Die Vert-Realos, ein Zusammenschluss grüner Realpolitiker, haben einen Antrag für den Parteitag der Grünen im November vorgelegt. Sollte er eine Mehrheit finden, würde sich die Migrationspolitik der Partei radikal ändern.
Auf dem im November in Wiesbaden stattfindenden Parteitag werden die Grünen nicht nur einen neuen Bundesvorstand wählen, sondern auch um ihre künftige politische Ausrichtung ringen. Die Zeit der Ampel geht zu Ende. Wollen die Grünen auch nach der nächsten Bundestagswahl Teil einer Regierung sein, werden sie sich inhaltlich auf eine Zusammenarbeit mit der Union vorbereiten müssen. Die Frage wird sein, wie stark sich die Realpolitiker um Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck durchsetzen können. Im Zentrum wird dabei auch die künftige Migrationspolitik der Partei stehen.
Nun haben die Vert-Realos, zu denen unter anderem Michael Merkel, eines der Gründungsmitglieder der Partei, ebenso gehört wie die niedersächsische Landtagsabgeordnete Sina Beckmann und der Fraktionsvorsitzende der Bochumer Grünen Sebastian Pewny, für den Bundesparteitag einen Antrag zur Migrationspolitik vorgelegt.
In dem bekennt sich die Gruppe zum individuellen Recht auf Asyl und erteilt Forderungen nach dessen Abschaffung eine klare Absage. Legale Migration wird als Chance für die Gesellschaft begriffen.
Die Vert-Realos stellen jedoch auch fest: „Die heutige Migrationssituation stellt Gesellschaft und Politik vor große Herausforderungen und trägt wesentlich dazu bei, dass immer mehr Menschen das Grundvertrauen in die demokratischen Institutionen verlieren.“
Darauf reagiert der Antrag und zieht für Grüne ungewöhnliche Konsequenzen. Er fordert eine Asylpolitik, „die unsere demokratischen, emanzipatorischen, freiheitlichen Werte wehrhaft verteidigt gegen diejenigen, welche Straftaten begehen, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden oder gar unser Land in ein ‚Kalifat‘ verwandeln wollen (…) konsequent des Landes verweist“.
Die Zahl der sicheren Drittstaaten wollen sie erweitern, den Familiennachzug begrenzen. Straftäter sollen auch nach Syrien und Afghanistan abgeschoben werden.
Ob der Antrag, der unter anderem von Matthias Schimpf und Rebecca Harms unterzeichnet wurde ganz oder in Teilen eine Chance auf eine Mehrheit auf dem Bundesparteitag hat, ist offen. Er ist auf jeden Fall ein Debattenbeitrag, der anschlussfähig an die Mehrheitsgesellschaft ist und eine künftige schwarz-grüne Zusammenarbeit im Bund erleichtern könnte.