Ex-WAZ-Chef Uwe Knüpfer stellte in der Bild einen 10-Punkte-Plan zur Zukunft des Ruhrgebiets vor. Die Grünen im Ruhrparlament können sich mit der Ruhrstadt-Idee anfreunden.
Knüpfer erarbeitete den Zehn-Punkte-Plan mit dem das Ruhrgebiet zur Stadt heranwachsen soll gemeinsam mit dem Verein Pro Ruhrgebiet. Mit Knüpfers Forderungen nach einem massiven Ausbau des Nahverkehrs, der Direktwahl des Ruhrparlaments und eines Ersten Bürgermeisters für das Revier und auch Skurilem wie die Umbenennung des Düsseldorfer Flughafens in "Ruhrstadt-West" können die Grünen im RVR etwas anfangen. Die Grünen in einer Erklärung: "Solche Symbole helfen, eine Idee in die Diskussion zu bringen", erklärt die grüne RVR-Fraktionssprecherin Sabine von der Beck. "Wie ein Blick ins Wahlprogramm der Ruhrgebietsgrünen zeigt, ist der Plan nicht ganz neu: Drei zentrale Kernpunkte, die Verbesserung des Nahverkehrs über die Stadtgrenzen hinweg, die direkte Finanzierung regional bedeutsamer Projekte ohne Umweg über die Kommunen und die Direktwahl des Ruhrgebietsparlaments inklusive eines Oberbürgermeisters sind bereits seit Jahren elementare Bestandteile des grünen Programms für das Ruhrgebiet."
Update:
Etwas skeptischer äusserte sich gestern Gelsenkirchens OB Frank Baranowski, zugleich Sprecher der Ruhr SPD zu den Thesen von Pro Ruhrgebiet:
"Das Engagement von pro ruhrgebiet für die gemeinsame Sache begrüße ich ausdrücklich. In vielen Punkten haben wir ein hohes Maß an Übereinstimmung in unseren Vorstellungen und Forderungen. Auch wenn die SPD die Forderung nach einer einzigen einheitlichen Stadt nicht unterstützt – die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und eine Berücksichtigung im kommunalen Finanzausgleich sind richtig und dringend geboten. Allerdings müssen wir die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg zu mehr Gemeinsamkeit im Ruhrgebiet mitnehmen und nicht verwirren. Neue Ortsschilder erregen mehr Ablehnung als sie identitätsstiftend wirken können. So oder so: Die Zukunft unserer Städte liegt in der Gemeinsamkeit. Aber diese Gemeinsamkeit klappt nur durch die freiwillige und partnerschaftliche Kooperation der Städte."
Wohin die Freiwilligkeit führt können wir allerdings jeden Tag erneut sehen: Ein paar oberflächliche Kooperationen, ein schwacher RVR-Chef und die Zersplitterung der Region sind die Folgen dieser Freiwilligkeit, die immer betont wird, um verbindliche Regelungen zu abzuwenden.
Woran es fehlt sind Alpha-Tiere, die für die Ruhrstadt voran gehen. Die Alphatiere Lammert und Wittke treten in dieser Sache mittlerweile auf die Bremse. Und Baranowski bleibt auf halben Wege stehen. Real betrachtet heißt das, die beiden Volksparteien treffen bei der Beantwortung der Frage „Ruhrstadt oder Städtebund?“ den gleichen Ton. Sie wollen immerhin schon mal einen Städtebund. Das ist doch schon mal was. Für viele ist das „mehr“ als ein gefürchteter angeblich bürgerferner bürokratischer Moloch Ruhrstadt. Ok, das ist mir zwar zu wenig, aber bleiben wir mal bescheiden auf dem Boden der Tatsachen und nehmen wir die Herren beim Wort. Entwickeln wir daraus eine anspruchsvolle Idee.
Entwickeln wir eine neue Form einer demokratisch legitmierten Verbundenheit selbstständiger Städte. Eben ein klein wenig wie Berlin oder gar London. Mit einem direkt gewählten Ruhrparlament und einem Alphatierchen, dass sich dann die Spitze „strömen“ läßt. Das alles wäre mehr als der zahnlose und willensschwache bisherige RVR (der sich zudem vor der Verantwortung der ihm ab 21. Oktober zustehenden regionalplanerische Hoheitsaufgaben für das Gebiet des RVR zu fürchten scheint. Apropos: Regionalplanung – das Thema „Freiwilligkeit“ hat sich damit faktisch ohnehin schon teilweise erledigt).
Wichtig: Der Verein „Pro Ruhrgebiet“ und die „Ruhrstädter“ in allen Parteien müssen freilich bei den Maximalforderungen bleiben. Damit die Diskussion immer wieder angefeuert wird.
Und bevor ich in zwanzig Jahren in Rente gehe, werden die (schon heute finanziell alles andere als automen) Städte so aneinander gerückt sein (mit Ausnahme der Ränder z.B. jenseits des Rheins) dass die Vision „Ruhrstadt“ immer mehr reale Konturen annimmt.
Die einen mögen dies als pessimistische Einschätzung sehen, ich glaube es ist eine eher optimistische Sicht. Die Frage lautet freilich: Ist es in 20 Jahren nicht zu spät?
Thomas Nückel
Vors. der FDP-Fraktion beim RVR
Mit ?skurril? ist der Zehn-Punkte-Plan noch gut bedient. Unbegreiflich, wie wichtigste Themen (Nahverkehr, Kommunalfinanzen) in einem solchen mit Kindereien gespicktem Setting der Öffentlichkeit präsentiert werden. ? Aber sei?s drum: Ghadhafi hat gestern den Vorschlag gemacht, den Sitz der Vereinten Nationen zu verlegen. So wird es wohl bald einen Elf-Punkte-Plan ?für die Zukunft des Ruhrgebiets? geben.
Niemand teilt gerne seine unter erheblichen Mühen erworbene Macht. Niemand läßt sich gerne in seinen unter erheblichen Mühen entwickelten Plan hineinreden.Niemand sägt gerne den Ast ab, auf den er mit erheblichen Mühen gekrochen/geklettert ist.Die eine große Ruhrstadt wird es deswegen erst geben, wenn es die einzelnen Ruhrstädte nicht mehr gibt bzw. wenn sie endgültig handlungsunfähig geworden sind. Und selbst dann werden sich die Verantwortlichen bis zuletzt an den sinkenden Booten/Städten festhalten und das Lied von der lokalen Identität, der lokalen Planungshoheit und der freiwilligen Kooperation singen. Und es wird sehr sehr schrill klingen, weil es auch keine Fördertöpfe mehr geben wird, um die letzten UnabhängigkeitsIllusionen auch nur um ein weiteres Jahr zu verlängern.
Ach ja, und mein geschätzter Mitkommentator Dirk E. Haas, sofern er dann noch lebt, was ich ihm von Herzen gönne, wird dann kleine hochbewegliche Rettungsboote in Form von ungestüm zu erobernden Brachen und Nischen anbieten, die sich zu einer neuen „Stadt der Möglichkeiten“ zusammenfügen lassen. Oder auch nicht. Sorry, Dirk, für diesen Fall haben sie ja noch die „Inselurbanität“ in der Zaubertasche. Die eignet sich sicher besonders, wenn aus dem Wasser, das einem bis zum Halse steht, ein richtiges großes Meer geworden und kein Land mehr in Sicht ist.
Dirk, ich mag ihren Witz sehr. Aber wirklich skuril ist im Ruhrgbiet zur Zeit die Realität und nicht die Pläne, die sich auf ihre Veränderung beziehen. Oder wie würden sie es bezeichnen, wenn zwei Piloten in einem Flugzeug namens Dort-Mund im Sturzflug darüber streiten würden, wer den abgebrochenen Flügel zuerst gesehen bzw. seinen Abbruch prognostiziert hat. Und wie ein dritter darüber laut nachdenkt, wie er nach der Bruchlandung noch weiter an seine Flug-Boni kommt.
@Arnold: Auch in einem Ruhrstadt-Cockpit säßen keine anderen Piloten (sondern der gleiche Typus: Thomas Nückels Alphatierchen). Der Flieger wäre nur größer, die Zahl der Absturzopfer also höher. Das soll ein Vorteil sein?
Eine Nachbemerkung zum ?Plan?: Anstatt sich mit Nummern, Schildern, Nummernschildern und fremden Flughäfen hat sich ein Masterplan Ruhrstadt mit den realen Lebensbedingungen und materiell-räumlichen Zukunftsperspektiven beschäftigen: Ökonomie, Infrastruktur, Bildung, Einwanderung, Stadtgestalt, Energie etc. Das tut er nicht. Solange er das nicht tut, braucht niemand 020 zu wählen.
Dirk, eh es überhaupt ein Ruhrstadtcockpit geben wird, sind die in meinem Beispiel genannten Piloten komplett auf dem Altenteil und das Flugzeug auf dem Schrottplatz. Die überlebenden Passagiere haben sich in alle Winde zerstreut oder warten auf irgendeinem Wüstenflugplatz auf einen neuen Flieger der niemals kommen wird. Über dem Flugplatz kreist ein Zeppelin mit einem einzigen steinalten Mann darin, der alles mit zitternden Händen filmt …
Aber mal im Ernst: Bei einem Flugzeug mit mehr und stärkeren Triebwerken, größeren und leichteren Tragflächen, besserer Sicherheitstechnik und vor allem einem effizienterem Energie- und Materialeinsatz pro Passagier ist selbst bei den gleichen Piloten die Absturzgefahr geringer.
Bei all diesen merkwürdigen Flugzeugmetaphern, wer um alles in der Welt zahlt am Ende wieder die Co2-Abgabe?
Oder liegt es vielleicht daran, dass die geschätzten Ruhrbaron-Kommentatoren und sonstigen Rührstädtlern aus der Luft betrachtet das Ruhrgebiet steuerbar und beplanbar halten und deshalb diese „Vielflieger“ und Weltenbummler die Sache aus der Luft gegriffen zukunfstversessen noch glauben in den Griff kriegen zu können. Da bleibe ich lieber hier und schaue mir den blauen Himmel über der Ruhr von unten an und verfuttere meine Co2 Abgabe lieber bei den Revierköchen bei Bergmannsaustern und Ernte Cocktail mit Grubensalz.
Ich hab’s: Wenn Lammert, Wittke und Baranowski sich zieren bzw. die Sache halbherzig angehen…
NÜCKEL – unser erster Bürgermeister für die RUHRSTADT
(und Laurin als sein Pressesprecher)! 😉
Man kann sich eigentlich nur fragen: Haben die eigentlich keine anderen Sorgen. Ich lebe gern in der „Metropole Ruhr“ und finde städteübergreifende Zusammenarbeit gut. Aber die Ruhrstadt ist eine Schnapsidee. Eine absolute Kopfgeburt, die an den Interessen der großen Mehrheit der Ruhrgebietsbewohner vorbei geht. Es gibt ja heute noch viele Wattenscheider, die sich nicht damit anfreunden können, jetzt zu Bochum zu gehören. Und selbst in Dortmund haben einige Hörder die Eingemeindung noch nicht verwunden – und die war 1929.
Man sollte solche lokalen Eigenheiten aber auch positiv sehen, weil die Verbundenheit zu seiner Stadt auch in Engagement umgemünzt werden kann. Eine Ruhrstadt dagegen ist viel zu abstrakt, um Identifikation zu schaffen.
Der ganze Masterplan ist absolut unnötig. Wir brauchen zwar Kooperation in der Region aber keine Zwangsfusionen. Die Menschen und auch die Mehrheit der Politiker wird diesen Plan hoffentlich schnell in die Tonne kloppen.
Würde mich vor allem mal interessieren wie die Stadt Düsseldorf auf diesen Wahnsinn (Stichw. Flughafen) reagiert.
@Ali + DK
Die einzige Schnapsidee die ich bezüglich des Ruhrgebietes kenne heißt: so weiter zu machen wie bisher. Wie blind muss man sein,um in Anbetracht des heutigen Standes der Globalisierung und der ultimativ leeren regionalen und lokalen Kassen noch mit Eingemeindungsängsten aus der Mottenkiste der Gebietsreform zu argumentieren? Was sollen diese völlg irreführenden Parolen von der Zwangsfusion von oben?
Der Druck kommt doch von unten. Die lokale Autonomie der meisten Ruhrgemeinden steht doch nur noch auf dem Papier. Die einstmals stolzen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sind zu Mängelverwaltern degeniert die mal gerade dafür sorgen können, dass ihr eigenen Gehälter noch weiter bezahlt werden können.
Das einzige was man in den nächsten Jahren garantiert in die „Tonne kloppen“ kann, sind alle Pläne diesen Zustand weiter zu erhalten.
Lieber Herr Voß, warum denn so aggressiv? Sie müssen doch auch in einer Demokratie die Meinungen anderer sich zumindest anhören.
Ich bin felsenfest davon überzeugt (Umfragen geben mir hierzu Recht), dass die überwältigende Mehrheit der Revierbürger keine Ruhrstadt will! Also was faseln Sie da von Druck von unten??
Auch die Sache mit den städttischen Finanzen ist nicht korrekt: Eine Ruhrstadt würde den Kommunen lt. Berechnungen des Bundes für Steuerzahler überhaupt keine Vorteile bringen. Auch entstünden erhebliche Kosten bei Gründung dieser Retortenmetropole. Ich hoffe jedenfalls, dass wir niemals unter einer Stadt Ruhr leiden müssen. Westfälische Grüße.
DK,was erzählen sie denn da? Sie werden doch hier angehört. Oder hat jemand ihren Kommentar gelöscht oder verändert? Und was meinen sie mit aggressiv? Ihre Wortwahl „in die Tonne kloppen“ z.B., oder die Bezeichnung „Wahnsinn“ für Knüpfers Pläne, oder dass sie unter der Ruhrstadt nicht „leiden“ wollen, und dass ich „fasele“.
Wer solche Töne spuckt, sollt dies fairer Weise mit offenem Visier tun, sprich unter Nennung seines wirklichen Namens, und nicht versteckt hinter einem DK. Mich würde schon interessieren, für wen bzw. wo sie arbeiten.Sie klingen sehr nach Jemandem, der sein Auskommen in den alten Strukturen gefunden hat und schon deswegen an keiner Veränderung interessiert ist, die eben diese Strukturen in Frage stellen.
Das ist nämlich die eigentliche Angst vor der Ruhrstadt. Dass dadurch eine Menge Posten überflüssig werden würden. Dass lokale Pfründe und Fürstentümer in Frage gestellt würden. Ich habe keineswegs etwas gegen mehr interkommunale Kooperation, aber das geschieht eben nur dann und so lange, wie die bestehenden lokalen Interessen und Machtkonstellationen nicht verändert werden. Und das reicht eben nicht, wie sie es z.B. am desolaten Nahverkehr im Ruhrgebiet sehr gut studieren können. Unter dem leiden dann wirklich eine Menge Leute.
Die Wahrheit ist, dass sich in den Zeiten der neuen und viel gepriesenen interkommunalen Kooperation bislang die Schulden der Städte nicht verringert sondern immer weiter vergrößert haben. Dass die Armut in vielen Stadtteilen weiter angestiegen und die Arbeitslosenquote nicht gesunken ist. Dass die Kommunen sich nachwievor von Investoren gegeneinander ausspielen lassen und die interkommunale Konkurrenz um die sinkenden Kaufkraft der Region sich immer weiter verschärft.
Der viel zitierte Rechnungshof hat ein ausgesprochen begrenztes Zahlenmodell um alle Nachteile und ihre Folge- und Nebenkosten in der Frage „Ruhrstadt oder nicht?“, angemessen zu beziffern. Aber alleine an den (für immer!) eingesparten Gehalts- und Pensionszahlungen der überflüssigen Leitungsposten (rechnen sie es bei 52 Kommunen einfach nur für, sagen wir, 50 Jahre durch) können sie das Ausmaß der dauerhaften finanziellen Vorteile beispielhaft ermessen.
Diese Diskussion erinnert mich gerade an diese typisch deutsche Folkloretruppe:
https://die-westfalen.de/
Die Ruhrstadtidee ist anscheinend mittlerweile so dominant, dass es jetzt eine Protestpartei dagegen gibt. Also, bitte!