Der Moderator Rudi Brückner war einer der Gründungsväter der Sendung ‚Doppelpass‘ auf Sport 1 im Jahre 1995. Der Fußballtalk entwickelte sich in Deutschland rasch zu einer festen Institution für rund eine Millionen Fußballfans am Sonntag. An Bundesligawochenenden begrüßten Brückner, und über viele Jahre hinweg auch Kult-Trainer Udo Lattek als Experte, Sportjournalisten und Gäste aus der Szene zur Aufarbeitung der Geschehnisse in der Bundesliga.
Vor seiner Zeit im Doppelpass machte ich mit Brückner erste Bekanntschaft, als er als Sportchef des WDR in Dortmund Ende der 1980er-Jahre regelmäßig den Lokalsport im TV moderierte. Seither verfolgte ich seine Laufbahn stets mit besonderem Interesse. Über das ZDF führte ihn sein Weg schließlich weiter zu Sport 1. Im Jahre 2004 war dann von einem Tag auf den anderen Schluss für den Moderator Brückner. Von internen Streitigkeiten war damals die Rede. Wirklich öffentlich wurde der Grund der abrupten Trennung nicht.
Jörg Wontorra übernahm die Sendung Doppelpass als Moderator. Bis 2015 moderierte die Journalisten-Legende den Talk, prägte damit über ein Jahrzehnt lang das Aushängeschild des Senders Sport 1. Als Wontorra ging, übernahm Thomas Helmer den Job. Mit Helmer begann ein gefühlter Abstieg im Doppelpass. Der ehemalige Fußball-Profi schaffte es einfach nicht, in der Moderatorenrolle auf das Niveau heranzureichen, das ihn einst als Fußballer ausgezeichnet hatte.
Mit seinen Vorgängern Brückner und Wontorra konnte es Helmer jedenfalls nicht aufnehmen. Unter seiner Gesprächsleitung wurde die Sendung entbehrlicher. Zudem vermissten viele Zuschauer die kontroversen Einwürfe von Udo Lattek, der 2015 verstorben ist. Seit der Kulttrainer im Jahre 2011 aus der Expertenrolle des Doppelpass in den Ruhestand verabschiedet wurde, waren wirklich interessante, leidenschaftliche Debatten und Streitgespräche im Doppelpass zur Ausnahme geworden.
Die Sendung schaffte es zuletzt auch nur noch vergleichsweise selten in die Schlagzeilen anderer Medien. In den Jahren als Brückner und Lattek gemeinsam die Gespräche führten, war das noch anders.
Zu leiden hatte der Doppelpass zuletzt auch unter der vermehrt auftretenden Konkurrenz. Selbst Brückner selbst wurde von Tele 5 zwischenzeitlich mit einem alternativen Talk-Format (das inzwischen längst wieder beendet wurde) beauftragt. Auch bei Sky versuchte sich Ex-Doppelpass-Moderator Wontorra zwischenzeitlich als direkte Konkurrenz zum Platzhirschen von Sport 1.
Vor dem Start der Bundesliga-Saison 2021/22 kehrte dann auch Thomas Helmer der Sendung im TV den Rücken. Er tourt aktuell mit einer Vor-Ort-Ausgabe des Formats über die Lande. Die Fernsehauflage des Doppelpass moderiert seit dem Sommer Florian König, der Millionen als Moderator der Formel1-Sendungen von RTL bekannt wurde und seit Jahren auch die Länderspiele der DFB-Elf auf RTL im Studio begleitet.
Mit König nahm auch die Diskussionskultur des Doppelpass in den ersten Wochen der Spielzeit 2021/22 wieder deutlich zu. König unterbrach seine Gäste deutlich seltener als sein Vorgänger Helmer, hörte ihnen offenkundig besser zu und wirkte insgesamt souveräner im Moderatorenjob. Mit ihm war die Sendung insgesamt wieder interessanter. Zwar reichte es noch immer nicht wieder für einen Vergleich auf Augenhöhe mit den frühen Jahren des Doppelpass, doch eine Trendwende schien geschafft.
Dann aber wurde König vor einigen Wochen krank. Er muss(te) über einige Zeit hinweg vertreten werden. Urplötzlich war Brückner zurück auf dem Moderatorensessel in der berühmten Hotellobby im Münchener Norden.
Und Brückner glänzt seither, wie in besten Zeiten. Der gebürtige Wuppertaler, der inzwischen 66 Jahre alt ist, moderiert die Sendung äußerst souverän, hat Fachkompetenz, kann zuhören, geht auf seine Gäste ein. Zudem ist er ‚frecher‘ als viele seiner Vorgänger bzw. Nachfolger, bezieht auch selber mal klar Stellung, was den Diskussionen sehr gut tut. Mich erinnert der Doppelpass seitdem Brückner die Vertretung von König übernommen hat, wieder an frühere Glanzzeiten.
Endlich freue ich mich wieder auf die Sendung, statt sie nur als eine Art Pflichtveranstaltung am Sonntagmittag über mich ergehen zu lassen, weil man ja einen Überblick über das aktuelle Geschehen am Rande der Bundesliga behalten will. Mit Brückner lohnt es sich wieder die 2,5 Stunden am Sonntag in den Doppelpass zu investieren.
Warum eigentlich hat man sich damals überhaupt von ihm getrennt bzw. ihn gehen lassen? Das dürfte, was den Fortgang der Geschichte beim Doppelpass betrifft, in jedem Fall ein Fehler gewesen sein, wenn man die Wiederauferstehung der Sendung in den vergangenen Wochen so verfolgt….