Ach, Kevin, was hätte das für eine geile Karriere werden können! Du hattest alle Möglichkeiten beim BVB zu einer Legende zu werden. So eine, wie es sie in Dortmund aus über 110 Jahren Klubgeschichte bisher nur ganz wenige gibt.
Dein Karriereauftakt, er verlief wie ein Märchen. Als begeisterter Fan auf der Südtribüne gestartet, zum aufstrebenden, jungen Spieler beim Zweitligisten im benachbarten Ahlen, dann unter Jürgen Klopp schier unverzichtbare Stammkraft in der ersten Elf bei Borussia Dortmund. Titel als deutscher Meister (2011, 2012), Pokalsieger (2012) und Champions League-Finalist (2013) sammeltest du quasi nebenbei mit ein. Als Krönung dieser spektakulären Entwicklung warst du sogar Mitglied im Kader der Weltmeister-Elf des DFB beim Titelgewinn im Jahre 2014 in Brasilien. Eine traumhafte Entwicklung, wie sie nur selten mitzuverfolgen ist!
Wir BVB-Anhänger konnten uns damals alle voll und ganz mit dir identifizieren. Du warst einer unserer absoluten Lieblinge, da du uns allen so nahbar, so ‚normal‘ erschienst. Viele von uns trugen Trikots mit denem Namen auf dem Rücken, wenn sie ins Stadion pilgerten. Du hast vielen Fußballfreunden wiederholt aus der Seele gesprochen, wenn du deine Abneigung gegenüber dem FC Schalke 04 in ein paar flapsigen Sprüchen öffentlich kundgetan hast. Es waren herrliche Zeiten. Und dann? Ja, was ist eigentlich dann mit dir passiert?
Ab dem Jahr 2014 wollte dir irgendwie nichts mehr gelingen. Klar, Verletzungen haben dich in der Endphase von Jürgen Klopp in Dortmund häufig zum Zuschauer werden lassen, aber auch unter seinem Nachfolger Thomas Tuchel schafftest du es in Dortmund nach deiner Genesung nicht mehr zurück in die großen sportlichen Schlagzeilen.
Statt über tolle Spiele und große Siege las man plötzlich sehr viel über dich in der Presse, was einen eher zum Fremdschämen veranlasste. Geschichten über diverse Eskapaden, auf die man als BVB-Fan nun wirklich nicht stolz sein konnte, pflasterten plötzlich deinen Weg. Und ganz egal ob Hotelpinkelaffäre oder Dönerwurf, all das verursachte bei vielen eher ein mitleidiges Verlegenheitslächeln als Stolz und Anerkennung gegenüber deiner Person. Plötzlich sorgtest du bei vielen Sportfans im Lande zunehmend für Verdruss.
Hinzu kam irgendwann dein nicht mehr zu übersehender sportlicher Abstieg, der dich über den verunglückten Wechsel in die Türkei, den VfB Stuttgart, den SV Darmstadt 98 bis hin in die Niederungen der dritten Liga zum KFC Uerdingen führte. Und auch dort fand deine Zeit im Herbst 2020 leider keinen erfreulichen Abschluss mehr. Häufig sahst du dich dabei als ‚Opfer‘. Über Selbstkritik und aufrichtige Reue bekam man von dir als Beobachter hingegen nur wenig mit.
Ich habe mich gegen Ende deiner Profilaufbahn häufig regelrecht geschämt für deine öffentlichen Auftritte, sowohl auf als auch neben dem Platz. Nichts war zum Schluss mehr übrig vom einst so großen Dortmunder Helden der ersten Karrierephase als Profi.
Es war einfach nur traurig, das so über Jahre mitansehen zu müssen. Ganz bitter, wie sehr deine zunächst sensationell gute Entwicklung in diesen heftigen Sturzflug überging und daraus leider bis in die Gegenwart hinein eben auch nicht mehr herausfand.
Am Sonntag hast du in den sozialen Medien das offizielle Ende deiner Profikarriere verkündet. Auf den ersten Blick kann man das mit 32 Jahren als Sportler natürlich auch machen. Altersmäßig befindest du dich damit in durchaus guter Gesellschaft.
Wenn man dabei aber bedenkt, dass deine erste Karrierehälfte noch ein permanenter, märchenhafter Aufstieg war, die zweite Hälfte aber im Gegensatz dazu ein durchgängiger Abstieg, dann wird mir schwer ums Herz. Ganz ehrlich!
Natürlich liest sich deine Karrierebilanz mit all den Titeln auch so beeindruckend. Viele Bundesligaprofis streben über viele Jahre hinweg vergeblich nach diesen Erfolgen.
In Erinnerung bleiben wird mir von dir aber letztendlich dann doch viel mehr der Typ, der es einfach nicht hingekriegt hat nach dem überraschenden WM-Titel weiterhin die Leistungen abzurufen, die ihm hätten aufgrund seiner tollen Vorrausetzungen und einer prima Ausgangslage möglich sein sollen. Was für eine vertane Chance in Dortmund zu einer echten Ikone zu werden!
Ich verfolge die Geschicke des BVB jetzt schon seit dem Ende der 1970er-Jahre. Ich erinnere mich daher an recht viele große Helden und tragisch Gescheiterte aus dieser Zeit. Aber wohl keiner unserer Helden hat in diesen Jahrzehnten eine so spektakuläre Bruchlandung hingelegt wie du.
Das ist es leider, was ich von dir vermutlich in erster Linie in Erinnerung behalten werden. Und das kann dir doch auch nicht recht sein. Oder, Kevin?
Wie dem auch sei… Mach es gut, ‚Dortmunder Jung‘!
Kevin wechselt wieder zurück nach Dortmund!
Nicht zum BVB, sondern zum Stadtrivalen Tus Bövinghausen 04. Das dieser Verein ebenfalls blau im Wappen und ein 04 im Namen trägt, sollte ihn aber nicht weiter stören 😉
Quellen:
Ruhrnachrichten (€)
https://www.ruhrnachrichten.de/lokalsport-dortmund/bvb-ex-profi-kevin-grosskreutz-wechselt-offiziell-in-den-dortmunder-amateurfussball-plus-1596088.html
und Reviersport:
https://www.reviersport.de/artikel/transferticker-schalke-mit-interesse-an-augsburg-stuermer-brandt-bei-arsenal-im-gespraech/