Der Bochumer Comedian Hennes Bender sorgt sich um den Fortbestand von Theatern, Varietés, Musikkneipen, Clubs und auch Festivals. Die harte Linie bei der Bekämpfung von Corona befürwortet der Künstler allerdings.
Ruhrbarone: Was hast Du gedacht, als Du vom kulturellen Shutdown gehört hast?
Hennes Bender: Wie so viele andere habe ich den Ernst der Lage zunächst nicht übersehen können. Da es zuerst hiess, dass nur Veranstaltungen ab 1000 Menschen abgesagt werden, habe ich gedacht: „Betrifft mich sowieso nicht!“ Im Nachhinein ist das natürlich völliger Blödsinn. Auch bei niederigeren Zuschauerzahlen kann man sich infizieren. Ich bin froh, dass ich kein Kreuzfahrtkomiker bin oder bei Karnevalsveranstaltungen auftrete. Dass der Karneval in NRW stattgefunden hat, war glaub ich das beste, was dem Virus passieren konnte. Aber hinterher ist man immer klüger.
Ruhrbarone: Warst Du überrascht?
Bender: Doch. Mit so etwas hat wohl keiner gerechnet. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas in meinem Leben erleben werde. Sowas kennt meine Generation nur aus Filmen.
Ruhrbarone: Hast Du Verständnis für den Shutdown?
Bender: Völlig. Was ich nicht verstehe, ist dass es nicht schneller, konsequenter und vor allem bundesländerübergreifend passiert ist. Natürlich gibt es jetzt Menschen, welche Ihren Wohlstand bedroht fühlen und von der Einschränkung Ihrer persönlichen Freiheit reden. Da muss man nun mal durch, leere Regale hin und her. Die grösste Einschränkung der persönlichen Freiheit war bis Corona die Strassenverkehrsordnung. Ein Politologe aus Magdeburg sprach vor einigen Monaten im Zusammenhang mit der Nicht-Akzeptanz von Einschränkungen von „Bequemlichkeits-Verblödung“. Das trifft es ganz gut. Auf den Begriff wär ich gerne selber gekommen.
Ruhrbarone: Was bedeutet der wirtschaftlich für Dich und Deine Kollegen?
Bender: Wir sind Freiberufler. Wenn wir nicht arbeiten, verdienen wir nichts. So einfach ist das. Es gab und gibt immer Monate, die „mau“ sind. Das sind vor allem der Sommer und die Zeit von Fußball-WMs oder EMs. Da konnte man sich bisher ganz gut drauf einstellen. Aber das von Heute auf Morgen einem der Teppich unter den Füssen weggezogen wird, gab es noch nie. Wer nichts zurückgelegt hat und vorgesorgt hat, ist arm dran im Moment. Und ich rede nicht von Klopapier. Wie alle haben auch wir laufende Kosten: Miete, Versicherungen, Kredite, Strom, Kinder. Das geht alles vom Konto. Aber es kommt nichts mehr rein. Da ist man sehr schnell im Minus. Das geht gerade echt an die Existenz bei uns. Und unseren Arbeitgeber können wir nicht anschnorren. Also unser Publikum. Die haben grad andere Sorgen.
Ruhrbarone: Wird der Shutdown die Veranstalterszene verändern?
Bender: Man denke nur an all die nicht-staatlichen Theater, an die Spielstätten, die nicht subventioniert sind. Da arbeiten Lichttechniker, Tontechniker, Menschen im Service, Köche, viele sind im Familienbetrieb. Auch der Quatsch-Comedy-Club ist nicht subventioniert. Ein Hoch auf alle Booker und Agenten, die im Moment doppelt so viel arbeiten und auch nichts verdienen. Die müssen gerade alle Termine neu verlegen und mit Veranstaltern und Theatern telefonieren und ausbaldowern wie man das Kind geschaukelt kriegt. Ich kann nur jeden bitten, der oder die eine Karte für eine Veranstaltung hat, sie nicht zurückzugeben, sondern die angebotenen Ausweichtermine wahrzunehmen, so es terminlich denn möglich ist. Das würde nicht nur uns Künstlern eine Sicherheit geben, sondern auch den Fortbestand von vielen Theatern, Varietés, Musikkneipen, Clubs und auch Festivals halbwegs sichern, da diese dann auch kalkulieren können. Ich jedenfalls gebe meine Karte für DIE ÄRZTE im Dezember nicht zurück.
Ruhrbarone: Du machst auch TV und Synchronisation – gibt es auch da Auswirkungen
Bender: Ich mache sehr wenig TV und wenn dann spreche bei ein paar Independenthörspielen für ne kleine Marie mit. Viermal im Jahr moderiere ich für den WDR das Kabarettfest im Radio. Auch das ist finanzielle eher übersichtlich. Aber im Moment zählt jeder einzelne Euro. Es gibt Kollegen, die durch Sprecherjobs ganz gut abgesichert sind. Ich selber habe für den September einen TV-Auftritt reinbekommen und hoffe, dass der stattfinden wird. Vorher passiert bei mir nichts.
Ruhrbarone: Wie reagierst Du kreativ auf die Krise? Bietest Du online etwas an?
Bender: Ich habe ja mit Torsten Sträter und Gerry Streberg einen gemeinsamen Podcast, der wird jetzt via Internet aufgenommen und läuft weiter. Dann gibt es noch zwei Podcasts an denen ich arbeite, einen mit meinem Freund Thomas Nicolai, der heisst Blühende Landschaften und ist ein politisch-humoristischer Ost-West-Dialog. Der eine aus einer der strukturschwächsten Gegenden Deutschlands, der andere aus Leipzig. Podcasts und Live-Schalten via Internet sind gute Möglichkeiten mit dem Publikum verbunden zu bleiben und nicht nur für Information sondern auch für Ablenkung und Unterhaltung zu sorgen. Da dass aber im Moment jeder Kollege bedient, fürchte ich, dass bald eine Übersättigung eintreten wird. Der direkte Kontakt mit einem Live-Publikum ist eben durch nichts zu ersetzen. Nun heisst es, die Zeit zu nutzen, auch kreativ. Däumchen drehen is nich. Ich habe gerade meinen nächsten Ruhrgebiets-Asterix fertiggestellt, der im September rauskommt. Und den nächsten hab ich auch schon angefangen. Einfach so. Ich hab ja jetzt Zeit