhaufen.
Irgendwie typisch deutsch. Ein britischer Politiker hatte Frauen, die für ihre geschlechtsbasierten Rechte einstehen, als Dinosaurier bezeichnet, die ihre Rechte wie Eier hüten. Daraufhin demonstrierten britische Feministinnen als Dinos. Dem deutschen Komiker fielen nur Scheißhaufen ein. Damit befindet er sich in guter Gesellschaft. Der designierte Queerbeauftragte Berlins, Alfonso Pantisano, verunglimpfte Frauen, die gegen die Transgenderideologie sind, unlängst als „Hündinnen, die ihre Notdurft an den Meilensteinen der Frauenbewegung verrichten.“
Zu den von Böhmermann, Pantisano, aber auch vom Queerbeauftragten der Bundesregierung Sven Lehmann, ins Visier genommenen Frauen zählten Alice Schwarzer, Marie-Luise Vollbrecht, Birgit Kelle und andere. Auch mein Bild wurde kurz eingeblendet, woraufhin eine Freundin, die das öffentlich-rechtliche Narrativ der radikalisierten und nach rechts abdriftenden Frauen kritiklos akzeptiert hatte, mir empört schrieb, „jetzt bist du schon bei Böhmermann!“, nach dem Motto, ‚wo soll das noch hinführen?‘.
Ihre WhatsApp-Nachricht belegte, wie machtvoll die pausenlos vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreitete Politikpropaganda wirkt. Wenige Tage vor der Sendung Kontraste im Oktober hatte mich mein langjähriges Frauennetzwerk als „absichtlich verletzend gegenüber Transpersonen“ ausgeschlossen. Meine kurze Karriere bei den Grünen war aus demselben Grund schon länger beendet gewesen. Schön ist das nicht. Und einer Demokratie förderlich auch nicht, wenn abweichende Meinungen als feindlich und extremistisch gelabelt werden.
In einem Aufflackern von Restvertrauen in die demokratische Verfassung unseres Rundfunks legten zahlreiche Frauen, darunter die Redakteurinnen der Zeitschrift EMMA, förmliche Programmbeschwerden sowohl gegen Kontraste, als auch gegen ZDF Magazin Royale bei den Aufsichtsgremien der Sender ein. Es erwies sich, dass die hehren Programmgrundsätze und journalistischen Sorgfaltspflichten bei der ARD, dem ZDF und dem rbb keine Bedeutung mehr haben. Ich bezweifle, ob auch nur ein Rundfunkratsmitglied meine mit 80 Seiten Dokumentation unterlegte Programmbeschwerde gegen den rbb gelesen hat.
In der Liveübertragung der Rundfunkratssitzung vom 14. März erklärte das zuständige Mitglied des Programmausschusses Katharina Riedel den Sitzungsmitgliedern, dass die Kontraste-Redaktion ja immer sehr gute Arbeit geleistet habe, woraufhin alle Anwesenden die Programmbeschwerden ablehnten.
Wenige Tage später wurde offenbar, dass parallel ein anderes Rundfunkgremium zu der Ansicht gekommen war, dass die nach Rechtsextremismus schürfenden Kontraste-Redakteure, namentlich mein Interviewer Silvio Duwe, ausgezeichnete Arbeit geleistet hätten. Sie würdigten sie mit dem Grimme-Preis für besondere journalistische Leistungen. Die Grimme-Preis-Jury belobigte also eine Redaktion dafür, dass sie nicht als objektive Vertreterin der vierten Gewalt im Staat berichtet hatte, sondern als Werbeagentur der Ampelregierung half, ihre Projekte in den Köpfen eines Millionenpublikums zu verbreiten – zum einen die Transgenderpolitik mit ihrer Erzählung von der ausgegrenzten Minderheit, die es zu schützen gelte. Zum anderen den von Nancy Faeser als eminent wichtig bezeichneten Kampf gegen Rechts.
Auch ZDF Magazin Royale und Jan Böhmermann wurde ein Grimme-Preis zuerkannt. Mit Blick auf seine „Scheißhaufen“-Ausfälle gegen Frauen, die die frauen- und demokratiefeindlichen Auswüchse der Transgenderideologie kritisieren, ist es ein Grimme-Preis für Hetze gegen Frauen, die den Mund aufmachen. Das hat Tradition in der abendländischen Kultur. Von der aufmüpfigen Prinzessin Pandora aus der griechischen Sage, aus deren Schmuckkästchen Krankheit und Leid über die Welt kam, über die böse Eva, die den armen Mann Adam zum Apfelessen verführt hat, bis hin zu den Hexen, die man für Missernten und Krankheit verantwortlich machte – es waren immer die Frauen, die gezähmt werden musste.
Nun konnte sich selbst meine renitente innere Märchenprinzessin nicht mehr der Einsicht verwehren, dass es für sie auf den offiziellen roten Teppichen keinen Platz mehr geben würde. In meiner Empörung über die offen gefeierte und ausgezeichnete Frauenfeindlichkeit unter der Tarnung von Satire- und Investigativ-Sendungen war ich nicht alleine. Mehrere Fraueninitiativen (WDI, Initiative Lasst Frauen sprechen, Frauenheldinnen e.V.) und einzelne Aktivistinnen schlossen sich zusammen, um gegen den Grimme-Preis für Frauenhass zu protestieren. Wir kreierten den „Grimmigen Scheißhaufen“ als Preis für besondere Verdienste um die Beschimpfung von Frauen. Wir luden Jan Böhmermann zur Preisverleihung am 21.4. am Rande der Grimme-Preisverleihung ein. Weil wir vorausgesehen hatten, dass Böhmermann nicht kommen würde, hatten wir einen Papp-Böhmermann mitgebracht, den wir nach vollzogener Preisverleihung einfach zusammenklappen konnten.
Böhmermann zeigte sich übrigens zu Anfang und nur sehr kurz auf dem roten Teppich. Hatte er von unserer Aktion Wind bekommen? Überhaupt gingen nur wenige Promis über den roten Teppich. Schämten sie sich? Maren Kroymann, die für Lebenswerk geehrt wurde, war die einzige Prominente, die von den wenigen hinter den Absperrgittern stehenden Schaulustigen beklatscht wurde.
Wer ebenfalls durch den Seiteneingang das Theater in Marl betrat und dabei mit uns Frauen fast zusammenstieß, war unser Freund Sven Lehmann, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfamilienministerium und Queerbeauftragter der Bundesregierung. Offenbar hatte ihm niemand gesteckt, dass die von ihm als Faschos verhöhnten Frauen vor dem Theater demonstrierten. Als er unserer gewahr wurde, eilte er nur umso schneller zum Eingang.
Was er wohl bei der Grimme-Preis-Verleihung vorhatte? Sich mit seinen frauenfeindlichen Buddys Böhmermann, Duwe und anderen auf die Schultern klopfen? Sein Begleiter warf uns Demonstrantinnen vor, wir hätten „kein Benehmen“.
Wer in Wahrheit kein Benehmen hat, sind der Queerbeauftragte, der die ideologie-lastige Politik der Ampel prägt und der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der sich zum PR-Büro dieser Regierung macht.
Dass sie sich heimlich zur Preisverleihung schleichen und nicht den Mumm haben, sich mit uns im wirklichen Leben oder schriftlich über ihre Gremien auseinander zu setzen, zeigt, wie feige sie sind.
Und es zeigt auch, dass ihnen klar sein dürfte, dass sie mit den Leuten draußen, die vor den von der Polizei bewachten Absperrgittern stehen, keine Gemeinsamkeiten haben. Zwar sind sie diejenigen, die im Fernsehen gefeiert werden, weil das Fernsehen auf ihrer Seite steht. Aber eine Politik, die nur überlebt, weil der von uns allen zwangsfinanzierte Rundfunk sie feiert, ist nicht nachhaltig.
Und vielleicht sind es irgendwann doch nicht mehr sie, die über den roten Teppich gehen. Sondern wir.
Eva Engelken. Vorsitzende von Frauenheldinnen e.V.
Der Text ist verdammt gut und seine Kritik an den Böhmermännern, Lehmännern und all den anderen Männern dieser Welt, die als „ausgezeichnete“ Frauenversteher (wenn auch nur mit dem GrimmePreis) sowieso alles besser wissen, mehr als berechtigt.
ich frage mich allerdings, wieso die Autorin 2018 ausgerechnet bei den Grünen eingetreten ist, deren Mitglieder wie bei keiner zweiten Partei den ganzen Gendertransquark wie eine Monstranz vor sich hertragen um das Volk mit ihren Vorstellungen von Geschlecht zu missionieren versuchen!?
Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Artikel.