Helmut Kohl: Der ‚Kanzler der Einheit‘ wird 85!

Dr. Helmut Kohl. Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei
Dr. Helmut Kohl. Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei

Helmut Kohl, der Kanzler der Einheit, wird heute 85 Jahre alt. Sicherlich und ohne Zweifel ein echter Anlass für Gratulationen und Glückwünsche.
Ob es dieser Jahrestag allerdings tatsächlich rechtfertigt überschwängliche Lobeshymnen a la Angela Merkel anzustimmen, welche in einem aktuellen Gastbeitrag in der Bild-Zeitung von einem ‚Segen‘ für dieses Land schreibt, darüber dürften die Meinungen im Deutschland der Gegenwart (auch und ganz besonders mit den Erkenntnissen des Jahres 2015) sicherlich weit auseinandergehen.
Die europäische Einigung und die deutsche Einheit „sind auch sein Werk“, keine Frage. Dem CDU-Kanzler sei das deshalb gelungen, weil er über Jahre hinweg „von Washington über Paris, London und Brüssel bis nach Moskau“ Vertrauen aufgebaut habe, so Merkel. Deutschland habe Kohl „viel zu verdanken“. „Dieser Kanzler des Vertrauens war für uns Deutsche ein Segen“, schreibt die CDU-Chefin gar aktuell in der ‚Bild‘.
Doch auch wenn man Geburtstagskindern an ihrem Ehrentag ja gerne ein paar Lobeshymnen entgegenbringt, ganz so einseitig positiv dürfte die Bilanz des Kanzlers, der dieses Amt stolze 16 Jahre lang innehatte, selbst bei vielen langjährigen Parteifreunden nicht wirklich ausfallen.

 
Unvergessen nicht nur die bis heute noch immer nicht wirklich erklärte und aufgearbeitete CDU-Partei-Spendenaffäre unter dem ‚Kanzler Kohl‘, auch die sprichwörtlichen Fehleinschätzungen der ‚blühenden Landschaften‘ nach der Einheit des Landes, der ‚Portokassenfinanzierung‘ für die Deutsche Einheit und diverse Fettnäpfchen über all die Jahre pflastern die Jahre unter Kohl ebenso wie der über Jahre hinweg doch eher als schlecht zu bezeichnende Umgang mit zahlreichen Medienvertretern. Das Alles ist eben auch Helmut Kohl!

 
Ein Kanzler, der besonders für zahlreiche Menschen die heute in der Mitte ihres Lebens stehen, sicherlich eine der prägendsten Figuren des politischen Lebens in diesem Lande ist und war.
Ein Machtmensch, welcher allerdings eben nicht nur durch die Nutzung der ‚Gunst der geschichtlichen Stunde‘ in Erinnerung bleiben wird, sondern eben auch durch zahlreiche Negativschlagzeilen über die Jahre und ein Verhalten, welches viele Zeitgenossen, anders als Parteifreundin Merkel, wohl eher als am Rande der völligen Selbstüberschätzung und totaler Arroganz bezeichnen würden.

 
Wie dem auch sein, ein durchaus aufrichtiger Glückwusch zum 85. Geburtstag gebührt selbstverständlich auch Helmut Kohl. Also: Alles Gute zum 85., Herr Kohl!

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Andreas
9 Jahre zuvor

wieso erinnerst Du nicht an Hannelore Kohl?

Stefan Laurin
Admin
9 Jahre zuvor

: Hannelore Kohl war Kanzlerin? Hab ich wohl vergessen…

Andreas
9 Jahre zuvor

tja Stefan, man kann so einiges „vergessen“, wenn man nur will …

H. F.
H. F.
9 Jahre zuvor

Unvergessen bleibt auch seine Freundschaft zum verstorbenen Medienunternehmer Leo Kirch. Ein eher dunkles Kapitel der Machtpolitik von Helmut Kohl und auch ein dunkles Kapitel der Medienpolitik hierzulande.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

Kohl steht für mich für das Ende des kalten Kriegs.
Für mich ist die Wiedervereinigung Deutschlands eine Glanzleistung der Diplomatie, an der sich heutige Politiker messen lassen sollten. Ebenso hat Kohl es immer wieder geschafft, Impulse für Europa zu setzen.

Aktuell sehe ich keine Krise, die von der aktuellen Politikergeneraton entschärft wird. Die meisten Problemfelder verschärfen sich (Griechenland, Naher Osten, Ukraine, Baltikum, Terrorismus, Entwicklung in Afrika, …).

Die Politik Kohls war für mich erfolgreich, auch wenn der Einheitsaufschwung auf Pump zu einer Schwächung der deutschen Wirtschaft im internationalen Vergleich führte. Frau Merkel hat das Aussitzen von Problemen vermutlich aus dieser Zeit gelernt.

Interessant ist für mich immer noch das Alternativszenario Wahl 1990 ohne das Attentat auf Lafontaine. Wie wäre die Wahl wohl damals verlaufen, hätte sich alles grundsätzlich geändert?

Fragender
Fragender
9 Jahre zuvor

Zur Erinnerung an diese Unsympathen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Kohl#Ehrenwort_f.C3.BCr_Parteispender

In der CDU-Spendenaffäre nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 verschwieg Kohl die Herkunft eines Betrags in Höhe von 2,1 Millionen DM, obwohl er gemäß dem Parteiengesetz, welches er als Bundeskanzler selbst unterzeichnet hatte, und der darin verankerten Publikationspflicht zur Auskunft verpflichtet war. Bis heute nimmt Kohl keine Stellung zu diesem Thema. Seine Argumentation, er habe das Geld von Spendern erhalten, denen er mit Ehrenwort versprochen habe, ihren Namen zu verschweigen, steht im Gegensatz zur geltenden Rechtslage und stieß seinerzeit auf heftige öffentliche Kritik.

RWW
Admin
RWW
9 Jahre zuvor

Ein überraschend flacher Artikel! Gegen Kohls unbestrittene historische Leistungen wirft der Autor nur Kleinkram in die Waagschale. Einzige schwerwiegende Ausnahme: die Parteispendenaffäre, in der Kohl als Kanzler gegen das Gesetz verstoßen hat. Aber auch diese Tatsache vermag den Blick auf Kohls Leistungen kaum einzutrüben.
Überraschend finde ich auch, welche erwähnenswerte Kritikpunkte der Autor übersieht. So seine mangelnde Reformpolitik im wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Vieles, was erst sein Nachfolger Gerhard Schröder tat, nämlich die Hartz-Reformen, waren schon zu Kohls Zeit dringend erforderlich. Kohl war außenpolitisch sehr stark, innenpolitisch höchstens durchschnittlich.
Trotzdem werden die 16 Jahre Kohl als sehr gute Jahre und Kohl als der mit Adenauer prägende Kanzler der Nachkriegszeit in die Geschichte Deutschlands und Europas eingehen. Alles andere ist Kleinkram.

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Helmut Rahn war mir viel lieber. Ihm hätte ich gerne zum 85. gratuliert. 🙂

Frank
Frank
9 Jahre zuvor

Solange er regierte hoffte ich auf seine Ablösung. Und Anfang 1989 sah es schon so aus. Was für ein Glück, dass er durchhielt.

Natürlich: Spendenaffäre. Hat er sich dabei persönlich bereichert? Ich glaube nicht. Und das macht einen Unterschied zu Joseph Fischer und Gerhard Schröder.

@ #5 keineEigenverantwortung:
Ja, wäre einer seiner Gegenkandidaten Kanzler gewesen (inkl. Strauss), hätten wir wohl heute noch eine „Kooperation“ mit Ausschüssen und Unterausschüssen. Aber seine Leistung sehe ich darin, keine Fehler gemacht sondern die Gelegenheit genutzt zu haben. Auslöser der Einheit war der Zusammenbruch des Kommunismus.
Aber immerhin: Kohl bekannte sich stets zur „freiheitlichen Demokratie“. Mir ist erst heute klar, worin der Unterschied zur „Demokratie“ oder gar „Basisdemokratie“ liegt.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
9 Jahre zuvor

#5 keineEigenverantwortung
Nach meiner Erinnerung hatte die SPD mit Ablehnung der Vereinigung die Wahl verloren, Attentat hin oder her.

Brandt hatte sich bereits ein Jahr zuvor von der offiziellen Parteilinie einer Zweistaatenlösung öffentlich distanziert („Nun wächst zusammen, was zusammen gehört“) und auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker, auch des Deutschen, gepocht. (Interessanter Weise findet sich das nicht im deutschen Wikipediaartikel (anders im englischen) zu Brandts Vita. Stattdessen heben die Wikipediaautoren auf die gegenteilig klingenden Äußerungen von 1988 ab.)

Außerdem hat es damals sogar ein paar Drecksäcke gegeben, die auf ein bestelltes Attentat hinspekulierten, weil die SPD mit einer Mitleidsmasche noch ein paar Stimmen zusammenkratzen wolle. Allein schon diese Verleumdungen sprechen m. E. Bände über die Erfolgsaussichten Lafontaines.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
9 Jahre zuvor

#9 Frank
„Spendenaffäre. Hat er sich dabei persönlich bereichert?“
Kohl teilte nicht den Zuhältergeschmack (teure Autos, teure Frauen) vieler seiner Gegner oder Anhänger, er hat sich stattdessen lieber eine Partei gekauft, die CDU. Kohl war korrupt.

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Mit Helmut Kohl lag Deutschland 16 lange Jahre in Vollnarkose. Dass es 1989 zusammen mit ihm aufgewacht ist, lag nicht an Helmut Kohl, sondern an denen, die so heftig an ihm gerüttelt haben, dass er einfach nicht mehr weiter schlafen konnte. Er hat dann das getan, was man ihm gesagt hat. Nicht mehr und nicht weniger.

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

Kohl:
Eine politische Heldengestalt der deuschen Geschichte.

Ohne nennenswerte politische Sünden oder von diesen per Absolution mittels Mehrheitsmeinung des Volkes befreit -und das sogar ohne Beichte; sh.6 Mio € für ihn; und von wem?

Hochverehrt von seinem Volk.

Kohl:
Ein rücksichtsloser, machtbessener, korrupter Polit-egomane -verhaßt bei seinen Söhnen, verhaßt von vielen parteipolitischen Weggefährten und, und……?

Ich denke, so oder so einfach läßt sich der politisch Mensch Kohl nicht erfassen, wenn es mit Blick auf seine Biographie um mehr gehen sollte als um die Bestätigung bzw. um die Befriedigung persönlicher Urteile oder persönlicher Vorurteile über diesen Mann.

Und erstrecht kommt man der Realität des politschen Menschen Kohl nicht wirklich näher, wenn es gar nur um die Frage gehen sollte, ob und wie Kohl heute in das parteipolitische Kalkül welcher Partei auch immer paßt bzw. wie er zu diesem Zwecke am besten „passend gemacht“ werden kann.

(Wenn ich mich richtig erinnere, war es Frau Merkel, die entscheidend den „politischen Niedergang“ von Kohl betrieben hat, die dabei u.a.ganz wesentlich dafür gesorgt hat, daß Kohl ( seiner CDU zuvorgekommend?) freiwillig auf den CDU-Ehrenvorsitz verzichtet hat.

Und heute gibt es ein denkbar kaum größeres und vorbehaltloseres Lob für Kohl als durch eben diese Frau Merkel.
Das ist ein Beispiel für pragmatisches Machtkalkül um und mit Kohl, hier durch Frau Merkel.

Von solch – selbstverständlichen – parteipolitischen Nützlichkeitserwägungen, wenn es um Kohl geht, sollten diejenigen Abstand zu nehmen versuchen, die bemüht sind, allen Realitäten im Leben des politischen Menschen Kohl nahezukommen. Und das geht “ nicht einfach so“ -sh.einleitend-.

leoluca
leoluca
9 Jahre zuvor

Heute wird oft so getan, als habe Angela Merkel mit ihrer „Politik der Mitte“ und ihrer Koalition mit der SPD nichts mehr am Hut mit der alten CDU von Helmut Kohl.

Ich denke, dass ist eindeutig falsch. Kohl tat im ersten Jahrzehnt seiner Kanzlerschaft nichts anderes als die sozialliberale Ostpolitik fortzusetzen. Erich Honecker wurde empfangen. Einen Milliardenkredit an die DDR durfte Strauß einfädeln. Es gab Steuersenkungen, die die Sozialdemokraten gefordert hatten. Wegen der Katastrophe des Kernkraftwerks in Tschernobyl wurde ein Umweltministerium eingerichtet. Die CDU wurde nicht mehr von der Parteizentrale, sondern aus dem Kanzleramt geführt. Mit Willy Brandt machte Kohl anlässlich der deutschen Vereinigung ebenso seinen Frieden wie mit dem sowjetischen Reformer Michail Gorbatschow, dem er nicht nur Wirtschaftshilfen, sondern auch eine gemeinsame Europapolitik von West und Ost versprach.

Ihm ging es immer zuerst um Politik und erst danach um Ökonomie. Der alte Kohl kehrte Anfang der 1990er Jahre zu den Wurzeln des jugendlichen CDU-Europakämpfers zurück, der nationale Schlagbäume niederriss. Die Einführung des Euros war für ihn der vorerst letzte Akt der europäischen Einigung. Sein Credo: „Niemand soll sich täuschen: Die bösen Geister der Vergangenheit sind in Europa nicht auf alle Zeit gebannt.“

Viele Jahre später, im Oktober 2010, die Euro-Krise war auf ihrem Höhepunkt, sprach Kohl anlässlich einer CDU-Veranstaltung diese bemerkenswerten Sätze: „Wenn ich mir heute die Diskussion über Griechenland, den Euro und die Finanzkrise ansehe, habe ich manchmal den Eindruck, dass manchem in Europa das Gespür abhanden gekommen ist, was das geeinte Europa für uns alle bedeutet.“

Ich gestehe es – da hat er absolut recht. Und ich bin mir sicher, dass nicht nur er, sondern sein kompletter innen- und außenpolitischer Stab von damals heute die Verzweiflung überfällt angesichts der kalten Austeritätspolitik des deutschen Finanzministers gegenüber den europäischen Partnern im Süden.

Andreas
9 Jahre zuvor

@ Robin Patzwaldt & Alle

Du schreibst: „Ich wollte einerseits kurz auf die durchaus diskutable Bilanz Kohls hinweisen …“

„Diskutieren“ wollte wirklich niemand mit Helmut Kohl, und zuhören schon mal gar nicht, bei seiner Rede am 10. November 1989 vor dem Rathaus Schöneberg (damals Sitz des Berliner Senats).

Ich habe nie vorher und nie wieder nachher so ein Pfeifkonzert gehört … das Video bringt es nicht wirklich rüber:

https://www.youtube.com/watch?v=hkwcU32Oo3U

Als Willy Brandt kam, war da ein Jubel – ein Jubel! – unglaublich!

„Willy, Willy, Willy, Willy …“:

der, der auszog
der, der auszog
9 Jahre zuvor

1. halte ich es für völlig normal, dass einer politischen Persönlichkeit, die als Kanzler die Geschicke des Landes entscheidend geprägt hat, zu einem runden Geburtstag gratuliert wird. Das war bei Adenauer schon so, das war bei Brandt nicht anders, das ist gegenwärtig bei Schmidt und Schröder der Fall, wenn sie Geburtstag feiern und das wird bei Merkel und allen Kanzlern, die nach ihr kommen, nicht anders sein.

2. wundert es mich, dass von einigen Menschen erwartet wird, dass man bei einer Geburtstagsgratulation Kritik an demjenigen üben sollte, der da seinen Geburtstag feiert und zwar in der Form, dass man ihm seine Fehltritte, Schicksalschläge und diverse Ungereimtheiten aus seinem Leben gefälligst unter die Nase zu reiben hat, auch wenn dieses schon 15 Jahre oder länger zurückliegen.

3. glaube ich, dass das Bewusstsein über die „Schattenseiten“ und Widersprüche von Helmut Kohl trotzdem ihr Gutes haben, denn er ist der erste Kanzler der Bundesrepublik, der von seinen Parteifreunden und Anhängern nicht glorifiziert wird. Wenn ich mir anschaue welchen Hype die CDU früher um ihren Konni gemacht hat, wie Sozialdemokraten heute noch ihren Willi vergöttern oder welch unterwürfigen Eiertanz sie um Helmut Schmidt veranstalten, dann wirkt Kohl mit all seinen Macken und Fehlern fast schon wie ein Mensch.

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

leoluca
Deutschland als gleichberechtigtes Mitglied in einem föderalistischen europäischen Bundesstaat. Das war das Ziel von Kohl und dafür hat er aus Überzeugung, nicht aus persönlichem, aus parteipolitischem Machtkalkül, außenpolitisch gestritten und viel getan.
Für mich -einem Sozialdemokraten- hatte und hat diese Europa-Politik Kohls volle Zustimmung verdient Sie müßte in diesem Sinne und mit diesem Ziel konsequent fortgesetzt werden.

Aber……….
Dass die derzeitige deutsche Europa-Politik von dieser Europa-Politik Kohls weit, sehr weit enfternt ist, muß nicht näher begründet werden. Hingeweisen sei lediglich darauf, daß sich kaum jemand in verantwortlicher politischer Führungsposition in Deutschland -parteiübergreifend- darüber Sorgen zu haben scheint, daß in allen anderen europäischen Staaten Deutschland nicht mehr als gleichberechtigtes Mitglied der europäischen Union wahrgenommen wird, sondern als deren Führungsmacht. Kohl macht(e) sich darüber Sorgen! Er hätte jedenfalls alles getan, damit es gar nicht erst dazu hätte kommen können, von einem „Deutschen Europa“ zu sprechen, sondern wenn es in seinem Sinne dabei geblieben wäre, von einem „europäischen Deutschland“ zu reden.

Mit Verweis auf meinen Beitrag -14-:
Die Europa-Politik ist ein beutsamer Aspekt aus dem politischen Leben Helmut Kohls, der zu bedenken, der angesichts seiner Aktualität zu kommentieren wäre, z.B. auf Veranstaltungen anläßlich seines Geburtstages. Und das kann dann weitgehend objektiv geschehen, losgelöst von allem, was „man“ ansonsten über den politischen Menschen Kohl an positivem oder an negativem denken mag.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

@15:
Ich verstehe den letzten Abschnitt nicht:
– Wir haben in Europa souveräne Staaten, die selber entscheiden können.
– Wir haben Regeln zum Euro, zu denen sich die Staaten verpflichtet haben.
– Die EZB flutet zurzeit die Geldmärkte mit Euros. –
– Europa ist eine Gemeinschaft, die auch soziale Elemente und Transferleistungen beinhaltet. Deutschland zahlt den höchsten Anteil.

Europa ist ein Gemeinschaftsprojekt. Das bedeutet natürlich auch, dass man sich solidarisch verhalten muss. Das Gelddrucken bzw. das Daueralimentieren wird nur kurzfristige Erfolge haben und mittelfristig Europa im weltweiten Vergleich abrutschen lassen.
Wer in der globalisierten Welt mitspielt, muss auch wettbewerbsfähig sein, um dauerhaft in der Wohlstandsspitzengruppe mitzuhalten. Wer nach anderen Regeln leben will, kann dies in einem demokratischen Land machen, er wird aber zum Außenseiter.

Die für die Bürger wichtigen Errungenschaften wie Euro und auch das Schengen-Abkommen stehen auf der Kippe, weil die Regeln ohne Konsequenzen nicht eingehalten werden. Zurzeit fragen sich immermehr, welchen Nutzen eine EU, ein EURO noch bringt, wenn diese zentralen Projekte nicht mehr vorhanden sind, weil sie fahrlässig gefährdet werden.

Der Euro war auf dem Weg in einer Liga mit dem Dollar zu spielen. Jetzt geht es rasant in Richtung Spielgeld.

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

KeineEigenverantwortung -19-
„wohl im Sinne Helmut Kohls“:

Deutsche Europapolitik muß stets bedenken, daß es nicht darum gehen kannt, wie wir Deutsche den Stand des Projektes eines Vereinten Europa und das Schicksal dieses Projektes aus deutscher Interessensicht wahrnehmen und bewerten, sondern daß es darum gehen muß, wie die anderen Europäer dieses im essentiellen Interesse Deutschland liegends Projekt beurteilen. Ist es ein „deutsches Projekt, das der Befriedigung deutscher Interessen zu dienen hat“ oder ist es ein europäisches Projekt, das a u c h deutschen Interessen dient?

Dieses „Kohlsche-Denken“, so scheint mir, fehlt in der deutschen Eurpa-politik, vor allem der Kanzlerin. Und das wird Europa außerhalb Deutschlands mehr und mehr kritsch hinterfragt und zugleich in Deutschland mehr und mehr gutgeheißen.
Im übrigen:
Welcher deutsche Politiker erklärt denn heute noch im Sinne Kohls, daß er am Ende des Projektes „Vereintes Europa“ mehr will als nur eine supranationale Gemeiinschaft in Form einer weiterentwickelten EU, sonder einen europäischne Bundesstaat förderlaistischen Prnzipes?
Wenn imich recht erinnere, hat zuletzt Schäuble ‚mal in diesem Sinne eine Aussage gemacht, aber nur so „nebenbei“ und ohne öffentliche Aufmerksamkeit.

DER,DER…..-17-
ja,im wesentlichen einverstanden.
Aber…
Gratulation, ja, aber….

Für mich ist es selbstverständlich, daß in den Medien über Kohl anläßlich (!.!) seines Geburtstages die poliitische Person des Ex-Kanzlers umfassend berichtet und dsikutiert wird, also auch über seine menschliche Schwächen und seine politische Fehlleistungen.
Von der Kanzlerin und seiner Nachfolgerin im CDU-Vorsitz erwarte ich das -selbstverständlcih- nicht.

Was mich allerdings stört, ist der von mir so wahrgenommene Versuch, Kohl jetzt zu „glorifzieren“ und das vor allem von denen, die ihn seinerzeit in m.E. menschlich entwürdigender Weise „in die Wüste geschickt haben“, z.B. Frau Merkel.
Im übrigen zeigt die aktuelle Diskuss über Bismarck, daß es a.) angzeigt ist, sich erst mit möglichst großem zeitlichen Abstand um die Biographie einer geschichtlichen Persönlichkeit zu befassen, denn um so objektiv gelingt sie und daß es b.) -auch wegen des zeitlichen Abstandes- dann selbstverständlich ist, auch über alle menschlichen Schwächen und Unzulänglichkeiten zu schreiben und zu diskutieren, nicht nur, aber vor allem deshalb, weil diese menschlichen Schwächen das politsche Tun/Ncihttun des Betreffenden beeinflußt haben könnten -nicht haben müssen-.
Insofern denke ich, wird „man“ in 2o Jahren objektiver und distanzierte über das private und öffentliche Leben Helmut Kohls reden und schreiben können, auch deshalb, weil er sich dann vermutlich nicht mehr für aktuelle parteipolitische Zwecke nutzen/ausnutzen/ge-/mißbrauchen läßt.

keineEigenverantwortung
keineEigenverantwortung
9 Jahre zuvor

@20: Deutschland ist in der Zwickmühle. Entweder wird mehr Engagement gefordert. Dies betrifft insbesondere den Bereich Militär, oder es wird gefordert, die Einmischung zu reduzieren.

Mit dieser Wahrnehmung musste bisher nur die USA leben. Eimischung ist Imperialismus, aber wenn alle Dämme brechen, muss natürlich die USA mit Bodentruppen kämpfen, weil das für die einheimische Bevölkerung zu risikoreich ist, und irgendwie sind die USA sowieso immer Schuld.

Ich möchte auch keinen Staat EU. Ich glaube nicht, dass so große Gebilde dauerhaft bestehen können. Es gibt immer zu viele Menschen, die bei demokratischen Prozessen nicht berücksichtigt werden.

Ich kann auch nicht erkennen, dass Deutschland extrem dominant auftritt. Evtl. ist dies in der Frage der Geldpolitik der Fall, aber hier haben wir eine Inflationsangst im kollektiven Gedächtnis, die uns vor zu großen Geldmengenerhöhungen/-verschuldungen schützt. Hier darf durchaus auch Empathie von anderen Staaten gefordert werden. Die Bedingungen für den Euro wurden definiert, und die Teilnehmer konnten sich auf die Rahmenbedingungen einstellen.

Es muss auch bedacht werden, dass die europäischen Entscheidungsprozesse sehr träge sind. Hier müssen Entscheidungen getroffen werden. Meistens nehmen dann Frankreich und Deutschland die Führung, oder bei mitlitärischen Angelegenheiten, sind die Briten auch immer an vorderster Front.

Kurz ich mag nicht, dass in der EU immer Deutschland und in der Welt immer die USA für alles verantwortlich sind. Es gibt viele sourveräne Staaten, die selber für ihr Glück verantwortlich sind. Gut dass wir nur zahlen und nicht immer kämpfen müssen.

WALTER Stach
WALTER Stach
9 Jahre zuvor

KeineiEigenverantwortung

Ich habe in meinem Disk.beitrag so wie bsiher aus vergleichbaren Anlässen gesagt, daß -im Sinne Kohls-entscheidend ist, wie unsere europäischen Nachbarn Deutschland wahrnehmen. Und diese Wahrnehmung ist für mich besorgniserregend und sie muß, auch wenn wir Deutsche uns völlig anders in Sachen Europa wahrnehmen, als bedeutsamer Faktor Bestandteil politischer Entscheidungen in Deutschland sein.
Ob man in Sachen Europa letztendlich „nur“ eine inhaltlich erweiterte supranationale Gemeinschaft will oder, wie ich, den föderalistischen Bundesstaat der vereinigten Staaten von Europa, bleibt zu diskutieren.

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

„Gorbatschow ist ein moderner kommunistischer Führer, der sich auf Public Relations versteht. Goebbels, einer von jenen, die für die Verbrechen der Hitler-Ära verantwortlich waren, war auch ein Experte in Public Relations.“ – Helmut Kohl in DER SPIEGEL 27. Oktober 1986

leoluca
leoluca
9 Jahre zuvor

Tja, und dann musste Helmut Kohl in den folgenden Jahren feststellen, dass „Gorbi“ mehr war als eine PR-Masche. Ohne die Staatskunst von Gorbatschow, die im Westen mindestens so hoch geschätzt wurde wie im Osten, hätte es statt der friedlichen Revolution die chinesische Lösung und die Vereinigung der beiden deutschen Staaten nicht gegeben.

Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Das genau wollte ich deutlich machen, leoluca. Helmut Kohl wurde zu seinen Problemlösungen (von anderen) getragen. Er war keine Gestalter sondern ein Gestaltungsvermeider. Der Begriff Politiker, ja Staatsmann, ist ein wohlfeile Beschönigung des realen Helmut Kohl und zugleich eine Beleidigung für die wenigen wirklichen politischen Gestalter die Deutschland nach dem 2. Weltkrieg (noch) hatte. Von der erschreckend geringen Zahl an fähigen Neuzugängen in den folgenden Jahrzehnten ganz zu schweigen.

Was die deutsche Einheit betrifft, so war Helmut Kohl eben nicht der Macher der Einheit, sondern nur der Mann der zu dieser Zeit Kanzler war. Die deutsche Einheit ist Helmut Kohl passiert, und genauso ist sie auch gelaufen. Zu schnell, mit völlige unrealistischen Versprechungen und mit einer Steuer- und Übernahmepoitik, die vor ausgeprochen kostspieligen Fehlern nur so strotzte.

Die Zeit der Kanzlerschaft Helmut Kohls insgesamt hat den Problemstau erzeugt, den Deutschland heute noch abarbeiten muss. Dazu gehört vor allem die systematische Verdrängung der Schulden- und der Einwanderungs/Integrationsproblematik. Hinzu kam die systematische Ausblendung der neuen Armut und der abnehmenden wirtschaftlichen Dynamik des Landes, bei gleichzeitig sich immer weiter aufblähendem Staatsapparat.

Die heutigen Lobeshymnen auf diesen Mann sind deswegen in keiner Weise angebracht. Ein aufrichtiger Geburtstagsgruß für einen so unaufrichtigen und intriganten Machtmenschen wie Helmut Kohl auch nicht. Seine Ziehtochter Angela wusste genau, was sie tat, als sie ihn endgültig absägte. Sie ist zwar auch keine politische Gestalterin, geschweige denn ein Rhetorikgenie, aber sie neigt nicht im Ansatz zur Korruption und zur Selbstgefälligkeit.

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