Karl-Josef Laumann ist ein freundlicher Mann mit großen Händen und einer beeindruckenden Traktorensammlung in seinem Arbeitszimmer. Er ist neuer Chef der 67-köpfigen CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. Der 53-Jährige wird die Opposition gegen Hannelore Krafts rot-grüne Minderheitsregierung anführen. Als Vorsitzender der CDA steht er für den Arbeitnehmerflügel der Partei, spricht sich zum Beispiel für allgemein verbindliche Tarif-Mindestlöhne aus. Der gelernte Maschinenschlosser aus dem Münsterland ist ein bodenständiger und unterhaltsamer Typ, der bei Mitarbeitern einen sehr guten Ruf genießt.
Herr Laumann, wie finden Sie die neue NRW-Landeschefin Hannelore Kraft persönlich?
Karl-Josef Laumann: Sie ist für mich eine ernst zu nehmende, sympathische Person. Und ich habe großen Respekt davor, wie sie der SPD in NRW den vergangenen Jahren wieder Leben eingehaucht hat.
Trotzdem hat ihre CDU-Fraktion nach Krafts kurzer Regierungserklärung nicht geklatscht – obwohl dies so üblich ist. Sind Sie sauer auf die Frau, die ihnen die Macht entrissen hat?
Wir waren vor allem wehmütig. Vor fünf Jahren saß ich noch freudestrahlend auf der Tribüne und habe mich über Rüttgers als neuen Ministerpräsidenten gefreut, dieses Mal durften wir nur zuschauen. Das war kein schöner Tag. Und natürlich ist es bitter für uns, dass unsere gute Arbeit nun beendet ist.
Was war das Gute an ihrer Arbeit?
Rot-Grün hat vor 2005 gestritten wie die Kesselflicker. Wir haben mit schwarz-gelb eine Harmonie-Ehe geführt und gute Reformen beschlossen, zum Beispiel für die Betreuung von Kleinkindern, für den Hochschulstandort und wir haben auch Blockaden im Handwerk gelöst, da wurden viele Ausbildungsplätze geschaffen.
In der Minderheitsregierung haben Sie ja auch als Opposition die Möglichkeit, Gesetze mit zu verabschieden. Werden Sie der Einladung von Hannelore Kraft folgen?
Rot-Grün ist dabei, unsere Dörfer abzubrennen. Sie wollen alles zurückdrehen, was wir in fünf Jahren erreicht haben, Kopfnoten und Studiengebühren sofort wieder abschaffen. Sie zerstören unser Werk und wollen dann Kaffee mit uns trinken. Das ist doch keine Einladung. Die CDU wird inhaltliche und personelle Alternativen zur Regierung entwickeln. Und wir werden die SPD einladen, unseren Alternativen zu folgen. Einladung ist keine Einbahnstraße.
Sie werden also keinem rot-grünen Gesetz zustimmen?
Frau Kraft will am Mittwoch mit den Linken die Studiengebühren abschaffen, am Donnerstag mit der FDP die Mittelstufe reformieren und am Freitag von uns das Ja zu einer Verwaltungsstrukturreform abholen. Das geht doch so nicht. Ich sehe nicht, das wir da irgendwo zusammen passen.
Während der Sondierungen zur Großen Koalition hat die CDU immer gesagt, es gebe viele Gemeinsamkeiten mit der SPD.
Das findet sich jetzt aber nicht im Koalitionsvertrag wieder. Wir hätten bestimmt gute Politik für die Kommunen machen können und auch einen Schulkompromiss gefunden. Aber dass die Linken für Kraft die schönere Braut waren schmerzt uns schon.
Wollen sie die eingezogene Partei die Linke jetzt jahrelang wie Aussätzige behandeln?
Diese Partei bleibt für mich indiskutabel. Mit Links-und Rechtsextremen arbeitet man nicht zusammen. Die CDU hat ihren Kasten nach rechts auch immer sauber gehalten, wir haben nie mit DVU oder Republikanern zusammen gearbeitet. Das darf die SPD auch mit den Linksradikalen nicht.
Rechtsradikale haben ein menschenverachtendes Parteiprogramm. Das von der Linken in NRW klingt wie ein Zusammenschluss aus Ideen von SPD und Grünen. Das ist doch nicht vergleichbar.
In der Linken sind immer noch viele, die die DDR verteidigen. Mit diesen Leuten ist keine Politik zu machen. Das regt mich persönlich einfach auf und das wird auch so bleiben.
Auch der Wähler hat eine linke Mehrheit bevorzugt. Was ist bei der CDU schief gelaufen?
Vieles. Diese so genannte Sponsoring-Affäre, die keine war, hat Jürgen Rüttgers extrem geschadet und aus der Bahn geworfen. Zweitens hat uns die Berliner Regierung unglaublich geschadet. Ich nehme es ihnen übel, dass sie streiten statt zu regieren. Aus meiner Sicht ist der Berliner Koalitionsvertrag so ungenau und unrealistisch formuliert, dass jetzt ständig gerungen werden muss. Das hätte bei den Koalitionsverhandlungen früher passieren müssen. Aber damals hat sich die Bundes-FDP auch mächtig überschätzt. Und wir schwitzen hier. Wir haben jetzt 330 000 Wähler verloren, die gar nicht mehr zur Wahl gegangen sind. Denen war die CDU schlichtweg gleichgültig. Die müssen wir wieder einfangen.
Sie kommen aus dem eher konservativen Münsterland. Glauben Sie, die CDU hat in NRW mit einem moderneren Programm ihre Stammwähler verschreckt?
Das ist immer der schwierige Spagat der CDU. Wir müssen die Großstädter und modernen Familien genauso ansprechen wie die Bauern auf dem Land. Die Leute wählen uns im stockschwarzen Bodensee und in Hamburg. Wir müssen das traditionelle Familienbild schützen und diejenigen, die anders leben, trotzdem nicht vor den Kopf stoßen.
Wo sehen Sie sich? Sind Sie der Gegenpart zu ihrem Parteifreund und Großstädter Armin Laschet, der bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden nur knapp unterlegen war?
Das ist doch alles Quatsch. Ich wurde 20 Jahre lang als links tituliert und im Vergleich mit Armin bin ich plötzlich konservativ. So groß sind unsere Unterschiede gar nicht und mit Verlaub, Armins Heimatstadt Aachen ist nun auch nicht die Metropole. Gleichwohl sprechen wir emotional vielleicht unterschiedliche Typen an – Armin eher den Intellektuellen und ich eher den Handwerker.
Wird ihnen Jürgen Rüttgers fehlen?
Ich freue mich, dass Jürgen Rüttgers Mitglied unserer Fraktion ist. Er wird uns helfen, wo er kann. Ich will sein Erbe bewahren. Die Partei war zehn Jahre lang auf seine Person zugeschnitten. Rüttgers hat dieser Partei erstmals in NRW den Willen zur Macht eingeimpft. Das möchte ich auch. Meine Fraktion soll Macht wollen. Wir Christdemokraten wollen hier wieder regieren.
„…Zweitens hat uns die Berliner Regierung unglaublich geschadet. Ich nehme es ihnen übel, dass sie streiten statt zu regieren. Aus meiner Sicht ist der Berliner Koalitionsvertrag so ungenau und unrealistisch formuliert, dass jetzt ständig gerungen werden muss…“ (Laumann, s.o.)
Ist ja interessant, dieser Blick nach Berlin aus CDU-Landessicht.
„…Jürgen Rüttgers…Die Partei war zehn Jahre lang auf seine Person zugeschnitten…“ (Laumann, s.o.)
Leider war es so. Es hat sich m.E. als Fehler herausgestellt.
Zitat: „Frau Kraft will am Mittwoch mit den Linken die Studiengebühren abschaffen, am Donnerstag mit der FDP die Mittelstufe reformieren und am Freitag von uns das Ja zu einer Verwaltungsstrukturreform abholen. Das geht doch so nicht. Ich sehe nicht, das wir da irgendwo zusammen passen.“
=> Karl Joseph Laumann hat Demokratie überhaupt nicht verstanden. Im Grunde sollte es – auch bei Mehrheitsregierungen – doch eigentlich immer so sein, dass jede(r) einzelne Abgeordnete zu jedem einzelnen Antrag so abstimmt, wie sie/er es sachlich für richtig hält?
Laumann bevorzugt offenbar von oben gesteuerte Marionetten und wünscht sich dabei ein einheitliches Schaltzentrum am besten für das ganze Parlament.
Und solche tiefen Einblicke gibt er schamlos in einem Interview – was darauf hindeutet, dass er nicht einmal merkt, was er überhaupt sagt.
@ Jinglebell
Das ver-rückte an Laumanns Aussagen ist ja, dass er selbst die jeweiligen sachliche Mehrheiten für die jeweilige Forderung sieht, aber, wie ein störrisches Kind, nicht akzeptieren will, dass dabei auch welche sind, die seine CDU nicht unterstützt.
Demokratie ist für ihn offensichtlich nur dann sinnvoll, wenn sie der CDU nützt, bzw. hat sie nichts mit Sach- sondern ausschließlich mit Machtfragen zu tun. Schön dass das einer mal so offen gesagt hat.
Links anne Ruhr (17.07.2010)…
Dortmund: Sperrung der A 40: Hannelore Kraft eröffnet Still-Leben (DerWesten) – Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) eröffnet am morgigen Sonntag um 10:00 Uhr zusammen mit Fritz Pleitgen von der…
Ein sympathisches Interview. Danke dafür!