Wenn man in eine Partei eintritt, dann ist nicht alles eitel Sonnenschein. Eine Binsenweisheit, klar. Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten gehören irgendwie dazu, können ja auch Spaß machen und die eigene Meinung weiterentwickeln helfen. Unser Gastautor Robin Patzwaldt ist Mitglied von Bündnis90/Die Grünen in Waltrop.
Doch was schon mir als einfachem Basisgrünen klar ist, dass sollte der Parteispitze doch eigentlich erstrecht klar sein, oder? Ich bin mir da jüngst nicht mehr so sicher.
In den nun knapp zwei Jahren meiner Parteizugehörigkeit habe ich viel Kritik an Entwicklungen in ‚meiner‘ Partei geübt, habe mich für die Einhaltung von konkreten Wahlversprechen eingesetzt. Manchmal mochte ich gar nicht glauben, wie merkwürdig sich unsere Landessspitze mit Regierungsverantwortung plötzlich in vor der Wahl noch ziemlich zentralen Punkten plötzlich verhielt. Plötzlich war man nicht zuständig, zeigte auf Gerichte und auf die Vorgängerregierung statt selber das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen, oder es zumindest ernsthaft zu versuchen.
Also begann ich, zusammen mit Mitgliedern meines Waltroper OVs diese Dinge intern und auch öffentlich zu kritisieren.
Das dies wohl nicht gerade auf Begeisterung bei unseren Parteikollegen in Essen (RVR) und Düsseldorf (Landesgrüne) stieß nahm ich dabei gerne in Kauf, wollte ich doch auch noch am nächsten Morgen erhobenen Hauptes in den Spiegel, und unseren Wählern hier vor Ort auch zukünftig noch ins Auge schauen können.
Das meine bzw. unsere Kritik an den Kehrtwendungen u.a. in Sachen ‚Datteln 4‘ und ‚Newpark‘ nicht wirklich argumentativ beantwortet wurde, das enttäuschte mich schon im Laufe der letzten gut 18 Monate immer wieder. Zumal Führungspersonen einer Partei mit solcher Kritik, auch aus den eigenen Reihen, ja eigentlich souveräner umzugehen vermögen sollten, als (berechtigte) Kritik durch Nichtbeachtung schlicht im Raum stehen zu lassen.
Ich habe das immer als Zeichen der Schwäche unserer Parteiführung betrachtet.
Offenbar spielten die so Kritisierten lieber die Beleidigten und verschanzten sich im Schneckenhaus, statt auf sachliche Kritik souverän zu antworten. Oder konnte man das schlicht nicht?
Ich weiß es nicht. Ist ja auch müßig hier darüber weiter zu grübeln.
Was mich auch aktuell vielmehr veranlasst hier meine Verärgerung kund zu tun ist die Tatsache, dass das vielsagende Schweigen der Landesgrünen zu Kritik vom OV Waltrop inzwischen schon nicht auf die Politik und kritische Meinungen aus Waltrop und Umgebung beschränkt zu sein scheint.
Vor 14 Tagen hatten wir hier in Waltrop mal wieder ein Treffen des OVs. Ein Tagesordnungspunkt war ein möglicher Ausflug unserer Gruppe.
Was liegt näher als den Ausflug einem gemeinsamen Interesse der Gruppe zu widmen, den gemeinsamen Rahmen unserer Interessen (Politik) in das Programm zumindest auch mit einzubauen, damit jeder etwas von dem Ausflug hat?
Gesagt getan, ein Ausflug nach Düsseldorf wurde angeregt. Hier könnte man gemeinsam den Landtag besichtigen, mit Parteikollegen der Grünen kurz ein Wasser oder einen Kaffee trinken, ein Gruppenfoto machen o.ä.. Anschließend wäre es doch nett mit dem OV der berühmten Altstadt einen kurzen Besuch abstatten, zum gemütlichen Teil überzugehen. Der Vorschlag fand große Zustimmung in unserer Runde. Bis zu unserem nächsten Treffen in 14 Tagen sollte ich etwas Entsprechendes mit unseren Parteifreunden in Düsseldorf vereinbaren.
Klang ganz einfach und entspannt.
Leider, und das ahnen Sie jetzt sicher schon, war es das dann aber nicht…
Am Montag haben wir wieder ein OV-Treffen und ich werde meinen Parteifreunden hier in Waltrop leider mitteilen müssen, dass es mir (bisher) nicht gelungen ist, ein Treffen mit unseren Kollegen im Landtag zu vereinbaren. Und das obwohl ich nun bereits einige Kontaktaufnahmen in Richtung Düsseldorf gestartet habe. Man mag mir einfach nicht konkret antworten. Eine Eingangsbestätigung habe ich beim ersten Mal noch bekommen. Alles danach blieb unbeantwortet. Das lässt für mich leider nur einen Schluss zu: In Düsseldorf will man uns bei den Grünen einfach nicht.
Sollte das wirklich so sein, dann wäre das ein absolutes Armutszeugnis, aus meiner Sicht. So professionell und höflich sollte man doch eigentlich sein, oder?
Ich habe nämlich sogar, da mir damals schon schwante, dass den Kollegen im Landtag nicht gerade vor Freude die Augen leuchten würden, wenn sie mal wieder etwas aus Waltrop hören, extra dazu geschrieben, dass wir nur einen unpolitischen Tagesausflug machen möchten, der in erster Linie dem Vergnügen der Gruppe diesen soll. Eine politische Diskussion ist von uns für diesen Tag im Landtag gar nicht vorgesehen. Daran ließ ich keinen Zweifel. Die Wahl des konkreten Termins und der Uhrzeit für ein Treffen überließ ich wohlweislich schon den Parteifreunden in Düsseldorf. Wir wollten da keine großen und unrealistischen Einschränkungen vorgeben. Wir wollten halt einfach mal etwas für den Gruppenzusammenhalt in unserem OV tun, eine schöne Zeit miteinander verbringen.
Das war alles.
Trotzdem stehen uns unsere Landtagskollegen dafür offenbar nicht zur Verfügung. Bliebe uns also so wohl nur eine öffentliche Führung, ohne ein Treffen mit Fraktionsmitgliedern der Grünen.
Vielleicht erreichen ja den Ein- oder Andere der Parteifreund dort noch diese Zeilen hier, und es gelingt nun kurzfristig noch etwas Entsprechendes für den April zu vereinbaren.
Allerdings kann ich nun wohl nicht mehr versprechen, dass noch ganz so viele Grüne hier aus Waltrop Lust auf einen Besuch bei den Grünen im Landtag haben, wenn ich ihnen die Geschichte am Montag dann auch erzählen muss….
Als Mitarbeiter einer anderen Fratkion im Landtag, möchte ich mal eine Lanze für die Kolleginnen und Kollegen der Grünen Fraktion brechen.
Auch wir bekommen ohne Ende Mails von Bürgerinnen und Bürgern, Parteifreunde usw., die gerne, auch kurzfristig mit einer Gruppe mal eben den Landtag besuchen wollen. Nur muss man auch wissen, dass die Fraktionen keine Besuchstermine für Gruppen vergeben können, da sie über keine Kontingente verfügt.
Besuchstermine für Gruppen werden ausschließlich, auch die der MdLs, von der Landtagsverwaltung vergeben. Das erste Halbjahr ist schon komplett verplant.
Die Fraktionen sind nur „Mieter“ im Landtag. Auch wir müssen Sitzungräume mit einem bestimmten Vorlauf „anmieten“. Kurzfristig einen Raum in den Sitzungwochen zu ergattern ist fast unmöglich. Selbst die Fraktionssäle werden von der Verwaltung für Ausschusssitzungen, Besuchergruppen usw. in Anspruch genommen.
Es hat also Gründe, wenn man keine kurzfristigen Termine vergeben kann. Nur muss man das auch miteinander besprechen.
Von der eigenen Führung verraten und verkauft
Lieber Robin Patzwald, genauso habe ich die GRÜNEN in der Landesregierung und auch im RVR die letzten Jahre wahr genommen. Die Basisarbeit interessiert sie wenig bis gar nicht. Erst wenn es um eigene Interessen geht, soll die Basis mit ihrer breiten Macht helfen etwas umzusetzen und zu realisieren. Auf die Diätenerhöhung will ich hier nicht mehr eingehen. Etwaige wichtige Themen, wie Du selbst erwähnst, werden gar nicht mehr angepackt, aus Angst um den eigenen Job (Neuwahlen). Die Grünen Mitglieder an der Basis sind von der eigenen Führung verraten und verkauft. Die Mitglieder, die sich so wie Du, für die Ideale und Ziele der Partei einsetzten, werden von der eigenen Führung nicht ernst genommen und respektiert. Persönlich habe ich bereits die Konsequenzen aus den Wahllügen und aus dem Verhalten der Landespolitiker gezogen, nämlich, diese nicht mehr zu unterstützen. Das heißt, bei den Wahlen werde ich mein Kreuz woanders platzieren. Vielleicht gibt es auch für Dich einer Alternative, bei der dein Engagement geschätzt wird. Bei den Grünen jedenfalls nicht. Deine Frustration kann ich gut verstehen. Da hilft es nur Konsequent zu sein und den Verein zu verlassen.
Viele Grüße
Robin, die Distanz zwischen der sog.Parteibasis und dem Partei-establisment ist bekanntlich nicht nur ein Problem bei Bündnis90/Die Grünen. Sie fällt Dir möglicherweise deshalb besonders auf und ist möglicherweise auch deshalb für Dich als „Grüner“ besonder ärgerlich, weil Deine Partei wie keine andere der sog.Basisdemokratie das Wort redet -geredet hat?. Konsequenzen für jeden von uns -parteiübergreifend? Wenn -2-Brilano- dazu feststellt: „Den Verein verlassen“, dann ist das unstrittig naheliegend. Ich habe für mich als SPDler bis heute diese Konsequenz nicht gezogen. Zu bedenken ist, ob wir als politisch interessierte und politisch engagierte Bürger in den Kommunen nicht noch wesentlich intensiver, wesentlich strukturierter, wesentlich organisierter als bisher losgelöst von den Parteien, der Parteienbindung, dem Parteiendiktat versuchen müssen, in der Bürgergesellschaft, wie auch immer organisiert, mitwirkend, mitbestimmend den Willensbildungs- und Entscheidungsprozeß zu gestalten.Ich habe ‚mal vor einige Jahren dazu als gezielten Provokation der Parteien angeregt, daß sog.Parteienprivileg bei Kommunalwahlen ohne Wenn und Aber restlos aufzuheben, dh., daß es ähnlich wie das in einigen Bundesstaaten der USA der Fall ist -oder in allen,weiß ich nicht exakt-, bei den Kommunalwahlen nur noch Einzelbewerber gibt, die nicht von den Parteien nominiert werden.Daß über diese Ideen weder in meiner Partei noch in den anderen diskutiert wurde, versteht sich von selbst. Zuspruch gab es lediglich durch Prof.von Arnim von der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer. Im übrigen Robin: Auf nach Düsseldorf: Alstadt, Kunstausstellungen,Spaziergang am Rhein u.a.mehr. Laßt den Landtagsbesuch weg. Der vermiest Euch nur einen ansonsten schönen Ausflug.l
Deswegen werde ich auch in Zukunft lieber die PiratenPartei wählen und nicht die Grünen.
Danke für den Artikel !!!
Warum viele Worte über „Grüne Politik“ und „Grüne Politiker“ machen. Als einer, der mit Mühe nun sein „Grünspan“ abkratzt, habe ich einmal einen Essay (unter Mitwirkung verschiedener Pressebeiträge) erstellt. Seht selbst unter:
https://www.jidv.de/Pro-herten/politik/green.pdf
# Robin: Wenn alles so schlecht, scheinheilig, revisionistisch, bürokratisch und desillusionierend ist (und Du das ja am laufenden Band hier bei den Ruhrbaronen kritisierst), warum bleibst Du denn in der Partei?
# Piratenpartei: Ist das nicht die „Partei“, die innerhalb von 4 Wochen zwei Führungspersonen verloren hat und derzeit diskutiert, ob sie eine normale Partei wird oder eine „Internet-Partei“ (sic!) bleibt? 🙂
@Mao: Die Piraten haben anscheinend ein Führungspersonal, dass beruflich auch ausserhalb der Politik eine Perspektive hat. Vielen Grünen dürfte schon der Gedanke Angst machen – ein Job fern der Politik und des Öffentlichen Dienstes.
Politik machen + wenns schiefgeht in den Beamtenstatus zurück, perfekt! Wie im richtigen Leben, auf das Bankkonto kommen immer irgendwelche Zahlungen.
@Laurin: Mag sein. Entkräftet aber mein Argument nicht. So etwas nennt man doch auch: „in der Realität“ angekommen oder?! Als Berliner Abgeordneter gab es keinen „Nebenjob“, das war, glaub ich, der Hauptjob. Die andere war Studentin.
Alles im übrigen nachvollziehbare Rückzüge – war bei den Grünen in der Anfangsphase und der WASG genauso.
Job fern der PolitiK: Ist sicherlich so. Heute habe ich ja in der Welt am Sonntag einen Text über ein solches Grünen-Exemplar gelesen – aber ich glaube, die Tendenz in den großen Parteien hat doch noch einen Vorlauf, der uneinholbar ist…. 🙂
Stefan, Mao u.a.: Könnte es nicht möglich sein, in den Kommunen (!) das „Politik-machen“ anders zu organisieren als derzeit praktiziert ? Zumindest in den Städten, auch in den Großstädten, wäre das „Politik-machen“ auch ohne Parteienprivileg möglich. Zumdem wäre zu bedenken, daß auch in den Großstädten beispielsweise die Fraktionsvorisitzenden ihren „Job“ nicht unbedingt de facto hauptamtlich wahrnehmen müssen, wie das derzeit der Fall ist einhergend mit ihrer daraus resultierenden finanziellen Abhängigkeit vom Mandat und damit letztlich vom Partei-/Fraktikonswillen.
Finanzielle Abhängigkeit der Abgeordneten im Landtag, im Bundestag von ihrem Mandat? Das ist ein gravierendes Problem, für den Abgeordneten und für das demokratische System. Das Problem verschärft sich seit Jahren vor allem dadurch, daß viele Abgeordnete nach Beendigung ihrer schulischen Ausbildung/ihres Studiums ihre lebenslange überdurchschnittliche finanzielle Absicherung ausschließlich auf eine Mandatswahrnehmung im Landtag/Bundestag begründen -sh.auch Stefan-7-. Insofern finde ich es nachahmens- und bedenkenswert, wenn z.B. eine Vertreterin der Piraten -aus Münster?-erklärt, sie wolle ihr Studium beenden, eine berufliche Grundlage für sich schaffen, um dadurch auch einer lebenslangen finanziellen Abhängigkeit von einem politischen Mandat zu begegnen.
Und jetzt ist der BVB ‚dran. SO 4 liegt hinten (0-1), könnte mich ja freuen, aber bei den Bayern! Das sind „uralte“ und nicht lösbare Konfliklagen für einen BVBer.
Die unterschiedlichen Reaktionen auf meinen Beitrag finde ich heute wirklich spannend. 🙂
Schönen Dank für das Verständnis und die moralische Unterstützung in den Kommentaren. Das tut mal so richtig gut.
Nicht nur in den Antworten hier, auch in verschiedenen E-Mails die ich vorhin schon persönlich als Reaktionen auf diesen Text hier bekommen habe, wird mir fast ausschliesslich zugestimmt, mehrfach ein Parteiaustritt bzw. ein Wechsel der Partei vorgeschlagen.
Zwei E-Mails wollen mich sogar ganz konkret für eine andere Partei ‚abwerben‘.
So etwas habe ich bisher so noch nie erlebt.
Auch ich habe in den vergangenen Monaten schon häufiger daran gedacht die Grünen wieder zu verlassen. Zu enttäuschend sind die Monate seit der Landtagswahl aus meiner Sicht überregional gelaufen.
Was mich bisher aber davon noch immer abhält, das sind die netten Leute hier im OV, direkt am Ort, die ich inzwischen recht gut kennenlernen durfte.
Ich hätte irgendwie das Gefühl sie im Stich zu lassen, wenn ich jetzt ginge.
Mag sein das sich das in den nächsten Monaten noch ändert, und das ich die Grünen wirklich in den nächsten Monaten wieder verlasse.
Derzeit tröste ich mich aber mit dem Gedanken dass es auch hier vor Ort reichlich zu tun und zu verbessern gibt. Und dort habe ich mit den lieb gewonnenen Parteifreunden zu tun, mit denen ich ganz gut harmoniere.
Darauf werde ich mich für die nähere Zukunft konzentrieren. Vielleicht hilft das ja wieder Spaß an der Sache zu finden.
Wie ich aber derzeit die Motivation für einen Landtagswahlkampf für die Grünen finden sollte, dass erscheint mir im Moment total schleierhaft.
Einen Wechsel der Partei würde ich beim derzeitigen Stand für mich allerdings ausschließen.
Sollte ich die Grünen wirklich verlassen, dann würde ich wohl zunächst in das Lager der ‚frustrierten Nichtwähler‘ wechseln.
Und das obwohl ich Nichtwähler bisher selber immer kritisiert habe.
Aber irgendwann reicht es einem halt dann auch mal. Und viel ‚Spielraum‘ ist da auch bei mir inzwischen nicht mehr übrig…
Ich kann die vielen Nichtwähler nun jedenfalls sehr viel besser verstehen als noch vor ein paar Jahren….
Was sich mir nicht erschließt: Hast du jetzt mit deiner Parteispitze geredet? Oder mit deiner Fraktion im Landtag?