Das Gaddafi-Regime ist Geschichte. Sechs Monate dauerten die Kämpfe gegen das Regime des Diktators. Ohne das Eingreifen der Nato wäre die Rebellion in einem Blutbad erstickt worden. Das wäre das Ergebnis der Politik von Westerwelle und Merkel gewesen.
Die Rebellen in Libyen haben den Krieg gewonnen – vor allem durch ihren Mut, gegen die Armee Gaddafis zu kämpfen. Auch in Zeiten, als die Situation ausweglos erschien. Und sie haben auch gewonnen, weil die Nato sie mit Luftschlägen unterstützt hat. Nicht die ganze Nato: Deutschland hielt sich zurück, unterstütze den Freiheitskampf nicht. Die Bundesregierung, Kanzlerin Angela Merkel und Aussenminister Guido Wersterwelle verhielten sich schäbig, verweigerten die Rebellen und den Alliierten ihre Solidarität. Panzer sollen an das verbrecherische Regime in Saudi Arabien geliefert werden – die libyschen Rebellen wollte man verrecken lassen.
Diese mangelnde Unterstützen werden sich die Rebellen in der arabischen Welt merken – Deutschland ist nicht ihr Partner.
Was in Libyen jetzt kommt? Keine weiß das. Vielleicht geht die Rebellion daneben, vielleicht wird sich ein neues autoritäres Regime etablieren. Das wachsen demokratischer Strukturen braucht Zeit. Aber einen haben die Libyer, die Ägypter und die Tunesier gelernt: Sie haben die Macht Diktatoren zu stürzen. Und wenn es ihnen einmal gelungen ist, werden sie es auch ein zweites Mal schaffen. Die Zeit der stabilen postkolonialistischen Diktaturen im Nahen Osten ist vorbei. Sicher, es wird Rückschläge geben, aber der Bann ist gebrochen. Die Menschen haben erlebt, was Freiheit bedeutet. Vielleicht nur für Stunden, Tage oder Wochen – sie werden es nie wieder vergessen.
Einverstanden.
So klar und einfach ist es meines Erachtens nicht. Es gibt noch weitere „Libyens“ und „Gaddafis“ auf dieser Welt und auch Menschen, die vor Ort dagegen kämpfen. Wen davon soll man unterstützen, auf wessen Seite sich wann schlagen? Wo in aller Welt sollen deutschen Soldaten überall kämpfen? Welcher Freiwilige will dahin und wer will das bezahlen? Ich bin mir sicher, dass die Bevölkerung wenig Verständnis für ein weltweites Engagement dt. Truppen aufbringt und sich auch im Bundestag dafür keine Mehrheiten finden ließen. – Und diesen Umstand spiegelt Merkels Entscheidung von damals wieder.
@Thomas: Niemand kann immer und überall eingreifen. Aber deswegen hätte sich Deutschland noch lange nicht im Sicherheitsrat enthalten müssen – zusammen mit China und Russland. Und man kann seine Partner auch nicht hängen lassen – das werden Frankreich, die USA und England so schnell nicht vergessen.
Das Plakat wurde vor dem Kriegs-Einsatz entworfen und richtete sich gegen die Abmachungen der EU mit Lybien abgeschobene Flüchtlinge aus Afrika aufzunehmen. An dem Abkommen waren auch Frankreich und Groß Brittannien beteiligt, was auch die Scheinheiligkeit des Einsatzes gegen Gaddafi unterstreicht.
https://www.proasyl.de/de/news/detail/news/europas_partner_das_regime_gaddafis_kurz_vor_dem_zusammenbruch/
@Rosa: Aber GB und Frankreich haben gelernt und die richtigen Konsequenzen gezogen. Deutschland nicht.
Manchmal fällt die Entscheidungsfindung leicht, wenn es nämlich ums Erdöl geht.
Es kann wieder Zement + Stahl in welcher Form auch immer in milliarden € verkauft werden.
@mir: Das libysche Öl hat Europa auch von Gaddafi gekauft – dafür lohnte die Einsatz nicht.
Gaddafi fand Westerwelles und Merkels Entscheidung gut:
„Für seine Haltung kassierte Deutschland umgehend Lob von ungewollter Seite: Staatschef Gaddafi gewährte der RTL-Reporterin Antonia Rados ein Interview und setzte dabei zu einer Lobeshymne an: «Die Deutschen haben uns gegenüber eine sehr gute Position eingenommen, ganz anders als viele wichtige Länder im Westen.»
Zugleich kündigte Gaddafi an, diese Haltung könnte sich für Deutschland bald auch wirtschaftlich lohnen. Es sei gut möglich, dass Deutschland weiterhin libysche Aufträge bekomme. Zudem sprach sich der Diktator dafür aus, die Deutschen sollten einen permanenten Sitz im UN-Sicherheitsrat haben. Nicht die Franzosen.“
https://www.blick.ch/news/ausland/gaddafi-lobt-deutschlands-zurueckhaltung-168647
Es ist ja so, dass eine Enthaltung der ständigen Sicherheitsratmitglieder China und Russland genaugenommen, jedenfalls gefühlt, eine Zustimmung für einen militärischen Einsatz des Westens ist. Eine Enthaltung Deutschlands bedeutet hingegen ein gefühltes „Nein“, da wir unsere Bündnispartner und unsere engsten Verbündeten Frankreich und die USA verraten und ihnen signalisieren, dass Deutschland nicht bereit ist, gemeinsam gegen Unrechtsregime vorzugehen, die öffentlich ein Massaker androhen.
Das Argument, dass es noch weitere ähnliche Situation auf der Welt gibt bedeutet nicht, dass es falsch ist, zumidnest bei einer einzugreifen.
Die Kommunikation der Bundesregierung vor allem mit den Bündnispartnern war Murks.
Die Entscheidung(en) der Bundesregierung, parallel fleißig Waffen an andere Regimes zu liefern, war(en) ebenfalls Murks.
Die Entscheidung, sich nicht an dem Bürgerkrieg zu beteiligen, war dennoch richtig. Vielleicht eher zufällig, doch würde ich wohlwollend auch dieser Regierung etwas Verstand unterstellen und das durchaus als ihre bewusste Leistung werten (obwohl diese Regierung in meiner Gesamtbewertung eine einzige Katastrophe ist).
Nachher, wenn die richtige Seite gewonnen hat (ob das so ist, muss sich noch zeigen; gute Signale gibt es), ist es leicht, es gleich gewusst zu haben. Aber wo ist der Unterschied zwischen Irak, Afghanistan und Vietnam zu Libyen? Wer wollte die Kriegsentscheidungen gegen die ersten drei genannten heute noch rechtfertigen? Und welche Bewertung würden wohl die getöteten unbeteiligten Zivilisten abgeben?
Die Hürden für einen Kriegseinsatz mit unabsehbaren humanitären Folgen sollten weitaus höher sein, als sie hier gezogen werden. Nur weil es halbwegs glimpflich ausgegangen ist, ist die Entscheidung der Franzosen und Briten nicht gut gewesen, geschweige denn richtig oder gerecht oder selbstlos.
Was könnten Frau Merkel und Herr Westerwelle tun, um ihren Fehler wieder gut machen? Sofort anfangen Syrien zu bombardieren oder Nordkorea oder so?
@Gerd: Zumindest erklären, dass sie unrecht hatten, die Alliierten richtig lagen und sich bei den Libyern und den Verbündeten entschuldigen. Der Spiegel schreibt treffend:
„Nun zeigt sich, dass die Einschätzung der westlichen Partner richtig war und die Bundesregierung schrecklich falsch lag. Es gab Risiken, doch die waren überschaubar: Die Nato hat mit ihren Flügen vielen Zivilisten das Leben gerettet und maßgeblich zu Gaddafis Ende beigetragen. Zugleich blieben die eigenen Verluste eng begrenzt, nicht ein einziger Nato-Soldat ist bei dem Einsatz ums Leben gekommen.
Die Glaubwürdigkeit Deutschlands als Streiter für Menschenrechte und Demokratie ist beschädigt, ebenso das Ansehen als verlässlicher Partner im westlichen Bündnis. Neues Vertrauen, neue Stärke im Kreis der Nato-Partner wird erst eine neue Regierung wiederherstellen können.“
https://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,781671,00.html
Richard Herzinger in der Welt:
„Tatsächlich aber steht die deutsche Außenpolitik mit dem Triumph der libyschen Revolution bis auf die Knochen blamiert da. Denn ohne den –- gegen die Unkenrufe zahlreicher „realistischer“ Unheilspropheten durchgehaltenen – Luftkrieg der Nato, den Deutschland mit nationalpazifistischer Überheblichkeit boykottierte, wäre der Sieg der Aufständischen unmöglich gewesen.“
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article13559475/Deutsche-Aussenpolitik-hat-sich-gruendlich-blamiert.html
Stefan Laurin (# 13):
Gegen die hier vorgetragene Kritik an Deiner Position nun ausgerechnet Richard Herzinger in der Welt zu zitieren, kommt mir wie der Versuch vor, einen Atheisten mit Papstzitaten oder einen Antikommunisten mit Stalin-Weisheiten herumkriegen zu wollen. Wohlbemerkt: ich halte Herzinger schon für zitierfähig (auch i.S.v. affirmativ zitierfähig). Aber doch jetzt nicht hier und nicht mit diesem Propagandagedröhn. Dieser Ton! Unglaublich. Zum Inhalt: ja, ohne die NATO hätten die „Rebellen“ nicht gewonnen. Und ja: die deutsche Außenpolitik steht blamiert da. Hätte ich Dir auch sagen können.
Da ich zu den Konsultationen der NATO-Regierungen im Vorfeld nicht geladen war, weiß ich nicht so genau, WIE es gelaufen ist. Herzinger war scheinbar dabei; denn er weiß von einem „Boykott aus nationalpazifistischer Überheblichkeit“ zu berichten. Und auch Du erweckst seit einem halben Jahr den Eindruck, dies so oder so ähnlich zu sehen. Ich erinnere aus dieser Zeit (vor einem halben Jahr) ein deutsch-französisches Zerwürfnis in dieser Sache, wobei mir hier die nationale Überheblichkeit nicht vornehmlich auf der deutschen Seite auszumachen schien.
Ich erinnere mich an die schwankende und widersprüchliche Haltung von und innerhalb der Obama-Administration, an das deutlich langsamere Herangehen Londons als Paris´ in dieser Sache. Und schließlich hatte ich den Eindruck gewonnen, dass der konsequenteste und entschlossenste sich an die Spitze der Bewegung stellen konnte, bis der „point of no return“ überschritten war. Spiel, Satz und Sieg für Sarkozy; er war in dieser Situation ganz eindeutig der zielstrebigste.
Sarkozy – der Tyrannenmörder. Innenpolitisch in einer schlechten Lage, Gaddafi zuhause hofiert, Frankreich Hauptabnehmerland des libyschen Öls. Auf Wunsch stets ein Palast Gaddafis zu freien Verfügung, selbstredend auch für Familie und Ministerriege. „Freunde“ waren sie; es wird behauptet, Gaddafi habe Sarkozys Wahlkämpfe finanziert. Frage: wenn jetzt das Verhalten der deutschen Seite, wie von Dir, als moralisch äußerst zweifelhaft klassifiziert wird, wie sollte man dann Sarkozys politischen Impuls nennen?
Diese Sache ist Geschichte; warum also dieses Jubelgeschrei? Warum à posteriori dieses „richtig“ und „falsch“? Sind wir denn überhaupt schon „à posteriori“? Dieser Kerl ist weg vom Fenster; das meine ich nicht. Ich muss auch nicht live sehen, wie man ihn aus einer Höhle zieht, ihn nach Den Haag fährt oder, was das wahrscheinlichste ist, seinen Leichnam vor der begeisterten Menge schützt.
Die Frage ist, wie es jetzt weitergeht. Ob Du in zwei Jahren noch so sicher auftreten kannst wie jetzt mit den Kategorien „richtig“ und „falsch“. Ich kann das nicht übersehen und will nicht Kassandra spielen; aber ich schließe auch nicht aus, dass Dein „Sicher, es wird Rückschläge geben“ sich in, sagen wir noch mal: zwei Jahren, zwar als „richtig“ erweisen könnte, aber eben auch als etwas unangemessen. Ich hoffe freilich, dass Du mit Deinem Optimismus richtig liegst.
Mein „Einverstanden“ zu Beginn bezog sich auf zweierlei. 1. Erstens: wie immer es auch zu Jahresbeginn gelaufen sein mag, das Vorgehen und die Resultate der deutschen Bundesregierung waren jämmerlich. Du schreibst „schäbig“, das sehe ich nicht. Aber vor allem auf 2. „Die Zeit der stabilen postkolonialistischen Diktaturen im Nahen Osten ist vorbei.“ Und das ist ein Grund zur Freude. Ich bedaure das nicht und habe dies auch vor einem halben Jahr nicht bedauert.
Aber ich hätte es gern möglichst wenig abenteuerlich und möglichst wenig blutig. Vielleicht weil ich ein deutscher Kleinbürger bin. Das spielt da ganz bestimmt mit rein. Ich rede mir aber ein, dass ich – neben diesem postkolonialen Empfinden – auch ein wenig von einem Gefühl der internationalen Solidarität beeinflusst sein könnte.
Wie auch immer: in nachrevolutionären Zeiten kann auf unzählige Menschen Entsetzliches zukommen. Erhoffen wir für die Libyer Besseres! Schreiben wir für eine Politik hier, die das ihr Mögliche zum Erreichen des Wünschenswerten beiträgt. Dass die Menschen jetzt erleben, was „Freiheit bedeutet, vielleicht nur für Stunden, Tage oder Wochen“, ist – soweit es zutrifft – tatsächlich von unschätzbarem Wert. Ein Maßstab für Politik kann aber dieser revolutionsromantische Blick zurück nicht sein. Dafür erscheint mir die ganze Angelegenheit doch etwas zu ernst.
@Werner: Die Nato steht kurz davor ihr Zeil zu erreichen, die Rebellen auch. Die Politik der Nato hat sich als erfolgreich erwiesen, die von Westerwelle und Merkel – schönes wort von Herzinger: „Nationalpazifismus“ – auch. Die Friedensbewegung die im März prophezeiten, das Bodentruppen zum Kampfeinsatz kommen würden, lagen auch falsch. Und wie es weiter geht? Die Menschen haben mehr Selbstbewusstsein, haben die Freiheit gespürt – warten wir es ab.
Ein nach Gaddafi Zeit mit allen Risiken hätte es übrigens auch ohne die Revolte in ein paar Jahren gegeben – nach seinem Tod – mit allen Risiken, die so etwas in Diktaturen mit sich bringt. Die von Dir so intensiv beschriebenen Risiken der Freiheit, die Umbruchphase, Risiken die von Diktaturen ausgehen, scheinen für Dich ja eher zweitrangig zu sein, hätte es also auch so gegeben – nur ohne das Momentum der Freiheit. Und ja, wird sind schon „à posteriori“. Wir sind in dem Moment wo sich den Menschen ein Möglichkeitsraum eröffnet. Hoffen wir, dass sie ihn nutzen. Das militärische Ziel war es, diesen Möglichkeitsraum zu schaffen – die Alliierten haben das getan. Westerwelle und Merkel haben versagt. Jetzt können die Libyer entscheiden wie es weitergeht. Wir sollten ihnen helfen – und ihnen zugleich den Anblick unseres Aussenministers ersparen.
@ Stefan (#15):
„die im März prophezeiten, das Bodentruppen zum Kampfeinsatz kommen würden, lagen auch falsch.“ – Die von Dir ins Auge gefasste Dauer des Krieges hatte sich auch ein wenig hinausgezögert. Und das mit den Bodentruppen? Der von Dir nicht so geschätzte Bundesaußenminister hat gestern welche angeboten – Stabilisierung der Sicherheit beim Neuaufbau oder so. Abwarten.
Wir reden hier auch nicht über die Risikosituation von Dynastien von Dynastien, den einen geliebten Führer durch seinen Sohnemann ersetzen zu müssen. Es ist schon so, wie in Deinem Ursprungsbeitrag unterstrichen: die Zeit der postkolonialen Despotien in der arabischen Welt geht zu Ende. Sagen wir: „Epochenbruch“.
Daran ist nichts zu ändern, ob es dem Herrn Assad nun passt oder nicht. Aber das, was kommen wird, ist NICHT determiniert. Es wird politisch gemacht. Libyen ist ja als Nummer Drei – nach Tunesien und Ägypten – eher noch der Auftakt. Es ist (handlungs-) offen, wohin die Reise gehen wird. Bei den von mir „so intensiv beschriebenen Risiken der Freiheit“ handelt es sich – das ist ja klar, das liegt ja in der Formulierung drin – nicht etwa um die „Freiheit“, sondern um die Gefahr, die von jenen ausgeht, die nichts mehr hassen als sie.
@Werner: Die Bodentruppen die Westerwelle angeboten hat haben militärisch nichts mit den Nato-Luftschlägen zu tun. Und ob sie kommen weiß niemand. Die Risiken sind alternativlos, wenn man nicht dafür ist, das die Araber in autoritären Despotien zu leben haben. Und es wird Rückschläge geben – klar. Aber hätte man deswegen, wie Westerwelle, Merkel und die Linkspartei es wollte, dem Abschlachten der Rebellen zusehen sollen?
@ Stefan
Heilige Inquisition! Ich schlage nochmals vor, den Blick nach vorn zu richten. Kann freilich Deiner Frage nicht ausweichen. Also:
Zur Zeit der NATO-Entscheidungsfindung der Belagerung Bengasis gab es keinelei Massaker an der Zivilbevölkerung. WIE die Einnahme Bengasis durch die Gaddafi-Truppen vonstatten gegangen WÄRE, konnte weder damals (also vorher) beantwortet werden, noch geht das heute.
Aber ja, natürlich wären Zivilisten getötet oder zerstümmert worden. Ein Genozid lag nicht vor, und ob es dazu gekommen wäre, entzieht sich den Erkenntnismöglichkeiten.
Was läuft zur Stunde in Tripolis? Wie viele Tote? – In Syrien jedenfalls richtet das Assad-Regime fortwährend Massaker an. Hier stehe ich nun wirklich in keinerlei Verdacht irgendeines Sympathisantentums. Dennoch hüte ich mich vor dem Schlachtschrei: „Auf in den Kampf, Torrero!“
@Werner: Die Rebellen wären in Bengasi massakriert worden. Und für ihre Unterstützer wäre es auch übel geworden. Und ja, man kann nicht überall eingreifen. Aber das kann doch nicht bedeuten nie einzugreifen. Aber das Gute ist: Kein Diktator kann sich sicher sein, nicht von den Alliierten, ich zähle Deutschland nicht dazu, angegriffen zu werden. Allein diese Unsicherheit ist ein hohes Gut.
@Stefan,
Ich sehe noch nicht, daß der Krieg beendet ist.
Da wird in der Propaganda viel gelogen. Siehe das Auftreten von Gaddafis Sohn, der doch angeblich gestern schon gefangen genommen war. Ich dachte, der wäre schon auf dem Weg nach Den Haag.
Solange Gaddafi sich in Tripolis aufhält und nicht aufgibt, läuft der Krieg weiter.
Ich bin eher überrascht, daß das überhaupt so lange gedauert hat, bis die Rebellen so weit gekommen sind.
Und Bodentruppen werden wohl doch noch eingesetzt werden, weil die Nato nicht zulassen kann, daß das Land wegen der Islamisten instabil wird.
Die Nato kann, nachdem sie so viel kriegerische Hilfe geleistet hat, den Prozeß der Regierungsbildung nicht dem Zufall überlassen. Und sie wird das auch sicherlich nicht tun.
Bisher konnte sie nicht, ohne offensichtlichen Bruch des Uno-Mandats, Bodentruppen nach Libyen schicken.
Wenn da aber eine, von der Uno anerkannte neue Regierung ist, geht das schon.
Hätte sich Deutschland an den Bombardements beteiligt, hätten Merkels und Westerwelles Gegner ebenso Geschrei gemacht.
Für mich steht jedenfalls fest, Merkel und Westerwelle haben es geschafft, Deutschland aus einem bewaffneten Konflikt raus zu halten. Ob die Freude der Libyer über die Nato und die westlichen Staaten nach Ende ihrer Revolution lange anhält, wage ich zu bezweifeln.
@Gerd: Nö, ich hätte das gut gefunden. Ich fand auch gut dass sich Merkel über den Tod von Bin Laden gefreut hat. Hab ich auch getan. Ansonsten kann ich ihre nationalpazifistische Haltung nicht nachvollziehen.
@Stefan Sind Merkel und Westerwelle wirklich National-„Pazifisten“, oder nicht eher Opportunisten? Die warten doch immer erstmal ab. Das haben sie bei allen Despoten getan, die von ihren Völkern weggejagt wurden. Und das finde ich -wie Du- peinlich.
Merkel lässt sich in den USA als Symbol mutiger und friedlicher Revolutionen feiern, obwohl sie den Mauerfall in der Saune verbrachte und erstmal abwartete und Westerwelle hält sich für die Freiheitsstatue dieser Republik. Aber wenn sie Farbe bekennen sollen, kneifen sie.
Stefan,
wenn die Nato die Kulturstätten, Museum usw. bei ihren Bombardements zerstört haben sollten, wäre ich ziemlich deprimiert. Aber bei den diversen Aktivitäten der Amerikaner in anderen Ländern, haben die auf solche Nebensächlichkeiten keine Rücksicht genommen.
Und wenn jetzt die Rebellen mit Plünderungen beginnen, ist das natürlich auch unerträglich.
@Helmut: Gaddafi hätte ja im März einfach Platz machen können. Er allein ist für alles verantwortlich, was passiert ist und was passieren wird.
Natürlich hätte der abhauen können, hat er aber nicht. Das ist für mich doch keine Rechtfertigung dafür, daß jedesmal, wenn so ein Krimineller vertrieben wird, unersetzbare kulturelle Werte zerstört werden.
Ich hoffe nur, daß es bald vorbei mit den Bombardierungen ist.
Dort, auch in Tripolis, haben die Vandalen, die echten, historischen, die man immer zu unrecht beschuldigt, „Vandalen“ gewesen zu sein, einiges an Hochkultur hinterlassen.
Das wird jetzt natürlich kaputt sein, weil die Kriegsführung der Amerikaner auf der Zerstörung von Ressourcen mittels Bombardierungen aufgebaut ist.
Was die mit Gadaffi machen, ist mir egal, aber der Weg, ihn zu entmachten, gefällt mir überhaupt nicht.
Auch Ent-machtungen haben, wie der Begriff schon sagt, mit Macht zu tun. In diesem Fall mit der Macht der puren Gewalt. Sonst gehen Leute wie Gaddafi nämlich nicht. Am Ende muss man sie sogar auch noch selber fangen, weil sie partout nicht aufhören wollen ihre Macht zurückzuerobern.
Mir gefällt das auch nicht Helmut. Aber Gaddafis sind so wie sie sind. Ihnen ist ihr Land völlig egal. Selbst wenn es in Schutt und Asche gebombt wird, weil sie nicht aufgeben. Kennen wir Deutschen doch bestens,oder?
@Arnold (27),
ich glaube nicht daran, dass man ein System von außen verändern kann. Man kann zwar einen kriminellen Diktator ausschalten, aber danach muss man ja einen neuen Machthaber installieren. Jetzt frage ich dich: wann wäre dies in den letzten 20 Jahren glücklich ausgegangen? Hier im Fall von Libyen ist es doch so, dass Gaddafi noch nicht eliminiert ist, eine zwar von der NATO unterstützte, aber in sich zerstrittene Rebellengruppe ein Großteil des Landes beherrscht, und vielleicht den Sieg über Gaddafis Resttruppe erringen wird, aber dann könnte es sein, dass es erneut zum Kriege kommen wird, weil diese Truppe sich nicht einig ist. Was macht die NATO dann? Beantragt sie dann bei der UNO erneut ein Mandat, damit Sie eine dieser Gruppen gegen die anderen unterstützen kann?
Die NATO ist nicht mit Bodentruppen im Land. Möglicherweise hat sie aber mit ihrer Aktion schlafende Hunde geweckt.
@ Helmut (#28):
Sorry, dass ich Dir in einigen Punkten widerspreche:
1. „Systeme“, was immer dies auch sei, werden häufig genug „von außen verändert“.
2. Wichtiger: was „in den letzten 20 Jahren“ hätte, wäre, sein können, ist ziemlich wurscht. JETZT ist in der arabischen Welt Sache, wie man so sagt.
3. „Die NATO ist nicht mit Bodentruppen im Land“, wie die Sprecherin gestern unterstrich. Aber einzelne Nationen eben schon. Frankreich mit vielen, England mit wenigen „richtigen“ Soldaten, und für die USA sind die Jungs von der CIA vor Ort.
4. Dass die NATO bei der UNO nochmal ein Mandat beantragen wird, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Dass sie – nach dem eklatanten Überschreiten der Grenzen für dieses Mandat – ein weiteres erhalten könnte, für völlig ausgeschlossen.
Die – wohl von Dir angesprochene – Gefahr, dass die die westlichen Truppen aus dem libyschen Wüstensand nicht mehr so recht wegkommen werden, darin feststecken bleiben und so viel Sand ins Getriebe gerät, dass die NATO außer als Tagungsrahmen und Briefkopflogo zu nichts mehr zu gebrauchen sein dürfte, sehe ich sehr wohl.
Ich hatte vor einem halben Jahr beide Gefahren angesprochen, und sehe auch nach dem Sturz Gaddafis (vorgestern, heute oder übermorgen – das ist völlig schnurze). Wir hoffen, dass ich in beiden Fällen – wie es im obigen Ursprungsartikel bereits beschlossen und verkündet steht – hysterisch bedenkentragend irre. Ohne Ironie. Und wir freuen uns, dass dieser Mistkerl, der jetzt noch mal das Leben Zehntausender für seinen eigenen Wahn aufs Spiel setzt, entmachtet ist. Die beiden Gefahren bleiben: Libyen als failed state, NATO (faktisch!) zerrieben.
Eine Steilvorlage für den revolutionären Freiheitskämpfer …
@Werner Jurga,
Man darf mir widersprechen! Auch ohne „sorry“. Finde ich nicht gut, aber so ist das eben im Leben.
Im Punkt 1 habe ich „demokratisch“ vergessen.
Punkt 2 bezieht sich auf die Natostaaten. Die hätten aus ihrer Einsatzerfahrung Lehren ziehen können. Es saH FÜR DIE IMMER SO AUS; ALS OB!
Zu 3 denke ich, daß es zahlenmäßig nicht viele Truppen sind.
Über 4 werden wir noch längere Zeit sprechen können.
Und unabhängig davon, daß man sich darüber tatsächlich freuen darf, wenn ein erbärmlicher Mistkerl weniger auf dem Planeten herumläuft, (der Wolf ist tot, der Wolf ist tot- Rotkäppchen-Kindermärchen) finde ich es doch schade(!), daß dafür jedesmal Menschen und Kulturgüter vernichtet werden, obwohl danach immer neue Wölfe nachwachsen. Darf man denn nicht mal sagen, dass man das „Schlimm“ findet?
@Stefan: Was mich an Deiner Libyen-Position heute wie auch schon vor Monaten genervt hat, ist Deine bigotte Haltung. „Niemand kann immer und überall eingreifen“ – dazu der Verweis auf den Afghanistaneinsatz, wäre Deiner Meinung nach also die korrekte Begründung gegen den Libyeneinsatz gewesen? Oder ist das nur dann eine zulässige Position, wenn Du sie in Anspruch zu nimmst?
Vieles, was Du gegen diejenigen, die sich gegen den NATO-Einsatz in Libyen ausgesprochen haben, ins Feld führst, trifft in gleichem Maße auf Deine Haltung zu Syrien zu. Und genau das macht Dich so unglaubwürdig.
das die Fr.Dr.Merkel und Co. sich enthielten ,könnte vielleicht daran liegen :
…
Art 25
Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. Sie gehen
den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für die Bewohner des
Bundesgebietes.
Art 26
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges
vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
….
Libyen-einsatz der Bundeswehr? 1.) Unabhängig vom Inhalt der seinerzeitigen Entscheidung stimmt mich wieder einmal besonders nachdenklich, daß sich die Merkel-Entscheidung auch in diesem Falle nicht orientiert an von ihr im Rahmen der Kanzler-Zuständigkeit vorgegebenen außenpolitischen Richtlininien .Denn die gibt es augenscheinlich nicht!! Nun mag man eine solche Politik, eben auch eine solche Außenpolitik pragmatisch nennen.Ich halte sie in diesem Falle so wie in vielen vergleichbaren für opportunistisch, populistisch, beliebig. Deshalb ist es auch der Kanzlerin/dem Außenministers unmöglich,eine solche Entscheidung im nachhinhein noch als „richtig“ zu vertreten, was jetzt krampfhaft versucht wird.2.)Unabhängig vom Inhalt der seinerzeitigen Entscheidung stellt sich zudem hier wie in vielen anderen Fällen die Frage, warum es nur einen Regierungsentscheid, aber keine Parlamentsentscheidung gegeben hat.Eine Sondersitzung des Bundestages war jederzeit möglich. Eintritt in eine Kriegshandlung -kriegsähnliche Handlung?-Ja/Nein? Ohne Parlamentsdebatte/Parlamentsentscheidung? Was treibt die Kanzlerin „um“, in wichtigen politischen Fragen immer häufiger selbst bzw. per Regierungsbeschluß zu entscheiden und keinen Parlamentsentscheid einzuholen? Oder sind die Parlamentarierer hier und in vergleichbaren Fällen froh, wenn ihnen schwierige Entscheidungen durch die Kanzlerin abgenommen werden?3.)In der Außenpolitik geht es in der Regel nicht um „richtig“ oder „falsch“.Umso notwendiger ist es, Richtlinien zu haben, die auf außenpolitischen Grundsätzen beruhen -vom Parlament beschlossen!Gibt es für die Außenpolitik in Deutschland überhaupt solche Grundsätze, an denen sich ggfls. auch die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin zu halten hätte? Ist die Wahrung unmittelbar deutscher Interessen ein solcher Grundsatz und damit oberste und im Streitfalle die entscheidende Handlungsmaxime deutscher Außenpolitik? Wenn das so ist,mußte sich Merkel seinerzeit bei ihrer Libyen Entscheidung ausschließlich daran orientieren, ihre damalige Entscheidung ausschließlich mit der Wahrung unmittelbar deutscher Interessen begründen und ihre damalige Entscheidung angesichts der jetzt gegebenen Fakten ausschließlich daran messen lassen. Wenn es in der Außenpolitik allerdings -auch?-um etwas anderers gehen sollte, also nicht primär um die Wahrung unmittelbar deutscher Interessen, sondern z.B.weltweit um die Durchsetzung der Menschenrechte, um die Verhinderung von Völkermord o.ä. -evtl.im Zweifelsfalle sogar im Widerspruch zur Wahrung unmittelbar deutschen Interessen-,hätte eben damit die Merkel-Entscheidung in Sachen Libyen begründet werden müssen und sie wäre jetzt danach zu bewerten.en. Da ich nicht weiß, ob es eine oberste Handlungsmaxime außenpolitischen Handelns für Frau Merkel -und andere- gibt oder ob mehrere, möglicherweise sogar gegensätzliche gelten und worauf die damalige Merkel-Entscheidung gestützt wurde,gilt für mich die Entscheidung der Kanzlerin im Falle Libyen zwangsläufig als eine „beliebige“ , möglicherweise eine von innenpolitischen/parteipolitischen Interessen bestimmte, und so ist auch die Bewertung der damaligen Enscheidung im nachhinein „beliebig“.Sie wäre es auch durch mich. Ist das vielleicht sogar von Kanzlerin so gewollt, und ist Beliebigkeit orientiert an Umfragewerten letztlich die Handlungsmaxime ihrer gesamten Politik?